Protokoll der Sitzung vom 23.04.2009

(Wolfgang Beuß CDU: Laber, laber!)

und solange die nicht zu mir kommen.

Darum ist es auch so wichtig, dass Sie dieses Unternehmen rechtzeitig der Öffentlichkeit präsentieren, denn Sie wollen doch, wenn Sie es eröffnen, dass die Kunden Schlange stehen. Also muss man vorher schon das Unternehmen bekannt machen.

(Wolfgang Beuß CDU: Typisch Opposition! Das ist unerträglich!)

Wollen Sie einen Laden ohne Kunden führen? Dann sind Sie gleich pleite, Herr Beuß. Das ist nicht unerträglich, sondern es ist notwendig, wenn Sie ein Unternehmen gründen, auch von städtischer Seite, dass Sie für Kunden sorgen. Wie wollen Sie denn sonst Geld verdienen, Herr Beuß?

(Beifall bei der SPD)

Es ist notwendig, den Diskussionsprozess, der jetzt offensichtlich anläuft, zu nutzen, um Kunden für dieses Hamburger Unternehmen zu werben,

(Hans-Detlef Roock CDU: So schlau sind wir schon lange!)

denn so lokalpatriotisch, wie die Hamburgerinnen und Hamburger sind, kann das gut gelingen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bischoff.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Senatorin, ich möchte ausdrücklich bekräftigen, dass Sie möglicherweise, jedenfalls aus meinem Blickwinkel, wirklich ein neues Element in dieses Haus eingeführt haben. Ich finde es ausdrücklich positiv,

(Dr. Monika Schaal)

(Karl-Heinz Warnholz CDU: Ja, ist doch in Ordnung! – Olaf Ohlsen CDU: Dann kannst du dich ja wieder setzen!)

das sage ich für die gesamte Fraktion, dass Sie hier im Parlament erklären, die Entscheidung für die Gründung eines kommunalen Stadtwerks HAMBURG ENERGIE sei gefallen. Ich sage das deswegen – Sie haben immer einen anderen Umgang, eine andere Kultur, das muss man respektieren –, weil es nach unserem Verständnis in einer demokratischen Gesellschaft mit einem Parlament üblich sein sollte, dass solche Entscheidungen im Parlament verkündet werden, und man sollte das nicht immer aus der Presse erfahren. Das halte ich ausdrücklich für einen Fortschritt.

(Beifall bei der LINKEN)

Zweiter Punkt: Bei all diesen Diskussionen sollten Sie, Frau Hajduk, und die Regierungsfraktion zur Kenntnis nehmen, dass wir nicht Ihre Sorgfalt und Ihre Energie in diesem Punkt infrage stellen. Im Gegenteil, es liegt uns ausdrücklich daran, dass Sie das sorgfältig machen. Wir haben auch keine Differenz, das möchte ich noch einmal sagen, was die drei wesentlichen Punkte angeht.

(Karl-Heinz Warnholz CDU: Aber!)

Es geht erstens um Energie, Energiemix inklusive der Netze und der Fernwärmedimension. Zweitens geht es – das kam bei Ihnen nicht so vor, aber das kann man auch näher erklären – um die soziale Dimension eines solchen kommunalen Stadtwerk-Unternehmens. Drittens – Herr Kruse, da stimme ich ausdrücklich zu – kann es nicht darum gehen, zu einer alten Konzeption von kommunalen Unternehmen zurückzukommen. Dann würden wir die ganze Chose wieder erneut eröffnen. Es gab gute Gründe, jedenfalls aus der Sicht unserer Fraktion, warum sich dort ein Privatisierungswahn durchgesetzt hat. Das war nicht nur von oben aufgesetzt, sondern da gab es eine ganze Reihe von Problemen und die sind intern in der alten Konzeption zu spät erkannt worden.

Also müssen wir – das finde ich ausdrücklich positiv –, darüber diskutieren, was so ein kommunales Unternehmen denn sein soll, was wir aus der Geschichte gelernt haben. Das ist eine wichtige Dimension, das möchte ich noch einmal bekräftigen, auch wenn Sie das nicht hören wollen.

(Olaf Ohlsen CDU: Ja, ist in Ordnung, mach weiter! – Zurufe von der CDU)

Wir haben, wie Sie wissen, eine ganze Reihe von kommunalen Unternehmen in dieser Stadt. Selbst wenn es ein Unternehmen in öffentlichem Eigentum ist, dann garantiert das nicht eine soziale oder effiziente Ausgestaltung. Gerade bei der HSH Nordbank haben wir ein gutes Beispiel dafür, dass mehr dazu gehört, wenn es der Qualität entsprechen soll.

(Beifall bei der LINKEN)

Das sind die Punkte, Herr Kruse, die wir gerne mit Ihnen diskutieren würden, was Re-Kommunalisierung heißt.

Frau Senatorin nennt es ein gemeinwohlorientiertes Unternehmen, das würden wir gerne diskutieren. Jetzt kommt der Punkt, Frau Hajduk, die Differenz. Sie haben feste Vorstellungen, Sie haben jetzt verkündet, dass Sie es in wenigen Wochen machen. Das ist – das sage ich ausdrücklich mit Blick auf die gestrige Debatte – zu wenig. Sie müssten dann wenigstens eine Chance eröffnen, mit uns darüber zu diskutieren. Ich weiß, dass Sie unsere Vorstellungen sowieso nicht respektieren,

(Olaf Ohlsen CDU: Nee!)

aber wir würden sehr gerne rechtzeitig einbezogen werden. Insofern war heute der eigentliche Fortschritt bei Frau Weggen, die sagte, lassen Sie uns das in der nächsten Sitzung im Umweltausschuss auf die Tagesordnung setzen. Das verstehe ich darunter, wenn man sagt, es gibt unterschiedliche Vorstellungen und wir diskutieren darüber.

(Wolfgang Beuß CDU: Das haben wir ver- standen!)

Frau Senatorin, was jetzt mit der Großen Anfrage und dem Antrag zur Diskussion steht – ich möchte das schon so scharf sagen –, ist Ihre Informationspolitik. Sie haben gestern gesagt,

(Egbert von Frankenberg CDU: Kommen Sie doch mal auf den Punkt!)

wenn ich nach Hause käme, dann fände ich auf meinem Rechner einiges vor zu den Rahmenbedingungen der Fernstraßenkonzeption im Süden von Hamburg. Ich bin wirklich gespannt nach Hause gegangen, aber was ich vorgefunden habe, waren zwölf bunte Bilder einer Präsentation, die Sie schon vorgestellt hatten. Das ist jedenfalls – Herr Kerstan, das will ich Ihnen heute noch einmal sagen – keine Informationspolitik, die das Ansinnen der Opposition respektiert. Das ist das glatte Gegenteil.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren! Mir liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen dann zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksachen 19/1884 und 19/2839 an den Umweltausschuss zu? – Gegenstimmen?– Stimmenthaltungen? – Das ist mehrheitlich abgelehnt.

Dann lasse ich in der Sache abstimmen, zunächst über den Antrag der SPD-Fraktion aus der Drucksache 19/2839. – Wer möchte diesen annehmen?

(Dr. Joachim Bischoff)

Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dieser Antrag ist mehrheitlich abgelehnt.

Dann stelle ich fest, dass die Bürgerschaft von der Großen Anfrage aus der Drucksache 19/1884 Kenntnis genommen hat.

Ich rufe dann den Punkt 40 der Tagesordnung auf, Antrag der Fraktionen der CDU und der GAL: Umweltbilanz durch die Einführung der Blauen Tonne in Hamburg.

[Antrag der Fraktionen der CDU und GAL: Umweltbilanz durch die Einführung der Blauen Tonne in Hamburg – Drs 19/2761 –]

Gibt es Wortmeldungen? – Frau Stöver, bitte.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach den Stadtwerken kommt ein weiteres Thema zum Klimaschutz. Die Blaue Tonne wurde Mitte letzten Jahres in Hamburg eingeführt. In vielen anderen deutschen Städten hat diese Blaue Tonne schon seit mehreren Jahren Einzug gehalten und die bislang bekannten Sammelcontainer sind weitestgehend aus dem Stadtbild verschwunden. Die offensichtlichen Vorteile für die Bürger sind, dass sie weiterhin eine kostenfreie Abfallentsorgung haben. Diese Abfallentsorgung passiert jetzt direkt vor ihrer Haustür und die Motivation zu noch mehr Mülltrennung erhöht sich. Sie werden das selbst vielleicht auch schon erkannt haben, dass eventuell wertvolles Papier schon einmal in den Hausmüll gewandert ist. Jetzt hat man die Möglichkeit, selbst Verpackungsmüll oder auch kleinere Papierzettel in die Blaue Tonne zu werfen, weil sie direkt vor der Haustür steht. Außerdem kommt ein positiver Nebeneffekt hinzu. Der Müll, der neben den Containern abgeladen wurde, weil diese überfüllt waren, muss jetzt von der Stadtreinigung nicht mehr entsorgt werden.

Ich möchte ganz kurz auf drei Aspekte der Blauen Tonne eingehen, die es seit der Einführung gibt, einmal auf die Grundlagen, warum die Blaue Tonne überhaupt eingeführt worden ist in Hamburg. Das war auf Initiative der BSU, die hat das Öko-Institut Freiburg beauftragt, in Hamburg das Klimaschutzpotenzial der Abfallwirtschaft zu untersuchen. Dabei lag der Schwerpunkt der Betrachtung bei den Siedlungsabfällen, weil dort die meisten kommunalen Eingriffsmöglichkeiten gegeben sind.

Ein wesentliches Ergebnis der Studie war, dass der Ausbau der Altpapiererfassung das höchste Potenzial aufweist. Damit können auch Treibhausgas-Emissionen reduziert werden. Weiter hat die Studie belegt, dass in Hamburg ein relativ hoher Anteil an Altpapier über den Hausmüll entsorgt wird. Andere Großstädte wie Frankfurt oder Bremen sammeln deutlich mehr Altpapier aus privaten

Haushalten als Hamburg. Hamburg hatte hier also Optimierungspotenzial.

Eine Mengensteigerung insbesondere durch eine haushaltsnahe Erfassung des Altpapiers ist durch die Blaue Tonne erreichbar, auch in Bereichen, wo kein konzentrierter Geschosswohnungsbau möglich ist. Hamburgs Bürger profitieren von der Blauen Tonne. Die Erfassung von mehr Altpapier hält die Kosten der Müllentsorgung niedrig. Je weniger Papier in der Müllverbrennungsanlage landet, umso günstiger ist die Müllentsorgung.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Des Weiteren ist die Müllentsorgung durch die Blaue Tonne kundenfreundlicher und natürlich auch bequemer für den Verbraucher geworden. Die Sammlung und Verwertung von gesammeltem Altpapier hilft, CO2 einzusparen und ist ein großer Beitrag für den Klimaschutz.

Ich möchte ganz kurz die Bedeutung der Blauen Tonne oder der Altpapiersammlung für die Papierindustrie und für den Umweltschutz hervorheben. Der Papierbedarf wächst weltweit, das ist offensichtlich. Der Rohstoff für die Papierproduktion ist knapp. In Deutschland, der viertgrößten Papierindustrie der Welt, ist Altpapier der mengenmäßig wichtigste Rohstoff für die Papiererzeugung. Die Nachfrage nach Papierrohstoffen spiegelt sich in der Entwicklung der Altpapierpreise wider. Die gehen einmal hoch, einmal herunter, hier erwartet auch die Privatwirtschaft, dass die Altpapierpreise wieder steigen werden.

Neben der wirtschaftlichen Bedeutung von Altpapier für die Papierindustrie stellt natürlich auch das Recycling einen wichtigen Beitrag für den Klimaschutz dar, da eben bei der Produktion weniger Wasser und Energie benötigt wird, Emissionen und CO2-Ausstoß sinken und das Abfallaufkommen insgesamt geringer ist.

Einen letzten Punkt möchte ich noch erwähnen, die öffentliche Berichterstattung. In der Vergangenheit wurden in der Presse vor allem die gesunkenen Altpapierpreise und die damit verbundenen geringeren Einnahmen für die Stadt thematisiert. Der eigentliche Sinn der Blauen Tonne, Klimaschutz und Umweltschutz sowie eine bequemere und verlässlichere und insgesamt kostengünstigere Müllentsorgung, wurde dabei außer Acht gelassen.