Protokoll der Sitzung vom 11.12.2008

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Yildiz, ich habe nicht alles verstanden, aber ich habe verstanden,

(Uwe Grund SPD: Mieser Stil!)

dass die LINKEN grundsätzlich gegen dieses Gutschein-System sind und da sage ich Ihnen ganz klar, dass Sie damit außerhalb aller anderen Fraktionen in diesem Parlament stehen. Wir wissen, dass das Kita-Gutschein-System eine Revolution für die Familien, für die Kinder und für die Kinderbetreuung ist.

(Beifall bei der CDU, der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Frau Veit, zunächst einmal zur Aktenführung. Ich muss wegen der historischen Wahrheit sagen, dass die schon seit Ihrer Regierungszeit gut ist, nämlich seit dem PUA "Filz". Da wurde in der Sozialbehörde die Aktenführung in Ordnung gebracht und davon profitieren wir noch heute.

Sie sagen immer, dass Sie so tolle Große Anfragen stellen und damit unseren Mitarbeitern ermöglichen, zu tiefen Erkenntnissen zu kommen. Ich danke zunächst einmal unseren Mitarbeitern,

(Michael Neumann SPD: Und den Mitarbei- terinnen!)

dass sie auf Ihre Fragen über 400 Seiten Anlagen zusammengestellt haben, aber ich bedauere gleichzeitig, dass das für Sie, Frau Veit, offenbar immer nur Anlass ist, dieselben Vorurteile und Vorwürfe zu erheben.

(Michael Neumann SPD: Herr Wersich, wir haben Ihre alten Reden gelesen!)

Nach jeder neuen Anfrage kommen dieselben Argumente und Sie verstehen einfach die Antworten nicht.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Ganz anders als Frau Blömeke, das muss ich an dieser Stelle einmal sagen.

(Zurufe von der SPD: Ah, ah!)

Frau Blömeke, es macht mir zunehmend Spaß, Ihnen zuzuhören,

(Beifall bei der CDU und der GAL)

weil ich glaube, dass Sie dieses System in einer Art und Weise verfolgen und in einer Glaubwürdigkeit darlegen, dass Sie mittlerweile an vielen Punkten durch die Realität von einem Besseren überzeugt worden sind und trotzdem in den Punkten kritisch bleiben, die Sie kritisch sehen. Davon würde ich der SPD ein bisschen etwas wünschen.

(Michael Neumann SPD: Ja, ja!)

Es können ja nicht alle Abgeordneten auf die Regierungsseite kommen.

(Beifall bei der CDU und der GAL – Michael Neumann SPD: Große Rede!)

Also, nutzen Sie das Vorbild von Frau Blömeke und lernen Sie dazu.

Wir sind uns sehr bewusst über die Schlüsselrolle der Kindertagesbetreuung. Wir wissen, wie wichtig das für ein glückliches und gesundes Aufwachsen der Kinder ist. Wir wissen, wie wichtig das für die Bildung und Entwicklung der Lebenschancen ist, aber wir wissen auch, dass die Kindertagesbetreuung eine der Nummer-1-Maßnahmen gegen das Thema Kinderarmut ist. Das eine ist, dass wir alle wissen, dass sozial ist, was Arbeit schafft, was Einkommen schafft. Aber genauso wichtig ist es, die Voraussetzungen zu schaffen, dass die Eltern arbeiten können durch das neue Kita-Gutschein-System und den Rechtsanspruch und genau das ist passiert. Deswegen ist dieser Ausbau, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, der entscheidende zweite Punkt neben dem wirtschaftlichen Wachstum, das wir in der Stadt hatten, dem Wachstum an Arbeitsplätzen, um etwas gegen Kinderarmut zu unternehmen und das tun wir erfolgreich.

Was Sie, glaube ich, nicht verstanden haben, Frau Veit, ist immer wieder das Thema Planung. Sie haben es nicht verstanden, dass wir weg sind von der staatlichen Planung und Verwaltung des Mangels

(Mehmet Yildiz)

und dass wir mit dem Gutscheinsystem die Kräfte des Marktes freigesetzt haben.

(Michael Neumann SPD: In Othmarschen zum Beispiel!)

In diesem Zuge haben wir einen Ausbau von über 12 000 Kita-Plätzen in den vergangenen Jahren vollzogen. Trotzdem sagen wir nicht, dass das nur der Markt alleine machen muss, sondern wir haben eine staatliche Nachweispflicht. Natürlich haben wir den Rechtsanspruch, natürlich haben wir einen stark anwachsenden Markt an Anbietern, aber wenn Eltern keine Kita finden, dann können sie zu den Bezirksämtern oder zu uns kommen und wir müssen einen Platz nachweisen. Das kommt – zugegeben – auch immer wieder vor, 30 bis 50 Fälle im Jahr, die wir alle lösen können. Aber 30 Fälle von 60 000 betreuten Kindern sind 0,05 Prozent und das heißt nicht, dass das System nicht funktioniert, sondern das ist der beste Beweis, dass das nachfrageorientierte System funktioniert.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Dann kommt das soziale Argument. Frau Veit und Herr Yildiz, heute sind in Hamburg in allen Bereichen, in jeder Altersgruppe, in jeder sozialen Schicht mehr Kinder betreut als zu den SPD-Regierungszeiten.

(Viviane Spethmann CDU: Hört, hört!)

In jedem Bereich – wir reden über die Zunahme, über den Ausbau und auch davon, dass wir fast 10 Prozent höhere Inanspruchnahmequoten im Elementarbereich des Rechtsanspruches haben, weil wir gesagt haben, dass Kinderbetreuung gut für die Entwicklung der Kinder ist – haben wir die Betreuungsquote massiv gesteigert.

(Wilfried Buss SPD: Ach so!)

In den sozial schwachen Stadtteilen hatten Sie eine unterdurchschnittliche Inanspruchnahme des Rechtsanspruchs im Elementarbereich. Auch dort haben wir die Betreuungsquote massiv gesteigert.

(Carola Veit SPD: Das ist nun wirklich falsch!)

Die aktuelle Zahl kann ich Ihnen auch nennen. Wir haben allein im Bereich der Krippenversorgung in den von Ihnen genannten sozial schwachen Stadtteilen heute nicht zwölf, sondern 40 Prozent mehr betreute Kinder als 2004. Wir haben allein im vergangenen Jahr – weil Sie immer fragen, wo die 6000 Plätze herkommen – insgesamt 1400 neue Plätze im Krippenbereich, 1400 neue Plätze im Elementarbereich und 1000 Plätze im Hortbereich dazubekommen. Insgesamt über 3000 Plätze allein im letzten Jahr. Wir haben einen Höchststand von Einrichtungen. Wir haben 2004 in Hamburg lediglich 798 Einrichtungen gehabt. Wir haben heute über 900, das heißt, der Ausbau ist in vollem Gan

ge, er funktioniert, sonst hätten wir gar nicht diese hohen Betreuungsquoten.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Dennoch ruhen wir uns auf diesen Erfolgen nicht aus. Die Maßnahmen, die wir uns im Koalitionsvertrag vorgenommen haben, sind von Herrn Müller, aber auch von Frau Blömeke genannt worden. Frau Blömeke hat heute noch zwei neue gute Ideen genannt. Ich bin gespannt, wie wir das finanzieren werden. Aber ich weiß, dass es in dem Bereich noch mehr Wünsche gibt. Wir haben gesagt, dass unser Schwerpunkt ist, den allgemeinen Rechtsanspruch um ein Jahr vorzuziehen, nämlich ab zwei Jahren.

Unsere zweite Priorität war, dass wir das letzte vorschulische Jahr in der Basisversorgung fünf Stunden kostenfrei machen wollen. Wir haben aber auch gesagt, dass wir behinderte Kinder besser integrieren wollen, auch im Hortbereich und wir Lösungen brauchen bei den Kindern mit Behinderung, die schon über 14 Jahre alt sind, also nicht mehr in den Kita-Bereich fallen, damit auch deren Eltern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglicht werden kann.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Auch an diese Menschen wollen und müssen wir denken.

Natürlich wollen wir auch noch mehr Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund erreichen und die Eltern überzeugen, in die Angebote zu kommen. Deswegen wollen wir die Eltern-Kind-Zentren ausbauen, in die man ohne Gutschein hingehen kann und überhaupt an die Institution herankommt. Wir wollen die Sprachförderung verbessern und das nicht nur unter dem Gesichtspunkt "gut gemeint", sondern Sprachförderung muss auch wirken. Wir haben etwas ernüchternde Ergebnisse aus dem rot-rot-regierten Berlin, was die Wirkung von Sprachfördermaßnahmen angeht. Auch hier müssen wir weiterdenken und nicht nur sagen, wir wollen etwas Gutes tun, sondern es muss am Ende wirken. Es muss sich positiv für die Kinder auswirken.

Schließlich braucht dieses Gutschein-System, bei dem die Eltern die Kunden sind, bei dem die Anbieter die Einrichtungen sind und bei dem wir die Inhalte über einen Rahmenvertrag mit den Institutionen geregelt haben, auch Kontrollen. Wir brauchen auch so etwas wie Verbraucherschutz. Deswegen ist es, glaube ich, richtig, dass wir uns vorgenommen haben, einen Kita-TÜV aufzubauen, der zum einen die Qualität strukturell überprüfen kann, der aber auch aufgrund von Beschwerden von Eltern, Betroffenen, vor Ort gucken und die Leistung überprüfen kann. Dies ist ein ganz wichtiger Baustein, um dieses System zu komplettieren. Ich sage Ihnen schon jetzt, dass die Träger nicht jubeln werden, wenn wir eine solche öffentlich legi

(Senator Dietrich Wersich)

timierte Kontrolle einführen. Ich bin dann sehr gespannt, welche Position die SPD einnimmt, denn in der Regel machen Sie sich jede Kritik gleich zu eigen. Lassen Sie uns das System an diesen wichtigen Punkten gemeinsam besser machen und lassen Sie uns nicht vergessen, dass das alles nicht zum Nulltarif geht. Frau Gümbel hat es vorhin in der Debatte über die Elbphilharmonie wunderbar ausgedrückt. Wir reden darüber, dass wir in dem kommenden Doppelhaushalt 90 Millionen Euro mehr für die Kindertagesbetreuung ausgeben als im letzten Doppelhaushalt und dass wir im Jahr 2010 mit über 440 Millionen Euro rechnen. Das ist eine immense Summe, die wir für die Kinder freimachen und es ist eine große Verantwortung, dass wir dieses System dann auch wirklich kindgerecht und qualitativ gestalten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das Wort bekommt Herr Böwer.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Der Kreischer von Eimsbüttel!)

– Wenn ich Ihre Stimme habe, dann brauche ich keine Sorgen mehr zu haben.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Wersich, was das Zahlenwerk im Bereich der Kindertagesbetreuung angeht, à la bonne heure. Da gibt es überhaupt nichts zu streiten.

(Olaf Ohlsen CDU: Dann können Sie sich ja wieder hinsetzen!)

Das ist der Vollzug von Rechtsansprüchen, die wir gemeinsam in diesem Parlament beschlossen haben, genau am 21. April 2004.