Damit, meine Damen und Herren, bin ich – zumindest für heute – am Ende der Begrüßungen und Verabschiedungen angekommen.
Mir ist soeben ein Schreiben des Ersten Bürgermeisters zugegangen. Ich teile Ihnen den Wortlaut mit:
"Sehr geehrter Herr Präsident, hiermit teile ich Ihnen mit, dass der neue Senat in seiner ersten Sitzung die anliegende vorläufige Geschäftsverteilung des Senats beschlossen hat, die von der bisherigen Verwaltungsgliederung ausging. Der Senat beabsichtigt, eine Behörde für Kultur, Sport und Medien neu zu bilden, in der die bisherige Kulturbehörde sowie das Sportamt aus der Behörde für Bildung und Sport sowie das Amt für Medientourismus und Marketing aus der Behörde für Wirtschaft und Arbeit zusammengeführt werden.
Ferner ist beabsichtigt, die Behörde für Bildung und Sport in 'Behörde für Schule und Berufsbildung' umzubenennen. Der Senat wird der Bürgerschaft einen entsprechenden Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes über Verwaltungsbehörden zuleiten.
Die Fraktionen sind übereingekommen, die ersten drei Themen gemeinsam zu debattieren. Ich rufe daher alle drei Themen gemeinsam auf. Wird das Wort gewünscht? – Das ist der Fall. Die Abgeordnete Möller hat es.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch wenn es etwas zu feiern gibt, landet man schnell in der Realität und damit fangen wir jetzt an. Wir haben inzwischen mit etwas Abstand Ereignisse hinter uns, die wir in dieser Stadt noch nicht gewohnt waren. Aber mit etwas Abstand betrachtet, verändern Ereignisse manchmal ihre Intensität. Auf diesen 1. Mai bezogen, bleiben aber die Bilder der eigentlich bunten, großen Demonstration gegen den rechten Aufmarsch und dann die gewalttätigen Übergriffe – Rauchwolken, Sachbeschädigungen – unvereinbar nebeneinander stehen. Menschen sind in Angst und Schrecken versetzt und sogar verletzt worden, alles in bisher für Hamburg unbekanntem Ausmaß. Daran dürfen wir uns nicht gewöhnen, meine Damen und Herren.
Dass zehntausend oder mehr Menschen auf der Straße waren und zig Medienberichterstatterinnen und -berichterstatter vor Ort, führt natürlich zu einer riesigen Zahl von Augenzeugenberichten, von Hörensagen-Berichten, von Auswertungen bundesweit, aus denen sich Abläufe und Vorfälle nur schwer objektivieren lassen. Auch hier ermöglicht deshalb der Blick mit etwas Abstand auf die Abläufe am 1. Mai sachlich und politisch – und das soll im Übrigen ganz deutlich kein Widerspruch sein – die Analyse und Auseinandersetzung über den gesamten Verlauf, die Einschätzung der Lage, die Demonstration an sich, die richterlichen Entscheidungen, die Übergriffe, die Brandstiftungen und so weiter. Die SPD hatte sich öffentlich dazu geäußert – hatte sich gewünscht, hätte ich beinahe gesagt –,
aber ich glaube nicht, dass Sie sich wünschen, dass wir uns mit so etwas beschäftigen müssen. Der erste Innenausschuss, wenn wir ihn denn eingesetzt haben, wird sich damit beschäftigen. Aber obwohl es ein breites Bündnis gegen Rechts gab, gibt es natürlich auch jetzt schon eine politische Bewertung von vielerlei Seiten, die sehr vielfältig ist, fast so vielfältig wie die Augenzeugenberichte,
die ich eben genannt habe, und genau das finde ich an dieser Stelle schwierig. Wir haben eine neue Qualität von Gewalt, Brutalität und Hass erleben müssen, die in den westlichen Teilen Deutschlands bisher unbekannt war. Gleichzeitig haben wir auch eine neue Qualität in der politischen Debatte. In der letzten Woche konnten wir massive Attacken gegen Gerichtsurteile verfolgen. Da stellt sich für mich die große Frage, wie wir eigentlich zwischen den Gewalten miteinander umgehen.
Da muss man natürlich auch etwas zur SPD sagen. Sie selbst haben sich in Ihren Attacken zunächst gegen das Gerichtsurteil und dann aber doch gegen den damals noch im Amt währenden Senator Nagel die Waage gehalten. Aber ich halte es insgesamt für den falschen Weg. Ich glaube, dass wir Zeit, Ruhe und vor allem Details für die politische Auseinandersetzung und Auswertung zu diesen Vorkommnissen am 1. Mai brauchen.
Aus unserer Sicht sind es drei Probleme, mit denen wir uns politisch auseinandersetzen müssen. Das eine Problem ist, wie man Strategien und Maßnahmen gegen diese neue rechte Gewalt entwickelt.
Nach der Wortergreifungsstrategie scheint nun die Übernahme der Straße geplant. Wenn Sie sich das antun wollen und die Kommentare im Internet, die Flugblätter und Pressemitteilungen, die es aus der rechten Szene nach dem 1. Mai gegeben hat, lesen – ich trage das hier nicht vor, es lohnt sich vielleicht, das zu lesen –, dann sehen diese Aktivisten ihr Ziel erreicht, sie wollten Barmbek übernehmen. Aus ihrer Sicht haben sie das getan. So etwas darf ein zweites Mal in dieser Stadt nicht passieren.
Die Sprache, in der diese Aufrufe abgefasst werden, hat meiner Meinung nach teilweise strafrechtliche Relevanz. Hass und Häme kann man da aus jedem Absatz lesen. Strategien und Maßnahmen gegen rechte Gewalt ist unsere politische Aufgabe. Die neue Koalition hat sich das in ihren Koalitionsvertrag geschrieben, aber wir brauchen das breite Bündnis dafür. Das möchte ich ganz deutlich sagen. Das ist auf der Straße gegen Rechts hilfreich, über alle politischen Streitigkeiten hinweg, und das brauchen wir auch in diesem Parlament.
Erste Vizepräsidentin Barbara Duden (unterbre- chend): Frau Möller, Sie kennen die Bedeutung des roten Lichts.
– Ja. Deswegen bringe ich einen Satz noch zu Ende. Der zweite Punkt ist das Thema, was Gewalt mit der Motivation der Menschen macht, die auf die Straße gehen?