Das Verfassungsgericht hat den Gleichheitsgrundsatz eingefordert. Da hätte es zwei Möglichkeiten gegeben: Einmal das totale Rauchverbot und zum zweiten das, was wir vorlegen. Was Sie vorlegen, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit innerhalb kurzer Zeit erstens – wie Sie es nannten – kreativ umgangen werden und zweitens auch noch einkassiert. Das wollten wir vermeiden.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mein Kollege Krüger hat schon vieles zum Werdegang dieses Gesetzentwurfes gesagt und die unterschiedlichen Positionen der Regierungsfraktionen zu diesem Thema wurden in der Presse in den letzten Wochen und Monaten ausführlich dargestellt. Es wurde selten so dezidiert geschrieben, wer wann mit wem geredet hat und auch noch spekuliert, was möglicherweise wer in Gesprächen sagen könnte, die eigentlich noch gar nicht stattgefunden hatten. Von daher haben wir viel über dieses Thema diskutiert und hatten schon im Februar im Ausschuss eine sehr angeregte Diskussion nach der dortigen Expertenanhörung.
Mir und allen anderen gesundheitspolitischen Sprechern in diesem Haus ist damals ein ziemlich helles Licht aufgegangen, und zwar sind wir damals einheitlich zu der Erkenntnis gekommen, dass wir ein absolutes Rauchverbot in Hamburgs Gastronomie für die vernünftigste Lösung halten. Sogar der Kollege Böwer von der SPD erzählte der Presse hinterher staunend von dieser seiner neu gewonnenen Einsicht. Umso trauriger ist es, dass er heute mit einigen anderen aus der SPD einen Zusatzantrag vorlegt, der meilenweit von den Erkenntnissen im Februar entfernt ist.
Der Schutz der Passivraucher scheint Ihnen kein Anliegen mehr zu sein. Stattdessen fordern Sie auch Ausnahmeregelungen fürs Festzelt auf dem Dom, in dem sich viele kleine Kinder aufhalten, die eines besonderen Schutzes vor Passivrauch bedürfen. So langsam bekomme ich das Gefühl, dass die SPD bei jedem Thema, bei dem sie eigentlich nicht richtig weiß, in welche Richtung sie will und zu dem sie keine Meinung hat, erst einmal einen Redner auf die nächstbeste Demo, die in der Stadt stattfindet, schickt, der den Leuten dann nach dem Mund redet. Ich wüsste gerne, ob Herr Kahrs, wenn gestern neben den 60 Gastwirten, die ich im Vorbeifahren mit dem Bus gesehen habe, vielleicht 100 Verfechter des absoluten Rauchverbotes demonstriert hätten, dann stattdessen da geredet hätte und wir heute
Meine Fraktion, die von Beginn an eine sehr klare Linie bei diesem Thema vertreten hat, hält einen umfassenden Schutz für Passivraucher aus folgenden Gründen weiterhin für richtig und wichtig. Passivrauch ist nachgewiesenermaßen schon ab der kleinsten Menge gesundheitsschädlich und möglicherweise krebserregend. In vielen anderen europäischen Ländern und auch den USA ist es bereits selbstverständlich, dass in der Gastronomie überhaupt nicht mehr geraucht wird. Die Leute gehen vor die Tür und erste gesundheitliche Erfolge sind deutlich messbar. Verschiedene Studien aus Europa und Amerika beziffern den Rückgang der Herzinfarktquote auf zwischen 25 und 35 Prozent. Das sind Entwicklungen, von denen gerade Frauen und jüngere Menschen deutlich profitieren.
Die Studie des Deutschen Krebsforschungszentrums hat schon 2005 belegt, dass im Jahr ungefähr 260 Menschen in Deutschland, 260 Passivraucher, an Lungenkrebs sterben. Das sind 260 zu viel.
Gerade die Mitarbeiter, die viel Zeit in Räumlichkeiten verbringen, in denen geraucht wird, sind einer starken gesundheitlichen Gefährdung ausgesetzt. Herr Krüger hatte schon deutlich gemacht, dass auf EU-Ebene derzeit Bestrebungen laufen, den Gesundheitsschutz in diesem Bereich noch besser zu verankern. Außerdem müssen gerade Kinder im öffentlichen Raum umfassend vor Passivrauch geschützt werden. Es ist unsere Pflicht als Gesetzgeber, dies, soweit es geht, auch möglich zu machen.
Wo gegessen wird, darf überhaupt nicht mehr geraucht werden und wo nur getrunken wird, darf unter ganz bestimmten Auflagen geraucht werden. Gerade für Angestellte ist diese Regelung ein sehr richtiger und wichtiger Schritt, denn wo gegessen wird, wird im Normalfall auch serviert und die Angestellten mussten sich bisher häufig in diesen Räumen, in denen geraucht wurde, aufhalten. Kuriositäten wie Raucherclubs oder Ausnahmen für Festzelte sind in Zukunft nicht mehr möglich. Wir lehnen uns mit dieser Regelung – auch das hatte Herr Krüger schon erläutert – an die Ausnahmetatbestandsvorschläge des Bundesverfassungsgerichtes an, das auch zwischen Essern und Trinkern unterscheidet. Ich sehe einer Klage deshalb relativ gelassen entgegen.
Es wurde aber schon häufig betont, dass natürlich nur ein komplettes Rauchverbot wirklich eine hundertprozentige Rechtssicherheit bietet.
Die von uns heute vorgelegte Lösung wird beiden Seiten in dieser Koalition gerecht und kann auf hohe Akzeptanz stoßen. Christian Bölckow von der Hamburgischen Landesstelle für Suchtfragen hat bei unserer öffentlichen Anhörung letzte Woche betont, dass Passivraucherschutzgesetze überall in der Republik auf sehr große Akzeptanz stoßen. Eine Untermauerung dessen ist das Ergebnis aus Bayern, wo sich letzte Woche 13,9 Prozent der Bevölkerung in den Rathäusern eingetragen haben, um einen Volksentscheid herbeizuführen, der darüber entscheiden wird, ob ein absolutes Rauchverbot in Bayern kommt oder nicht. Es gab in Bayern schon einmal ein absolutes Rauchverbot und die Gastronomie konnte in dieser Zeit 9,6 Prozent Gewinn verzeichnen.
Wenn immer wieder von stadtweitem Protest gegen unsere Pläne gesprochen wird, dann kann ich nur sagen, dass ich sehr viele E-Mails mit Sympathiebekundungen für unsere grüne Position bekommen habe, und zwar auch von Gastronomen. In unserer öffentlichen Anhörung letzte Woche fand ich es bemerkenswert, dass eine Gastwirtin sich dort für einen umfassenden Passivraucherschutz ausgesprochen hat.
Frau Heitmann, lassen Sie mich kurz dafür sorgen, dass es etwas leiser wird im Plenarsaal. Fahren Sie fort.
Wenn wir heute ein neues Gesetz zum Passivraucherschutz in Hamburgs Gastronomie beschließen, dann ist das ein sehr guter Schritt für die Ge
sundheit der Hamburgerinnen und Hamburger und ich freue mich darauf, zukünftig in Hamburg überall essen gehen zu können, ohne beraucht zu werden. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Herren und Damen! Heute soll ein Passivraucherschutzgesetz für Hamburg beschlossen werden und die Wogen schlagen deswegen seit Tagen bereits wieder hoch, zumindest ein wenig. Ich vernehme eher ein mühsames Plätschern, so auch auf der öffentlichen Anhörung letzte Woche.
Warum wurde eigentlich in der Vergangenheit so leidenschaftlich gestritten, wenn Nikotin doch glücklich macht, denn das ist bewiesen. Entspannt rauchen wirkt gegen Stress und sättigt sogar. Außerdem erhöht sich der Grundumsatz, das heißt, man verbrennt mehr Kalorien und die Verdauung wird gefördert. Daher ist Rauchen auch eine beliebte Methode, um abzunehmen beziehungsweise um abzuführen.
Ich kann es deswegen niemandem verdenken, wenn er sagt, dass er gern rauche. Dazu kommt, dass in einer Zigarette heute viel mehr steckt als Nikotin, Tabak oder Teer. Wir finden darin Parfüm, Kakao und anderes, was die Zigarette milder und besser schmecken lässt. Mentholzigaretten täuschen zudem die körpereigenen Schutzmechanismen derart, dass sie sogar zu einem tieferen Inhalieren führen. Nur, wer seine Glücksgefühle aus dem Nikotin zieht, bei dem erlahmt die körpereigene Glücksbotenstoffproduktion. Daher kann ich also auch die Vehemenz verstehen, die beim Thema Rauchverbot zutage tritt. Es gibt doch auch genug Leute, ich jedenfalls kenne genügend, die buchstäblich unausstehlich werden, wenn sie einmal versuchen, mit dem Rauchen aufzuhören.
Dass sich das alles mit der Zeit wieder einpendelt, auch die manchmal vorübergehende Gewichtszunahme oder die Verdauungsstörungen, möchten viele natürlich nicht wahrhaben.
Außerdem ist Rauchen eng verbunden mit Geselligkeit, Atmosphäre und Freiheit, mit Geselligkeit, weil Rauchen sozusagen ansteckend wirkt, mit Atmosphäre, weil wir in kleinen, gemütlichen Kneipen schöne Stunden verbringen und rauchgeschwängerte Luft unabdingbar dazu gehört, und mit Frei
heit, weil Adolf Hitler ein fanatischer Antiraucher war und uns die Amis nach dem Krieg massenweise mit Zigaretten versorgten, die auf diese Weise sogar zum Friedens- und Freiheitssymbol wurden.
Gefördert wurde dies massiv dann durch die Werbung, unter anderem den Marlboro-Mann, der mittlerweile bekanntermaßen an Lungenkrebs gestorben ist.
Verzeihen Sie, Frau Artus. Ich möchte mich nicht wiederholen, aber ich möchte darum bitten, dass es etwas leiser zugeht und dass die Gespräche draußen stattfinden. – Fahren Sie fort, Frau Artus.
Aber auch unsere Jugendzeit ist davon geprägt, dass mit dem Rauchen der Eintritt ins Erwachsensein geschieht. Auch hier wird eine normale Entwicklung eng mit dem Suchtstoff Nikotin verbunden. Ich finde, es ist an der Zeit, dass endlich mit den Mythen über das Rauchen aufgeräumt und dass Rauchen als das benannt wird, was es ist: eine lebensgefährliche Angewohnheit für Raucherinnen und Passivraucherinnen, um die es nicht schade ist, wenn man davon ablassen kann.
Deswegen finde ich den Antrag von CDU und GAL auch nicht ausreichend. Aber Verbote führen bekanntermaßen zum Widerstand und der Widerstand gegen Rauchverbote ist gesellschaftsübergreifend. So wird auch befürchtet, dass es mit dem hier vorliegenden Passivraucherschutzgesetz nicht getan sein wird. Es gibt die Vorstellung, dass alsbald auch das Rauchen auf der Straße oder in den eigenen vier Wänden verboten werden könnte oder aber Krebsoperationen von Rauchern und Raucherinnen nicht mehr bezahlt werden.
Die ganze Debatte um die Gefahren des Nikotins wurde zudem unglaublich angeheizt durch die demagogische Politik der DEHOGA. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband ist nicht müde geworden, Wirte und Wirtinnen zu mobilisieren und der Politik mit Klagen zu drohen. Erst letzte Woche wieder wurde bei der öffentlichen Anhörung deutlich, mit welch unglaublicher Ignoranz hier gegen die Interessen ihrer eigenen Mitglieder Stimmung gemacht wurde, das ist ohnegleichen. Und es ist natürlich die FDP, die wesentlich dahinter steckt, indem sie von Freiheit faselt.
Dabei hat die DEHOGA bislang nicht eine einzige seriöse Studie vorgelegt, dass Rauchverbote nachhaltig zu einem Rückgang oder zu einem Ruin der getränkegeprägten Kleingastronomie führen; Herr Krüger hat das bereits erwähnt.