Protokoll der Sitzung vom 10.12.2009

Wir werden als Linksfraktion die Umsetzung des Gesetzes deswegen genau beobachten und Nachbesserungen einfordern, wenn hier zulasten der Betroffenen am Geld geknausert wird. – Schönen Dank!

(Beifall bei der LINKEN und bei Dirk Kien- scherf SPD)

Das Wort hat Senator Wersich.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn in der Politik alle zustimmen,

(Kai Voet van Vormizeele CDU: Dann ist ir- gendwas falsch!)

dann wird man fast schon misstrauisch und überlegt sich, ob man etwas falsch gemacht hat. Ich glaube allerdings eher im Gegenteil, und das haben die Wortbeiträge auch gezeigt, dass diese Einmütigkeit heute eigentlich das Ergebnis eines bemerkenswerten, intensiven Abstimmungsprozesses mit allen Beteiligten außerhalb und innerhalb des Parlaments ist. Das, Herr Kienscherf, benötigt Zeit und deswegen haben wir gesagt, wir nehmen uns diese Zeit, anstatt den Leuten irgendetwas vorzusetzen.

(Beifall bei der CDU und bei Horst Becker und Christiane Blömeke, beide GAL)

Aber, Frau Artus, das bedeutet auch, dass man Respekt vor der Interessenwahrnehmung haben muss. Wenn wir ein solches Abstimmungsverfahren machen, dann müssen wir respektieren, wenn die unterschiedlichen Interessenträger ihre Interessen vertreten und können damit nicht so umgehen, wie Sie das eben gemacht haben, denn natürlich müssen wir auch Respekt vor den Anbietern haben. Was wir heute im Parlament machen, ist genau eine Abwägung dieser Interessen. Damit werden die Interessen nicht negiert oder kleiner gemacht, aber das Parlament nimmt eine demokratische Interessenabwägung wahr. Im Ergebnis dieser Abwägung haben wir das modernste und fortschrittlichste Wohn- und Qualitätsbetreuungsgesetz in der gesamten Republik.

Wir haben mit diesem Gesetzentwurf den Menschen in den Mittelpunkt von Pflege und Betreuung gestellt und genau das macht das Gesetz aus. Es ist ein Meilenstein für mehr Selbstbestimmung, mehr Transparenz und Qualität in der Pflege.

Das Thema ist nicht so erotisch im Parlament, aber in Wahrheit ist es gut für uns alle, denn auch wir sind alt oder werden alt. Das kann man sich gar

nicht früh genug bewusst machen. Deswegen schaffen wir Gesetze, von denen wir vielleicht später auch profitieren wollen.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Ich will aber allen, die sofort zucken, wenn man hört, man wird alt, was man ja eigentlich weiß …

(Olaf Ohlsen CDU: Älter!)

Man wird älter. Einige haben sogar mit dem Altwerden Schwierigkeiten und finden Älterwerden angenehmer.

(Hans-Detlef Roock CDU: Es gibt auch Be- rufsjunge!)

Wie dem auch sei, zur Beruhigung will ich sagen, dass Altsein oder Altwerden nicht automatisch heißt, pflegebedürftig zu werden. Viele Menschen leben im hohen Alter in voller Aktivität.

Frau Artus hat angesprochen, dass viele Träger kritisch gefragt haben, wieso wir überhaupt so ein Gesetz machen, weil doch alles klappe. An der Stelle sage ich ganz deutlich, was für mich Soziale Marktwirtschaft heißt. Wir brauchen klare, verlässliche Rahmenbedingungen, die der Staat in einem sozialen Markt setzt und die er auch durchsetzt. Auf dieser Basis können dann sowohl die Anbieter als auch die Kunden eigenverantworlich agieren. Genau das brauchen wir auch mehr und mehr in den sozialen Bereichen, die früher sehr stark reguliert waren. Wir haben immer mehr Vielfalt. Dadurch haben wir mehr Auswahlmöglichkeiten für die Betroffenen und mehr Wettbewerb der Anbieter untereinander. Deshalb brauchen wir klare, staatlich garantierte Regeln auf diesem Markt, auf die sich im Übrigen dann auch die Anbieter verlassen können, weil es sie vor billiger und minderwertiger Konkurrenz schützt.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Genau diese Regeln schaffen wir.

Noch einmal zurück zu uns und zu der Situation, wenn wir älter werden. Modern heißt, dass wir uns auch den geänderten Lebensvorstellungen anpassen. Ich weiß gar nicht, ob es früher wirklich so war, aber es gab die Vorstellung, dass im Alter alle irgendwie gleich und grau sind und dann ins Heim oder aufs Altenteil gehören. Heute leben wir alle ganz bunt und vielfältig und es besteht natürlich die Erwartung, dass wir diese Vielfalt auch im Alter so fortsetzen können. Deswegen bedeutet moderne Qualität von Pflege, dass es ermöglicht wird, so normal wie möglich zu leben, so wie wir es gewohnt sind, auch wenn wir älter und pflegebedürftig werden.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Deswegen ist Pflege auch viel mehr als satt und sauber. Pflege ist der Schlüssel, der uns gewähr

(Kersten Artus)

leisten soll, auch im Alter unseren gewohnten Alltag zu leben. Das ist eine völlig neue Qualität und Herausforderung von Pflege.

(Beifall bei der CDU und bei Christiane Blö- meke GAL)

Das machen wir mit diesem Gesetz. Wir gehen weg von dieser einfachen Unterscheidung, entweder stationär oder ambulant. Wir tragen der Entwicklung Rechnung, dass es zum Beispiel immer mehr Wohngemeinschaften von Älteren gibt oder sich auch Ältere und Jüngere zusammentun. Henning Scherf ist ein gutes Beispiel. Es gibt ganz viele neue Formen, sein Risiko abzudecken, wenn man im Alter Unterstützung braucht. Genau hier setzt das neue Gesetz an und schafft die notwendigen Rahmenbedingungen.

(Glocke)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk (unterbrechend) : Ich darf um etwas mehr Ruhe bitten. – Fahren Sie bitte fort.

Zu den Inhalten ist viel gesagt worden und noch mehr steht natürlich in der Vorlage, denn da steht alles drin. Ich will hier deshalb gar nicht viel dazu erläutern. Ich will nur hervorheben, dass Verbraucher – in Anführungsstrichen, ich mag den Begriff in dem Zusammenhang nicht besonders – einen Rechtsanspruch auf unabhängige Beratung über die Transparenz und die Leistungen und Angebote in der Pflege bekommen.

Wir sichern nicht nur die Qualität in der Pflege, sondern wir fördern sie auch. Es gibt nicht nur die regelmäßigen Kontrollen durch die Heimaufsicht sowie die Fachkraftquote, sondern wir wollen die Prüfungsergebnisse der Heimaufsicht künftig veröffentlichen und auch die bereits angesprochenen Zufriedenheitsbefragungen durchführen. Das soll sich auch für die Anbieter lohnen, denn wer gute Ergebnisse aufweist, wird seltener von uns kontrolliert. Das heißt, dass sich das neue Gesetz auch für den Anbieter lohnt, wenn er gute Qualität gewährleistet. Das ist modern und anreizorientiert und bedeutet gleichzeitig eine Verminderung des bürokratischen Aufwands.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Ich freue mich, dass zum Ende der Debatte das Parlament voll ist, weil die Bedeutung des Themas auf den Fluren des Hauses durchgedrungen ist. Wir stehen am Ende eines wirklich langen und intensiven Beratungsprozesses. Ich freue mich, dass es im Rahmen sowohl der Verbändeanhörung als auch der Beratung im Sozialausschuss gelungen ist, eine gemeinsame Lösung im größtmöglichen Konsens zu erarbeiten. Dafür möchte ich mich bei allen, die daran mitgewirkt haben, bedanken. Ein

herzliches Dankeschön möchte ich auch noch einmal den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Behörde sagen, die wirklich sehr intensiv an diesem modernsten Heimgesetz Deutschlands gearbeitet haben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der GAL und bei Arno Münster SPD)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung.

Wer möchte sich der Ausschussempfehlung anschließen und das Gesetz zur Umsetzung der Föderalismusreform im Heimrecht aus der Drucksache 19/3919, Neufassung, mit den vom Ausschuss empfohlenen Änderungen beschließen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist somit in erster Lesung einstimmig beschlossen worden.

Es bedarf einer zweiten Lesung. Stimmt der Senat einer sofortigen zweiten Lesung zu?

(Der Senat gibt seine Zustimmung zu erken- nen.)

Dem ist so. Gibt es Widerspruch aus dem Hause? – Den sehe ich nicht.

Wer will das soeben in erster Lesung beschlossene Gesetz in zweiter Lesung beschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das Gesetz ist damit auch in zweiter Lesung und somit endgültig beschlossen worden.

Wer möchte sich darüber hinaus der Empfehlung des Sozialausschusses anschließen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist somit in erster Lesung einstimmig beschlossen worden.

Auch hierzu bedarf es einer zweiten Lesung. Stimmt der Senat einer sofortigen zweiten Lesung zu?

(Der Senat gibt seine Zustimmung zu erken- nen.)

Dem ist so. Gibt es Widerspruch aus dem Hause? – Den sehe ich nicht.

Wer will den soeben in erster Lesung gefassten Beschluss in zweiter Lesung fassen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist damit auch in zweiter Lesung und somit endgültig beschlossen worden.

Nun kommen wir zu Tagesordnungspunkt 43, Drucksache 19/4646, Antrag der SPD-Fraktion: Frauen vor Gewalt schützen – Kollaps überfüllter Frauenhäuser verhindern.

[Antrag der Fraktion der SPD: Frauen vor Gewalt schützen – Kollaps überfüllter Frauenhäuser verhindern – Drs 19/4646 –]

(Senator Dietrich Wersich)

Diese Drucksache möchte die SPD-Fraktion an den Sozialausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? – Frau Dobusch, Sie haben das Wort.

(Rolf Harlinghausen CDU: Heute ist der in- ternationale Tag der Menschenrechte!)