Schwarz-Grün hat sich in der Frage der Justizpolitik nach etwas über einem Jahr als handlungsfähig erwiesen.
Nach der Einrichtung einer eigenen sozialtherapeutischen Anstalt, dem Grundsatzbeschluss für die Umstrukturierung des Strafvollzugs in dieser Stadt, verabschieden wir heute das Kernstück einer Justizpolitik, nämlich die Strafvollzugsgesetze selbst. Gleichzeitig eröffnen wir damit einen dritten Weg im Strafvollzug. Das Strafvollzugsrecht alter Schule kennt im Wesentlichen zwei scheinbar gegenläufige Ziele des Vollzugs, auf der einen Seite die Sorge für die Opfer und auf der anderen Seite die Sorge um die Gefangenen. CDU und GAL bringen diese beiden Interessen in Einklang miteinander, denn aus unserer Sicht ist bei der Sorge um die Opfer von morgen notwendigerweise auch die Situation der Gefangenen von heute im Blick zu behalten. Wer sich um den Opferschutz sorgt, kommt um die Sorge für die Gefangenen von heute nicht herum. Das ist ein neuer Gedanke und diese Synthese macht erst diese Koalition aus Schwarz und Grün in diesem Politikfeld möglich. Deswegen möchte ich mich an dieser Stelle auch sehr herzlich für die Kooperation bei der CDUFraktion bedanken.
Was sind die wesentlichen Neuerungen des Strafvollzugsgesetzes, das uns hier heute vorliegt? Zunächst möchte ich anmerken und das sollte auf keinen Fall untergehen: Wir haben zwei Gesetzentwürfe, einmal einen für das Jugendstrafrecht und auf der anderen Seite das Erwachsenenstrafvollzugsrecht. Wir alle wissen, Jugendliche und Heranwachsende haben oft eine ganz andere Delinquenz als Erwachsene und sind für Erziehungsmaßnahmen auf andere Art ansprechbar. Die Trennung beider Gesetzentwürfe ist deshalb aus unserer Sicht sachgerecht. Wesentlich ist auch, dass wir für Jugendliche das Recht auf Arbeit und Bildung im Vollzug schaffen. Das ist sicher auch ein Meilenstein in der Geschichte der Strafvollzugsgesetze in diesem Land.
Beim Erwachsenenvollzug ist der leitende und zentrale Gedanke, der uns trägt, die Wiedereingliederung. Wir wollen, dass am Ende des Vollzugs alles getan wurde, damit sich die Strafgefangenen wieder in die Gesellschaft eingliedern können. Zwei Instrumente sind dafür von wesentlicher Bedeutung für uns, die Gleichrangigkeit des offenen Vollzugs und die Motivierung der Gefangenen. Mit dem vorliegenden Gesetz wird der offene Vollzug gleichrangig neben den geschlossenen Vollzug treten. Das ist deshalb wichtig, weil in aller Regel der offene Vollzug die Vorstufe zur Entlassung ist. Deswegen muss auf der Reform des offenen Vollzugs unser Hauptaugenmerk liegen und deswegen schließen wir die alte Anstalt in Glasmoor und bauen in Fuhlsbüttel neu.
Wichtig ist auch, dass das vorliegende Gesetz den Haftanstalten einen größeren Spielraum gibt bei der Frage des Übergangs vom geschlossenen zum offenen Vollzug. Mit dem motivierenden Vollzug wollen wir die Gefangenen direkt ansprechen. Wir wollen Sie dazu ermuntern, direkt am Vollzug teilzunehmen und mitzuwirken. Auch dies dient sowohl den freiheitlichen Vorstellungen über die Eigenverantwortung des Menschen wie auch den Sicherheitsbedürfnissen der Bevölkerung.
Der Justizsenator hat seine Hausaufgaben in Rekordzeit – aus meiner Sicht brillant – gemacht. Rein zahlenmäßig betrachtet betrifft der Strafvollzug nur wenige und, wie wir feststellen können, immer weniger Menschen in dieser Stadt. Faktisch aber geht er uns alle an. Nicht nur, weil es uns zu interessieren hat, was mit Strafgefangenen nach der Entlassung passiert, sondern auch deshalb, weil es uns zu interessieren hat, was mit ihnen während der Haft geschieht. Der Umgang der Gesellschaft mit denen ganz unten zeigt ihren Geist, und dass es in diesem Land mit den unwürdigen Knästen in der ehemaligen DDR ein anderes Beispiel gab, mahnt uns, hier auch unser Augenmerk darauf zu richten, dass wir einen vernünftigen Umgang mit diesem Thema finden.
Eine Politik der Bürgerrechte und der Sicherheit mit Weitsicht ist keine Frage der Koalition, sondern eine Frage des politischen Willens. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf haben sich beide Koalitionspartner zu dieser Politik bekannt und wir bitten deshalb auch um Zustimmung. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Umsetzung der Änderungen des Strafvollzugsgesetzes ist eines von zwei Reformvorhaben im Strafvollzug, die Gegenstand des schwarz-grünen Koalitionsvertrags sind. Das zweite Projekt ist die Umstrukturierung des Strafvollzugs, zu dem wir inzwischen ebenfalls einen guten gemeinsamen Vorschlag gemacht haben, den Sie vor zwei Wochen vernehmen konnten. In beiden Fällen zeigt sich, dass unüberwindbar geglaubte Gräben überwunden werden konnten und wir mit ganz neuen Ansätzen Justizpolitik machen konnten. Wir haben in dem vorliegenden Gesetzentwurf mit beiden Fraktionen eine Weiterentwicklung der eigenen Position betrieben. Wir haben eine gute Basis für eine vernünftige und innovative Justizpolitik geschaffen, auf die durchaus auch bundespolitisch geschaut wird.
Ich will nicht verhehlen, dass ich durchaus das alte Gesetz gerne beibehalten hätte. Aber so ist es nun
einmal in einer Koalition, dass wir dieses auch ändern mussten und wollten. Eine Koalition erfordert Einigung und ich glaube, das ist auch gut so. Wir können auf beiden Seiten sehr gut damit leben. Wir haben Änderungen entwickelt, die auf dem alten Gesetz basieren. So haben wir die Anwenderfreundlichkeit für die Bediensteten beibehalten, ein ganz wichtiger Punkt. Die Bediensteten müssen tagtäglich dieses Gesetz anwenden, das bleibt dabei.
Wir haben uns geeinigt, dass die Resozialisierung, die bereits unter der CDU-Alleinregierung begonnen wurde, weiter ausgebaut und im Strafvollzug mit diesem Gesetz weiter verwirklicht wird. Auch das zeigt, dass wir hier mit ganz neuen Punkten weiterkommen.
Im Übrigen hat insbesondere die SPD in den letzten zwei Jahren häufig verkündet, das bisherige Gesetz sei verfassungswidrig gewesen. Ich habe bisher noch keinen einzigen Beweis von Ihnen bekommen, wo das der Fall ist. Das alte Gesetz war verfassungsgemäß, dieses ist es auch. Dieses Gesetz beruht darauf. Sie haben nie konkrete Bedenken vorgetragen und insofern werden wir schauen, was Sie gleich vortragen werden, wie Sie mit diesem Gesetz umgehen.
Wir haben in diesem Gesetz einen Kompromiss gefunden, der sich insbesondere am Opferschutz ausrichtet. Das Ziel dieses Gesetzes ist der Opferschutz. Das ist ein Punkt, der der CDU ausgesprochen wichtig war. Wir haben festgehalten, dass Sicherheit und Resozialisierung dem Opferschutz dienen und keine Gegensätze sind, auch das ist wichtig.
Uns ist beiden sehr wichtig, dass die jeweiligen Gefangenen sich mit der Opferperspektive auseinandersetzen müssen. Der Jugendliche muss lernen, dass es eben nicht cool ist, jemanden abzuziehen, und dass Gewalt keine Lösung sein darf. Diesen Aspekt werden wir im Vollzug weiter regeln können. Angesichts der sinkenden Gefangenenzahlen besteht durchaus auch mehr Zeit und Kapazität, sich diesen Fragen intensiver zu widmen. Da werden wir auch bestimmt zu besseren Lösungen kommen.
Für die CDU waren zwei Aspekte darüber hinaus ausgesprochen wichtig. Das waren zum einen die Mitwirkungspflichten der Gefangenen, die wir hier weiter festgeschrieben haben. Da bedanke ich mich bei der GAL, dass sie diesem Ziel weiter folgt und auch durchaus ihre eigenen früheren Positionen hat fallen lassen. Auch das muss man aner
Der andere Punkt ist die Sicherheit, die für uns natürlich an vorderster Stelle steht. Auch hier haben wir mit der GAL Lösungen gefunden, dass sich Resozialisierung und Sicherheit eben nicht ausschließen. Das kann man bundesweit durchaus als beispielhaft ansehen.
Hier zeigt sich, dass es möglich ist, in einer schwarz-grünen Koalition im Bereich Strafvollzug vernünftig und pragmatisch zu arbeiten. Wenn ich hier die Opposition sehe, muss ich einen gewissen Dissens feststellen. Sie loben und wünschen sich mehr offenen Vollzug. Wenn ich die Verlautbarungen von Frau Schiedek und Herrn Eisold in den letzten Tagen und Wochen zum Thema offene Anstalt in Fuhlsbüttel höre,
In dieser Angelegenheit sollten Sie ehrlich sein. Sie sollten nicht die Ängste der Bevölkerung vor Ort schüren und Sie sollten dazu stehen, dass Sie auch den offenen Vollzug als wichtiges Element des Strafvollzugs haben wollen. Aber hier tun Sie so, als würden in Fuhlsbüttel demnächst Straftäter frei herumlaufen. Ich zitiere hier aus "der tageszeitung"; Frau Schiedek hat dort gewisse Ängste geschürt und Herr Eisold hat Konflikte in der Nachbarschaft herbeigerufen. Da sollten Sie eher konstruktiv mitwirken und hier keine peinliche Doppelstrategie betreiben.
Auf den Antrag der LINKEN, Frau Schneider, den Sie hier heute als Änderungsantrag vorlegen, gehe ich gar nicht erst ein. Das ist ein Wunschkonzert aus Sicht der Gefangenen, aber keine Grundlage, mit der wir Politik machen werden.
Für uns wird wichtig sein, dass wir in der Umstrukturierungsfrage den offenen Vollzug mit den richtigen Maßnahmen ausstatten und schauen, wer da genau reinkommt. Ich zitiere eine Hamburger Tageszeitung, die vor Kurzem zu den Maßnahmen in Hinsicht auf den Vollzug und das Gesetz schrieb, diese Koalition arbeite
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nachdem hier schon solche Loblieder auf die Koalitionäre und ihre pragmatische Art und Weise abgesungen werden, denke ich auch, dass es an dieser Stelle durchaus passend wäre, der CDU zu gratulieren.
Das kann man in zweierlei Hinsicht tun. Erstens: Die CDU hat es geschafft, mit der Geltungsdauer ihres eigenen CDU-Strafvollzugsgesetzes quasi einen neuen Kurzstreckenrekord aufzustellen.
Denn Ihr heftig umstrittenes und nicht nur von der SPD, sondern auch von zahlreichen Experten als teilweise verfassungswidrig bezeichnetes Gesetz hat sich gerade mal anderthalb Jahre gehalten. Es ist genau richtig und gut so, dass dieses Kapitel mit der heutigen Lesung vorbei ist.
Zweitens: Noch viel mehr ist Ihnen zu Ihrer neuen Einsichtsfähigkeit und Wendigkeit in politischer Richtung und Argumentation zu gratulieren.