Protokoll der Sitzung vom 08.07.2009

(Beifall bei der CDU – Ingo Egloff SPD: Das ist auch eine Kunst, Herr Ahlhaus!)

Wir sind uns einig – also vielleicht nicht alle, aber wir beide sind uns einig –, dass wir uns freuen würden, wenn es Möglichkeiten gäbe, noch mehr Polizeistellen zu schaffen, um die Polizei mit ihren gestiegenen Aufgaben zu entlasten. Da sind wir uns einig. Aber der Unterschied ist, Herr Dr. Dressel, dass wir in unserer Regierungszeit den politischen Willen haben, es aber mit einer Weltwirtschaftskrise zu tun haben, die uns ein bisschen daran hindert, das Füllhorn auszuschütten,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Aber Sie haben schon Stellen abgebaut, da gab es noch gar keine Krise!)

Sie regen sich darüber auf, dabei habe ich noch gar nichts gesagt.

Aber Sie hatten in ihrer Zeit, als man das Füllhorn anderweitig ausschütten konnte und wollte, nicht einmal den politischen Willen, zu unserer Polizei zu stehen, das ist der Unterschied.

(Beifall bei der CDU und bei Horst Becker GAL)

Bei aller Polemik, die leider immer wieder dazukommt, möchte ich aber ein herzliches Dankeschön an alle sagen, die es ermöglicht haben, dass wir die Beratung dieses wichtigen Gesetzes sehr schnell hier in den Ausschussberatungen realisieren konnten. Damit machen wir für St. Pauli einen wichtigen Schritt.

Warum wollen wir dieses Gesetz? Der Grund dafür ist, dass im Jahr 2008 im Bereich der Reeperbahn auf Straßen, Wegen und Plätzen in fast 130 Fällen Glasflaschen als Tatmittel, quasi als Waffe eingesetzt wurden. Dabei ging die Anzahl dieser Vorfälle im Jahr 2008 zwar zunächst tendenziell zurück, aber in den ersten Wochen und Monaten des Jahres 2009 zeichnet sich eine Stagnation der Zahlen ab. Der tendenzielle Rückgang ist vor allem auch ein Erfolg des freiwilligen Verkaufsverzichts. Insofern ist es richtig, an dieser Stelle noch einmal allen Beteiligten vor Ort und insbesondere den Vertretern der IG St. Pauli herzlich zu danken. Sie haben viel Kreativität entfaltet, viel Überzeugungsarbeit geleistet und damit auch für das Miteinander auf dem Kiez einen entscheidenden Beitrag geleistet, der, wie Frau Möller auch gesagt hat, über Verbote hinaus vielleicht ein wichtiger Beitrag für eine friedliche und sinnvolle Kiezkultur sein kann.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Es war sehr richtig, zunächst auf Freiwilligkeit zu setzen und nicht gleich mit der Verbotskeule zu kommen. Das schafft nämlich nun eine breite Akzeptanz, vor allem auch bei den Geschäftsleuten, die von dem Gesetz betroffen sein werden. Auch wenn manch einer sagen mag, angesichts von drei bis vier Millionen Besuchern im Jahr auf dem Kiez, angesichts der Menschenmassen, die wir jedes Wochenende auf dem Kiez haben, ist die Zahl der Straftaten möglicherweise zu gering, um solch ein Gesetz zu begründen. Das mag mathematisch vielleicht sogar richtig sein, aber angesichts der Bilder, die wir alle noch im Kopf haben von Verletzungen durch abgeschlagene Glasflaschen ist eins klar: Jede Tat ist eine zu viel und je schneller wir handeln und dieses Gesetz in Kraft tritt, umso besser. Den Inhalt des Gesetzes kennen Sie, uns geht es darum, die Glasflaschen und ähnliche Behältnisse zu bestimmten Zeiten, insbesondere an Wochenenden, auf der Reeperbahn und in angrenzenden Straßen zu vermeiden. Eines ist mir auch wichtig: Durch die zeitliche Begrenzung und die Ausnahmen soll den Interessen von Gewerbetreibenden und auch Anwohnern Rechnung getragen werden. Wir überziehen nicht, sondern wir handeln mit Augenmaß, indem wir den Eingriff zeitlich und räumlich begrenzen und im Übrigen auch befristen, um früh genug die Wirksamkeit zu überprüfen. Sogar Frau Schneider hat uns eben zugestanden, dass dieses Gesetz nicht unverhältnismäßig ist. Da

frage ich mich natürlich schon, ob wir vielleicht bei dem einen oder anderen noch ein bisschen hätten nachsteuern müssen. Aber insgesamt handelt es sich um einen sehr verhältnismäßigen Kompromiss. Auch geht es uns nicht, das will ich noch einmal deutlich in die Richtung eines kommunikativen Abgeordneten sagen, um den Inhalt, sondern um die Verpackung. Im Gegensatz zur SPD will der Senat den Kiez nicht trockenlegen. Irgendwann haben wir auch einmal genug Verbote und es muss uns gemeinsam gelingen, den Spagat zwischen einer einmaligen Kiezkultur, einem Vergnügungsviertel, welches auch gewisse Besonderheiten mit sich bringt, und natürlich den berechtigten Sicherheitsinteressen, die auch ein Stück Attraktivität dieses Stadtteils sind, in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen. Daher ist das Gesetz erforderlich. Es kommt zur rechten Zeit und das Verbot, Glasflaschen mitzuführen und zu verkaufen, ist ein weiterer wichtiger Baustein, um Straftaten zu verhindern, und damit Teil unseres bereits bestehenden Maßnahmenbündels für den Kiez. Es gibt nämlich, lieber Herr Dr. Dressel, bereits eine erhöhte Polizeipräsenz vor Ort. Speziell an Wochenenden haben wir auf dem Kiez eine der höchsten Polizeidichten und, Frau Schneider, da provozieren die Polizisten übrigens auch nicht, sondern da ist es ein gutes Miteinander. Neben der Videoüberwachung zur Prävention und Strafverfolgung, neben dem Waffentrageverbot und neben den regelmäßigen lageabhängigen Kontrollen unserer Polizei wird das Glasflaschenverbot dieses sehr umfangreiche Konzept noch ergänzen. Dieses Konzept für die Sicherheit der Menschen vor Ort werden wir auch künftig weiterverfolgen und ich bin überzeugt, dass die Polizei das Glasflaschenverbotsgesetz einerseits besonnen und sensibel, andererseits aber auch mit der nötigen Konsequenz durchsetzen wird. Das gelingt ihr beim Waffentrageverbot, und das wird ihr beim Glasflaschenverbot gelingen. Auch wenn es hier und da vielleicht einmal etwas eng ist, kann ich Ihnen versichern, Herr Dr. Dressel, dass die Umsetzung des Glasflaschen- und Waffentrageverbotes und der Vollzug prioritäre Aufgaben sein werden. Wir machen nicht Verbote und kümmern uns dann nicht darum, dass sie auch vollzogen werden. Deshalb seien Sie beruhigt, ich bin davon überzeugt, dass es genauso gut funktionieren wird wie beim Waffentrageverbot. Wir werden, wenn wir dann evaluiert haben, feststellen, dass dieses Gesetz ein Erfolg war. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Dressel.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte noch kurz auf einige Punkte eingehen. Bezüglich der Stellen wären wir schon froh, wenn Sie Ihr einstiges Level

halten könnten. Jetzt gucke ich in das grinsende Gesicht von Herrn Warnholz, der genau weiß, dass es die 700 Stellen, von denen er vorhin gesprochen hat, in dieser Form nicht mehr gibt, sondern dass die Stellen permanent weiter abgebaut werden. Lassen Sie mich die Situation einmal ganz konkret für den Kiez am PK 15 darstellen. Da hatten Sie 2002 noch 146 Stellen und heute sind wir bei 133 Polizeivollzugsbeamtenstellen.

(Wilfried Buss SPD: Hört, hört!)

Das ist die Realität und diese Lücke füllen Sie am Wochenende mit zusätzlichen Kräften auf,

(Kai Voet van Vormizeele CDU: Aus starken zentralen Kräften!)

aber am Waffenverbot hat sich doch gezeigt, dass Sie dieses Level brauchen, um das zusätzliche Verbotsgesetz auch so umzusetzen, dass es greift. Insofern können und wollen Sie Ihr Versprechen nicht halten und streuen den Leuten Sand in die Augen, anstatt ihnen die Wahrheit zu sagen.

(Beifall bei der SPD)

Der Senator schiebt die Wirtschaftskrise vor und sagt, wenn sie nicht wäre, hätte man gerne das Füllhorn ausgeschüttet und auf den Stellenabbau verzichtet. Dieser ist bereits 2005 losgegangen und da hatten wir, wenn ich mich recht erinnere – ich blicke gerade zu unserem Kollegen Tschentscher – noch keine Wirtschafts- und Finanzkrise. Sie haben schon vorher Stellen abgebaut und jetzt verstecken Sie sich hinter der Wirtschaftskrise. Das ist bestimmt nicht das, was die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten in Hamburg hören möchten und es ist auch nicht das, was die Sicherheitslage vor allem auf dem Kiez verlangt.

Der zweite Punkt betrifft noch einmal das Thema Alkohol. Unsere Fraktion will den Kiez nicht trockenlegen,

(Beifall bei der SPD)

das ist weder Inhalt unserer Fraktionsbeschlüsse noch der unserer Anträge. Wir sagen nur, dass wir uns mit dem Thema Gewaltexzesse unter Alkoholeinfluss beschäftigen und das entsprechende Instrumentarium weiterentwickeln müssen; das betrifft präventive und repressive Fragen und ich verstehe nicht, warum Sie sich dieser Diskussion so sehr verweigern.

(Elke Thomas CDU: Was? Das stimmt doch nicht!)

Ich möchte noch einmal an den Bürgergipfel von "Hamburg 1" und "BILD Hamburg" erinnern – ja, das wollen Sie nicht wissen, aber lesen Sie einmal die Überschrift: "Saufgelage sind der Tod für den Kiez". Über dieses Thema wird vor Ort diskutiert, dazu werden Antworten von uns verlangt. Im Artikel in der "Bild"-Zeitung hat sich sowohl der Leiter der Davidwache zu dem Punkt geäußert als auch

(Senator Christoph Ahlhaus)

interessanterweise Herr Ahlhaus, der Punkte genannt hat, bei denen Handlungsbedarf besteht, aber hier, Herr Ahlhaus, wollen Sie überhaupt nicht darüber reden. Das Thema steht auf der Tagesordnung und wir können es politisch nicht akzeptieren, dass mittlerweile fast die Hälfte der Gewalttaten auf dem Kiez unter Alkoholeinfluss begangen wird. Das ist ein Problem, das wir anpacken müssen und das auf die politische Tagesordnung gehört. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Vormizeele.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn ein Sozialdemokrat den Hamburgern erklären möchte, was er mit ihrer Polizei vorhat, kommt dabei eine gute Portion Ironie und beinahe schon schwarzer Humor heraus.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Sie waren diejenigen, die jahrelang die Polizei kaputt gespart haben, Sie haben Hunderte Stellen bei der Polizei abgebaut.

(Zuruf von Wilfried Buss SPD)

Wir haben diese Polizei wieder aufgebaut und inzwischen eine der bestausgerüsteten Polizeien in Deutschland und wir haben dafür Sorge getragen, dass wir 80 000 Straftaten Jahr für Jahr weniger haben. Davon können Sie nur träumen.

(Beifall bei der CDU)

Ich weiß, dass Sie Ihre eigene Nichtkompetenz im Reich der inneren Sicherheit damit nachweisen möchten, indem Sie Tag für Tag Kleine Anfragen stellen und meinen, nachweisen zu können, wie schlecht es in Hamburg aussieht.

(Glocke)

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Frage des Abgeordneten Böwer zu?

Aber natürlich doch, von dem Kollegen Böwer jederzeit gerne.

Herr Kollege, wollen Sie mir vielleicht die besonderen Errungenschaften des von Ihnen getragenen Innensenators Ronald Barnabas Schill mitteilen, damit wir wissen, was er für den Ausbau der Polizei hier getan hat?

Verehrter Kollege Böwer, offensichtlich ist Ihr aktuelles Ver

mögen zur Aufnahme von Politik manchmal temporär beschränkt, aber ich teile Ihnen gerne mit, dass wir in den Jahren, seitdem wir regieren, also von Ende 2001 bis zum heutigen Tage, wesentlich mehr Stellen bei der Hamburger Polizei

(Dr. Andreas Dressel SPD: Sie bauen sie jetzt wieder ab!)

und erheblich weniger Straftaten haben und das hat etwas mit diesem Senat zu tun.

(Beifall bei der CDU)

Das hat auch damit etwas zu tun, dass diese Regierungskoalition, und zuvor die CDU-Alleinregierung, deutlich gemacht hat, dass sie hinter dem, was die Polizei tut, steht und dass die Polizei bei ihr gerne gesehen ist und nicht wie von Ihnen stiefmütterlich behandelt wird.

(Beifall bei der CDU, bei Horst Becker und bei Dr. Eva Gümbel, beide GAL)

Aber bevor der Kollege Böwer mit seiner konstruktiven Kleinen Anfrage kam, war ich gerade dabei, noch einmal auf das einzugehen, was der Kollege Dressel nahezu Tag für Tag tut. Ich sage es noch einmal ganz deutlich, Herr Dr. Dressel: Mit Kleinen Anfragen ist in dieser Stadt noch keine einzige Straftat verhindert worden. Straftaten verhindern die Menschen, die Tag für Tag draußen stehen und ihren Kopf dafür hinhalten

(Zuruf von Wilfried Buss SPD)

und die sollten, ehrlich gesagt, nicht auch noch von ihrer Arbeit abgehalten werden, indem sie jede Woche sieben bis acht Kleine Anfragen von Ihnen beantworten müssen.