Außerdem haben wir auch immer noch keine Kenntnis darüber, wie Sie überhaupt die Schulbaumaßnahmen in der zweiten Hälfte des Jahres or
Dann wollen Sie 35 Millionen Euro für ein Betreuungsprogramm Schule und Kita ausgeben, dabei geht es um Horte an Primarschulen. Auch dagegen kann niemand etwas haben, aber die sollen noch 2009 gebaut werden. Das Problem ist nur, dass dieser Senat noch überhaupt nicht weiß, wo in Zukunft Standorte von Primarschulen sein werden. Auch da sage ich: Weitsicht sieht ganz anders aus.
Dann gibt es noch – zumindest nach gegenwärtigem Stand – 2,3 Millionen Euro für den Ausbau von Fachräumen für Naturwissenschaften. Das finde ich richtig. Wir müssen etwas für den naturwissenschaftlichen Unterricht tun.
Aber auch da wissen Sie überhaupt noch nicht, wo die Schulen sein werden. Von daher ist es unklar, wie die Konjunktur 2009 davon profitieren soll. Der Höhepunkt dabei ist, dass Sie das Ganze auch noch Quantensprung nennen. Herr Freytag hat, wie ich schon angesprochen habe, beim letzten Mal aus Wikipedia das Thema Heuchelei definiert. Ich mache es viel harmloser, keine Sorge. Ich weiß gar nicht, ob Sie wissen, was ein Quantensprung ist. Ein Quantensprung ist ein angenommener Vorgang im Mikrokosmos. Weitsicht im Mikrokosmos – das sind genau Ihre Perspektiven.
Auch die Anpassung arbeitsmarktpolitischer Instrumente, wie Sie es nennen, ist richtig. Olaf Scholz ist da weit voraus. Sie können sich an ihm orientieren, dann wissen Sie, dass Sie in die richtige Richtung laufen.
Kurzarbeit statt Entlassungen, das Ganze verbunden mit Qualifizierung, das ist ein richtiger Weg. Ich finde auch gut und erfreulich, Herr Gedaschko – Sie kommen bisher seltener vor –, dass Sie das auch endlich eingesehen haben. Ich wünsche Ihnen persönlich – im Ergebnis wird es so enden –, dass Sie einen würdigeren Abgang finden als Herr Glos. Im Ergebnis spielen Sie aber eine ähnliche Rolle wie Herr Glos in der Bundesregierung und das finde ich schade.
Ob jedoch die arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen des Senats ausreichen werden, daran haben ich und meine Fraktion erhebliche Zweifel. Es rächt sich, dass Sie zugesehen haben, wie in den letzten fünf bis sieben Jahren die Wirtschaftssenatoren und die Finanzsenatoren die in Hamburg vormals vorbildliche Arbeitsmarktpolitik zerschlagen
Auch diese Weitsicht fehlt Ihnen. Der Staat spannt Schutzschirme auf, Sie wollen wieder Arbeitsmarktpolitik machen und Sie möchten mit Unternehmen reden, damit diese nicht entlassen. Ich möchte Sie zum Schluss vielleicht noch einmal an Ihre Verantwortung als Arbeitgeber erinnern. Herr Gedaschko, das wäre vielleicht eine Aufgabe für Sie, dort aktiv einzugreifen. Reden Sie doch einmal mit der HSH Nordbank und ihren Eigentümern darüber, wie man Entlassungen verhindern kann. Es geht mittlerweile nicht nur um die 750 Arbeitsplätze, die schon verkündet worden sind, sondern um mehr als doppelt so viele Menschen, denen droht, dass sie ihre Arbeit verlieren. Rund 4000 Beschäftigte zittern also um ihren Arbeitsplatz, weil Vorstände und Aufsichtsräte erhebliche Fehler gemacht haben. Das sind 4000 Menschen und 4000 Familien, die derzeit Angst haben und nicht wissen, wie ihre Zukunft aussieht, und 4000 Menschen, die heute von Ihnen, Herr von Beust, wieder keine Antwort bekommen haben.
Herr Bürgermeister und auch Herr Gedaschko, nach alldem, was Sie zusammen mit dem Vorstand und dem Aufsichtsrat, insbesondere Herrn Freytag, angerichtet haben bei der HSH Nordbank: Gehen Sie wenigstens anständig mit den 4000 Beschäftigten und ihren Familien um. Gehen Sie als Arbeitgeber mit gutem Beispiel voran, dann sind Sie auch in den Gesprächen mit anderen Unternehmern, was Entlassungen angeht, viel überzeugender. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Neumann, Sie haben zwei Vokabeln gebraucht: Weitsicht und Chance. Ich fange einmal mit der zweiten Vokabel an. Sie haben eindeutig die Chance verpasst, weitsichtig als Oppositionsführer der größten Oppositionsfraktion aufzutreten. Die Chance haben Sie verpasst.
Sie waren in einigen Passagen an Kleinkariertheit und Provinzialität nicht zu überbieten, Herr Neumann. Aber damit müssen Sie und Ihre Fraktion klarkommen. Im Namen meiner Fraktion möchte ich dem Ersten Bürgermeister danken dafür, dass er die richtigen Worte gefunden hat und den richtigen Ton getroffen hat, einen Ton, der Nachdenklichkeit und gleichermaßen den Blick für die letzten Monate der Krise und den Ausblick für die Bewältigung der Krise in der Zukunft ausgedrückt hat. Da
mit hat sich der Erste Bürgermeister, Herr Neumann, ganz eindeutig stark von Ihrer parteipolitischen Rede wohltuend unterschieden.
Ich würde es gut finden, Herr Neumann und liebe SPD, wenn wir diese Stunde nutzen, die Aussprache zur Regierungserklärung, auch grundsätzlich über das zu sprechen, was uns und die Bevölkerung seit Wochen bewegt und umtreibt, denn allein die zahlenmäßige Dimension der Finanz- und Wirtschaftskrise übersteigt bei Weitem das Vorstellungsvermögen der Bürger und vieler von uns. Es werden Rettungsschirme für Banken gespannt, die allein in Deutschland fast 500 Milliarden Euro erreichen. Andere Industrieländer schaffen Bürgschaftsrahmen und Unterstützungsfonds für Ihre Finanzinstitute in ähnlichen Größenordnungen. Hätte vor einem Jahr jemand mit solchen Beiträgen jongliert, wäre er kaum von uns ernst genommen worden. Auch die Summen für die geplanten staatlichen Hilfen allein in Deutschland sind eigentlich ungeheuerlich. Das erste Konjunkturprogramm umfasste 31 Millionen Euro
Milliarden Euro, Entschuldigung –, das zweite Konjunkturpaket, über das wir heute sprechen, sogar 50 Milliarden Euro zusätzliche Ausgaben allein in den nächsten zwei Jahren. Ich denke, wir stellen uns die gleichen Fragen wie die meisten Menschen. Was können wir eigentlich gegen die Krise tun? Wie weit muss oder darf der Staat eingreifen? Und schließlich: Wer soll dies alles bezahlen? Die Erkenntnis – der Bürgermeister hat darüber gesprochen –, dass Menschen mit viel Geld von Gier und Maßlosigkeit benebelt waren, dass Verantwortung von einer absolut gesetzten Risikobereitschaft vollständig abgelöst wurde, des sich über beide Ohren Verschuldens, obwohl man eigentlich weiß, dass man diese Kredite nur zurückzahlen kann, wenn über Jahrzehnte alles glatt läuft – was läuft in einem Menschenleben über Jahrzehnte alles glatt –, diese Erkenntnis ist hoffentlich auch beim Letzten angekommen. Ich mutmaße – ich möchte mich nicht einreihen in die Reihe von Propheten –, dass, sobald die Krise ein wenig wieder weg ist, wir wissen gar nicht wann, natürlich zum menschlichen Leben auch Maßlosigkeit und Gier dazugehört. Wir müssen sie aber einschränken und wie wir das machen sollten, dazu werde ich gleich etwas sagen.
Was nur wenige Mahner und Warner, die kaum jemand ernst genommen hat, vorausgesehen haben, ist wahr geworden. Die Zeche müssen jetzt alle zahlen. Das Vertrauen in Marktgeschehen und in Unternehmen, speziell in Banken, ist bei den meisten Menschen auf ein sehr geringes Niveau gesunken. Die Angst und Kritik vor den negativen Auswirkungen der Globalisierung und das damit einhergehende Gefühl fehlender Geborgenheit ist
in den Vordergrund getreten. Dies gilt für viele Menschen. Der Wunsch nach einem Rahmen, nach Begrenzung und nach Aufsicht durch den Staat ist jetzt in Deutschland wieder sehr ausgeprägt. Dies vielleicht an den linken Flügel der SPD und an DIE LINKE selbst: Das ist nicht der Wunsch der Menschen nach Sozialismus, sondern es ist der Wunsch nach Vertrauen, Stabilität und Orientierung. Die wenigsten wollen die Allmacht des Staats.
Denn gerade wir Deutschen wissen um Allmacht der Staatsmacht und die Ohnmacht, die daraus entstanden ist. Umso wichtiger finde ich es, mit Augenmaß zu agieren. Extremer Staat oder uferloser Kapitalismus sind nicht die Antworten, die wir geben müssen. Es genügt auch nicht, das sage ich selbstkritisch, als CDU-Mitglied einfach in das Leipziger Grundsatzprogramm hineinzuschauen.
(Dr. Andreas Dressel SPD: Da steht ganz was anderes drin! – Ingo Egloff SPD: Schmeißen Sie es weg, das wäre das Be- ste!)
Es wird bei Ihnen nicht genügen, liebe SPDler, in das Hamburger Programm zu schauen. Es wird auch bei den Grünen nicht genügen, ins Berliner Programm zu sehen. Und Marx und Engels, liebe LINKE, haben uns in der Vergangenheit nicht weitergebracht und die werden uns in Zukunft auch nicht weiterhelfen.
Es gibt bei uns Christdemokraten, anders als bei den Sozialdemokraten, eine spannende Diskussion über die Frage, wie stark die Eingriffe des Staats in den Markt sein dürfen. Natürlich führen wir diese Diskussion, denn bei Ihnen, Herr Egloff, ergibt sich diese Diskussion gar nicht, denn Sie wollen den staatlichen Einfluss auf den Markt als Dauerzustand und das halten wir für falsch. Wir in der CDU diskutieren über das staatliche Handeln, wir wollen funktionsfähige Märkte. In einer Zeit wie dieser muss der Staat die Funktionsfähigkeit wieder herstellen und deswegen greift er ein. Aber der Staat darf nach unserer festen Überzeugung kein beherrschender Marktteilnehmer werden. Das geht daneben und führt zur wirtschaftlichen und politischen Unfreiheit.
Das beste Beispiel ist ein Experiment 50 Kilometer östlich von Hamburg von 1945 bis 1989, das durch die Bürger in der DDR mit sehr viel Mut vor zwanzig Jahren gewaltlos abgeschafft wurde.
Ich weiß nicht, wie es Ihnen dabei geht. Aber ich finde, dass jetzt nach einer gewissen Abstinenz des Politischen über einige Zeit durch den Vertrauensverlust zumindest bei den Bürgern das politische Element wieder stärker in den Fokus gerückt ist. Man diskutiert in der Familie und am Arbeitsplatz wieder mehr über Parlaments- und Regierungsbeschlüsse, gerade im Zusammenhang mit Wirtschaft. Politik selbst handelt zum Beispiel über Schutzschirme oder Konjunkturprogramme. Inwieweit das tatsächlich im Einzelnen hilft, wissen wir gar nicht. Aber ich glaube zutiefst, dass es falsch wäre und ein falscher und unpolitischer Weg wäre, wenn wir nicht agieren und nicht reagieren. Notwendig sind begrenzte Eingriffe, um die Funktion der Wirtschaft wieder herzustellen. Das ist auch unsere tiefste Überzeugung: Das gelingt am besten mit der sozialen Marktwirtschaft, die auf Grundwerte wie Freiheit, Gerechtigkeit, Solidarität, Subsidiarität und Gemeinwohl fußt. Unser Grundgesetz sagt deshalb:
Ja, Herr Dr. Dressel, ich glaube, es ist wichtig, diese Fragen jetzt zu stellen und sie auszusprechen.
Die Verantwortung des Einzelnen geht vom einfachen Arbeiter bis zum Wirtschaftsführer. Wir sind als Staat, als Parlament, als Gesetzgeber gefordert, Spielregeln, Grenzen und auch Gesetze festzulegen. Ich bin aber davon überzeugt, dass genau auf dieser Basis die soziale Marktwirtschaft die beste – ich wüsste keine andere – Wirtschaftsordnung ist und bleibt.
Die soziale Marktwirtschaft – die Betonung liegt, Herr Grote, auch auf sozial – ruht auf den vorgenannten Grundwerten. Sie ruht auf der Freiheit des Einzelnen und fordert trotzdem von jedem Verantwortung und sie behält das Allgemeinwohl im Blick. Sie steht auf beiden Beinen, auf Sozialem und dem Markt, auf Arbeit und Kapital, auf Privateigentum und Gemeinwohl.
Die Krise hat uns aber auch gezeigt, dass wir Spielregeln verändern müssen, vor allen Dingen in den Finanzsystemen. Aktienleerverkäufe haben ganz offensichtlich großen Schaden angerichtet und dies muss Konsequenzen haben. Alle Arten von Geldgeschäften mit Hebelwirkung müssen auf den Prüfstand, die Kriterien für Rating-Agenturen und die Bankenaufsicht müssen überprüft werden,
möglicherweise muss auch in noch ganz anderen Gesetzen deutlicher als bisher Nachhaltigkeit und Gemeinwohl verankert werden. Trotzdem bleibt die Basis die soziale Marktwirtschaft. Wenn wir eine Krise dieses Ausmaßes in Zukunft verhindern wollen – der Bürgermeister hat es angesprochen –, dann müssen wir diese Krise international bekämpfen, denn national kann man solche Krisen nicht verhindern.