Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Dann unterbreche ich die Sitzung für eine gemeinsame Abendbrotpause, die im Großen Festsaal stattfindet.
Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, die Plätze einzunehmen. Die Sitzung ist wieder eröffnet.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich verstehe, dass zu diesem Zeitpunkt kein so großes Interesse an der Verkehrspolitik besteht.
Der Haushaltsplan-Entwurf 2009/2010 sowie der Finanzplan für den Bereich der Verkehrspolitik wird den wachsenden Herausforderungen der Metropole Hamburg nicht gerecht. Was von der schwarzgrünen Koalition angekündigt wird und in dem Haushaltsplan-Entwurf Niederschlag findet, ist leider eher ein Sammelsurium von Maßnahmen als ein ganzheitliches Konzept.
Die Stadtbahnplanung begrüßen und unterstützen wir vom Grundsatz her ausdrücklich, aber die Trassenplanung ist nicht das, was den Menschen noch bis vor einigen Monaten versprochen wurde, und nur zur Wahrung des Koalitionsfriedens ist man nicht bei den alten Zusagen geblieben.
Mit dem vorliegenden Antrag der CDU-Fraktion zur transparenteren Mittelzuweisung und damit verbunden einer klaren Trennung von Haushaltstiteln hat hingegen auch aus unserer Sicht eine richtige Priorisierung der Maßnahmen stattgefunden.
Angesichts immer knapper werdender Haushaltsmittel und einer Reduzierung der Grundinstandsetzungsmittel für Hauptverkehrsstraßen von über 2 Millionen Euro für das Jahr 2009 und 2010 kann ein so kostenaufwendiges Projekt wie Shared
Gemeinschaftsstraßen als verkehrspolitisches Allheilmittel zu verkaufen, ohne vorher anhand eines Pilotprojekts in Hamburg die Übertragbarkeit auf eine Millionenmetropole zu klären, ist eher Ideologie als verantwortbare Verkehrspolitik.
Natürlich klingt das Konzept der Gemeinschaftsstraße zunächst gut. Man könnte es einmal – und ich betone ausdrücklich einmal – ausprobieren. Bewährt es sich dann, kann man sicherlich später weitere Straßen umgestalten. Zunächst sind aber eine Vielzahl von Fragen zu klären.
Was passiert denn dort mit dem ÖPNV, was passiert mit den Parkplätzen, wie kommen Senioren und Behinderte damit zurecht? Wie reagieren die Autofahrer? Klappt das Umlernen, wenn anderenorts in der Stadt eine ganz andere Vekehrsphilosophie gilt? Viele Fragen, und bisher noch keinerlei überzeugende Antworten.
Während der Senat an dieser Stelle ganz schnell voranschreiten möchte, fehlt es ihm in einigen anderen Bereichen am Umsetzungswillen, zum Beispiel bei der Umsetzung der P+R-Häuser. Es fehlt schlichtweg ein ganzheitliches Konzept mit zukunftsweisenden Maßnahmen unter Berücksichtigung der klimapolitischen Debatte. Wo bleibt endlich ein neuer Verkehrsentwicklungsplan?
Der letzte Verkehrsentwicklungsplan, der diesen Namen verdient, stammt noch aus dem Hause von Eugen Wagner.
Ein wesentlicher Punkt der Verkehrspolitik muss die Gewährleistung der Mobilität für alle sein, das heißt, weiterhin eine verlässliche Förderung des ÖPNV sowie dessen weiterer Ausbau. Der Öffentliche Personennahverkehr kann nur dann eine Alternative zum motorisierten Verkehr sein, wenn die Belange der Nutzerinnen und Nutzer berücksichtigt werden. Für uns bedeutet dies, neben einer transparenten Preisgestaltung, ein gut ausgebautes Netz mit barrierefreien Zugängen sowie ein ausreichendes Angebot an P+R-Plätzen.
Angesichts der Klimaschutzdebatte muss die Förderung des ÖPNV neben der Förderung des Fahrradverkehrs eines unserer vorrangigen Ziele sein. Mit unseren Haushaltsanträgen zum Bereich Verkehr fordern wir daher einen konsequenten und schnellen barrierefreien Ausbau der Haltestellen und Bahnhöfe im HVV-Bereich,
damit Senioren und Menschen mit Mobilitätseinschränkungen und auch junge Familien mit Kinderwagen nicht vom öffentlichen Leben in der Stadt ausgegrenzt werden.
Bislang sind von 46 S-Bahn-Haltestellen nur 20 und von 80 U-Bahn-Haltestellen nur 30 barrierefrei ausgebaut und nur für einen kleinen weiteren Teil gibt es eine konkrete Planungsphase. Für den überwiegenden Teil dieser Bahnhöfe und Haltestellen gibt es bei diesem Senat keine Perspektive. Dies trägt nicht zur Attraktivitätssteigerung bei und grenzt einen Teil der Menschen unserer Stadt in ihrer Mobilität ein.
Wenn ich mir das Konjunkturprogramm ansehe, wo Sie davon sprechen, 1 Million Euro dafür einzusetzen, dann muss ich sagen, Sie sollten klotzen und nicht kleckern; das ist bei Weitem zu wenig.
Für genauso wichtig halten wir den Ausbau der vorhandenen P+R-Anlagen. Es kann doch nicht sein, dass zum Beispiel die P+R-Anlagen in Poppenbüttel oder am Meiendorfer Bahnhof mittlerweile seit vielen Jahren in der Planung sind – in Poppenbüttel seit über fünf Jahren – und immer noch nicht in Angriff genommen worden sind.
Dies ist vollkommen inakzeptabel. Dazu kommt noch, dass es keine weitere Planung im Haushalt 2009 und 2010 gibt.
Aus diesem Grunde ist es dringend erforderlich, dass Stellplatzbedarfe ermittelt und die vorhandenen P+R-Möglichkeiten bedarfsgerecht erweitert werden.
Ohne genügenden Parkraum an S-, U- und Regionalbahnhaltestellen werden wir nie eine angemessene Entlastung unserer Ein- und Ausfallstraßen erreichen. Der Ausbau des Verkehrsnetzes muss weiter konsequent betrieben werden, denn nur ein gut ausgebautes und leistungsstarkes Verkehrsnetz kann Verkehrsströme ökologisch verantwortbar bewältigen.
Dazu gehört neben der besseren Verknüpfung von Autoverkehr und ÖPNV durch einen Ausbau von P+R-Anlagen auch der weitere Ausbau des SBahn-Netzes in die Metropolregion, um Pendler auf die Schienen zu bringen.
Mit dem sogenannten Achsenkonzept der schleswig-holsteinischen Landesregierung, das den zügigen Ausbau der Eisenbahnstrecke von Itzehoe, Elmshorn, Kaltenkirchen, Bad Oldesloe und Ahrensburg nach Hamburg vollzieht, wäre ein wert
voller Schritt in die richtige Richtung getan. Es kann doch nicht im Interesse grüner Verkehrspolitik liegen, dass weiterhin nur gut 40 000 Personenfahrten täglich auf diesen drei Achsen auf der Schiene erfolgen, während 250 000 Fahrten mit dem PKW absolviert werden. Hier besteht Handlungs- und Gesprächsbedarf, um einen erheblich größeren Teil der täglichen Pendler von der Straße auf die Schiene zu holen.
Dass dies möglich ist, haben wir bei der S-Bahn nach Stade gesehen, eine Erfolgsgeschichte. Hier sollte man sich nicht hinter Prüfungsaufträgen verschanzen, sondern Sie sollten sich zum weiteren Ausbau des Schienen-Personennahverkehrs bekennen und aktiv diesen Prozess mit gestalten. – Vielen Dank.