Protokoll der Sitzung vom 04.03.2009

Erstens: Das reicht nicht. Frühkindliche Bildung darf keine Frage des Geldbeutels sein und deshalb dürfen wir nicht bei den Fünfjährigen stehen bleiben. Wir wollen ab dem Jahr 2010 auch die Vierjährigen kostenfrei stellen.

Zweitens: Das Mittagessen muss bei Ihnen immer noch im Kindergarten bezahlt werden, und zwar auch noch von allen gleichermaßen. Das ist unsozial und gehört abgeschafft.

(Beifall bei der SPD und bei Norbert Hack- busch DIE LINKE)

Ein weiterer großer Bereich der Kinder- und Familienpolitik ist die Prävention. Je dichter und besser das Netz der frühen Hilfen, desto nachhaltiger und letzten Endes auch kostengünstiger wird dieser Bereich und was machen Sie? Ich will einige Punkte nennen.

Hilfen zur Erziehung, der zweitgrößte Anteil an diesem Etat mit 700 Millionen Euro: Obwohl der Bedarf der verschiedenen Hilfen und die Fallzahlen in den letzten vier Jahren stets und ständig angestiegen sind und obwohl Sie 2008 für diesen Bereich fast 200 Millionen Euro benötigt haben, wollen Sie jetzt für 2009 und 2010 mit jeweils 23 Millionen Euro weniger auskommen. Dabei können oder wollen Sie aber nicht sagen, wie das gehen soll und was Sie hier eigentlich vorhaben. Herr Senator, wollen Sie die Hilfen zusammenstreichen, dann sagen Sie das, oder planen Sie etwa schon jetzt die Nachforderungen mit ein? Das alles ist das Gegenteil von Transparenz und Haushaltsehrlichkeit.

(Beifall bei der SPD)

Zwei Punkte noch, zum einen die Familienhebammen. Wir alle sind uns einig darüber, dass sie eine 100 Prozent sinnvolle, dazu noch relativ kostengünstige Angelegenheit sind und zudem noch aufsuchende Arbeit darstellen. Wir haben 1998 das erste Familien-Hebammen-Projekt ins Leben gerufen und warum Sie immer noch von Projekten sprechen, kann ich wirklich nicht nachvollziehen. Wir wollen endlich die flächendeckende Verstetigung der Familienhebammen.

(Beifall bei der SPD)

Dann gibt es noch die sogenannten U-Vorsorgeuntersuchungen. Vier Jahre nach dem Tod der kleinen Jessica und drei Jahre nach dem einstimmigen Petitum des Sonderausschusses "Vernachlässigte Kinder" wird es in Hamburg auch auf absehbare Zeit weiterhin keine verbindlichen Vorsorgeuntersuchungen für Kinder geben. So ist die Lage und das ist schlecht.

(Beifall bei der SPD)

Ihre neue Ankündigung eines jetzt zweijährigen Modellversuchs für einige Kinder ist der dürftige Versuch, die Öffentlichkeit über Ihr weiteres NichtHandeln in dieser Frage zu täuschen. Ganze zwei der neun Untersuchungen wollen Sie jetzt modellversuchsweise verbindlicher gestalten und hinterher dann lieber erst einmal evaluieren. Gleichzeitig streichen Sie die Pflichtuntersuchungen der KitaKinder nach unserem Kinderbetreuungsgesetz. Da kann ich nur fassungslos mit dem Kopf schütteln.

(Beifall bei der SPD)

Das ist das Gegenteil von Präventionspolitik, das ist richtig kurzsichtig.

Wir meinen, dass endlich alle Kinder erreicht werden müssen. Wir brauchen an dieser Stelle auch keine Modellversuche mehr. Was wir brauchen, ist die Einführung verbindlicher Vorsorgeuntersuchungen, und zwar flächendeckend und für alle Kinder.

(Beifall bei der SPD)

Es könnte mehr Kindern in dieser Stadt besser gehen. Hamburg bleibt mit diesem Senator unter seinen Möglichkeiten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Müller.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Frau Veit, ich hätte gedacht, es würde sich lohnen, auf Sie zu warten, ich muss gestehen, dem ist nicht so. Lassen Sie mich zuerst einmal auf Frau Artus eingehen.

Es ist schon ein wenig reflexartig, wenn die LINKS-Partei hier nach vorne kommt und egal, welches Thema behandelt wird, die soziale Schere anspricht. So verkommen beziehungsweise bleiben Sie bei einer Ein-Themen-Partei.

(Thomas Böwer SPD: Ach! – Kersten Artus DIE LINKE: Da wundern Sie sich mal nicht!)

Dazu muss ich Ihnen einmal etwas sagen. Sozial ist nicht, wer das Geld anderer Leute verteilt, sondern der, der dafür sorgt, dass es überhaupt etwas zu verteilen gibt.

(Beifall bei der CDU)

Wenn Sie sich wieder einmal hier hinstellen und versuchen, ein Konjunkturpaket, das wichtig ist zur Rettung der Wirtschaft, gegen die mögliche Armut der Kinder auszuspielen, dann muss ich Ihnen ganz klar entgegenhalten, dass Sie den Ernst der Lage nicht erkannt haben. Wenn Sie die Banken in Deutschland so in der Luft hängen lassen, öffnen Sie, die LINKS-Partei, überhaupt erst die Schere.

(Thomas Böwer SPD: Ja, die sind doch schuld daran, dass wir sie demnächst in (Carola Veit)

Schließfächer einschließen, die ganzen Kinder!)

So ist es, Herr Böwer.

Frau Veit, Sie haben gerade erwähnt, dass Sie keine Zahlen erhielten, egal, welche Sie anfordern. Ich möchte Sie daran erinnern, dass wir gerade im Ausschuss Ihre Kleine Anfrage gehabt haben mit weit über 400 Seiten, wenn ich mich recht erinnere. Hier waren alle Zahlen hinterlegt und Sie hatten die Möglichkeit, dieses entsprechend abzufragen.

Zum Thema Finanzierung: Sie verniedlichen das, indem Sie einfach sagen, es seien immer mal Reste da. Sie vergessen, dass Ihr Antrag strukturelle Mehrausgaben beinhaltet.

(Zuruf von Carola Veit SPD)

Das kann man nicht seriös über Reste finanzieren. Das ist nicht möglich und insofern sind Sie auch da wieder auf einem Holzweg. In der Wiederholung liegt die Kraft bei der SPD. Ich wusste, es kommt schon wieder die Sache mit dem Rechtsanspruch nach dem Motto: Wir haben es gewollt und die CDU wurde genötigt, es zu machen.

(Thomas Böwer SPD: Du hast doch zweimal gegen das Kinderbetreuungsgesetz ge- stimmt!)

Die Mehrheitsverhältnisse waren klar in diesem Haus, wir haben dem zugestimmt.

(Thomas Böwer SPD: Du warst doch gar nicht dabei!)

Es ist ein selbst auferlegter Rechtsanspruch und wir freuen uns darüber, dass es so gekommen ist.

(Beifall bei der CDU)

Sie sprechen Gruppengrößen an; das ist fachlich sicher denkbar. Die Frage ist nur, wie man das finanzieren will und dazu äußern Sie sich nicht. Ich sagte eingangs schon, dann muss man irgendwo umschichten, dann muss man aber auch Ross und Reiter nennen, dann müssen Sie aber auch sagen, woher Sie das Geld dafür nehmen wollen.

(Wilfried Buss SPD: Das steht doch alles in dem Antrag!)

Das bleiben Sie uns schuldig.

Der Beitrag für das Mittagessen – liebe Frau Veit, auch das habe ich erwähnt, vielleicht haben Sie eine SMS geschrieben oder mir nicht zugehört – beträgt in Hamburg 13 Euro. Das sind 60 Cent für eine gesunde Mahlzeit.

(Zuruf von Carola Veit SPD)

Sagen Sie mir bitte einmal, wie es möglich sein soll, einem Kind eine gesunde Mahlzeit für 60 Cent sonst bereitzustellen.

(Viviane Spethmann CDU: Das hat Frau Schneider gesagt!)

Außerdem strafen Sie doch die Genossen aus den anderen Bundesländern einfach Lügen, die erheblich mehr Geld dafür nehmen; die werden doch sicherlich keine andere Problematik haben.

(Thomas Böwer SPD: Welche Genossen meinen Sie denn?)

Sie sprechen HzE an, darauf gibt es natürlich überwiegend Rechtsansprüche.

(Thomas Böwer SPD: Meinen Sie die Ge- nossen in Bayern?)

Offensichtlich haben Sie nicht zugehört, Herr Kollege Böwer, ich habe es vorgelesen mit dem entsprechenden Bundesland.

Frau Veit, wenn Sie die U-Vorsorgeuntersuchungen ansprechen, dann wäre es sinnvoll, den vorliegenden Antrag einfach zu Ende zu lesen. Es ist nicht so, dass die U-Untersuchungen sich lediglich auf diesen einzigen Bereich beschränken, sondern dies soll ausgeweitet werden. Auch hier strafen Sie Ihre eigenen Genossen ein Stück weit Lügen. Es soll das Modellprojekt aus Schleswig-Holstein werden und es soll natürlich evaluiert werden. Wenn wir es nicht tun würden, würden Sie wieder sagen, wir starten hier etwas, ohne zu prüfen, wie es letzten Endes ausgeht.

(Thomas Böwer SPD: Sie legitimieren einen Rechtsversager!)

Ich bleibe dabei: Dieser Haushalt richtet sich sehr wohlwollend an Hamburger Familien und Kinder. Er ist natürlich unter den gegebenen Umständen so finanziert, dass wir auch passgenau und zielgerichtet den Familien helfen können.