Protokoll der Sitzung vom 03.09.2008

da haben Sie die Studienbedingungen verschlechtert. Das hat dazu geführt, dass das Studium in Hamburg nicht attraktiv wurde und vor allen Dingen, dass es länger wurde. Und wo ist die soziale Komponente, wenn sie sehr lange Studienzeiten haben?

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Wir setzen darauf, die Qualität und die Attraktivität des Studiums in Hamburg weiter zu steigern. Ich möchte an dieser Stelle auch betonen, dass es uns dabei ganz wichtig ist, dass die Studenten in der Mittelverwendung vor Ort an den Hochschulen in angemessener Form beteiligt werden. Hierauf werden wir auch weiter sehr sorgfältig achten.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das Modell der nachgelagerten Bezahlung ist schon genannt worden, dass Hamburg die Kosten der Stundung übernimmt und dadurch gewährleistet wird, dass die Hochschulen sofort Mittel ha

ben, die Studenten aber erst zum Berufseinstieg zur Kasse gebeten werden.

Herr Tschentscher, Sie sagen, dadurch werden zukünftige Haushalte belastet. Ich bin Ihnen dankbar für diese Argumentation, denn mit diesem Vorwurf übernehmen Sie und die Vorgänger von der SPD die politische Verantwortung für Zins- und Pensionsbelastungen in Milliardenhöhe, die wir heute haben, denn die sind zuzeiten von SPD-Bürgermeistern, von SPD-Finanzsenatoren angehäuft worden.

(Dr. Peter Tschentscher SPD: Im Wesentli- chen nicht!)

Dann sage ich: Wir übernehmen die politische Haftung für das, was wir heute machen mit allen Chancen und Risiken, aber dann laufen Sie nicht vor der Haftung dessen weg, was Sie in den vergangenen Jahren gemacht haben.

(Beifall bei der CDU – Dr. Dorothee Stapel- feldt SPD: Das ist ja so etwas von super peinlich! Super peinlich!)

Im Übrigen ist das Volumen – die Zahlen haben Sie auch genannt, Herr Tschentscher – sehr viel überschaubarer als das, was Sie gemacht haben, zumal man auch sagen muss, gleichzeitig schaffen wir es dadurch, die Situation an den Hochschulen zu verbessern. Den 215 Millionen Euro stehen im Übrigen auch Forderungen an die Studenten gegenüber. Es sind Verbindlichkeiten, die aber auch in Teilen durch Forderungen gedeckt sind.

Lassen Sie mich noch einen Satz sagen, weil Sie immer von Skandal und Schattenhaushalt sprechen. Die Wohnungsbaukreditanstalt gibt es seit über 40 Jahren. Wie in anderen Bundesländern als Förderbank im staatlichen Auftrag, auch schon zu Zeiten einer SPD-Regierung und einer SPD-Alleinregierung.

Die Wohnungsbaukreditanstalt veröffentlicht jedes Jahr einen umfangreichen Geschäftsbericht. Damit ist sie als eigenständiges Unternehmen manchmal sogar etwas schneller als das, was wir von der Finanzbehörde bekommen. Der Geschäftsbericht für das Jahr 2007 liegt schon seit Monaten vor, sehr detailliert, über 100 Seiten. Jetzt davon zu sprechen, dass wir hier irgendetwas verschleiern – die Zahlen sind transparent, sehr detailliert und die haben Sie dann auch laufend –, ist ein Stück weit lächerlich.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Lassen Sie mich noch auf zwei Kritikpunkte eingehen, die Sie zum eigentlichen Gesetz genannt haben. Zum einen zum Thema Befreiung. Frau Stapelfeldt hat ausgeführt, dass sich hier die Bedingungen verschärfen. Das Gegenteil ist ein Stück weit der Fall. Es entschärfen sich die Bedingungen für alle.

(Dr. Dorothee Stapelfeldt SPD: Das stimmt ja nicht!)

Wenn niemand während des Studiums Gebühren zahlen muss, dann bedarf es auch keiner Grundlage, jemanden zu befreien, zumal es in Teilbereichen noch Befreiungsmöglichkeiten gibt, was die längere Studiendauer betrifft für Studierende mit Kindern oder für Studierende mit Behinderungen oder chronischen Erkrankungen.

Zum Thema ausländische Studenten. Hier gibt es die Möglichkeit der Gebührenstundung durch die Hochschulen in eigener Flexibilität. Das ist auch etwas, was wir grundsätzlich wollen, nämlich die Flexibilität der Hochschulen stärken. Ich glaube, dass Hamburg ein weltoffener Hochschulstandort bleibt. Ich habe auch den Eindruck, dass die Hochschulen ein großes Interesse daran haben, den Austausch mit internationalen Studenten fortzusetzen. Ich möchte auch auf das eingehen, was Herr Beuß schon am Anfang gesagt hat. Ich gehöre auch zu denjenigen, die sich vor zweieinhalb Jahren im Wissenschaftsausschuss mit dem Thema Studiengebühren beschäftigt haben, damals begleitet von sehr lebhaften, sehr emotionalen Protesten, Diskussionen, von Veranstaltungen mit sehr, sehr vielen Teilnehmern. Dagegen fanden die Beratungen, die wir in zwei Fachausschüssen mit mehreren Sitzungen hatten, dieses Mal sehr viel sachlicher und in einer sehr viel ruhigeren Atmosphäre statt. Auch das spricht für mich dafür, dass die Koalitionspartner hier einen sehr guten Kompromiss gefunden haben. Wir schaffen Verbesserungen für die Studierenden, wir schaffen Finanzierungssicherheit für die Hochschulen und wir haben ein neues Modell entwickelt, das sachgerecht und sozial ausgewogen ist und dieses Gesetz werden wir auch verabschieden.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das Wort bekommt Herr Bischoff.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In einem Punkt sind wir uns einig: Die Universitäten brauchen mehr Mittel. Wir sind uns wahrscheinlich auch in dem nachfolgenden Satz noch einig, dass insgesamt in dieser Gesellschaft mehr Ressourcen in den Bildungsbereich kommen müssen. Das ist völlig unstrittig. Aber – und deswegen haben wir überhaupt diese Auseinandersetzung – Ihr Vorschlag, das jetzt über Studiengebühren oder an anderer Stelle Gebühren zu machen, ist nach unserer festen Überzeugung kein taugliches Mittel für das 21. Jahrhundert.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Wir müssen für diese Bereiche andere Formen der Finanzierung finden. Sie selber sehen, dass im Bereich Kita, im Bereich der Vorschule, im Bereich der Schule und eben auch im Bereich der Hochschulen andere Formen gefunden werden müssen, wie wir diese wichtigen Entwicklungssektoren unserer Gesellschaft vernünftig ausstatten können. Das ist der Punkt, um den es geht. Wir folgen Ihnen nicht darin, dass wir mit den Studiengebühren ein gutes Mittel hätten, um mehr Ressourcen für die Universitäten zu erlangen. Das heißt, die Hartnäckigkeit der Auseinandersetzung hat den Hintergrund, dass wir gesellschaftsweit in einer grundsätzlichen Auseinandersetzung sind, nicht nur in Hamburg. Die Frage ist, ob dieses Modell, das Sie jetzt entwickelt haben, wirklich tragfähig auch für andere Bundesländer ist. Für uns kommt klar heraus, dass wir generell gegen diese Methodik sind, die Universitäten mit Studiengebühren auszustatten. Wir werden uns in allen Bundesländern dafür einsetzen, dass diese Studiengebühren abgeschafft werden. Das ist der Punkt der Auseinandersetzung.

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Gümbel, dazu könnten Sie gerne einmal Stellung nehmen. Warum machen Sie so etwas in Hessen und warum machen Sie die völlig andere Politik in Hamburg? Das möchten wir gerne einmal erläutert haben.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Das ist doch nicht transparent, was Sie machen.

Herrn Beuß will ich gerne zugestehen, auch wenn es jetzt ein bisschen utopisch klingt, dass wir selbstverständlich auch dafür sind, dass bei der Meisterausbildung Gebührenfreiheit vorherrscht. Das ist völlig klar.

(Beifall bei der LINKEN – Wolfgang Beuß CDU: Finanzieren, finanzieren!)

Ja, jetzt kommen wir auf den Punkt. Da haben wir in den nächsten Monaten noch einiges vor, wie wir das finanzieren.

Frau Stapelfeldt hat es gesagt. Wir sind dafür, dass dieser Bildungsbereich ausgebaut wird. Wir wollen dafür andere Finanzierungsmittel haben, nicht über Gebührenstrukturen, die bringen überhaupt nichts.

(Beifall bei Mehmet Yildiz DIE LINKE)

Zweitens möchte ich Herrn Tschentscher noch unterstützen, denn das, was jetzt vorgelegt wurde, ist rein finanziell völlig absurd. Unsere Argumente müssen Sie nicht teilen, aber die müssen Sie sich wenigstens noch einmal anhören. Das heißt, Sie machen ein Modell 37 Millionen Euro, 36 Millionen Euro, 38 Millionen Euro für die Universitäten – wir werden sehen, was im Endeffekt rüberkommt –

(Thilo Kleibauer)

und sagen – Herr Beuß, das ist der entscheidende Punkt –, da gehen wir locker Verpflichtungen von über 200 Millionen Euro ein. Das heißt, wenn dieses Gesetz – wovon ich ausgehe –, dieses Monstrum 2012 abgeschafft wird, weil die Mehrheiten anders sind,

(Karen Koop CDU: Aber bestimmt nicht mit Ihnen!)

dann muss damit die politische Entscheidung verknüpft werden, auch die aufgelaufenen Schulden abzutragen. Das ist gar keine Frage. Das heißt, wenn Sie das noch einmal durchrechnen, um 38 Millionen oder 36 Millionen Euro auszugeben, nehmen Sie Verpflichtungen gegenüber den Kapitalmärkten von 23 oder 24 Millionen Euro in Kauf. Solch eine Rechnung ist, ehrlich gesagt, für einen hanseatischen Kaufmann eine Katastrophe.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Das Wort bekommt Herr Kerstan.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Vielleicht fangen wir mit dem an, Herr Bischoff, weil das immer wieder kommt. Die Mehrheit, die es angeblich in diesem Haus für eine bestimmte Maßnahme X oder Y gibt. Dann sagen Sie immer, warum wir Grüne denn kein Bündnis mit den LINKEN und der SPD machen? Da muss ich ganz ehrlich sagen, dass ich mir diesen Vorwurf persönlich nicht machen lasse, weil ich nach der Wahl – dafür habe ich auch Ärger in meiner Partei bekommen – einmal gesagt habe, wenn die SPD darüber reden will, dann sollten wir einmal über solch ein Bündnis reden und die SPD, außer Herrn Böwer, ich glaube, das war der Einzige, wollte darüber nicht reden.

(Wolfgang Beuß CDU: Typisch!)

Sie wollen mit denen keine Regierung eingehen. In Hessen ist Ihre Partei gerade an der Zerreißprobe, ob Sie das Risiko eingehen wollen, sich von ihnen tolerieren zu lassen. Weil Sie das nicht wollen, gibt es in diesem Haus keine Mehrheit für einen handlungsfähigen Senat, der ein Ersuchen der Bürgerschaft, Studiengebühren abzuschaffen, umsetzen könnte. Deshalb agieren wir Grüne in diesem Haus anders als in Hessen, weil der Wähler anders entschieden hat als es mir und wahrscheinlich auch der CDU oder der SPD recht war. Aber darüber können wir schlecht streiten, das ist nun einmal so. Darum würde ich Sie bitten, lassen Sie doch diesen albernen Vorwurf. In den ersten Wochen zum Vorführen, als der Senat noch nicht gebildet war, konnte man das machen, aber langsam sollten Sie wirklich einmal eine neue Platte auflegen. Die wird wirklich langweilig.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Im Kern geht es heute darum, dass wir verabschieden, dass ab Beginn dieses Semesters Studierende – und Studierende heißt, Leute, die sich im Studium befinden – weniger zahlen müssen und finanziell nicht mehr belastet werden. Da muss ich wirklich sagen, ich verstehe es nicht und finde es fahrlässig, dass Sie so tun, als ob das überhaupt nichts wäre, als ob sich gar nichts ändern würde. Ich frage Sie einmal ganz ehrlich: Wissen Sie nicht, was es für eine alleinerziehende Mutter an der Universität in den letzten Semestern bedeutet hat, pro Semester 500 Euro aufzubringen? Wissen Sie nicht, was es für einen Studenten bedeutet, der, um sein Studium zu finanzieren, nebenbei arbeitet, 500 Euro aufbringen zu müssen? Fragen Sie einmal diese Leute, ob sich nunmehr gar nichts ändert. So etwas zu behaupten, das kann nur jemand, der von der sozialen Situation der Studenten an den Universitäten überhaupt keine Ahnung hat.

(Hans-Detlef Roock CDU: So ist es!)

Das im Namen der sozialen Gerechtigkeit zu tun, ist traurig. Das ist eine fahrlässige Argumentation.

(Beifall bei der GAL und der CDU – Dr. Do- rothee Stapelfeldt SPD: Sie sind nur jenseits der gesetzlichen Realität!)

Man kann natürlich grundsätzlich über Studiengebühren streiten, ob die sinnvoll sind oder nicht. DIE LINKE ist da ganz konsequent, das finde ich in Ordnung. Wir Grünen sehen das ähnlich, aber es gibt keine Mehrheit, um sie in diesem Hause abzuschaffen. Also muss man das tun, was man tun kann und wir sorgen dafür, dass Studenten während des Studiums nicht mehr belastet werden und dass die Studenten, die nach dem Studium keinen Job finden oder Frauen, die dann Mutter werden, heiraten oder nicht mehr berufstätig sind, nach dem Studium keine Gebühren zahlen müssen. Aber das ignorieren Sie. Sie tun so, als gebe es das gar nicht und doch sind das Tausende von Menschen, denen wir die Gebühren ein für allemal erlassen. Das sollten Sie einmal zugestehen.

(Beifall bei Dr. Eva Gümbel und Michael Gwosdz, beide GAL)

Das wäre ehrlich, aber die Größe haben Sie nicht und das tut mir für Sie wirklich leid.

Kommen wir zum nächsten Punkt. Herr Tschentscher, wenn ein paar Wissenschaftspolitiker über die finanziellen Auswirkungen reden und das ein bisschen schräg wird, finde ich das in Ordnung. Aber wenn ein haushaltspolitischer Sprecher sagt, wir wollen die Studiengebühren abschaffen und das kostet pro Jahr 38 Millionen Euro und jetzt findet, dass wir nur einen Teil der Gebühren abschafften und das die Stadt 14 Millionen Euro kostet und Sie sagen, die 14 Millionen Euro müssten ja finanziert werden und das sei ja furchtbar.