Zum Bericht des Rechnungshofs. Es ist üblich und war immer schon so, dass der Rechnungshof die Regierung begleitet, kritisiert und ermahnt. Nun kommen wir mal zu einem Unterschied. Früher war es bei den Sozialdemokraten so üblich, dass der Rechnungshof die Sozialdemokratie ermahnt hat, auf den Pfad der Tugend zurückzukehren. Uns ermahnt der Rechnungshof, auf dem richtigen Weg
Was mich aus den Koalitionsverhandlungen sehr zuversichtlich stimmt, ist, dass in den Koalitionsverhandlungen, egal um welche Punkte es ging, dieser Konsens immer ganz klar war: Wir lassen nicht ab von diesem Ziel, den Haushalt zu konsolidieren. – Danke sehr.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich muss gleich einräumen, dass ich etwas anderes gelesen haben muss als der Sprecher von der CDU eben vorgebracht hat.
Ich würde Sie doch ersuchen, sich im Verlauf der Diskussion zunächst noch einmal auf den Anlass einzulassen, denn wir haben einen Sonderbericht des Landesrechnungshofs zur Situation der öffentlichen Finanzen. Ich stimme ausdrücklich dem zu, was Herr Tschentscher von der SPD gesagt hat. Offensichtlich ist der Hintergrund – und wir begrüßen das –, dass der Landesrechnungshof von der großen Sorge beherrscht war, dass die historische Chance für eine nachhaltige Verbesserung der finanzpolitischen Handlungsfähigkeit verspielt werden könnte. Gerade in der Situation, in der wir uns Anfang des Jahres befanden oder jetzt noch befinden, muss die Sanierung der öffentlichen Finanzen in Hamburg ins Zentrum gerückt werden. Soweit ist das in Ordnung. Das ist die zurückhaltende Botschaft in dem Sonderbericht.
Auf der begleitenden Pressekonferenz war der Präsident Meyer-Abich meines Erachtens weniger zurückhaltend. Er mahnte nämlich etwas deutlicher einen Kassensturz an, weil der Finanzsenator der Hansestadt trotz positiver Überschüsse in den Betriebshaushalten 2006 und 2007 in der Haushaltsplanung, die vor allen Dingen mehrere 100 Millionen Euro in der zweiten Jahreshälfte 2007 nicht eingestellt oder berücksichtigt habe. So zunächst die Kritik auf der Pressekonferenz und deshalb die Forderung nach einem Kassensturz. Ich möchte an der Stelle für meine Fraktion drei Punkte festhalten mit Blick auf die Arbeit des Landesrechnungshofs.
sichts der Bedeutung der öffentlichen Finanzen erwarten können, dass er diese Sorge und Einschätzung um die öffentlichen Finanzen drei oder vier Wochen vorher vorlegt, also vor dem Wahltermin, sodass der Souverän dieser Stadt die Chance gehabt hätte, diese Ohrfeige, die dieser Bericht für die Finanzführung des CDU-Senats darstellt, in seinem Wahlurteil zu berücksichtigen.
Zweitens: An den Zielsetzungen des Landesrechnungshofs gemessen, war der Versuch, die Koalitionsverhandlungen zu beeinflussen, offensichtlich folgenlos. Wenn man sich den Koalitionsvertrag anguckt – jedenfalls ist das unsere Sicht –, so finden sich darin keine belastbaren finanzpolitischen Aussagen.
Man kann mit anderen Worten auch sagen, dass das Engagement von wirklich wichtigen Instanzen, der Behörde dieser Stadt, auch nachfolgend in den Koalitionsverhandlungen mit Missachtung bestraft worden ist.
(Dr. Michael Naumann SPD: So ist es! – Antje Möller GAL: Das ist aber eine eigenwil- lige Interpretation!)
Das habe ich ja gesagt: Es ist die Interpretation, die wir in der Fraktion dazu haben. Die müssen Sie nicht teilen.
Drittens: Ich bin natürlich nach dem, wie die CDU sich dazu verhalten hat, irritiert. Aber wenn sie diese Kritik wirklich nur einen Funken ernst nehmen würde, dann müsste der Bürgerschaft umgehend ein Nachtragshaushalt beziehungsweise eine aktualisierte Finanzplanung bis 2011 vorgelegt werden. Sie sehen ja, wie aufmerksam der Finanzsenator dieser Debatte folgt. Ich glaube, wir werden uns das auch kneifen können. Das heißt, die gesamte Arbeit des Landesrechnungshofs und das, was damit eigentlich beabsichtigt war, ist erst einmal in den Papierkorb gelangt.
Ein paar Punkte in derselben Richtung wie von der SPD vorgetragen. Was ist denn das Problem? Das erste Problem ist, dass wir offenkundig ganz massive Überschüsse in den letzten beiden Jahren gehabt haben. Trotzdem haben wir in der mittelfristigen Finanzplanung ein Haushaltsdefizit von 1,6 Milliarden Euro zu erwarten. Der Finanzsenator hat das wenigstens vor der Presse eingeräumt, dass ihm die 800 Millionen Euro, die dann in der zweiten Hälfte ausgegeben wurden, in diese Finanzplanungen nicht eingestellt worden sind. Dass der Finanzsenator dazu sagt, das hätte die Bürgerschaft einstimmig beschlossen und insofern sei er da nicht ganz verantwortlich,
Zu den strukturellen Risiken des Haushaltes kommt für die ganze Legislaturperiode dieses bereits enorme Volumen an Ausgabenresten hinzu, sodass wir in den nächsten Jahren erhebliche Probleme haben werden, diesem von Herrn Kerstan angesprochenen Grundsatz der nachhaltigen Haushaltsführung Folge leisten zu können.
Richtig ist auch, dass der Landesrechnungshof darauf hingewiesen hat, dass eigentlich die sogenannten Leuchtturmprojekte in diesen Kassensturz mit einbezogen werden müssten. Sie haben die U 4 angesprochen. Da könnte man jetzt noch einiges andere machen, aber den wichtigen Punkt, den ich ergänzend zu Ihrer Kritik sagen will, ist, dass in dem Sonderbericht des Rechnungshofs steht:
"Bereits im Planungs- und Entscheidungsprozess muss zudem Gewicht auf die Quantifizierung der Folgekosten gelegt werden, um auch die langfristigen Wirkungen von Investitionen auf die Strukturen künftiger Haushalte sachgerecht beurteilen zu können."
Ich glaube jedenfalls, dass das beispielsweise bei der Elbphilharmonie nicht gemacht worden ist. Das heißt, dass wir einige Projekte darin haben, die die künftige Haushaltsführung rückwirkend – ganz egal, dass sie auch noch finanziell explodieren und ihr Wert sehr wohl infrage gestellt werden kann – erheblich belasten werden.
Zusammenfassend kann man sagen – Herr Kerstan, Sie werden sehen, wo da die grüne Handschrift bleibt –, dass die Haushalts- und Finanzpolitik des vorigen Senats schlichtweg unseriös war.
(Beifall bei der LINKEN und der SPD – Dr. Michael Naumann SPD: So ist es, unham- burgisch, unhanseatisch, unsolide!)
Den LINKEN wirft nun gerade diese Fraktion immer vor, wir könnten überhaupt nicht mit Geld umgehen. Leider haben wir die Diskussion zu den "LINKEN" Wirtschaftskonzepten, die Sie angemeldet haben, neulich nicht führen können. Ich möchte jedenfalls für unsere Fraktion feststellen, dass Sie nicht die einfachsten Grundregeln des Ehrbaren Kaufmanns von Hamburg beherrschen, weil Sie den Haushalt sonst so nicht vorlegen könnten.
Also noch einmal die Aufforderung an Sie: Wenn Sie die Kritik dieses Landesrechnungshofs ernst nehmen, dann legen Sie demnächst einen Nachtragshaushalt vor oder eine überarbeitete Finanz
Es gibt allerdings – das möchte ich abschließend sagen – von unserer Fraktion auch einen grundsätzlichen Dissens mit den Argumentationen des Landesrechnungshofs. Im Sonderbericht wird behauptet, dass der entscheidende Grund für die Finanzierungsdefizite die expansive Finanzpolitik sei. Aus der Argumentation der expansiven Finanzpolitik der letzten Jahrzehnte ergibt sich dann konsequent immer die Aussage über die sattsam bekannte Sparpolitik. In welchen Bereichen sich das niederschlägt, kennen wir zur Genüge. Insofern begrüßen wir zwar den Rechnungshofbericht, aber nicht die Politik, die daraus folgt. Es heißt dort:
"Dauerhafte Konsolidierung bedeutet nicht nur den Abbau der Neuverschuldung auf Null, sondern insbesondere auch die Vorsorge für Zeiten wirtschaftlichen Abschwungs und den schrittweisen Abbau der entstandenen Verschuldung."
Soweit okay. Aber Finanzierungslücken – so der Landesrechnungshof – müssen durch Ausgabenverzichte geschlossen werden. Hauptansatzpunkte für Konsolidierung bleiben ausgabenwirksame Leistungen, Standards und Rechtsverpflichtungen des Staates, also Hamburg und das möchte ich hier doch zu Protokoll geben.
Die These, dass wir aus dieser großen Verschuldung und den Konsequenzen einer sozial gespaltenen Stadt durch eine Konsolidierungspolitik herauskommen, ist umstritten; ich erläutere Ihnen kurz meine Argumentation. Erst in den letzten Jahrzehnten setzte eine Veränderung in der Entwicklung ein, nämlich eine konsequente und radikale Steuersenkungspolitik. Die große Frage ist, ob wir den dahinterstehenden und vorangebrachten Steuersenkungswettbewerb weiterbetreiben können oder ob das nicht der eigentliche Kern des Problems ist.
Im OECD-Bereich, nicht nur in Hamburg, hatten wir eine Tendenz zur Senkung der Unternehmensund Vermögensteuer sowie der Spitzensteuersätze bei der Einkommensteuer. In den ersten Nachkriegsjahrzehnten, den Jahrzehnten des New Deals oder des sozial regulierten Kapitalismus, hatten wir – im Übrigen bei einmaligen Akkumulationsraten des Kapitals – eine völlig andere Grundkonstellation. Der Spitzensteuersatz betrug in den USA in der ersten Amtszeit von Roosevelt 63 Prozent, in der zweiten 79 Prozent und Mitte der Fünfzigerjahre 91 Prozent.
Der Erbschaftsteuersatz, über den wir reden, lag in der Nachkriegsperiode bei 77 Prozent. Das heißt, faktisch ist der Großteil der Unternehmens- und Vermögensbesteuerung damals bei massiver Kapitalakkumulation weggesteuert worden. Von dieser Logik sind wir durch einen Steuersenkungswettbewerb runter und das ist unser Kernproblem.
Schauen wir uns die letzten sieben Jahre an. Wir hatten eine Steigerung der Ökonomie, also des Volkseinkommens, von 2000 bis 2007 von circa 300 Milliarden Euro. Wenn Sie sich angucken, wie das verteilt worden ist, dann sind 73 Prozent für die Unternehmensund Vermögenseinkommen weggegangen und 27 Prozent für die Lohnabhängigen übrig geblieben. Sie können sich vorstellen, welche Konsequenzen das für Renten und andere Lohnersatzzahlungen oder auch für die öffentlichen Einnahmen hatte. Wenn Sie das so weiterlaufen lassen, dann haben wir das Problem, das wir heute haben: Der Staat ist arm und hat nicht genügend Einnahmen, um seinen Aufgaben Rechnung tragen zu können.
Deshalb – das möchte ich hier noch einmal deutlich sagen – kommt für uns die Lösung des Problems, einfach weiter eine Sparpolitik zu betreiben, nicht infrage, sondern wir müssen das umkehren