der Bevölkerung vor weiteren Straftaten. Die erfolgreiche Resozialisierung ist der beste Schutz vor neuen Straftaten, weil die Gefangenen von heute die Entlassung von morgen sind.
Wie kann man sich denn dermaßen in den eigenen Vorurteilen suhlen, wie Sie das gemacht haben, das ist wirklich phänomenal. Ich war vor zwei Wochen in Berlin und habe mir das ehemalige Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen, die Gedenkstätte, angeschaut.
Was Sie berichtet haben, hat mit den Realitäten in Hamburg, auch in den letzten Jahren, überhaupt nichts zu tun. Das hat eher mit dem zu tun, was damals dort in Berlin geschehen ist, aber nicht mit dem Hamburger Straffvollzug.
Sie haben ein wirkliches Zerrbild unserer Haftanstalten geliefert, das kann man gar nicht mehr nachvollziehen. Ich will etwas zu der Kollegin Schiedek sagen, die uns eine gewisse Wendigkeit in unseren Positionen vorgeworfen hat. Ich finde es ganz vernünftig, dass Frau Spethmann das auch eingeräumt hat, dass wir eigene Positionen überdacht haben und überdenken mussten,
Ja, das ist doch in Ordnung. Das ist zu einem gewissen Maß auch notwendig und ich finde, dass das keine Schwäche, sondern eine Stärke ist und das muss man auch einmal deutlich sagen.
Bis zu einem gewissen Punkt, und dieser ist für uns Gott sei Dank nicht erreicht, können wir das guten Gewissens mittragen. Ich habe auch einen ganz anderen Eindruck von der Expertenanhörung im Rechtsausschuss, denn alle Experten haben das Gesetz unisono gelobt und nur in wenigen kleinen Ausnahmen Kritik geäußert beziehungsweise mögliche Verbesserungsvorschläge ge
Dann gibt es die Diskussion, die Sie wiederholen – wir haben das auch in den Stellungnahmen der Verbände gesehen –, dass Sie immer diese UN-Regeln anführen, was den Schusswaffengebrauch in Jugendstrafanstalten angeht. Auch da erzählen Sie nur die halbe Wahrheit und das wissen Sie, Frau Schneider, hoffentlich ganz genau. Denn bei diesen Vorschriften, die die UN dort macht, geht es um ganz andere Tatbestände. Dort geht es um Jugendstrafrecht, das von 14 bis 18 Jahren gilt. In unseren Hamburger Haftanstalten sind über 90 Prozent der Insassen zwischen 18 und 21 Jahre alt. Das ist schon ein Unterschied, ob man als Vollzugsbediensteter mit einem 16-jährigen oder mit einem 21-jährigen zu tun hat. Ich finde es in Ordnung, auch aus Sicherheitsinteressen – für die Bediensteten, aber auch für die Mitgefangenen –, dass wir diese Vorschrift haben und sie zur Not auch angewendet werden kann.
Und lassen Sie mich zum Schluss noch Folgendes sagen: Ich glaube, wir haben ein sicheres und vernünftiges Strafvollzugsgesetz vorgelegt, das dem Sicherheitsbedürfnis der Allgemeinheit genauso Rechnung trägt wie dem Gedanken der Resozialisierung. Und deshalb haben wir unseren Kurs eines modernen und sicheren Strafvollzugs in Hamburg auch nicht aufgegeben. – Herzlichen Dank.
Dieses Zitat aus Goethes "Wilhelm Meister" war für lange Zeit eine passende Beschreibung der sozialen Umstände in Deutschland und auch des Strafvollzugs, wie er üblich war. Mit dem Strafvollzugsgesetz vom 16. März 1976 leitete die sozialdemokratische Regierung unter Helmut Schmidt eine Zeitenwende im Vollzug ein. Dieses Gesetz galt seinerzeit als wegweisend, modern und human. Und auch heute noch sind sich die Experten einig, dass dieses Gesetz alles enthält, was die moderne Vollzugsforschung als notwendig und wünschenswert ansieht. Sicher ist es wie jede Regelung, die mehr als 30 Jahre auf dem Buckel hat, an der einen oder anderen Stelle ergänzungsbedürftig, sicher gibt es Anpassungsbedarf an moderne Gege
benheiten. Dass aber das ganze Gesetz an sich in Frage zu stellen wäre oder wir dringend neue Regeln für den Strafvollzug bräuchten, hat niemand je behauptet, der sich mit dem Thema sachlich und ernsthaft beschäftigt hat.
Im Rahmen der Föderalismusreform ist ein schwerer Fehler begangen worden, als man leichtfertig die Gesetzgebungskompetenz für den Strafvollzug vom Bund auf die Länder übertrug.
Damit war den Justizministern und Senatoren der Länder unverhofft ein Spielball in die Hände gefallen, an dem sich insbesondere der damalige hamburgische Justizsenator Dr. Roger Kusch mit Freude abarbeitete. Er hat diese Chance gierig ergriffen und sein Nachfolger im Amt, Carsten Lüdemann, hatte leider nicht den Willen oder die Kraft, vom dem Weg des "Zurück zum Verwahr- und Wegsperrvollzug" abzuweichen.
Es bedurfte da – die Antwort kommt jetzt – erst einen grünen Senators, um Kuschs schlimmste Exzesse wieder einzufangen. Dafür, Herr Senator Dr. Steffen, zolle ich Ihnen Respekt.
Auch wenn nicht alles Gold ist, was glänzt, und es mehr als einige unbedeutende Punkte gibt, an denen auch Ihr Gesetz verbesserungsfähig und sogar verbesserungsbedürftig ist. Ich verweise insofern auf unseren Zusatzantrag.
Meine Damen und Herren! Der Strafvollzug in Hamburg ist nun gesetzlich wieder vom Abstellgleis herunter und befindet sich wieder auf der richtigen Schiene. Sie sollten aber nicht den Eindruck zu erwecken versuchen, als seien das Ihre Erfindungen und Ergebnisse schwarz-grüner Innovation.
Es sind Experten, Auffassungen und Darstellungen von eh und je, auf die Sie sich hier stützen konnten, und in den Grundlinien war es auch immer die Position der SPD.
Andere Entscheidungen schwarzer Justizsenatoren wirken aber weiter fort und stellen uns alle vor große Herausforderungen. Der Kardinalfehler war und ist, Sie alle wissen es nicht erst seit der heutigen Debatte sehr genau, die Umfunktionierung des Anstaltsneubaus in Billwerder vom offenen zum geschlossenen Vollzug und die damit einhergehende maßlose Erhöhung der Zahl der Haftplätze.
Man hat aber wohl damals bei der CDU gedacht, dass alle Hamburger Gerichte auf den neuen Lawand-order-Kurs, wie er von Kusch und Konsorten propagiert wurde, einschwenken würden und sich alsbald die Haftanstalten mit Langstraflern und Menschen, die eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßen, füllen würden. Da haben die Hamburger Richterinnen und Richter ihnen allerdings einen Strich durch die Rechnung gemacht, denn sie haben sich nicht zu Erfüllungsgehilfen eines neuen Sicherheitswahns machen lassen.
Tatsache ist, dass inzwischen weniger Freiheitsstrafen verhängt werden und die Gefangenenzahlen gesunken sind und wohl auch in absehbarer Zeit nicht wieder steigen werden. Auf diese neue Situation müssen Sie reagieren. Und ich bin gespannt, wie sich diese Koalition zu einer gemeinsamen Politik durchringen will. Sie werden nicht auf ewig Ihrem Justizsenator einen Maulkorb im Rechtsausschuss verpassen können, Herr Müller. Wir erwarten von Ihrem Senator ein Konzept und einen Plan, wie Billwerder künftig genutzt werden soll, was aus Anstalt 1 in Fuhlsbüttel wird und was er mit Glasmoor machen will. Das heißt, Sie müssen mit der sauberen Kanzleiarbeit an Gesetzen und Vorschriften aufhören und dazu übergehen, die schweißtreibende Arbeit in der Vollzugspraxis auf einen richtigen Weg zu bringen. Denn sieben Jahre CDU-Vollzugspolitik haben nicht nur ihre Spuren an den gesetzlichen Vorschriften hinterlassen, sondern auch die Praxis im Vollzug um 180 Grad gewendet. Und auch wenn sich alle einig waren, dass das alte gute Strafvollzugsgesetz nie so gelebt wurde, wie es gemeint war, was die CDU daraus gemacht hat, war volle Kraft zurück ins 19. Jahrhundert.
Zwischen der gesetzlichen Theorie und der Vollzugspraxis klaffte stets eine Lücke. Das ist auch weiter so. Die Realitäten in vielen Anstalten leisten nicht der Resozialisierung, sondern eher der Subkultur Vorschub. Strafvollzugspolitik muss an dieser Stelle einsetzen und dafür sorgen, dass Realität und gesetzliche Vorgaben endlich übereinstimmen. Die Idee des liberalen Vollzugs verschwand unter Kusch in den Nebeln der Bucht von Billwerder. Nun sehen wir unter Steffen ein Schiff aus dem Nebel auftauchen.
Lassen Sie uns hoffen, dass dieses Schiff nicht auf Grund läuft und es keine Meuterei gegen den Kapitän gibt, bevor man einen sicheren Hafen erreicht. – Danke für die Aufmerksamkeit.