Protokoll der Sitzung vom 23.04.2009

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das Wort bekommt Herr Hackbusch.

(Zuruf CDU: Das sind alles Betroffene!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich fand die beiden Beiträge der Regierungsparteien so bemerkenswert – weil es sich natürlich auch darum dreht, wie das Parlament weiterhin mit solchen Dingen umgeht –, dass ich dazu noch etwas sagen möchte.

(Uwe Grund SPD: Das ist doch unterirdisch!)

Sie widersprachen sich dramatisch. Herr Wankum sagte, es würde schon alles in Ordnung gehen, die

(Senatorin Dr. Karin von Welck)

LINKEN hätten nur keine Hoffnung auf die Zukunft und dementsprechend fehle ihnen das richtige Gefühl, die Fragen zu stellen, es gebe aber gar keine Schwierigkeiten. Die Frau Senatorin hat eben deutlich gesagt, an bestimmten Punkten gebe es wichtige Schwierigkeiten in dieser Stadt, die müssten gelöst und besprochen werden. Im Moment spricht alles dafür, dass diese Große Anfrage zumindest im Kulturausschuss noch einmal besprochen werden kann. Das ist das eine.

Zum zweiten verstieg sich Herr Müller dazu – in meinen Augen etwas übertrieben –, davon zu sprechen, dass die Krise des Medienbereichs größere Ausmaße annehmen könne und wichtiger sei als die Opel-Krise. Wenn sie wichtiger ist als die Opel-Krise und wir uns im Kulturausschuss nicht damit beschäftigen wollen, was ist das denn dann für eine Art und Weise, wie das Parlament mit solchen Fragestellungen umgeht.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Das kann doch wohl nicht wahr sein. Möglicherweise gefällt einem diese Große Anfrage nicht so richtig und dann kommt die inhaltliche Kritik; dass man sagt, bei den Fragen der LINKEN gibt es immer so einen Unterton, der mir nicht gefällt. Frau Senatorin, Sie haben das eben ganz deutlich in Bezug auf unsere Anfangsbemerkung gesagt und kurz darauf selbst beantwortet: Wir, die Bundesrepublik und die Verfassung glauben nicht, dass die Meinungsfreiheit in diesem Land nur über Marktmechanismen hergestellt werden kann.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Das wissen doch alle Menschen, die gegenwärtig Zeitungen und Zeitschriften lesen. Dafür haben wir den öffentlich-rechtlichen Rundfunkbereich eingerichtet, weil wir gesagt haben, das darf nicht nur über Marktfreiheit entschieden werden. Was ist denn daran so radikal? Ich glaube, wir möchten manchmal gerne radikaler sein als Sie uns interpretieren. Dementsprechend kann das nicht die Begründung sein, Frau Artus hat schon etliche Gründe dafür angeführt.

Was mich beunruhigt hat, sind die Antworten, die es auf unsere Große Anfrage gegeben hat, zum Beispiel auf die Frage von Umsiedelung. Aktuell gibt es das dpa-Problem, das wurde angesprochen. Zweitens gibt es das Problem, dass vor zwei Wochen zum ersten Mal ein Ressort des "Spiegels" von Hamburg nach Berlin umgelagert worden ist. Das ist durchaus ein Problem und jedem, der die inneren Strukturen dieser Verlage kennt, zeigt das einiges. Dann führen Sie eine Liste der umgelagerten Sachen auf. Herr Wankum, vielleicht ist für Sie wichtig, dass "Die Welt" früher in Hamburg gemacht worden ist und mittlerweile in Berlin gemacht wird, dass die "Bild"-Zeitung früher in Hamburg gemacht worden ist und mittlerweile in Berlin

gemacht wird. Das heißt, das Zentrum des Verlags Springer ist schon lange nicht mehr in Hamburg, sondern in Berlin, aber es fehlen in dieser Liste sogar noch wichtige andere Umsiedlungen. Zum 1. Januar hat der mittelständische Verlag "Frau im Spiegel" mit über 100 Angestellten diese Stadt verlassen. Das taucht in Ihrer Antwort auf die Große Anfrage gar nicht auf.

(Thilo Kleibauer CDU: Wem sagen Sie das?)

Vor zwei Jahren hat der Milchstraßen-Verlag 50 Prozent der Objekte von Hamburg nach München verlagert. Das taucht in Ihrer Antwort auch nicht auf. Wir haben den Eindruck, dass der Senat sich mit der Frage von Medien nicht ausreichend beschäftigt.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Wir waren relativ beruhigt, dass Sie als Berater Herrn Seikel hatten. Wir wissen, dass Herr Seikel nicht immer unserer Meinung ist – das verlangen wir auch nicht –, aber Kompetenz auf diesem Gebiet hat. Die Antworten auf diese Große Anfrage lassen uns Schlimmes befürchten. Eine der wichtigsten Fragen für den Medienstandort Hamburg wird nicht ordentlich behandelt. Ich hoffe, ich habe die Regierungsparteien überzeugt davon,

(Zurufe von der CDU: Nein! – Olaf Ohlsen CDU: Nein, hast Du nicht!)

dass diese Frage ein bisschen ausführlicher behandelt werden muss, als nur einmal in dieser Debatte besprochen zu werden. Stimmen Sie einer Überweisung zu, finden Sie irgendeinen Trick, damit wir uns damit beschäftigen können im Ausschuss. Es geht nicht, dass Sie sich mit dieser Frage nicht beschäftigen und sagen, der Senat wird schon alles richten. Das gehört sich auch parlamentarisch nicht.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Das Wort hat Herr Müller.

(Wilfried Buss SPD: Je später der Abend, desto Müller!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Hackbusch, es ist immer so eine Sache, wenn man versucht, dem Vorredner irgendetwas in den Mund zu legen. Meine Ausführungen zu Opel waren dahingehend, dass die Instrumente, wie man Opel helfen könnte, nicht die gleichen sind, die man im Medienwirtschaftsbereich anwenden kann. Dazu stehe ich auch und nichts anderes habe ich gesagt.

(Beifall bei der GAL und der CDU – Uwe Grund SPD: Sie haben das anders gesagt!)

Der andere Punkt ist, auch dann hätten Sie die Große Anfrage einmal intensiv lesen sollen, weil

(Norbert Hackbusch)

Sie sich eben kritisch darüber geäußert haben, was alles nicht darin steht. Das steht aber nun ausgerechnet darin, Herr Hackbusch. Hier steht:

"Dennoch zählt die Axel Springer AG zur Gruppe der wichtigsten Verlage in Hamburg, wie mit gewissem Abstand auch die Verlagsgruppe Milchstraße, die im Jahre 2005 vollständig von der Burda-Gruppe/München übernommen wurde."

Da sind Verlagerungen, das steht hier, das ist doch völlig klar und ich frage mich, was Sie meinen. Sollen wir das Thema ernst nehmen oder sollen wir Ihre Große Anfrage ernst nehmen? Ich versichere Ihnen, die Koalitionsfraktionen nehmen das Thema sehr ernst.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Bei Ihrer Großen Anfrage bin ich etwas zurückhaltender. Ich hätte kein Problem, wenn wir gemeinsam im Parlament im nächsten Ausschuss eine Selbstbefassung machen: Aktueller Stand bei dpa. Darüber wird in den Medien schon gesprochen und ich bin mir sicher, dass der Senat den aktuellen Stand zu den Gesprächen und seine Einschätzung uns sehr wohl kundtun kann. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Meine Damen und Herren! Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Wir kommen dann zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 19/2408 an den Kultur-, Kreativwirtschafts- und Tourismusausschuss zu? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Die Überweisung der Drucksache 19/2408 ist damit mehrheitlich abgelehnt.

Dann stelle ich fest, dass die Bürgerschaft von der Großen Anfrage aus der Drucksache 19/2408 Kenntnis genommen hat.

Ich rufe dann auf den Punkt 3 der Tagesordnung: Berichte des Eingabenausschusses und beginne mit dem Bericht 19/2498.

[Bericht des Eingabenausschusses: Eingaben – Drs 19/2498 –]

Hierzu ist mir mitgeteilt worden, dass zu der Eingabe 66/09 aus den Reihen der CDU-Fraktion gemäß Paragraf 26, Absatz 6 unserer Geschäftsordnung das Wort begehrt wird. Herr Grapengeter hat das Wort für maximal fünf Minuten.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es handelt sich um ein Thema, das sich definitiv nicht für parteipolitische Aspekte oder Emotionen eignet, aber grundsätzliche Bedeutung hat. Ich möchte vor dem

Hintergrund der Eingabe 66/09 das Verfahren zur Einrichtung einer Betreuung ansprechen. Wir sind uns mit Sicherheit alle dessen bewusst, dass die Einrichtung einer Betreuung für den Betroffenen wohl einen der massivsten Eingriffe im Hinblick auf seine Intim- und Privatsphäre bedeutet. Darüber hinaus sind wir uns auch alle im Klaren darüber, dass das Verfahren einer Betreuung der richterlichen Unabhängigkeit obliegt, die in Artikel 97 des Grundgesetzes festgelegt ist und die mit Sicherheit auch niemand von uns in Frage stellen wird. Allerdings ist im Paragrafen 1896 ff. BGB nicht die Dienstaufsicht im Hinblick auf das Verfahren der Betreuung festgelegt. Es sind wohl Fragen der Haftung, Schadensersatz und ähnliches festgelegt, allerdings nicht die Dienstaufsicht im Hinblick auf die Betreuerinnen und Betreuer, deren Arbeit – das möchte ich ganz klar feststellen – niemand in Frage stellt.

Wir haben jetzt mit dieser Eingabe den worst case. Der Eingabenausschuss hat sich mit der Angelegenheit befasst und es ist wohl ein Desaster zu verzeichnen im Hinblick auf die Sensibilität, die in dieser Angelegenheit an den Tag gelegt wurde. Wir waren schon häufiger im Eingabenausschuss mit Petitionen befasst, in denen sich Betreute oder aber Angehörige, Verwandte, Freunde an uns gewandt haben, die mit den Verfahren nicht einverstanden gewesen sind. Vor diesem Hintergrund spreche ich im Namen des gesamten Eingabenausschusses, wenn ich feststelle, dass wir in dieser Frage Handlungsbedarf sehen dahingehend, dass Verwandte, Freunde, Bekannte, das soziale Umfeld bei diesen Verfahren entsprechend eingebunden werden. Dies vorausgeschickt, der Eingabeausschuss hat die Eingabe einstimmig zur Berücksichtigung überwiesen. Wir sind uns alle der Problematik bewusst und bitten den Senat – ich hoffe, ich spreche im Namen des gesamten Hauses –, in dieser Hinsicht Maßnahmen zu ergreifen, um eine Einbindung des sozialen Umfelds des Betroffenen, der Freunde, der Verwandten und der Bekannten zu gewährleisten. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Das Wort bekommt Herr Buss.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ganz kurz noch einmal zu der eigentlichen Eingabe. Ein Homosexueller hat sich darüber beschwert, dass er bei der Behandlung seines eingetragenen Ehepartners nicht als Betreuer eingetragen worden ist, sondern, unter anderem wohl auch auf Drängen des Krankenhauses, eine neutrale Person gewünscht wurde und dann hat eben das Amtsgericht ganz anders entschieden. Das Tragische an der Sache ist, als er dann endlich durchgesetzt hatte, als entspre

(Farid Müller)

chender nächster Verwandter zum Betreuer ernannt zu werden, ist am nächsten Tag sein Lebenspartner verstorben. Das ist unter anderem in einem Abgeordnetenbüro aufgelaufen, ich hatte das als Betreuer im Ausschuss mitzuberaten und es ist schon eine sehr tragische Geschichte gewesen. Herr Grapengeter hat insoweit das Wesentliche gesagt, das uns politisch betrifft. Was meiner Meinung nach besonderer Würdigung bedarf, ist die Tatsache, dass es seit dem Wechsel im Amt des Justizsenators auch einen Wechsel auf der Ebene des Präsidenten des Amtsgerichts gegeben hat und es gab eine sehr einfühlsame Entschuldigung des neuen Präsidenten gegenüber dem Lebenspartner. Es ist uns zurückgemeldet worden, dass dieses von dem Petenten als positive Reaktion der Öffentlichkeit, sprich, in diesem Fall der Staatsgewalt, empfunden wurde und dass nun zusätzlich zu der Art und Weise, wie wir einstimmig den Senat auffordern zu handeln, noch persönlich eine sehr gute Geste geleistet worden ist. Das ist insgesamt ein Umgang, wie er sich außerordentlich positiv – jedenfalls zum Ende – dargestellt hat. – Vielen Dank.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Meine Damen und Herren! Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung über den Bericht aus der Drucksache 19/2498, zunächst zu Ziffer 1.

Wer schließt sich der Empfehlung an, die der Eingabenausschuss zu der Eingabe 51/09 abgegeben hat? – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Das ist einstimmig so beschlossen.