Protokoll der Sitzung vom 11.06.2009

Und das zweite, was wir hier in Hamburg in der Politik machen können, ist der Einstieg in eine sehr konsequente Aufgabenkritik, denn es ist nicht nur richtig, die Einnahmenseite des Staates zu stärken, sondern es ist auch unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass wir die Ausgaben reduzieren und auf die Ausgaben verzichten, wo wir uns nicht unmittelbar in ganz klarer öffentlicher Daseinsvorsorge befinden. Da haben wir durchaus auch Potenzial und ich würde mich freuen, wenn Sie dazu auch Vorschläge machen könnten, nicht nur das Geld anderer Leute ausgeben, sondern auch einmal dafür sorgen, dass der Staat sich aus den Teilen heraushält, in denen er möglicherweise nichts zu suchen hat.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Ein ganz wesentlicher Punkt ist auch noch der: Wenn Sie der Meinung sind, dass in der Finanzverwaltung zu wenig Leute in der Steuerfahndung arbeiten, dann helfen Sie uns doch einmal alle zusammen, die Steuerkomplexität zu reduzieren, denn mit reduzierter Steuerkomplexität reduzieren Sie den Verwaltungsaufwand sowohl in den Unternehmen als auch in der öffentlichen Verwaltung. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU – Ingo Egloff SPD: Das ist der Bierdeckel von Herrn Merz.)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Das Wort hat Herr Tschentscher.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das war wieder mal ein Aufschlag, Herr Goldberg.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Mi- chael Neumann SPD: Das war ein Tief- schlag!)

Von SED bis sonst wohin, ich will mal den wichtigsten Punkt vorwegnehmen – jetzt laufen Sie nicht raus, Herr Goldberg, weil das ein wichtiger Punkt ist.

(Michael Neumann SPD: Flucht vor Argu- menten!)

Die Vermögenssteuer ist überhaupt nicht verfassungswidrig, sondern sie muss nur in einer reformierten Art und Weise, und das fordern wir seit Längerem, wieder eingeführt werden.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Richtig!)

Dann bringt sie auch eine Menge. Die muss man nämlich nur auf die richtig großen Vermögen konzentrieren, da brauchen Sie hier keinen Sozialneid

(Thies Goldberg)

von oben zu schüren, so nach dem Motto, da verliert am Ende noch ein armer Rentner seine Miete aus einem ererbten Haus. Es geht um große Vermögen und da braucht keiner Angst zu haben bei einem einigermaßen guten Einkommen, dass er noch irgendetwas verliert,

(Michael Neumann SPD: Nur Herr Goldberg! Herr Goldberg wird schon Angst haben!)

was ihm keiner streitig machen will. Die Vermögenssteuer bringt in dieser Form dreistellige Millionensummen für die Länderhaushalte und deswegen ist es ein Thema, das hier hergehört.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Ich befürchte allerdings, dass die Regierungskoalition den Antrag der LINKEN heute genauso ablehnen wird wie unseren Antrag anlässlich der Haushaltsberatungen im März und unseren Antrag gestern anlässlich der Einnahmesicherungsklausel im Grundgesetz. Ich befürchte das, weil Sie sich einfach nicht Ihrer eigenen Probleme bewusst sind,

(Michael Neumann SPD: Denkblockade!)

denn Sie halten uns hier Vorträge über alles Mögliche und Sie nennen uns Gründe, weswegen die Heranziehung großer Einkommen zur Finanzierung öffentlicher Ausgaben gar nicht möglich sei, und dann betonen Sie, das haben wir gestern mit großer Geste erlebt, dass Sie keine Schulden mehr machen wollen zulasten künftiger Generationen. Das ist Ihre Argumentation hier, das ist gut gesagt, aber was macht Schwarz-Grün denn praktisch?

Nachdem Herr von Beust, seitdem er im Amt ist, in wenigen Regierungsjahren ein Defizit, also Schulden, Vermögensverkäufe und Rücklagenverbrauch, von über 6 Milliarden Euro angehäuft hat, zusätzliche Verschuldung in öffentlichen Unternehmen und Schattenhaushalt mal nicht mitgerechnet,

(Olaf Ohlsen CDU: Wer im Glaskasten sitzt!)

planen Sie jetzt mit Hilfe der GAL und Ihren großen Projekten bis 2012 ein weiteres Defizit von rund 6 Milliarden Euro, davon 4 bis 5 Milliarden Euro allein an neuen Schulden,

(Zuruf Thies Goldberg CDU – Michael Neu- mann SPD: Das ist doch Quatsch, Herr Goldberg, was Sie hier erzählen!)

das hat Frau Heyenn hier anlässlich der Steuerschätzung, die der Senat vorgelegt hat, plausibel dargelegt, und das alles noch, Herr Goldberg, unter der günstigen Annahme, dass 2011 die Konjunktur wieder anspringt, das wollen wir ja alle hoffen, aber selbst dann machen Sie 4 bis 5 Milliarden Euro neue Schulden.

Ich will mich jetzt gar nicht weiter mit Ihnen streiten, welche Fehlentscheidungen der Senat getroffen hat und noch fortlaufend trifft, das volle Pro

gramm einer unsoliden Finanzpolitik, denn wir sind uns ja sogar einig, wir müssen in dieser konjunkturellen Situation ein Staatsdefizit akzeptieren.

(Thies Goldberg CDU: Da sind wir uns we- nigsten einig!)

Da sind wir uns einig.

Das ist bitter, aber ich bin ein bisschen ratlos, Herr Goldberg, wie man so konsequent die Augen davor verschließen kann, welche Konsequenzen das hat.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Thies Goldberg CDU: Dass Sie ratlos sind, da sind wir uns auch einig!)

Wir haben gestern von Ihnen, Herr Goldberg, von Herrn Heintze, von Herrn Waldowsky, von Frau Möller etwas gehört zu unserem Antrag Einnahmesicherungsklausel. Herr Senator Freytag hat sich nicht gemeldet, der hat aber vorher wissen lassen, dass er die Milliardenschulden, die er ab jetzt macht, mit einem verbindlichen Tilgungsplan zurückzahlen will. Ja, sagen Sie mal, liebe Abgeordnete von CDU und GAL, glauben Sie ihm dieses Märchen eigentlich genauso wie das Märchen von der HSH Nordbank im Mai letzten Jahres?

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Ich kann Ihnen wirklich nur raten, glauben Sie ihm kein Wort und lesen Sie die Zahlen einmal selber nach, machen Sie sich wirklich nichts vor. Das sind die Zahlen, die wir Ihnen gestern in unserem Antrag als kleinen Service aufgeschrieben haben, wie es in den kommenden Jahren aussehen wird. Sie werden keine Chance haben, in den kommenden Jahren irgendeinen Euro zurückzuzahlen von den Schulden. Sie werden ab 2011 schon Probleme haben mit den Zinsen für die jetzt auflaufenden Kredite, für die Sie im Betriebshaushalt aufkommen müssen. Sie werden schon ab 2011 ein Problem haben, die Zinsen aus dem Betriebshaushalt zu finanzieren.

Wir haben Ihnen die Zahlen zusammengestellt, damit Sie gar nicht erst in die ferne Zukunft schweifen müssen, zukünftige Generationen belasten mit Weitsicht, oder was Sie in Ihrem Slogan haben. Sie müssen wirklich nur bis 2012 denken. Ich sage Ihnen, Sie werden den Hamburger Staatshaushalt, wenn Sie so weitermachen, 2012 komplett gegen die Wand gefahren haben wie die HSH Nordbank.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Die Stadt braucht nach der Haushaltspolitik, die Sie zu verantworten haben, dringend zusätzliche Einnahmen. Wenn Sie die Vermögenssteuer weiter ablehnen und wenn Sie auch einen Beitrag der Finanzmarktbranche ablehnen in Form einer Börsenumsatzsteuer und einer Transaktionssteuer, die Sie gestern abgelehnt haben, dann verraten Sie uns doch endlich einmal, wie Sie Ihre Schulden til

gen wollen, wie Sie in den Doppelhaushalten ab 2012 allein 400 Millionen Euro zusätzlich an Zinsen aus dem laufenden Haushalt finanzieren wollen, sagen Sie uns doch einmal etwas dazu.

Sie müssen uns nicht Fragen stellen und Vorwürfe machen. Sie regieren, Sie geben das Geld aus mit vollen Händen für unwirtschaftliche Projekte wie die HafenCity und dann halten Sie uns Vorträge. Sagen Sie uns, wie wollen Sie allein mit den Zinsen umgehen für die Schulden, von Tilgung will ich gar nicht anfangen zu reden.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Herr Goldberg, Sie können sich ja gleich wieder melden, sagen Sie: Wollen Sie Studiengebühren weiter erhöhen?

(Wolfgang Beuß CDU: Ja!)

Wollen Sie das Büchergeld erhöhen?

(Wolfgang Beuß CDU: Erhöhen nicht!)

Wollen Sie wieder Schulgeld einführen? Wollen Sie den SAGA-Mietern weitere 500 Millionen abknöpfen, wie wir das vor zwei, drei Jahren erlebt haben, ohne rot zu werden oder wenigstens Danke zu sagen? Ich möchte wissen, welche Pläne zur Erhöhung von Steuern und Abgaben in den Schubladen von Herrn Freytag liegen, um weiter die Hamburger mit kleinen und mittleren Einkommen zu belasten, damit die Kaufkraft weiter zu beschneiden und das fortzusetzen, was die einkommensschwachen Stadtteile seit Jahren erleben.

Meine Damen und Herren von der GAL, Sie haben überhaupt keinen Plan oder Sie haben einen, den Sie uns nicht verraten wollen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Wir befürchten Schlimmes. Und bevor Sie wieder in das Portemonnaie der falschen Leute greifen, fordern wir Sie endlich auf: Geben Sie Ihren Widerstand gegen die Besteuerung großer Vermögen auf. Die Vermögenssteuer ist gerecht, sie ist ökonomisch vernünftig und für die Sanierung Ihrer Finanzpolitik dringend notwendig.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Das Wort hat Herr Waldowsky.

Herr Präsident, liebe Kollegen! Herr Tschentscher, das war wenig zum Antrag der LINKEN und noch einmal viel zum allgemeinen Haushalt. Ich höre das ganz gerne, dass Sie Haushaltsdisziplin einfordern, aber dann möchte ich Sie auch bitten, Ihre Kollegin Veit ein bisschen zurückzupfeifen.