Wir sind uns natürlich einig, dass wir Jungenarbeit brauchen. Wir brauchen sie auch schnell, wir brauchen sie konkreter, wir wollen nicht noch einmal prüfen. Jetzt, wo wir uns darauf geeinigt haben, dass wir das brauchen, können wir auch Nägel mit Köpfen machen, auch wenn es nur im Kleinen ist. Wir müssen sie perspektivisch einbetten in ein Gesamtkonzept zur geschlechtsspezifischen Arbeit insgesamt, damit solchen Bedenken noch einmal Rechnung getragen wird, dass der Ausbau der
Jungenarbeit auf Kosten der Mädchenarbeit geht. Wir wollen, dass aus dem Flickenteppich, der hier insgesamt noch herrscht, dann tatsächlich ein Gesamtbild wird. Das, hoffe ich, ist unser aller Ziel.
Zum Schluss, meine Damen und Herren, heute ist der Tag der Klassiker, werde ich Sie jetzt auch noch etwas quälen. Gestern hatten wir Schiller, eben hatten wir Tucholsky. Ich komme jetzt mit nur drei Zeilen, das halten Sie aus, unseres großen Dichters Goethe: West-östlicher Divan. Gerade wenn wir über Jungs mit Migrationshintergrund reden, passt das ganz gut.
Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung.
Wer stimmt einer Überweisung der Drucksachen 19/2762, 19/2868 und 19/2879 in der Neufassung an den Familien-, Kinder- und Jugendausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mehrheitlich abgelehnt.
Dann lasse ich in der Sache abstimmen, zunächst über den SPD-Antrag aus der Drucksache 19/2879 in der Neufassung. Die CDU-Fraktion möchte Ziffer 4 dieses Antrags separat abstimmen lassen. Wer möchte den SPD-Antrag aus Drucksache 19/2879 mit Ausnahme von Ziffer 4 annehmen? - Gegenprobe. - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag mehrheitlich mit einigen Enthaltungen abgelehnt.
Wer möchte nun Ziffer 4 des Antrags zustimmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist die Ziffer 4 mit einigen Enthaltungen einstimmig angenommen worden.
Nun zum Antrag der Fraktion DIE LINKE aus der Drucksache 19/2868. Wer möchte sich diesem anschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt.
Und schließlich zum gemeinsamen Antrag der GAL- und CDU-Fraktion aus der Drucksache 19/ 2762. Wer möchte diesem zustimmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist die Drucksache 19/2762, der gemeinsame Antrag der GAL- und CDU-Fraktion, mehrheitlich angenommen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 6 auf, die Drucksache 19/1884, Große Anfrage der SPD-Fraktion: Hamburg Energie – Stadtwerke für Hamburg: Prima – aber wie ernst meint es der Senat?
Hamburg Energie – Stadtwerke für Hamburg: Prima – aber wie ernst meint es der Senat? – Drs 19/1884 –]
[Antrag der Fraktion der SPD: Stadtwerke für Hamburg? Zwischenergebnisse der Prüfungen vorlegen – Drs 19/2839 –]
Beide Drucksachen möchte die SPD-Fraktion an den Umweltausschuss überweisen. Wird das Wort gewünscht? – Frau Schaal, Sie haben das Wort.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die SPD hat eine Große Anfrage gestellt: Stadtwerke für Hamburg: Prima – aber wie ernst meint es der Senat? Weil wir es prima finden, möchte ich auch noch etwas ausholen. Drei Viertel der Bundesbürger würden, wenn sie wählen könnten, Wasser und Energie am liebsten von einem kommunalen Versorger beziehen. Diejenigen, die das Glück haben, bereits Kunde bei einem Stadtwerk zu sein, sind zu über 80 Prozent mit ihren Lieferanten zufrieden. Das ist kein Wunder, denn die kommunalen Versorger orientieren sich in erster Linie an ihren Kunden, an den Interessen ihrer Kunden und nicht an den Interessen der Aktionäre; Citizen-Value statt Shareholder-Value, meine Damen und Herren.
Nach Schätzungen des Deutschen Städtetages haben bereits 1800 Städte und Gemeinden in der Bundesrepublik Eigentum an den Strom- und Gasnetzen wiedererworben und zum Teil sind sie auch auf dem Weg, eigene Produktionsanlagen zu bauen oder die Fernwärmenetze zu übernehmen. Rekommunalisierung liegt regelrecht im Trend. Stadtwerke sind nämlich der Wettbewerbshecht im Karpfenteich der Energiewirtschaft. Sie bringen den Klimaschutz voran und sie verdienen nicht zuletzt Geld für ihre öffentlichen Eigentümer.
Senatorin Hajduk stellte mit der Genehmigung des Kohlekraftwerks Moorburg einen städtischen Energieanbieter in Aussicht. "Hamburg Energie" soll das Unternehmen heißen, aber es wird nur ein Ökostromhändler sein, noch längst kein Stadtwerk. Wir wollen echte Stadtwerke, aber ich gebe gerne zu, dass sich "Hamburg Energie", soweit wir wissen, durchaus zu Stadtwerken ausbauen ließe, zumal auch HAMBURG WASSER mit insgesamt zwei öffentlichen Unternehmen, den Hamburger
Wasserwerken und der Hamburger Stadtentwässerung, bereits mit im Boot ist. Wir haben gefragt, ob auch die Stadtreinigung dazukäme, denn es bietet sich an, weil die Stadtreinigung selbst schon zunehmend Wärme und Strom produziert. Auf diese Frage haben wir leider nur gehört, es werde geprüft.
Viele Hamburger halten "Hamburg Energie" schon für ein Stadtwerk und sind begeistert, dass so etwas kommt. Es scheint so zu sein, dass auch der Wirtschaftssenator begeistert ist, sodass er auch dieser Debatte folgt. Das freut mich natürlich. Nur, von einem haben wir überhaupt noch nichts gehört und gesehen zu diesem Thema – der Bürgermeister schweigt sich zu dem Thema Stadtwerke und HAMBURG ENERGIE aus. Er hat auch nichts zu dem Plan von Frau Hajduk gesagt oder ihr in irgendeiner Weise den Rücken gestärkt, einen Ökostrom-Händler auf die Beine zu stellen. Bei dieser offensichtlichen Gleichgültigkeit entsteht doch der Verdacht, dass die Idee von HAMBURG ENERGIE nur als Beruhigungspille gegen die Aufregung über Moorburg gedacht war.
Die SPD hat Anfang Januar schon nachgefragt, wie ernst es denn der Senat mit der Gründung von Stadtwerken meint und die Antwort lautet: Der Senat prüft und prüft oder er hat sich nicht befasst. Wir fanden das sehr enttäuschend, denn nach einem Jahr Prüfung müsste doch endlich einmal etwas herausgekommen sein bei der ganzen Sache. Darum haben wir noch einmal Mitte März nachgefragt und siehe da, seit September arbeitet eine behördeninterne Projektgruppe an einer Strategie für die künftige Weiterentwicklung der leitungsgebundenen Wärmeversorgung und an einer strategischen Konzeption zur wegerechtlichen Nutzung der Energienetze in Hamburg. Dabei lässt sich die Behörde auch gutachterlich beraten und es liegen auch schon Ergebnisse vor. Die wollen wir sehen und mit Ihnen erörtern, Frau Senatorin, darum haben wir auch den Zusatzantrag gestellt, denn es kann nicht sein, dass so wichtige Entscheidungen für die Stadt im stillen Kämmerlein getroffen werden.
Wenn in Hamburg in absehbarer Zeit Stadtwerke aufgebaut werden, ist es wichtig, dass alle Fraktionen an einem Strang ziehen. Das hört man aus allen Städten, die die Energieversorgung wieder in die eigene Regie zurückgeholt haben. Eigentlich stehen die Chancen dafür in diesem Hause gut, denn es gibt eine Mehrheit für die Gründung von Stadtwerken. Die SPD will das, die GAL hat sich in ihrem Wahlprogramm dafür ausgesprochen, DIE LINKE hat sich dafür ausgesprochen, nur die CDU – und ich schaue auf leere Bänke – müsste sich hier endlich einmal outen. Bisher scheint allerdings
die CDU nur auf der Bremse zu stehen und der Wirtschaftssenator ist auch schon weg. Wie sonst ist es zu erklären, dass die GAL-Senatorin Hajduk immer wieder vorprescht und kurz danach relativiert wird, was sie gesagt hat. Nach der ersten kraftvollen Ankündigung im letzten September hieß es dann im Dezember, im Frühjahr komme HAMBURG ENERGIE auf den Markt. In der Antwort auf unsere Große Anfrage hieß es dann plötzlich, die Behörde ist beauftragt zur Prüfung. Im März ließ dann die Behörde über NDR 90,3 schnell verbreiten, die Gründung eines städtischen Energieversorgers schreite voran, dieser Schritt solle noch im Frühjahr erfolgen; wir haben jetzt Frühjahr. Der "Bild"-Zeitung erklärte Senatorin Hajduk am Montag, noch in diesem Jahr werde HAMBURG ENERGIE den Betrieb aufnehmen und die Hamburger mit atom- und kohlefreiem Strom versorgen. Etwas genauer können wir uns das ansehen in einer Zeitung, die in München erscheint, nämlich die Zeitung für kommunale Wirtschaft. In ihrer April-Ausgabe ist zu lesen,
"Wahrscheinlich beginnt es im Herbst mit dem Angebot von Strom, dann kommt Gas und über Contracting lässt sich der Einstieg in die Produktion üben."
Wenn in München bereits von den Dächern gepfiffen wird, was hier in Hamburg wann passieren soll, dann ist es höchste Zeit, dass Parlament und Öffentlichkeit hier endlich erfahren, was der Senat in Gänze wirklich will.
Die Erwartungshaltung der Hamburgerinnen und Hamburger ist sehr groß, Frau Senatorin. Wenn der Senat Stadtwerke auf der Basis von Netzübernahme wirklich gründen will, wie sich die Grünen das vorgenommen haben und wie wir das auch wollen, dann muss er bereits zum 30. Juni dieses Jahres einen sachverständigen Wirtschaftsprüfer bestellen, der den Wert des Gasnetzes abschätzt. Wenn man sich nicht einigt, dann wird die Handelskammer tätig, vorausgesetzt natürlich, man leitet diesen Schritt überhaupt erst ein, so steht es nämlich im Kunden-Konzessionsvertrag.
Die Verträge mit Vattenfall und E.ON müssen zum 31. Dezember 2012 gekündigt werden, wenn die Stadt die Vertragsbeziehungen 2014 lösen will, um die Netze in eigener Regie weiterzuführen. Sie sagen, 2012 sei noch weit hin, aber bekanntlich gibt es im Herbst 2012 irgendwann Wahlen und vorher muss klar sein, wohin die Reise geht. Es kann nicht sein, dass CDU und GAL noch drei Jahre dieses Thema vor sich hinplätschern lassen und kurz vor Abpfiff dann in einer Nacht- und Nebelaktion Fakten schaffen, die auf absehbare Zeit nicht mehr zu ändern sind. Die CDU hat das bereits 2007 mit dem Neuabschluss der Gaskonzession schon einmal so gemacht und das können wir nicht dulden.
Frau Senatorin Hajduk, Sie haben die Unterstützung der SPD, wenn es um die Gründung von Stadtwerken geht, aber ein Stromhändler allein ist natürlich noch kein Stadtwerk. Ökostrom können Sie in dieser Stadt auch woanders verkaufen. Wenn Sie HAMBURG ENERGIE allerdings zu einem richtigen Stadtwerk entwickeln wollen, dann sind wir an Ihrer Seite, aber Sie müssen uns den Weg und die Zeit bis dahin auch aufzeigen. Wenn Sie es schon nicht im Ausschuss tun wollen, dann tun Sie es hier und heute. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau Dr. Schaal, ich kann Ihre Ungeduld verstehen und dass Sie gerne möchten, dass möglichst zügig ein Fehler der Vergangenheit getilgt wird. Dabei muss man auch wissen, dass wir den Verkauf der HEW nicht rückgängig machen. Das ist einfach so, es ist die Wahrheit, Herr Bischoff. Aber der Gedankenprozess ist bei uns allen so, dass wir sagen, es ist eine Situation, in der man überlegen muss, Stadtwerke neu zu gründen, denn wenn man ein Stadtwerk neu gründet, dann baut man nicht das, was man vor Jahren einmal aufgegeben hat, eins zu eins wieder auf, sondern wenn man etwas Neues anfängt, dann macht man es auch zeitgemäß und nutzt neue Strukturen. Dafür brauchen wir etwas Zeit.
Ich glaube nicht, dass wir so viel Zeit brauchen, wie Sie uns zugestanden haben. Sie haben die Neuwahlen auf den Herbst 2012 gelegt. Es kann auch sein, dass Sie sich vorher nicht in der Lage sehen, Kandidaten auszusuchen, das weiß ich nicht.
(Dr. Monika Schaal SPD: Das haben wir schon eher! – Ingo Egloff SPD: Haben wir schon erledigt, Herr Kruse!)
So viel Zeit werden wir nicht brauchen. Ich glaube auch, dass die Entscheidung richtig ist und es ist nicht so, dass wir mit HAMBURG ENERGIE völlig alleine wären – Sie nannten das Hecht im Karpfenteich –, sondern wir sind in einem durchaus großen Feld von Mitbewerbern. Wir können dort neue Impulse setzen und dementsprechend auch den Markt aktivieren können. Ich glaube, dass sich an diesen Stadtwerken auch die anderen, altbewährten Mitbewerber orientieren werden und dass das insofern insgesamt für das Feld ein Gewinn sein wird.
Von daher setze ich sehr auf einen Dialog mit Ihnen, aber auch mit den anderen Akteuren im Energiemarkt. Gleichzeitig geht es natürlich auch darum, dass wir in den Hamburger Strukturen dafür sorgen, dass es weiterhin die berühmt zitierte sichere Energieversorgung gibt, aber dass auch unser ehrgeiziges Klimaschutzkonzept natürlich dort zu Buche schlägt und dieses HAMBURG ENERGIE genau zu diesem Zweck dient.
Also bleiben wir beide einmal gespannt. Ich denke, es wird noch dieses Jahr so sein, dass Sie, wenn Sie wollen, die Möglichkeit haben, zu wechseln. Wir werden alle ein entsprechendes Schreiben bekommen mit einer freundlichen Anregung. Wenn man einmal sieht, dass in Hamburg natürlich auch eine große Bereitschaft ist, in diese Richtung zu denken, dann glaube ich, dass dieses Unternehmen einen sehr guten Start haben wird. Dem ist es vielleicht auch geschuldet, dass wir ein, zwei Monate länger darüber nachdenken, damit es dann auch ein fulminanter Start wird. Das, so habe ich Sie verstanden, liegt auch in Ihrem Interesse. Daher freuen wir uns auf den neuen Impuls dieses Senats, der dieses dann auch tatkräftig umsetzen wird. – Herzlichen Dank.