Protokoll der Sitzung vom 09.12.2009

Gerechtigkeitsgefühl von Menschen, die unter der Krise leiden, die ein Berufsstand angerichtet hat, der jetzt Bonuszahlungen verlangt und von diesem Senat auch noch bekommt.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Joachim Bi- schoff und Christiane Schneider, beide DIE LINKE)

Der Senat findet es in Ordnung, wenn man den angeblich erfolgreichen Managern einer insolventen Bank das Gehalt erhöht. Wir finden das nicht in Ordnung,

(Jens Kerstan GAL: Kennen Sie auch Jah- reszahlen?)

weil die Gehaltszahlungen an den Vorstand im Prinzip aus Steuergeldern erfolgen, Herr Kerstan.

(Thies Goldberg CDU: Das stimmt nicht, was Sie sagen!)

Das Geld wird nämlich von den Summen abgezweigt, die die Länder in die Bank eingezahlt haben, Länder, die massive Haushaltsprobleme haben und ihren Bürgern, wir haben gerade darüber gesprochen, die Leistungen kürzen. Sie haben kein Problem damit, Millionen zusätzlich an die HSH-Nordbank-Manager zu zahlen und zugleich bei den Kindern das Mittagessen abzukassieren.

Ich bin in den letzten Wochen oft gefragt worden, wie es eigentlich möglich ist, dass in einem Parlament eine 3-Milliarden-Euro-Kapitalspritze mit Auflagen beschlossen wird und die Bedingungen dann nicht eingehalten werden. Die Antwort lautet: Das ist möglich, ohne dass der Senat vor Gericht kommt, weil die Mehrheit der CDU- und GAL-Abgeordneten den Senat deckt, weil sie erst mit uns gemeinsam eine Gehaltsobergrenze beschließen, später dann einen nahezu wortgleichen Antrag ablehnen und mit ihrer Mehrheit das Vorgehen des Senats absegnen mit Begründungen, die man auch im April schon hätte nennen können und müssen. Rechtlich ist das leider möglich, politisch gesehen ist das Täuschung und Betrug.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der LINKEN)

Das Wort bekommt Herr Goldberg.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sicherlich ist es so, dass wir uns alle darüber freuen würden, wenn unser Problem wäre, nur 500 000 Euro im Jahr zu verdienen. Da haben Sie vollkommen recht, Herr Tschentscher. Wir müssen aber auch erkennen, dass sich der Preis für qualifizierte Arbeit an einem Markt bildet.

(Michael Neumann SPD: Qualifiziert!)

Sie haben mitbekommen, wie lange es gedauert hat – hören Sie doch einmal auf zu meckern, hö

(Dr. Peter Tschentscher)

ren Sie erst einmal zu – und wie schwierig es war, die vakanten Vorstandspositionen bei der HSH Nordbank zu besetzen und das hat auch damit etwas zu tun. Sie können natürlich einen gesamten Berufsstand diffamieren und ein bisschen kann ich das sogar nachvollziehen, weil die Wirtschaftskrise im Finanzsektor am stärksten durchgeschlagen ist und es dort in der Tat eine ganze Reihe von Fehlentwicklungen gegeben hat, auch in der HSH Nordbank, das ist alles richtig. Nur wenn wir neue Vorstände für die Bank besorgen wollen, dann brauchen wir nicht die preisgünstigsten Leute,

(Arno Münster SPD: Nein, die teuersten!)

sondern wir brauchen in einer Situation, wo wir die Bank sanieren wollen, die besten Leute und die sind halt auch an diesem Markt heiß umkämpft. Das sind gesuchte Leute und die kosten nun halt einmal, insbesondere wenn sie Erfolg haben, mehr als das, was wir uns als Höchstgrenze vorgestellt haben.

(Rolf Harlinghausen CDU: Das ist wie beim HSV!)

Lieber Rolf, Gott sei Dank führen wir hier nicht die Diskussion, ob es nun unmoralisch ist, ein Jahreseinkommen von einer halben Million Euro oder mehr zu erzielen. Sonst würde man gleich jeden Sportler, der irgendwo an der Spitze mitspielt, mitdiffamieren. Das ist Gott sei Dank gar nicht das Thema.

(Andy Grote SPD: Das zahlt aber nicht der Steuerzahler!)

Hier geht es um die Frage, ob es angemessen ist, dass Manager, die in der Tat als monetäre Vergütung ein Grundgehalt von einer halben Million Euro und nicht mehr haben, zu einem späteren Zeitpunkt – nämlich erst dann, wenn die Dividendenfähigkeit der Bank hergestellt ist – die Möglichkeit erhalten sollen, ein höheres Einkommen zu erzielen und einen Rechtsanspruch auf eine Prämie dafür zu bekommen, dass sie die Bank erfolgreich saniert haben.

Wir haben einfach festgestellt, dass wir keine geeigneten Manager neu am Markt finden, wenn wir so etwas nicht anbieten, weil es leider in dieser Branche üblich ist. Wir können uns darüber streiten, ob das angemessen ist. Es gibt viele Branchen, in denen Spitzengehälter für Spitzenkräfte gezahlt werden, die weit über diesem Betrag liegen, über den wir heute reden. Aber es stimmt nicht, Herr Tschentscher, dass wir bereits heute Prämien versprechen für Jahre, in denen keine Dividendenfähigkeit hergestellt ist. Das stimmt so nicht, das ist falsch, was Sie da sagen. Wenn Sie sich die Vorstellungen der BaFin zur Neuregelung der Bankvorstandsvergütungen angucken, nämlich die Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) der BaFin, dann werden Sie fest

stellen, dass das Vergütungsmodell, das bei der HSH Nordbank jetzt eingeführt werden soll, Vorbild ist für das, was die BaFin allen Banken vorschlagen möchte.

(Arno Münster SPD: Falsch!)

Wenn man da an der Spitze der Bewegung steht und nicht hinterherläuft, dann könnten Sie das vielleicht auch einmal positiv werten und nicht nur negativ.

(Michael Neumann SPD: Parlamentsbe- schluss ist Parlamentsbeschluss!)

Sie wollen natürlich vollkommen zu Recht genauso wie wir, dass keine Steuergelder in Anspruch genommen werden. Bis heute hat sich die Bank nach der Kapitalerhöhung so entwickelt, dass die Zinsen, die wir im Sondervermögen zahlen müssen, durch die Garantieprovision verdient werden, die gezahlt wird. Wir wollen auch, dass das so bleibt. Wir wollen, dass die besten Leute in diese Bank kommen, damit diese Bank so viel Geld verdient, dass sie selbst die Gehälter verdient und eben nicht der Steuerzahler in Anspruch genommen wird. Sie haben vollkommen recht, dass das Risiko der Inanspruchnahme des Steuerzahlers, wenn es mit der Bank schiefgeht, nach wie vor besteht. Bis jetzt ist es aber so, dass der Steuerzahler noch nicht in Anspruch genommen werden musste. Wir möchten, dass das so bleibt und dass wir dafür die Leute gewinnen, die es können, und nicht die Leute, die am preisgünstigsten am Markt sind. Ich habe kein Interesse daran, Milliardenwerte für die Stadt zu riskieren und Hunderttausende Euro an Managergehältern zu sparen, nur um eine Neiddiskussion und eine Diffamierungskampagne zu unterstützen, der Sie ein bisschen aufgesessen sind.

Nicht alle Banker dieser Welt sind Verbrecher, selbst wenn es darunter welche gegeben hat.

(Michael Neumann SPD: Ein Parlamentsbe- schluss ist kein Diffamierungsversuch!)

Herr Neumann, befassen Sie sich doch einmal inhaltlich damit. Was soll denn das schon wieder? Sie bellen immer schön dazwischen, aber machen zu keinem Thema einen konstruktiven Vorschlag. Warum machen Sie das?

(Michael Neumann SPD: Es gibt einen Par- lamentsbeschluss!)

Einen Parlamentsbeschluss haben wir in der Tat gefasst. Zu einem Teil müssen wir feststellen, dass wir damit an der Realität scheitern. Das muss man leider so sehen. Dennoch haben wir ein Vergütungsmodell, das repräsentiert, was wir gewollt haben, nämlich dass wir eine Grundvergütung haben, die für den Fall, dass die Dividendenfähigkeit der Bank nicht hergestellt wird, diese Obergrenze nicht überschreitet.

(Michael Neumann SPD: Was würden Sie eigentlich nicht rechtfertigen?)

Dass Sie damit nicht einverstanden sind, kann ich nicht verstehen. Herr Kopper hat ein Modell vorgeschlagen, mit dem genau das, was wir hier gewollt haben, umgesetzt wird, nämlich dass keine Prämien für erfolglose Bankmanager gezahlt werden. Genau das wird damit umgesetzt.

(Michael Neumann SPD: Wenn sie ein ho- hes Grundgehalt bekommen, dann brau- chen sie keine Prämie mehr!)

Herr Neumann, dass die Realität Sie nicht erreicht, haben wir nun schon an vielen Stellen gemerkt, hier merken wir es auch wieder einmal. Der Vorwurf, wir würden hier gegen Parlamentsbeschlüsse verstoßen,

(Michael Neumann SPD: Trifft zu!)

ist falsch.

(Zurufe von der SPD – Michael Neumann SPD: Die Erde ist eine Scheibe!)

Können Sie noch ein bisschen lauter?

(Glocke)

Meine Damen und Herren! Das Wort hat ausschließlich Herr Goldberg.

Durch lautes Grölen und unqualifiziertes Geplapper wird das, was Sie sagen, nicht wahrer.

(Glocke)

Herr Goldberg, halten Sie sich bitte an den parlamentarischen Sprachgebrauch.

Wir haben hier ein Vergütungsmodell, das den Bankmanagern für den Fall einer erfolgreichen Sanierung einen vernünftigen Beitrag und eine vernünftige Motivation verspricht, und zwar eine Prämie, die sie nicht bekommen, wenn die Sanierung nicht erfolgreich ist. Was wollen Sie, wollen Sie eine erfolgreiche Sanierung oder möglichst preisgünstige Leute?

(Dirk Kienscherf SPD: Preisgünstig sind 500 000 Euro?)

Das müssen Sie hier noch einmal erklären. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Herr Kerstan.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Im April haben wir alle hier gesessen und gemeinsam, mit Ausnahme der Fraktion der LINKEN, einen Beschluss gefasst. Uns allen ging es wahrscheinlich ähnlich, dass wir nämlich diese Entscheidung lieber nicht getroffen hätten. Die meisten von uns hätten lieber nicht die Hand gehoben. Für uns alle, das kann ich zumindest für meine Fraktion explizit sagen, war das eine Entscheidung, die wir damals als eine Entscheidung zwischen Pest und Cholera bezeichnet haben, denn was war die Alternative? Die Alternative war, diese Bank nicht zu retten und damit Milliardenzahlungen im zweistelligen Bereich, in der Höhe zwischen 20, 30 und 40 Milliarden Euro, auf die Stadt zukommen zu sehen, die bei einem Scheitern der Bank über Nacht an Belastungen bar auf den Tisch gekommen wären.