Man kann aber an dieser Stelle auch die Frage stellen, wie wir mit Leuten umgehen, die nicht den Meister gemacht haben oder zum Meister vergleichbare Abschlüsse haben. Hier könnten wir
zum Beispiel fragen nach den Noten der abgeschlossenen Berufsausbildung. Wir könnten die Frage stellen, inwieweit die Berufspraxis derjenigen mit zum Beispiel einem angestrebten Studium zusammenhängt, und viele andere Anknüpfungspunkte können sich aus meiner Sicht ergeben. Besonders bedenkenswert erscheint uns Sozialdemokraten – das ist auch dem Petitum zu diesem Antrag vorangestellt –, für spezielle Bereiche der Berufserfahrung Credits zu vergeben, die vergleichbar sind zu einzelnen Scheinen, die Studierende ohnehin an den Hochschulen erwerben, also sozusagen den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gewisse Arbeitsleistungen auch auf ein potenzielles Studium anzurechnen. Auch dies wäre ein Punkt, den wir bei dieser Diskussion gemeinsam voranbringen sollten.
Ich kann mich aber nicht verwehren, noch einige kritische Anmerkungen zu dem Verfahren zu machen, zu dem Sie sich entschieden haben. Wenn Sie sich nämlich einmal die Mühe machen, das Petitum meines Antrags sich anzuschauen,
und das Petitum anschauen, dass die Grünen und die CDU vorlegen, dann kommt man sehr schnell zu dem fast augenfälligen Eindruck, dass man aus drei Punkten zwei gemacht hat, ansonsten die Copy-and-paste-Tastenkombination am Computer gedrückt hat und frecherweise, wie ich finde, mein Petitum zu einem eigenen gemacht hat. Das ist wirklich ein schlechter parlamentarischer Stil.
Wenn Sie sich schon selber nicht die Mühe machen, Herr Beuß und Frau Dr. Gümbel, sich mit diesen Themen zu befassen, dann können Sie wenigstens Ihre Mitarbeiter – die werden Sie haben – daran setzen, um eigene Petita zu formulieren. Aber bei mir geistigen Diebstahl zu betreiben, finde ich schon ein starkes Stück.
Dass allerdings Hochschulpolitik bei den Regierungsfraktionen ohnehin keinen sehr hohen Stellenwert hat, ist auch in den letzten Tagen bei der Berichterstattung deutlich geworden. Sie jedenfalls – zumindest die Fachsprecher bei den beiden Regierungsfraktionen – nehmen ihre Arbeit, was diesen Bereich angeht, nicht sehr ernst.
Nichtsdestotrotz hoffe ich, dass es dieser Bürgerschaft gelingen möge, bei diesem wichtigen Punkt, dann in der späteren Beratung doch noch gemeinsam zu einem vernünftigen Ergebnis zu kommen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kühn, ich bin im gewissen Sinne ein wenig sprachlos, weil ich nicht geglaubt hätte,
dass Sie heute an dieser Stelle und auch zu dieser Uhrzeit zu solchen Verbalattacken neigen und von Abschreiben sprechen. Ich weiß nicht, woher Sie das nehmen.
Eigentlich haben wir – und das war gute Tradition – in den vergangenen Jahren im Wissenschaftsbereich immer ganz gut miteinander kommuniziert und gearbeitet. Aber wenn Sie in Zukunft diesen Stil fortsetzen wollen, nehme ich das gerne an.
Ich gehe auf ein paar Punkte in Ihrem Antrag ein, den ich – und das haben Sie sehr sauber ausgeführt – grundsätzlich für richtig halte. Ich will gar nicht die ganzen Argumente wiederholen, die Sie genannt haben und die in diesem Bereich Schwierigkeiten machen. Berufserfahrung, Studium und Motivation sind eine wichtige Angelegenheit im Hinblick darauf, dass Leute mit einer Berufserfahrung ein Studium aufnehmen und ganz anders daran herangehen. Ich finde es gut, dass die Bundesregierung jetzt Anreiz finanzieller Art schafft für Menschen, die nach einer Berufsausbildung oder nach einer Meisterprüfung ein Studium aufnehmen wollen. Obwohl wir nicht verkennen dürfen, dass es – ich komme selbst aus dem Bereich des zweiten Bildungswegs – sehr schwer ist, wenn man aus einem Beruf aussteigt, ein Studium aufnimmt und das Risiko eingeht, auch finanziell große Schwierigkeiten in Kauf zu nehmen. Es bedarf dabei schon eines gesicherten Umfelds, um so etwas zu tun. Deswegen sind wahrscheinlich auch viele Menschen sehr zögerlich und wissen zum Teil auch gar nicht, dass sie die Möglichkeit haben, nach einem Meisterabschluss anschließend ein Studium aufzunehmen.
Es ist schon sehr spät und ich will es kurz machen. Ein Punkt ist mir ganz wichtig. Bei allem Charme und aller Wichtigkeit, die eine Berufsausbildung und ein Berufsabschluss als Eingang für ein Hochschulstudium haben können, möchte ich doch gerne, dass das Abitur dadurch nicht eine totale Abwertung erfährt. Das ist ein ganz wesentlicher Schlüssel dafür, dass wir an beiden Bereichen arbeiten müssen. Wir müssen viele Schüler so gut vorbereiten in den Schulen, dass sie ein Abitur machen können. Und wir müssen denjenigen, die dazu geeignet sind, ermöglichen ein Hochschulstudium durchzuführen, obwohl sie kein Abitur haben,
Sie haben auf ziemlich polemische Art und Weise über unseren Änderungsantrag geredet. Gestatten Sie mir zwei, drei Äußerungen dazu. Wissen Sie, so jemand wie Frau Stapelfeldt, die viel Erfahrung auch als Regierungsfraktionsmitglied hat, weiß ganz genau, dass es gelegentlich schwierig ist, unter Fristsetzung solche Anträge auf den Weg zu bringen, weil die Behörde auch genügend zeitlichen Spielraum haben muss, um auf solche Berichtsvorlagen reagieren zu können. Deswegen haben wir an der Stelle – aber in Ihrem Interesse – dieses Datum herausgenommen, weil wir nicht möchten, dass mit der heißen Nadel irgendein Berichtsersuchen erstellt wird, sondern dass das vernünftig gemacht wird. Wir werden sehr wohl darauf achten, dass es auch zur rechten Zeit dieses Haus erreicht.
Dann haben wir Ihren Antrag sogar ein wenig erweitert. Wir haben nämlich gesagt, die Behörde möge mit den Hochschulen gemeinsam – denn die sind betroffen davon – ein entsprechendes Verfahren auf den Weg bringen. Das hatten Sie ausgeklammert, wir haben es hineingenommen, weil wir es für wichtig und richtig erachtet haben.
Den Punkt 3 haben wir herausgenommen, weil er aus unserer Sicht den Punkt 1 mit impliziert und wir das nicht noch komplizierter machen wollten. Damit hat sich Punkt 3 als Extrapunkt erledigt. Hier ist also nichts abgeschrieben worden, sondern wir haben – mit Verlaub gesagt – ein bisschen daraufgeschaut und den Antrag aus unserer Sicht optimiert. – Ich danke Ihnen.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Kühn, es tut mir wirklich leid, dass wir Sie so in Rage gebracht haben. Herr Beuß hat es im Prinzip schon erklärt. Ich glaube auch nicht, dass Sie wirklich meinen, dass Ihre geistige Originalität nur an diesem Antrag hängt. Im Gegenteil: Es ist doch eigentlich eher so, dass es zeigt, dass wir in diesem Hause einen breiten Konsens über die Frage haben, dass wir die Hochschulen öffnen sollen für Berufstätige, die keine traditionelle Hochschulzulassung haben. Das ist doch an sich gut. Bei der Beschreitung dieses Wegs gibt es kleine marginale Unterschiede.
Der Konsens selber aber – und deshalb, Herr Kühn, kann man sich nicht so sehr als geistiger Eigentümer dieser Idee hinstellen – steht inhaltlich nämlich in einer, wie Sie selber auch genau wissen, langen Tradition der Hochschulpolitik der Frei
en und Hansestadt Hamburg. Mit dem heutigen Department Wirtschaft und Politik, das aus der HWP hervorgegangen ist, hat die Hansestadt frühzeitig, nämlich schon gleich nach dem Krieg, die Möglichkeit ergriffen, auch Berufstätigen ohne Abitur ein Hochschulstudium zu ermöglichen.
Die ehemalige Hochschule für Wirtschaft und Politik ist ein Vorbild in der Hochschullandschaft für den erleichterten …
war ein Vorbild für den erleichterten Hochschulzugang für Berufstätige und sie war mit diesem Angebot lange Zeit einzigartig. Ein Studium ohne Abitur war in der gesamten Bundesrepublik nicht möglich mit Ausnahme an der HWP in Hamburg.
Ich freue mich auch, dass der schwarz-grüne Senat gerade dabei ist, die Vorgabe aus dem Koalitionsvertrag, die 40-Prozent-Zulassungsregelung für Berufstätige am Department für Wirtschaft und Politik, festzuschreiben. Wir sind uns also einig in dem Ziel. In einer wissensbasierten Ökonomie ist es von zentraler Bedeutung, eine möglichst große Anzahl von Menschen mit den bestmöglichen Qualifikationen auszustatten. Deshalb ist es wichtig, die Studierendenquote zu erhöhen. Ein Weg dabei ist lebenslanges Lernen zu befördern. Hier ist es – das hat mein Vorredner schon angesprochen – nicht nur entscheidend, den Hochschulzugang ohne Abitur für Berufstätige zu ermöglichen, sondern eben auch bei der Vergabe von Credits für vorhandene Berufspraxis mit einem Teil von Leistungsnachweisen im Studium gleichzustellen. Das ist ein sehr wichtiger Punkt.
Herr Beuß hat es eben schon ausgeführt. Der wesentliche Unterschied bei unserem Zusatzantrag ist, dass wir gemeinsam mit den Hochschulen ein Konzept entwickeln wollen. Ich glaube, auch das ist eigentlich hier Konsens im Haus, dass wir die Autonomie der Hochschulen dabei nicht antasten wollen und insofern mit ihnen gemeinsam etwas erarbeiten und ihnen nichts vorlegen wollen. Die zeitliche Befristung haben wir herausgenommen, weil wir meinen, dass anders als in der Debatte, die wir gerade eben geführt haben, in dieser Debatte und bei diesem Punkt sehr wichtig ist, dass Gründlichkeit vor Schnelligkeit geht. Ich möchte Sie daher bitten, dem Änderungsantrag zuzustimmen. – Danke.
Herr Präsident, sehr geehrte Herren und Damen! Es ist richtig, dass Bildung eine große Bedeutung für die Lebenschancen der Menschen hat. Hochschulen bilden Arbeitskräfte für die Zukunft aus. Die Fraktion DIE
LINKE findet es auch richtig, bessere Voraussetzungen zu schaffen, um Berufstätigen noch ein Studium zu ermöglichen. Verstärkte Anstrengungen, zu denen der Senat mit dem Antrag der SPD aufgefordert wird, sind notwendig. Ich hätte es besser gefunden, wenn wir bereits genau gewusst hätten, warum in Hamburg so wenige Menschen neben ihrer Berufstätigkeit und ohne Abitur studieren. Der Senat vermag für die vier Hamburger Hochschulen nicht einmal Auskunft zu geben, wie wenige Studierende genau nach Paragraf 38 des Hamburgischen Hochschulgesetzes ein Studium aufgenommen haben. So gering ist der Anteil, dass bei einer Bekanntgabe der Datenschutz verletzt würde. Aus unserer Sicht sind mindestens folgende Fragen zu stellen, um die richtigen Forderungen abzuleiten:
Welche Studiengänge sind für Berufstätige besonders attraktiv? Sind nach Aussagen von Interessierten, Studierenden und von Experten und Expertinnen die Studiengebühren hinderlich für ein Studium neben oder anstatt des Berufs? Wie viele Menschen haben sich seit April 2006 für ein Studium neben dem Beruf und ohne Abitur entschieden, Frauen und Männer getrennt?
Sind Studiengebühren insbesondere für Teilzeitkräfte und Alleinerziehende ein Hindernis, ein Studium neben dem Beruf oder nach dem Beruf aufzunehmen? Wie sind die Vertretungen der Berufstätigen, die Gewerkschaften, in das Thema einbezogen? Welche Stellungnahmen gibt es? Und: Hat die Auflösung der HWP dazu beigetragen, dass die Anzahl der Berufstätigen und Menschen ohne Abitur, die sich für ein Studium entschieden haben, zurückgegangen ist?
In seiner Entschließung für eine solidarische Stadt stellte die ver.di-Landesbezirkskonferenz in 2007 unter anderem fest, dass Studiengebühren zu einer der größten Zugangsbarrieren für Menschen ohne Abitur und für Berufstätige gehören, um ein