Dabei hat die DEHOGA bislang nicht eine einzige seriöse Studie vorgelegt, dass Rauchverbote nachhaltig zu einem Rückgang oder zu einem Ruin der getränkegeprägten Kleingastronomie führen; Herr Krüger hat das bereits erwähnt.
Es gibt lediglich Einschätzungen und Vermutungen und nichtrepräsentative Umfragen. Es gibt aber andererseits viele seriöse und bewiesene Zahlen über die Umsatzentwicklung in Kneipen – auch das wurde hier von meiner Kollegin Linda Heitmann schon erwähnt –, wenn Passivraucherschutzgesetze eingeführt wurden, und diese Zahlen sind alles andere als schrecklich und vernichtend.
Tatsache ist, dass die DEHOGA, anstatt sich um die Gesundheit der Angestellten und ihrer Mitglieder zu kümmern oder auch um Kampagnen, eine neue Klientel für ihre Mitglieder zu erschließen, sich wie ein bei Regen durchdrehender Reifen immer nur um die eigene Achse dreht und Dreckwasser verspritzt.
Wie die DEHOGA ihren Mitgliedern schadet, will ich Ihnen an einem weiteren Punkt erklären. Bei der Anhörung letzte Woche wurde dies deutlich gemacht, aber vermutlich haben da die DEHOGA-Leute wieder einmal nicht zugehört. Allein die Menschen, die durch Zigarettenrauch Allergien entwickelt haben, können niemals als Gäste in eine Kneipe gehen, und das sind Hunderttausende. Wenn die DEHOGA intelligent und besonnen wäre, würde sie Strategien entwickeln, damit ihre Mitglieder auch um diese Menschen als künftige Kundinnen und Kunden werben.
Aber das ist sie nicht, sie ist dumpf und kleinkariert und sagt prophetisch den Untergang kleiner Kneipen voraus.
Sehr geehrte Herren und Damen! Können Sie sich eigentlich vorstellen, wie es ist, wenn man es als Raucherin geschafft hat, aufzuhören und nicht mehr in eine Kneipe gehen kann, in die man gern möchte, weil dort Nachbarn und Freunde sitzen, gute Musik gespielt wird und Geselligkeit herrscht. Ich kann mir als derzeitige Nichtraucherin nicht erlauben, da hineinzugehen, weil die Gefahr, dass ich wieder mit dem Rauchen anfange, extrem groß ist. Spätestens nach dem zweiten Glas Rotwein schwindet doch die Hemmschwelle und der Griff zur Zigarette ist geradezu programmiert.
Stattdessen lautet aber die Parole der FDP und der DEHOGA, jeder könne in eine Kneipe seiner Wahl gehen, und wer nicht in eine Raucherkneipe
Andererseits schaffen es aber alle Raucher und Raucherinnen, sich Rauchverboten anzupassen und für eine Zigarette mal eben vor die Tür zu gehen. Es gibt viele von ihnen, die die saubere Luft in einer Kneipe durchaus zu schätzen wissen und nicht als Verlust von Atmosphäre.
Sehr geehrte Herren und Damen! Jede und jeder von uns hat Menschen verloren, die an Krebs oder an einem Herzinfarkt vorzeitig verstorben sind. Einige von uns kennen Menschen mit herausoperiertem Kehlkopf, halber Lunge oder Zunge. Manch einer von uns hat vielleicht selbst schon einmal einen Krebs gehabt, der auf das Rauchen zurückzuführen gewesen ist und Sie haben auch bestimmt schon einmal eine schwangere oder eine stillende Frau gesehen, die geraucht hat. Da fragt man sich doch zu Recht, warum diese Menschen das machen, warum sie auch noch weiterpaffen, wenn der Kehlkopf bereits entfernt ist und die Chemotherapie nach der Lungenkrebsoperation abgeschlossen ist. Ist Ihnen schon einmal in den Sinn gekommen, dass diese Menschen das nicht aus freiem Willen, sondern gegen ihren Willen tun?
Ich glaube zwar, dass jede und jeder weiß, dass Rauchen gesundheitsschädlich ist, dass aber die Suchtwirkung des Nikotins in dieser Gesellschaft vollkommen unterschätzt wird. Mein Eindruck ist auch, dass Menschen, je gebildeter und intellektueller sie sind, umso vehementer diese Tatsache ignorieren, wohl auch, weil kopflastige Menschen es nicht wahrhaben mögen, dass eine Droge, die genauso süchtig macht wie Heroin, durchaus fremdsteuern kann.
Oft wird argumentiert, dass es andere, schlimmere Gefahren gibt als das Rauchen, zum Beispiel Alkohol. Es stimmt, auch Alkohol ist ein krebserregendes Nervengift, aber man muss beides für sich betrachten. Nikotin ist und bleibt ein Gift, das extrem schnell abhängig macht.
Rauchen hat also nichts mit freier Persönlichkeitsentwicklung, zivilgesellschaftlicher Kultur oder auch der Ausübung freier Berufwahl zu tun. Deswegen finde ich es zynisch, wenn gesagt wird, dass man doch nicht in einer Raucherkneipe arbeiten müsse oder, wie es eine Rednerin bei der Anhörung letzte Woche sagte, was denn nur ihre 18 Angestellten machen sollten, wenn sie bei der Arbeit nicht mehr rauchen dürften, die würden dann andauernd vor die Tür gehen. Sie sollte sich einmal fragen, warum diese Angestellten rauchen,
und dass sie keine Chance haben, irgendwann von der Kippe loszukommen, wenn das Rauchen sozusagen auch noch betrieblich verordnet wird. Vielleicht wurden einige von ihnen sogar von der ARGE dort hingeschickt. Diese Freiheit ist wirklich keine Freiheit.
Dass viele Menschen die Sorge haben, ein konsequentes Passivraucherschutzgesetz sei der Anfang von weiteren Verboten, kann ich hingegen verstehen, auch wenn es viele Gesetze gibt, die schädliche Handlungen gegenüber anderen oder auch gegenüber sich selbst verbieten und Schutzmaßnahmen verlangen, zum Beispiel im Straßenverkehr; sei es das Gurtanlegen oder auch das Tempolimit.
Aus meiner Sicht muss ein Passivraucherschutzgesetz zudem rechtssicher sein und einhergehen mit aktiven Suchtpräventionsmaßnahmen, guter Öffentlichkeitsarbeit und Aufklärung. Es hat auch eine ausreichende Übergangszeit gegeben, seit das Bundesverfassungsgericht entschieden hat. Wenn die DEHOGA die Zeichen der Zeit verschlafen hat, dann soll sie ihren Mitgliedern eine Entschädigung zahlen für die Umbauten, die in den Gasträumen vorgenommen wurden. Das ist das Mindeste, was ich von einem Interessenverband erwarten würde.
Ich gehe im Übrigen davon aus, dass in absehbarer Zeit EU-weit ein absoluter Schutz für Nichtraucher und Nichtraucherinnen erlassen wird, vor allem für die angestellten und beschäftigten Familienmitglieder. Insofern hinkt die DEHOGA der Zeit hinterher und die FDP sowieso, die nur aufgrund der Finanzund Wirtschaftskrise noch einmal einen Höhenflug erlebte. Bis zur nächsten Bürgerschaftswahl sind deren Prozente hoffentlich wieder im Keller, wo sie auch hingehören.
Ich sage abschließend, dass ich niemandem das Rauchen grundsätzlich verbieten will. Aber die Gelegenheiten müssen so stark eingeschränkt werden, dass alle Mythen zusammenbrechen, die es jemals rund um das Rauchen gegeben hat. Die Mitglieder der Linksfraktion werden aus unterschiedlichen Motiven gegen das Gesetz von CDU und GAL stimmen und auch den Zusatzantrag der SPD nicht unterstützen. Einige Gründe hiervon habe ich genannt.
Ich fordere die DEHOGA nachdrücklich auf, ihre Mitglieder nicht zu motivieren, gegen das heute zu beschließende Gesetz zu klagen. Das erfolgreiche Volksbegehren in Bayern für ein strengeres Rauchverbot zeigt, dass der konsequente Nichtraucherschutz gesellschaftlich gewollt und nicht aufzuhalten ist.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das war eine der phantasievollsten Debatten, die ich hier erlebt habe. Es ging ins Geschichtliche, ins Philosophische, da ist richtig Herzblut hineingeflossen. Es war allerdings auch interessant zu sehen, wie sich die Positionen von Parteien und Personen verändert haben.
Für mich ist die Sache relativ einfach. Ich finde, dass der CDU/GAL-Koalition eine vertretbare Interessenabwägung gelungen ist. Ich denke, dass das Gesetz sein Hauptziel, nämlich die Umkehrung, dass Nichtrauchen Normalität ist und dass Raucher in separate Zonen müssen, längst erfüllt hat. Aus gesundheitspolitischer Sicht ist für mich auch klar, dass das Rauchen die Mutter vieler Erkrankungen ist, davor kann man jeden nur warnen. Ich würde sagen, wer raucht, hat selbst schuld. Es ist richtig, dass nicht noch andere in Mitleidenschaft gezogen werden und genau dies verhindert das Gesetz.
Zum Abschluss will ich aber auch sagen, dass ein Gesetz gilt, wenn es beschlossen ist. Ein Rechtsstaat, der sich ernst nimmt, muss Gesetze auch durchsetzen, ich habe das bei einer anderen Debatte schon gesagt. Deshalb appelliere ich ausdrücklich an die Wirte und an die DEHOGA, bei allem Ärger den Rechtsstaat nicht herauszufordern. Man kann dagegen sein, man kann das Gesetz auch überprüfen lassen, aber wenn es beschlossen ist, dann gilt es. Ich kann nicht akzeptieren, dass man sich dann in der Stadt nicht daran hält.
Das werden wir auch nicht akzeptieren und das ist mein Appell an die DEHOGA, dies dann auch so umzusetzen. – Vielen Dank.
Meine Damen und Herren! Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Dann kommen wir zur Abstimmung, zunächst zum Antrag der SPD-Fraktion aus der Drucksache 19/4808.
Wer möchte diesen beschließen? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dann ist der Antrag hiermit abgelehnt.
Wer möchte nun das Gesetz zur Veränderung des Hamburgischen Passivraucherschutzgesetzes aus der Drucksache 19/4713 beschließen? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Das ist mit Mehrheit angenommen.
Wer will das soeben in erster Lesung beschlossene Gesetz auch in zweiter Lesung fassen? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dann ist das Gesetz damit auch in zweiter Lesung und somit endgültig beschlossen worden.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 35 auf, Drucksache 19/4691, Bericht des Rechts- und Gleichstellungsausschusses: Entwurf eines Gesetzes über den Vollzug der Untersuchungshaft, Hamburgisches Untersuchungshaftvollzugsgesetz.
[Bericht des Rechts- und Gleichstellungsausschusses über die Drucksache 19/4451: Entwurf eines Gesetzes über den Vollzug der Untersuchungshaft (Hamburgisches Untersu- chungshaftvollzugsgesetz – HmbUVollzG) (Se- natsantrag) und zum Thema: Entwurf eines Gesetzes über den Vollzug der Untersuchungshaft (Hamburgisches Untersu- chungshaftvollzugsgesetz – HmbUVollzG) (Selbstbefassungsangelegenheit) – Drs 19/4691 –]
Hierzu liegen Ihnen als Drucksache 19/4793 ein Antrag der Fraktion DIE LINKE und als Drucksache 19/4809 ein Antrag der SPD-Fraktion vor.
[Antrag der Fraktion DIE LINKE: Überarbeitung des Hamburgischen Untersuchungshaftgesetzes – Drs 19/4793 –]
[Antrag der Fraktion der SPD: Entwurf eines Gesetzes über den Vollzug der Untersuchungshaft (Hamburgisches Untersu- chungshaftvollzugsgesetz – HmbUVollzG) – Drs 19/4809 –]
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das Interesse des Parlaments bei diesem Thema ist offensichtlich etwas geringer als bei dem vorherigen Thema. Nichtsdestotrotz ist es eines der wichtigsten Gesetze im Bereich der Justiz, das wir hier beschließen, und zwar beschließen wir zum ersten Mal auf Landesebene ein Gesetz für die Untersuchungshaft.
Durch die Föderalismusreform sind die Länder zuständig geworden und dies ist ein nicht unerheblicher Eingriff. Untersuchungshaft bedeutet einen
Grundrechtseingriff und es kann jeden von uns treffen, jeder kann, ob unschuldig oder schuldig, in Untersuchungshaft sitzen. Dieser Freiheitsentzug sollte deswegen so geregelt sein, dass sich jeder in sie hineinversetzen kann, und insoweit ist es richtig, dass wir uns ausgiebig Gedanken darüber gemacht haben.