Protokoll der Sitzung vom 17.09.2008

(Beifall bei der SPD)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Das Wort hat Senator Wersich.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Veit, ich habe wirklich die Faxen dicke.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Es mag ja sein, dass Sie keine Inhalte haben, aber dass Sie soweit gehen, fortgesetzt zu behaupten, ich hätte etwas gesagt, um sich daran dann hochzuziehen, was nachweislich falsch ist, das kann ich nicht akzeptieren.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Wenn Sie bei den Debatten zuhören würden, dann würden Sie auch den Ernst der Lage erkennen. Ich habe in der letzten Debatte – und es wird davon ein Wortprotokoll geben – gesagt, dass Sie, wenn Sie in dem Gesetz festschreiben, dass ein Vor-OrtBedarf notwendig ist, damit eine Kita betrieben werden kann, damit riskieren, dass dann, wenn in dem Viertel nicht mehr so viele Kinder wohnen wie bei der Errichtung der Kita, möglicherweise eine Kita wieder schließen muss. Das ist nicht meine Forderung, sondern das ist die Nebenwirkung Ihres Gesetzes und das habe ich gesagt.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Ich lasse mir hier nicht von Ihnen die Worte im Munde umdrehen. Ansonsten habe ich, glaube ich, vor vierzehn Tagen alles zu dem Thema gesagt, was zu sagen ist.

(Beifall bei der CDU und der GAL – Dr. An- dreas Dressel SPD: Unbelehrbar!)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Das Wort hat der Abgeordnete Yildiz.

(Heiko Hecht CDU: Schluss mit den Lügen von der Veddel!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Senator, wir haben letzte Woche sehr lange darüber debattiert. Wir haben einen Antrag und einen Zusatzantrag gestellt. Wir reden über Kinderlärm, aber den Lärm, der hier im Saal ist, müsste man einmal messen, wie viel Dezibel der hat. Das kann ich nicht verstehen. Vor allen Dingen die CDU-Kollegen sollten besser einmal zuhören.

(Beifall bei der LINKEN, bei Dr. Monika Schaal und Dr. Martin Schäfer, beide SPD)

Wir sind der Meinung, dass der Antrag sinnvoll ist. Wir haben uns entschieden, dass wir den Antrag an den Kinder- und Jugendausschuss überweisen und darüber diskutieren. Eines muss man deutlich machen – ich habe auch zwei Kinder und in meiner Nachbarschaft spielen tagtäglich über 30 Kinder –,

(Carola Veit)

von fahrenden Autos fühle ich mich immer gestört, aber über spielende Kinder freue ich mich, dann weiß ich, dass da Leben ist. Wo Kinder keinen Lärm machen, muss man sich fragen, ob diese Kinder überhaupt gesund aufwachsen.

(Robert Heinemann CDU: Dieser Meinung sind wir alle! Was sind Ihre Forderungen?)

Dann hören Sie einmal zu, was meine Forderung ist.

Deswegen überweisen wir diesen Antrag an den Kinder- und Jugendausschuss. Wir sind der Meinung, dass Kinderlärm privilegiert werden muss und Vorrang hat. Das werden wir im Kinder- und Jugendausschuss gemeinsam diskutieren und haben dann hoffentlich ein gemeinsames Ergebnis, das wir auch hier verabschieden können.

(Beifall bei der LINKEN – Robert Heinemann CDU: Das war ja was richtig Neues! Aber Sie wollten auch noch einmal was gesagt haben! )

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Herr Hecht, ich möchte etwas zu Ihrem Zwischenruf bemerken. Auch Sie möchte ich bei Zwischenrufen bitten, sich der parlamentarischen Rede zu bedienen. Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Frau Blömeke hat das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst einmal finde ich es etwas eigenartig, dass die SPD-Fraktion von Versäumnissen spricht. Immerhin hätten Sie einen Blick in den Koalitionsvertrag werfen können.

(Thomas Völsch SPD: Da steht doch nichts drin!)

Dann hätten Sie auf Seite 30 sehen können, dass das Thema Lärmschutz, Lärmgesetz und ein Ordnungsrahmen für Kinderlärm zentraler Punkt des Koalitionsvertrages ist. Dass Sie jetzt ungeduldig werden, kann ich verstehen, aber ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass wir es in Hamburg glücklicherweise bislang mit Einzelfällen zutun gehabt haben. Wir hatten die Kita Marienkäfer und haben jetzt diese medienwirksam, öffentlich bekannt gewordene Kita Reventlowstraße. Ansonsten gab es möglicherweise noch ein, zwei weitere Fälle. Glücklicherweise ist es bislang noch nicht der Normalfall. Jedoch ist jeder einzelne Fall wichtig und bei jedem Einzelfall muss man handeln.

Frau Veit, so wie es dem Senator erging, ging es mir bei den Vorwürfen zum Jugendausschuss. Es ist mühsam, so etwas vor allen Abgeordneten breitzutreten, was bei uns im Jugendausschuss geschehen ist.

(Dirk Kienscherf SPD: Aber interessant! Ent- larvend, Frau Blömeke, entlarvend!)

Was dort geschehen ist, wenn Sie es richtig dargestellt hätten, ist, dass sich keiner einer Debatte verweigert hat. Das Einzige, was passiert ist, ist, dass wir einen Sachstandsbericht zur Kita Reventlowstraße eingefordert haben. Das ist das übliche Verfahren, dass man sich vom Senat schildern lässt, was da eigentlich passiert ist. Dann kann man hinterher darüber reden. Dass Sie natürlich immer Ihre Schnellschüsse vorbereiten, ohne vorher den Sachstand zu wissen, das ist Ihr Problem.

(Beifall bei der GAL und der CDU – Dirk Kienscherf SPD: Frau Blömeke, Sie werden noch nicht einmal rot, wenn Sie so etwas er- zählen! Das ist das Erschütternde!)

Ich möchte zu den Schnellschüssen noch eines sagen. Am letzten Sonnabend titelte das "Hamburger Abendblatt" im Hamburg-Teil: "Kita-Streit: Wer schafft endlich Klarheit." Das ist meiner Ansicht nach eine sehr berechtigte Forderung. Wir brauchen dringend Klarheit, aber wir können überhaupt keine Schnellschüsse gebrauchen.

Die Klarheit wird durch die Hamburger Regelung zum Lärmschutz geschaffen werden, die sich die schwarz-grüne Koalition in dem Koalitionsvertrag zum Ziel gesetzt hat. Hier soll und muss auch der Ordnungsrahmen für Kinderlärm mitgeregelt werden. Dieser Ordnungsrahmen ist dann verbindlich für Gerichte, Bezirke und vor allen Dingen für die Kitas, die in der Tat mehr Klarheit und Rechtssicherheit brauchen.

Mit unserem Antrag bringen wir zunächst den vordringlichen Teil dieser Hamburger Regelung zum Lärmschutz auf den Weg. Ich denke, das ist der richtige parlamentarische Vorgang. Wir legen die Verantwortung für diese, wie Herr Müller gesagt hat, diffizilen Ausarbeitungen in die Hände der BSU. Frau Veit, Sie haben gesagt, dass mit der Gewaltenteilung irgendetwas durcheinandergeraten sei. Ich glaube, bei Ihnen ist auch ein bisschen etwas durcheinandergeraten, weil nämlich die Regelungen zum Thema Lärmschutz in der BSU und nicht bei Senator Wersich angesiedelt sind. Deswegen waren auch die Vorwürfe fehl am Platz.

(Beifall bei der CDU)

Was wir auch nicht brauchen, sind diese Schnellschüsse. Die Schnellschüsse hatten wir einmal erlebt durch die Einfügung eines Satzes – ich habe das schon in der letzten Debatte gesagt – durch die damalige CDU-Fraktion im Sozialgesetzbuch. Das hat uns auf den ersten Blick, zumindest in der ersten Instanz vor Gericht nicht weitergeholfen. Wir können gespannt sein, was das Oberverwaltungsgericht macht. Aber wir brauchen auch keinen Antrag der SPD-Fraktion, der in der Sache überhaupt nicht weiterhilft.

(Mehmet Yildiz)

(Dr. Monika Schaal SPD: Warum melden Sie das dann hier an?)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Sie fordern in Ihrem Antrag das Rücksichtnahmegebot, aber genau das ist es doch, was in der Kita Reventlowstraße zum Streit geführt hat. Damit kommen wir nicht weiter. Das Rücksichtnahmegebot ist eine Einzelfallentscheidung und genau diese Einzelfallentscheidung führt dazu, dass – wie die Medien es auch richtig ausgedrückt haben – es nach außen hin zu einem Wirrwarr kommt, hier ein Ja, da ein Nein. Einzelfallentscheidungen sind nicht das, was wir brauchen.

Unser Ziel muss es sein, eine solide Grundlage zu schaffen, damit wir gerichtliche Auseinandersetzungen zwischen Kitas oder Kita-Trägern und Nachbarn vermeiden. Das muss sorgfältig und auch unter Heranziehung des geltenden Bundesrechts geprüft und erarbeitet werden. Bevor wir so etwas Halbherziges vorlegen, ist es in der BSU richtig angesiedelt.

In einem möchte ich Frau Veit recht geben.

(Carola Veit SPD: Das brauchst Du nicht!)

Wir müssen uns klar machen, dass wir in Hamburg vor einer großen Herausforderung in der Kindertagesbetreuung stehen. Die Herabsenkung des Rechtsanspruches durch Schwarz-Grün auf das zweite Lebensjahr, das kostenfreie Vorschuljahr und die immer stärkere Inanspruchnahme der Vereinbarkeit von Familie und Beruf macht es notwendig, dass wir mehr Kita-Plätze brauchen. Der Mehrbedarf an Kita-Plätzen deckt sich aber nicht mehr aus dem Bestand, glücklicherweise kann man sagen, weil diese Entwicklung positiv ist. Es müssen neue Kitas entstehen und für meine Fraktion ist es ganz klar, dass diese Kitas in Wohngebiete gehören oder möglicherweise auch Schulen angegliedert sein müssen, aber keinesfalls irgendwo abseits in Gewerbegebiete gehören. Wir brauchen also Klarheit, damit der Ausbau in der Kindertagesbetreuung ungehindert voranschreiten kann. Jede Kita, die neu entsteht, ist ein positives Zeichen unserer Gesellschaft und aus meiner Sicht übrigens auch das Lachen, Schreien, Toben und auch das Lautsein der Kinder.

(Beifall bei der GAL und bei Wolfgang Beuß CDU)

Aber es ist ganz wichtig: Kitas brauchen Sicherheit bei Planung und Betrieb. Was sie überhaupt nicht brauchen können, sind Steine, die ihnen in den Weg gelegt werden oder die sie erst aus dem Weg räumen müssen. Ein Freibrief für die Kitas ist das aber noch lange nicht. Selbstverständlich haben Kita-Träger auch Pflichten. Das hatten wir letztes Mal schon gesagt. Dazu gehören auch die von der SPD-Fraktion in ihrem Antrag angemahnten Maßnahmen zur Lärmminderung, das Minimierungsgebot.

Debatten über Kinderlärm können auch etwas Positives haben, denn vielleicht kommt jetzt der eine oder andere Hamburger Bürger dazu nachzudenken, ob Kinderlärm wirklich mit Verkehrslärm, mit Güterzügen, die durch die Stadt donnern, mit vierspurigen Straßen, mit Flugzeugen im Landeanflug, mit Baulärm oder sonstigem Umgebungslärm gleichzusetzen ist. Möglicherweise reift dann auch die Erkenntnis, dass Kinderlärm weniger Stress verursacht als der eben genannte Umgebungslärm. Vielleicht wächst so auch die Toleranz gegenüber Kinderlärm.

Doch solange das alles Zukunftsmusik ist, brauchen wir den von uns beantragten Regelungsvorschlag, der Kinderlärm gegenüber Gewerbelärm privilegiert und damit die größere Sicherheit für die Planung und den Betrieb von Kitas gibt. Nur dann können wir die Kindertagesbetreuung weiter vorantreiben. Aber der Senat ist hier auf einem guten Weg und die schwarz-grüne Regierung hat durch ihren Antrag deutlich gemacht, wie wichtig uns das Thema ist.

Was Sie unterstellen, Frau Veit, dass man sich einer Diskussion verweigert, ist so etwas von haltlos, denn dann hätten wir dieses Thema nicht angemeldet und würden nicht im Ausschuss darüber debattieren.

(Carola Veit SPD: Weil Sie Panik haben!)

Ich möchte noch einmal appellieren, dass eigentlich auch der Umweltausschuss an dieser Debatte beteiligt werden muss, denn da ist das Thema richtig angesiedelt.

(Carola Veit SPD: Der war eingeladen!)