Protokoll der Sitzung vom 20.01.2010

(Zurufe von der CDU: Ja! Ja!)

Ich kann es Ihnen aus der Sicht einer Ottenserin sagen. Die Antwort in beiden Fällen ist ganz klar: nein, keineswegs. Wir Ottenserinnen und Ottenser haben ein Bad verloren, zu dem wir – wie zudem der Bürgerentscheid zeigte, auch eine überwältigend hohe Mehrheit von Bürgerinnen und Bürgern – eine sehr starke gefühlsmäßige Bindung hatten.

(Wolfgang Beuß CDU: Wollen Sie ein Ta- schentuch haben! – Kai Voet van Vormizee- le CDU: Das ist ein bisschen so wie mit dem Heizer und der E-Lok!)

Das Bismarckbad – Sie erinnern sich an diesen schönen Namen – war ein schönes Bad. Es war vielleicht nicht ganz denkmalwürdig, es mutete allerdings so an; es war vielleicht nicht ganz funktionstüchtig, aber es hatte eine einmalige Lage direkt im Stadtteil, direkt am Bahnhof und direkt neben dem Busbahnhof.

Knapp 80 Prozent der Bürgerinnen und Bürger waren der Meinung, das Bismarckbad solle bestehen bleiben, das waren über 34 000 Altonaerinnen und Altonaer, die dafür stimmten. Sie waren dafür, das damals 94 Jahre alte historische Bismarckbad an diesem einmalig verkehrsgünstig gelegenen Standort zu erhalten. Dann war es aber weg, es war sozusagen verkauft, noch während das Verfahren lief. Und das, sagen Sie, sei ein Paradebeispiel dafür, wie Sie es weiterhin machen wollen. Dann kann ich nur gute Nacht sagen.

(Beifall bei der SPD)

Aus unserer Sicht war und ist dies ein absolut unglaublicher Vorgang, der sich so nicht wiederholen sollte, darum würde ich jedenfalls bitten.

(Christiane Blömeke GAL: Jetzt erzählen Sie noch mal, was vor 20 Jahren war!)

Altona stehe kopf, so hieß es damals im GAL-Antrag: "Kein Tag ohne Schwimmbad in Altona". Gefordert und beantragt wurde damals, fast im Gleichlaut übrigens mit der SPD-Fraktion, wenn das Bad überhaupt geschlossen werden müsse, dann erst, wenn ein neues Bad – ich zitiere –:

"…im fußläufig erreichbaren Umkreis in Betrieb genommen wurde."

Gefordert wurde von der GAL damals auch, an diesem Prozess die engagierten Bürgerinnen und Bürger zu beteiligen sowie eine transparente und verbindliche Zeitplanung vorzulegen für diese Maßnahmen. Dieser letzte Punkt gefällt mir ganz besonders, weil gerade dieses damals nicht passiert ist.

Wer sich an die damaligen Zumutungen erinnert, die darin gipfelten, dass Beschlüsse schon längst gefasst waren und das Bad schon lange über den Tisch gegangen war, während nach außen noch so getan wurde von einigen Herrschaften, die hier auch sitzen, als setze man sich für das "Bissi" ein, wer erinnert, in welcher dreisten Weise sowohl die Bürgerinnen und Bürger als auch die Abgeordneten über den Tisch gezogen wurden, für den klingt die damalige Antragslyrik allerdings nicht besonders gut.

(Beifall bei Dr. Monika Schaal SPD)

Sie haben auch auf einige Menschen hingewiesen, die damals an der Debatte beteiligt waren, einer hat damals gesagt, es wäre nicht die GAL gewesen. Vielleicht ist es auch etwas unfair, dass ich jetzt ausgerechnet in Ihre Richtung schlage,

(Wolfgang Beuß CDU: Was soll eigentlich diese Geschichtsklitterung!)

aber, sorry, liebe CDU, von Ihnen erwartet auch niemand etwas anderes. Dass Sie gern Tatsachen schaffen und Bürgerentscheide erst ernst nehmen, wenn sich Ihnen überhaupt kein anderer Ausweg mehr zeigt, davon gehen wir aus und das hat sich in anderer Hinsicht in dieser Stadt mehrfach gezeigt.

(Beifall bei der SPD)

Ich spreche jetzt nicht über den LBK, das lasse ich lieber.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Reden Sie doch mal über das Freibad Ohlsdorf!)

Aber noch einmal in Richtung der GAL: Von Ihnen als Hüterinnen und Hüter der Demokratie, der Bür

gerentscheide und Bürgerbeteiligung, von Ihnen hätte ich damals allerdings ein anderes Verhalten erwartet.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich noch einmal auflisten: Der Gedanke der Bürgerbeteiligung wurde in Zusammenhang mit dem Festland gleich zweimal ad absurdum geführt. Zunächst wurden die Bürgerinnen und Bürger in Altona-Altstadt an Einrichtungen dieses Stadtteils über mehrere Jahre lang an Entscheidungen zur Gestaltung und Nutzung des Umfeldes beteiligt und dann wurde plötzlich dieses Schwimmbad hingesetzt, ohne dass sie beteiligt wurden, während gleichzeitig an anderer Stelle die Bürgerinnen und Bürger beteiligt waren und sich ausdrücklich dagegen ausgesprochen hatten.

Noch einmal zur Erinnerung: Im Ergebnis war es nicht so, dass wir null Tage in Altona ohne Schwimmbad hatten, sondern es waren ganze 1165 Tage ohne Schwimmbad in einem Bezirk mit mehr als 200 000 Einwohnerinnen und Einwohnern.

(Wolfgang Beuß CDU: Das macht gute Pla- nung aus!)

Nun haben wir ein Festland, ein Bad, zu dem viele – ich erwähne das, weil viele aus dem Umland kommen, wie wir der Drucksache entnehmen konnten – mit dem Auto gefahren kommen, jedenfalls nicht so wie früher mit Bus und Bahn. Die Anbindung früher war entschieden besser. Wer zu Fuß kommt, hat es nicht einfach. Haben Sie einmal versucht, dort die Holstenstraße zu überqueren. Da fehlt eine Ampel, jedenfalls ist sie nicht an dem Platz, wo sie gebraucht würde.

(Wolfgang Beuß CDU: Ich denke, da schwimmt man hin!)

Sie haben uns ansonsten wenig mitgeteilt über die Befragung der Nutzerinnen und Nutzer, die dort gemacht wird. Es ließ sich leider der Drucksache nicht entnehmen, wie sie sich dazu geäußert haben. Allerdings steht in den Foren, dass trotz des modernen neuen Baus die Duschen beispielsweise viel zu dunkel aufgefallen seien.

(Kai Voet van Vormizeele CDU: Das Karo wird jedes Mal größer! Das Wasser ist nicht warm genug! – Wolfgang Beuß CDU: Wer ist hier eigentlich konservativ?)

Man könnte nachfragen, was da noch angemerkt wurde.

Lassen Sie mich zum Schluss noch einmal von einem alteingesessenen Menschen aus Ottensen erzählen, der zu den vielen Älteren gehörte, die über viele Jahrzehnte hinweg regelmäßig ins Bismarckbad gingen, um sich noch etwas Beweglichkeit zu erhalten. Für diesen Menschen, er war damals 80 Jahre alt, war bereits ein Tag ohne Bad ein Verlust, in Jahren wollte er gar nicht mehr rechnen.

Für ihn war dann tatsächlich der letzte Tag, an dem das Bismarckbad geöffnet war, auch das letzte Mal, dass er zum Schwimmen war. Übrigens, zum Punkt fußläufig: Vom alten Standort aus ist der neue Standort vielleicht für uns hier noch fußläufig erreichbar, aber es ist kein Katzensprung. Wenn Sie älter wären, kleine Kinder an der Hand oder eine Gehbehinderung hätten, kämen Sie zu Fuß nicht einfach dahin.

(Wolfgang Beuß CDU: Das war die Rede des Tages!)

Es ist sehr schön, dass Sie immer wieder darauf hinweisen, dass dieses Bad für Familien und Kinder gut ist, das erkennen wir auch an. Es ist gut, dass Sie das bei Ihren Planungen im Blick haben, aber eigentlich wäre es schön, wenn wir mittlerweile öfter – vor allen Dingen Sie – im Auge behalten würden, dass der wachsende Anteil an Älteren, ebenso vielleicht auch der der ärmeren Menschen in unseren Stadtteilen, zukünftig regelhaft mit berücksichtigt werden muss.

Meine Damen und Herren von CDU und GAL, wir werden die Vorgänge um das Bismarckbad so schnell nicht vergessen.

(Wolfgang Beuß CDU: Ihre Rede werde ich auch nicht vergessen!)

Stadtplanung über die Köpfe hinweg ist Mist, gute Planung sieht aus unserer Sicht anders aus und ich hoffe, Sie beherzigen das für die Zukunft der Schwimmstadt Hamburg allgemein und die Zukunft des Festlands im Besonderen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei Norbert Hack- busch DIE LINKE)

Das Wort erhält der Abgeordnete Becker.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bitte, verzeihen Sie mir, dass ich ein weniger emotionales Verhältnis zu dem Bad habe. Alle schwimmen hier noch in Tränen, das kommt offenbar von Frau Dobusch.

(Beifall bei der GAL und der CDU – Christia- ne Schneider DIE LINKE: Das finde ich wirk- lich diskriminierend!)

Als Eimsbüttler und damaliger Bezirkspolitiker sehe ich diesen Prozess sehr distanziert.

(Wolfgang Beuß CDU: Sie haben ja den Bondenwald!)

Ich bade zu Hause in der Badewanne.

Damals bekam ich von dieser Thematik etwas mit, wenn ich in Eimsbüttel am Informationsstand stand. Aus Altona kamen die sehr aufgeregten GAL-Wähler herüber, die sagten, das Bismarckbad werde abgerissen und wir würden das mitmachen,

(Gabi Dobusch)

das ginge doch überhaupt nicht. Ich hatte für diese Fälle immer schon die Telefonnummer der GAL Altona in der Tasche und habe gesagt, sie sollten dort anrufen, denn ich wäre Eimsbüttler. Das ist meine Beziehung zu dieser Thematik.

(Wolfgang Rose SPD: So läuft das bei euch? – Carola Veit SPD: Dann lasst jeman- den aus Altona reden!)

Ich habe mit dieser Aufarbeitung nicht angefangen und das Thema auch nicht auf die Tagesordnung gesetzt.

(Ingo Egloff SPD: Wer hat das Thema ei- gentlich angemeldet, das ist doch die Fra- ge!)

Ich wollte damit zum Ausdruck bringen, dass ich etwas verwundert bin, dass das Thema so emotional besetzt ist. Wenn man sich die Fakten ansieht in Bezug auf die Anfrage, verhält es sich so, dass man sich damals entschieden hat, wegen der hohen Bewirtschaftungskosten und der hohen anstehenden Sanierungskosten ein Bad abzureißen, von dem ich auch sagen muss, dass der Verlust dieser Halle und der Sauna weh tat aus ästhetischer Sicht. Man hatte sich entschlossen, ein Bad zu bauen, das auch mit einem erfolgreichen Stadtentwicklungsprojekt verbunden wurde, das mehr und bessere Angebote auch für Familien macht, auch für Schwimmkurse und Vereine. Wenn man sich die Besucherzahlen anschaut, dann ist es sehr erfolgreich gewesen; von daher war es ein guter Plan. Die Besucherzahlen haben sich annähernd verdoppelt. Die Bewirtschaftungskosten sind gesunken, der Energiebedarf ist gesunken,

(Wolfgang Beuß CDU: Was wollen wir mehr!)