Wer den Hauptschulabschluss bekommt, muss lesen, schreiben und rechnen können, und zwar nicht auf Grundschulniveau,
und das scheint dort etwas auseinanderzuklaffen. Damit hat sich – das haben vielleicht einige verfolgt – auch die Kultusministerkonferenz beschäftigt, nachdem die PISA-Ergebnisse vorlagen, die gerade damit beschäftigt sind, Standards für die Hauptschulabschlüsse zu setzen. In diesem Kreis hatte man kurzzeitig die Idee, darauf zu verzichten, diese Standards an den Hauptschulen zu setzen, weil 60 bis 70 Prozent der Hauptschüler sie nicht erfüllen würden. Man muss sich das einmal vorstellen. Statt endlich Anstrengungen zu machen, die Zahl der Risikoschüler zu senken und diesen Schülern zu helfen, entscheidet diese Runde gemeinsam, das Niveau des deutschen Hauptschulabschlusses abzusenken, um nicht völlig in die Blamage zu gehen.
Herr Freistedt, nicht alles ist Parteipolitik. Es gibt auch Sachfragen, bei denen ich zutiefst empört bin und vielleicht teilen Sie das.
Sie sollten als Erstes einmal sagen, ob Sie das richtig oder falsch finden und nicht, welcher Partei man angehört. Wenn es bundesweit so ist, dass der Hauptschulabschluss derartig infrage gestellt wird, dann sollten alle Bildungspolitiker aufschreien und nicht als Erstes mit dem Finger aufeinander zeigen.
Ich will sehr deutlich sagen, dass aus meiner Sicht der Weg der Vergleichsarbeiten und der Standards unerlässlich ist. Wir sind in Hamburg damit konfrontiert, dass viele Eltern glauben, dass das bayrische Abitur viel mehr Wert sei als das hamburgische und ich möchte das endlich vom Tisch haben. Ich möchte auch sicher sein, dass die Eltern wissen, wenn ihr Kind in Billstedt die Mittlere Reife hat, dass dort genauso viel vermittelt wird wie in
Eppendorf. Das muss doch erreicht werden und da kann man nicht an Standards herumfummeln, sondern muss es auf den Weg bringen.
Der Befund für Hamburg ist eindeutig. Die letzten Jahre waren ein bildungspolitischer Stillstand. Da sehe ich mehr Verantwortung auf der von mir aus rechten Seite des Hauses. Das darf nicht fortgesetzt werden. Wir brauchen dringend den Abbau von Hürden und den Ausbau der individuellen Förderung. Wir müssen uns endlich um die große Gruppe der Risikoschüler kümmern und dafür müssen wir die Idee einer guten Stadtteilschule endlich auf den Weg bringen. Dort haben wir ein Problem, weil wir eine Schulsenatorin haben, der der Begriff der Stadtteilschule nur zögernd über die Lippen kommt. Der Primarschulbegriff geht leichter über die Lippen. Es ist ein Schwerpunkt zu setzen und die PISA-Ergebnisse zeigen noch einmal, dass der Schwerpunkt in Hamburg falsch gelegt wird.
Auch die Ergebnisse am Gymnasium sind unzureichend. Statt die Bedingungen besser zu fördern, weiß eigentlich keiner, wie künftig die Klassen 5 und 6 organisiert werden sollen. Das ist doch erkennbar. Statt die bestehenden Probleme zu lösen, schaffen Sie neue, wo keiner weiß, wie man das regeln soll. Wir können es uns nicht leisten, weitere Jahre durch Nichtstun und falsche Schwerpunkte zu verschenken. Ich will sehr deutlich sagen, weil das in diesen Tagen immer deutlicher wird, dass es für das, was zurzeit in Hamburg an Schulpolitik auf den Weg gebracht wird, keine richtige Mehrheit in der Stadt gibt. Es gibt sie noch nicht einmal in dem Haus. Dieser Teil ist nicht einverstanden. Inzwischen äußern sich täglich CDUPolitiker öffentlich, die sagen, dass der Weg der Primarschule ein falscher Schwerpunkt ist.
Deshalb möchte ich zum Schluss sagen: Wenn alle etwas für falsch halten, dann sollte man es vielleicht einfach mal lassen. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach dem bildungspolitischen Rundumschlag, den wir gerade gehört haben und wo zwar gesagt worden ist, dass wir als Bildungspolitiker zusammenarbeiten müssen, aber dann eindeutig der Finger zur CDU zeigte, also nicht das, was demokratischer Anstand wäre, müssen wir einiges klarstellen.
Sie müssen daran denken: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen. Die jetzt Fünfzehnjährigen sind in den Kindergarten, sind in die Grundschule gegangen, als hier nicht Ole von Beust saß, sondern es war Ihre Regierung, die es versäumt hat, eine Grundlage in den ersten Jahren zu legen.
(Beifall bei der CDU – Thomas Völsch SPD: Lächerlich! – Ingo Egloff SPD: Wann über- nehmen Sie eigentlich mal Verantwortung!)
Insofern müssen Sie sich da in die Kritik nehmen lassen. Wenn etwas versäumt worden ist, dann ist es sicherlich die Politik aller hier im Hause vertretenen Parteien und nicht, wie Sie gerade agiert haben.
Ich hatte gehofft, Sie hätten das zu Beginn Ihrer Rede Gesagte tatsächlich ernst gemeint, Frau Ernst, als Sie so nebenbei sagten, eigentlich müssten wir zusammenarbeiten. Nein, meine Damen und Herren, hier ging es darum, eine erfolgreich gestartete Koalition zu beschädigen,
hier ging es darum, Ihr Süppchen zu kochen mit teilweise falschen Argumenten und darauf werde ich jetzt eingehen.
Wir beschäftigen uns mit Ihrer Großen Anfrage und Sie bemühen sich, den Fraktionen der CDU und GAL Versäumnisse in der Schulpolitik vorzuhalten. Wir haben 2001 die Bildungsbehörde übernommen nach einer sehr langen Zeit der Stagnation unter einer SPD-Regierung.
In den Jahren unserer Bildungsverantwortung haben wir Vieles angepackt und auf den Prüfstand gestellt. Dass solche Prüfungen Zeit in Anspruch nehmen,
ist uns allen bewusst. Wir haben uns in den vergangenen Jahren einen Instrumentenkasten geschaffen, mit dem jahrzehntelanges, ideologisch geleitetes Schulmanagement endlich in zielführendes Lehren und Lernen für die Hamburger Schülerinnen und Schüler verwandelt wurde. Eine wichtige Tatsache.
Natürlich ist es nicht immer leicht, auf Versäumnisse entsprechend zu reagieren, dass man sofort Ergebnisse und Erfolge sieht. Aber alle mit der Leitung und Verwaltung von Schulen beauftragten Personen wissen, dass wertvolle Reformen in den
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben uns den Problemen in den letzten Jahren gestellt, haben sie angenommen und sie Schritt für Schritt angepackt und das führen wir auch weiter durch.
Die umfangreichen Statistiken, die von der SPDFraktion vorgelegt oder erfragt wurden – nebenbei unter erheblicher Arbeitsbelastung der Behörde –, zeigen im Endeffekt an den Antworten, auf wie vielen Arbeitsgebieten tatsächlich erfolgreich gearbeitet worden ist. Wir haben Verbesserungen erreicht. Wir haben in der letzten Legislaturperiode Dinge angeschoben, die tatsächlich in den nächsten Jahren wirken und übernommen worden sind. Mit der neuen Koalition haben wir noch zusätzliche Reformanstrengungen unternommen.
Doch eines, meine sehr verehrten Damen und Herren, schafft natürlich das Wühlen in Statistiken nicht: Es erklärt nicht die tatsächlichen Probleme und es gibt auch noch zu wenige Hinweise, wie diese Probleme schnell zu lösen sind.
Wir wissen aus der Vergangenheit, dass die SPD gerne ihre eigene Ratlosigkeit mit Zahlenspielereien zu verdecken trachtet. Doch in der Schulpolitik werden solche Zahlenspiele nicht zu Ergebnissen führen.
Ergebnisse gewinnt man durch Einbindung der beteiligten Personen und Untersuchungen vor Ort in den Schulen sowie durch anerkannte fachliche Beratungen, die über dem eigenen ideologischen Anspruch stehen. Genau diese Einbindung haben wir mit der Enquete-Kommission zum Beispiel über eine lange Zeit parteiübergreifend gemacht und Untersuchungen finden durch die Schulinspektion – auch von uns eingeführt – in ihrer Rolle als Qualitätsgarant statt.
Die Fragen, die die verschiedenen Schulformen in Hamburg in den letzten Jahren aufgeworfen haben, beantworten wir. Ich erinnere daran: Schülerinnen und Schüler – so haben wir beschlossen – erhalten mehr Chancen zu höher qualifizierten Abschlüssen. Ich zitiere unsere Senatorin:
Durch die Abschaffung der Hauptschulen und die geplante Verlängerung der Phase des gemeinsamen Lernens werden wir die Unterschiede, die unser Bildungssystem bisher nicht beseitigt hat, beseitigen. Wir werden mehr Chancengerechtigkeit für die Hamburger Schülerinnen und Schüler herstellen. Auch die Senkung der Klassenfrequenzen in den KESS-1- und KESS-2-Gebieten bekämpft genau das System, welches Sie eben angeprangert haben, nämlich die hohe Rate an Schulabbrechern in Problembezirken.
Während Sie noch bei der Diagnose sind, haben wir bereits mit dem Kurieren begonnen. Die Schwächen des Hamburger Schulsystems – seit Jahrzehnten begleiten sie uns – sind von uns in den letzten Jahren systematisch und ohne ideologische Vorbehalte analysiert worden und werden jetzt beseitigt und dies – und das ist das Interessante – in einem Prozess mit allen Beteiligten. Viele Antworten auf Fragen, die Sie, meine Damen und Herren Abgeordneten von der SPD, gestellt haben, haben wir schon vor einem Jahr gefunden.