Wir sagen dazu auch gerne, dass wir einen kräftigen Wahlkampf machen werden. Wir sind froh, dass mit diesen Wahlen in das Europäische Parlament von Hamburg eine dritte Person, eine Hamburgerin, ins Parlament ziehen wird. Diese Situation hatten wir bisher noch nicht. Bisher gab es immer einen Vertreter der CDU und einen Vertreter der SPD. Wir werden Sabine Wils wählen. Sie ist
auf Platz zwei der nationalen Liste und hat dementsprechend beste Chancen, hineinzukommen. Sie wird das soziale und auch das ökologische Hamburg in Europa gut vertreten und darüber freuen wir uns.
Frau Schnieber-Jastram, ich möchte noch etwas zur Glaubwürdigkeit sagen und zu der Auseinandersetzung mit dem, was bisher die CDU an Europapolitik gemacht hat. Ich habe gedacht, das wäre eine wichtige Frage, wenn es insbesondere um die Hamburger Situation und die Hamburger Interessen geht. Wir haben doch dort eine ganz spezielle Situation innerhalb der CDU, die man hier deutlich ansprechen muss und die ein wichtiges Thema ist. Herr Jarzembowski, der gewählt worden ist in Hamburg, war der kräftigste Vertreter der unsozialen Port Package II und dafür, das europaweit durchzuführen.
Selbst der Senat hat dem kräftig widersprochen und gesagt, so gehe es nicht. Ich habe diese Kritik von der CDU kaum gehört.
Ich hätte von Ihnen verlangt, deutlich zu sagen, dass etwas Ähnliches mit Ihnen nicht passiert. Dieses Beispiel von Herrn Jarzembowski heißt, dass eigentlich kein Vertrauen existieren könnte, in Hamburg bei den Europawahlen CDU zu wählen, denn er hat bisher nicht das Interesse der Stadt vertreten; Herr Jarzembowski war das typische Beispiel dafür.
Meine Damen und Herren! Herr Frank hat einen wichtigen Aspekt dargestellt, warum wir LINKE keine glühenden Europaanhänger sind.
Ich will auch sagen, was unser Kriterium dafür ist, wie stark ich in mehreren Debatten Europa in den letzten Tagen verteidigt habe.
Herr Frank hat gesagt, dass in dieser Drucksache die Frage des sozialen Europas nicht angesprochen worden ist. Das ist keine Frage von Sozialpolitik, sondern jeder Mensch in dieser Stadt soll einen Vorteil davon haben, dass er in Europa lebt. Das ist doch das Kriterium, warum wir für Europa sind. Das ist unser Kriterium dafür, warum wir für ein soziales Europa sind, und das versprechen Sie doch auch. Das Merkwürdige ist, dass die Formulierungen immer so schwammig sind: Das ist gut
für die Stadt, das ist gut für den Hafen. Ich möchte zum Kriterium machen, ob es gut ist für den Einzelnen, der in dieser Stadt arbeitet,
Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk (unterbrechend) : Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Heitmann?
Können Sie mir vielleicht auch erläutern, wie Ihre Hamburger Kandidatin zu der Rolle der EU in Sachen Frieden steht? Das würde mich einmal interessieren.
Norbert Hackbusch (fortfahrend) : – Ja, aber einen Moment später, weil ich noch beim Thema Soziales bin.
Ich möchte Ihnen dazu etwas darstellen aus meiner Debatte und dem, was ich diskutiert habe auf mehreren Veranstaltungen, gerade auch mit arbeitslosen Jugendlichen in den letzten Tagen. Ihnen wurde dargestellt, dass es eine Analyse der Deutschen Bundesbank gibt, die gerade aktuell veröffentlicht worden ist. Die Deutsche Bundesbank hat festgestellt, dass sich die Löhne in der Bundesrepublik völlig anders entwickelt haben als im übrigen Gebiet der EU. Es wurde dargestellt, dass in den letzten 24 Monaten die Lohnstückkosten in Deutschland um 2 Prozent gesunken sind, während sie in den anderen Ländern der Europäischen Wirtschaftsunion um rund 8 Prozent gestiegen sind. Das bedeutet, dass die Menschen in den anderen Teilen Europas kräftige und gute Lohnerhöhungen hatten, während sie in Deutschland Lohnverringerung hatten.
Ich habe den Jugendlichen deutlich gesagt, als sie auf diesen Fakt hingewiesen haben, dass es nicht die Schuld Europas ist, dass es falsch ist, denen das vorzuwerfen. Es ist die Schuld der Hamburger und der deutschen Politik und der Ideologie, die hier herrscht, die in gewisser Weise nur auf Export setzt. Aufgrund dessen hat eine falsche politische Richtung eingesetzt und das könnt ihr Europa nicht vorwerfen.
Wichtig ist, stattdessen zu sagen, Europa muss ein soziales Moment sein, wir werden dafür streiten. Das ist für uns auch das entscheidende Moment, weshalb wir gegen den Vertrag von Lissabon sind, denn der Vertrag von Lissabon trägt in sich, über was der Europäische Gerichtshof gegenwärtig urteilt. Das ist eine Logik, bei der nicht die Arbeitnehmerrechte, nicht die sozialen Rechte im Vordergrund stehen, sondern nur die Rechte der Wirt
schaft und der Unternehmen. Es wird uns hart auf die Füße fallen, wenn wir diesen Weg weiterhin gehen; davor will ich ausdrücklich warnen.
Das zweite Moment, weswegen wir LINKE gegen den Lissabon-Vertrag sind, ist die Militarisierung der Außenpolitik. Wir sind eindeutig dagegen, dass Europa diese Kompetenzen bekommt, dass durch Lissabon beschrieben worden ist, dass es dort mehr Militär geben müsse, und zwar mit Verfassungsrang. Wir halten das für eine falsche politische Entwicklung und sind ausdrücklich dagegen. Wir sind die Partei, die für Abrüstung steht, auch in Europa, und wir können uns das dort auch am besten leisten.
Als Letztes möchte ich noch darauf hinweisen, was in dieser Drucksache so gut wie fehlt. Das ist der Aspekt der Menschenrechte. Europa hat eine wichtige Aufgabe in dieser Welt. Jeder von uns kann sagen, es sei politisch absolut nicht anders möglich, als diese Riesenmauern um Europa entstehen zu lassen. Aber jeder von uns sollte mitleiden bei dem, was gegenwärtig bei den Flüchtlingsströmen passiert und wie wir damit umgehen
und wissen, dass solche Mauern um Europa vielleicht noch ein, zwei, drei, fünf Jahre halten, aber Mauern halten ansonsten nie.
Wir müssen uns darauf vorbereiten und müssen bedenken, dass ein Europa der Menschenrechte sehr wichtig ist. Dazu gehört auch eine Diskussion darüber, mehr Menschen in diese Stadt kommen zu lassen, und das bedeuten Menschenrechte.
Menschenrechte bedeuten auch, wenn diese Menschen hierher kommen, dass wir sie freundlich und nett aufnehmen und nicht so etwas wie das Aufnahmelager Horst herstellen. Da gibt es ein paar Verbesserungen. Trotzdem ist das in dieser Drucksache nicht richtig genannt worden. Das Einzige, wo Menschenrechte erwähnt werden, war im Zusammenhang mit Zwangsehen. Das ist auch ein Aspekt, aber es zeigt, dass Ihnen nicht die Menschenrechte das Wichtigste sind, sondern nur bestimmte andere Auseinandersetzungen. – Danke.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrter Herr Hackbusch, Sie haben angemahnt, die Debatte sei nicht liebevoll genug gewesen. Nun kann man darüber streiten, in welchem Um
fang hier Liebe erteilt wird oder ob Ihr Beitrag nun so liebevoll war, der zunächst einmal die eigenen Kandidaten über den grünen Klee gelobt hat, die anderen Kandidaten schlecht gemacht hat. Dann wird noch gesagt, hier werde ein zu schlechtes Gehalt bezahlt, obwohl Sie genau wissen, dass es eine freie Tarifautonomie gibt und es keine Frage von Europapolitik und nationaler Politik ist. Es war sehr viel zusammengerührt, liebevoll hin oder her, es war zumindest engagiert. Das gestehe ich Ihnen zu, auch wenn ich inhaltlich in vielen Punkten nicht Ihrer Meinung bin.
Die Analyse ist richtig. Wir haben, was die Begeisterung der Menschen für Europa angeht, einen ständigen Rückgang, vermutlich seit den Fünfzigerjahren. Damals war die Generation noch geprägt von den Erfahrungen des Krieges, hat sich geschworen, nie wieder, hat sich geschworen, wir müssen zusammenarbeiten und daraus ist eine starke Emotion entstanden.
Wir müssen ehrlich miteinander sein, diese Emotion ist nur noch sehr rudimentär, wenn nicht gar überhaupt nicht da. Das Problem der Wahlbeteiligung, lieber Herr Frank, ist nicht nur ein Hamburger Problem. Wir hatten in der Tat letztes Mal bei der Europawahl eine sehr schlechte Wahlbeteiligung, ich glaube, nach Brandenburg die schlechteste in der Bundesrepublik. Es lag aber, wenn wir ehrlich sind, auch daran, dass in anderen Ländern parallel Kommunalwahlen waren und darum generell die Bereitschaft, zur Wahl zu gehen, höher war. Wir haben aber generell in Deutschland und auch in Europa dieses Problem – darauf wurde auch hingewiesen –, dass die Einlassung der Menschen, ob sie zur Wahl gehen wollen oder nicht, in ganz Europa relativ gering ist und überall zwischen 30 und 35 Prozent liegt.
Das ist zu wenig und woran liegt das? Ein Grund, darauf ist hingewiesen worden, ist die mangelnde Emotionalisierung. Die Leute wissen vielleicht vom Verstand her, dass Europa wichtig ist, von der Emotion her berührt es wenige.
Ein zweiter Grund ist die Personalisierung. Ich will nicht die Abgeordneten kritisieren. Das Problem ist, man kennt fast zu wenige, um sie kritisieren zu können, denn Europa hat kein personelles Gesicht oder nur sehr rudimentär einige personelle Gesichter. Sie brauchen natürlich für eine Politik, die emotionalisiert, die vielleicht auch polarisiert, Gesichter und Themen, die das tun. Das ist ein großes Problem, auf das ich im Moment keine Antwort weiß, es ist aber ein Faktum, dass es so ist.
Herr Hackbusch, Sie haben die Frage gestellt, warum Europa für jeden einzelnen Menschen so wichtig sei, auch gerade hier in Hamburg. Es ist nicht nur wichtig, von Europa als Chance und Hoffnung zu reden oder was Hamburg abstrakt davon hat, sondern was konkret jede einzelne Hamburgerin und jeder einzelne Hamburger davon hat.
Einmal haben die Menschen etwas davon, dass durch eine gute Präsenz Hamburgs in der Ostseeregion, durch eine enge Kooperation im Ostseebereich, durch Handel und auch kulturellen Austausch im Ostseebereich Arbeitsplätze in Hamburg gesichert werden, die mit dem Außenhandel in der Ostseeregion zusammenhängen. Hamburg ist die große Drehscheibe für den europäischen Außenhandel. Darum hat jeder, der in diesem Bereich arbeitet, sei es Logistik, sei es Reederei, seien es Außenhandelsfirmen, etwas davon, wenn wir unsere Kooperation in der Ostsee stärken, unseren Einfluss geltend machen, um die Ostseeregion innerhalb Europas stark zu machen. Davon hat jeder in Hamburg etwas, das merkt jeder ganz speziell.
Wir haben uns bemüht – das können Sie auch der Drucksache entnehmen –, Gedanken und Ideen von Hamburgern mit einfließen zu lassen in die EU-Strategie zum Ostseeraum, die in diesem Jahr erarbeitet wird, die im Herbst von den Staats- und Regierungschefs verabschiedet wird. Wir haben gegenüber der zuständigen Kommissarin, Frau Hübner, unsere wichtigen Hamburger Positionen geschildert, die auf die Sicherung und den Ausbau von Arbeitsplätzen abzielen, die mit dem Ostseeraum etwas zu tun haben.
Da geht es um Verkehrsverbindungen im Ostseeraum. Da geht es um den Aufbau von wissenschaftlichen Kooperationen zwischen Forschern im Ostseeraum. Da geht es um die Einbeziehung Russlands in die Diskussion um die Ostseestrategie, weil gerade der Norden und Nordwesten von Russland wichtige Handelspartner für uns sind. Auch hier sind wieder Hamburger Arbeitsplätze durch die Intensivierung dieser Kontakte gesichert; das ist das eine. Das merken die Menschen ganz konkret, die in diesem Bereich arbeiten.
Das zweite ist natürlich der ganze Bereich Umweltschutz und Klimaschutz. Ich bitte, es als nicht zu gering einzuschätzen, dass der Titel Europäische Umwelthauptstadt 2011, European Green Capital, auf Hamburg entfallen ist; unter 34 Mitbewerbern haben wir diesen Titel erhalten. Das ist eine Verpflichtung für jeden Menschen, der in Hamburg lebt, denn Klimaschutz ist etwas, was bei jedem einzelnen Menschen auch dieser Stadt ankommt.
Wir wollen hier eine Vorreiterrolle haben und dazu gehört, dass wir weit über das hinausgehen, zu dem sich andere Städte verpflichtet haben. Wir wollen den CO2-Ausstoß nicht um 20 Prozent bis 2020, sondern um 40 Prozent verringern. Dazu gehört auch, Herr Frank hat es angesprochen, dass wir mit Nachdruck die Frage der Landstromversorgung regeln. Das ist ein Riesenproblem, da gebe ich Ihnen völlig recht. Da geht es nicht nur um die HafenCity, sondern auch um die Klimaansprüche,