Protokoll der Sitzung vom 25.02.2010

Letzter Punkt. Woher nehmen Sie jetzt die 10 Millionen Euro? Das ist ohnehin viel zu wenig, aber wichtig ist, einmal einen Eindruck von Ihrer grandiosen und seriösen Politik zu bekommen. Da muss ich noch einmal auf Ihre Unterscheidung zwischen Pflicht und Kür zurückkommen, Frau Timmermann. Pflicht sollte sein, die Straßen so zu erhalten, dass der Gebrauchswert für die Bevölkerung, der darin steckt, zur Verfügung steht. Die Kür wäre der Shared Space, also die Gemeinschaftsstraße. Nachdem ein Bezirk gesagt hat, um Gottes Willen, sollen noch sechs Gemeinschaftsstraßen eingerichtet werden, hat die Frau Senatorin für diese sechs Straßen 7 Millionen Euro angesetzt; das ist bekanntlich immer ihre Politik. Wenn man sich diese Kosten im Einzelnen anschaut, dann sind Sie bis an die Oberkante von 20 Millionen Euro gegangen; ich nehme an, dass der Betrag zwischen 12 und 20 Millionen Euro liegen wird. Das ist schon klassisch. Man will ein Lieblingsprojekt der GAL umsetzen und macht eine schlampige, um nicht zu sagen wirklich gefährliche Haushaltspolitik bei diesem Punkt. Wenn man sich anschaut, woher Sie die restlichen Mittel nehmen wollen, dann berichte ich einmal etwas aus meinem Bezirk. Für die Anschlussbereiche haben Sie 1 Million Euro vorgesehen und in der letzten Stellungnahme meines Bezirks heißt es, die Aufwendungen für die Anschlussbereiche würden von den Haushaltsmitteln genommen, zum Teil aus der Grundinstandsetzung der Straßen. Das ist das Verhältnis von Kür und Pflicht und das ist eine Katastrophe.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Das Wort hat Frau Senatorin Hajduk.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich denke schon, dass die außergewöhnlich lange Frostperiode ein Grund dafür ist, dass Hamburgs Straßen und Wegen, auch Radwegen, so kräftig zugesetzt worden ist. Es wird auch in der Medienberichterstattung sehr anschaulich gemacht, warum das gerade in diesen Tagen auffällig ist. Wenn das Tauwetter sich durchsetzt, wird dann auch sichtbar sein, dass wir neue Winterschäden haben, und dieser Tatsache sollte sich die Opposition nicht gänzlich verschließen, auch

(Dr. Joachim Bischoff)

wenn ihre Forderungen an die Regierung vielleicht noch ein bisschen darüber hinausgehen. Aber dass es da schon einen Zusammenhang gibt, dass der außergewöhnliche Winter den Straßen zugesetzt hat und dass es deswegen auch sinnvoll ist, nach einem so außergewöhnlichen Winter ein besonderes Sofortprogramm aufzusetzen, das ist doch eigentlich mit gewisser Vernunft zu erfassen. Es ist ein vernünftiges und richtiges Handeln, das wir vor einigen Tagen angekündigt haben.

(Beifall bei der GAL und der CDU – Ingo Egloff SPD: Das hat doch auch gar keiner kritisiert!)

Es ist auch richtig, eine solche Entscheidung am Ende des Winters zügig so vorzubereiten, damit wir möglichst rasch auf die Schlaglöcher reagieren können, die da erkennbar werden. Deshalb stellen wir kurzfristig zusätzlich 10 Millionen Euro bereit und das ist durchaus keine kleine Summe, die wir hier zügig und schnell aufbringen.

Wir stehen unter einem enormen Konsolidierungsdruck und das weiß dieses Parlament, weil wir hier auch häufig über Haushaltskonsolidierung diskutieren. Unter diesem enormen Konsolidierungsdruck haben wir in der Tat im Herbst gedacht, dass wir eventuell auch an die Unterhaltungsmittel für Straßen rangehen müssten. Ich habe aber jetzt klar entschieden, dass das angesichts der Situation, die wir haben, nicht sinnvoll ist, und deshalb wird es jenseits der zusätzlichen 10 Millionen Euro keine Einsparungen im Bereich der Straßen und Wege geben. Auch diese Reaktion haben wir vollzogen, obwohl wir unter einem großen Konsolidierungsdruck stehen. Die Konsolidierungszahlen werden durch mein Haus insgesamt auch eingehalten, das möchte ich hier noch einmal ganz klar sagen.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Damit stehen 2010 tatsächlich insgesamt 49 Millionen Euro zur Sanierung von Straßen und Wegen einschließlich der Grundinstandsetzung zur Verfügung und ich bin überzeugt, dass wir mit diesem 10-Millionen-Euro-Sofortprogramm auch einen wichtigen Beitrag zur Sanierung der Straßen leisten. Wir wollen dieses Sofortprogramm am nächsten Dienstag beschließen und ich hoffe, dass wir für diese Maßnahme und die entsprechenden Nachforderungen auch Ihre Unterstützung haben werden.

Es ist richtig, dass wir noch keine komplette Schadensbilanz haben. Dennoch ist es wichtig, dass wir uns auf den Weg machen, zügig zu reagieren, und deshalb muss klar sein, dass wir diese Schadensbilanz komplett erstellen und dann auf Basis dieser Bilanz die Prioritäten entscheiden werden. Es führt kein Weg umhin, diese Bestandsaufnahme zu machen, Herr Bischoff, und wir werden sie machen, damit da kein Zweifel besteht. Klar ist aber auch,

dass manche Straßenabschnitte oder Fahrstreifen, wie zum Beispiel in der Edmund-Siemers-Allee, aufgrund von Frostschäden schon gesperrt werden mussten und wir die entsprechenden Probleme teilweise bereits kennen. Es ist notwendig – und ich weiß nicht, warum das hier angezweifelt wird –, dass die Bezirke diese Straßenabschnitte genau melden. In Gänze werden wir das aber erst nach der Frostperiode einschätzen können und genauso hängt die Schadenbeseitigung auch davon ab, dass die Wetterlage es zulässt. Das sind aber wirklich Fakten, die man zur Kenntnis nehmen muss.

Mir war wichtig, dass wir unsere haushaltsmäßige Bereitstellung für zusätzliche Mittel jetzt zügig auf den Weg bringen, damit keine zeitlichen Lücken entstehen, hier eine Beauftragung vorzunehmen. Diese Wetterentwicklung ist kein Hamburg-Phänomen und man kann davon ausgehen, dass es in Gesamtnorddeutschland und auch in Bereichen Ostdeutschlands viele Aufträge an die Bauunternehmen geben wird, hier einzugreifen. Da wollen wir nicht zu spät kommen, sondern zügig sein.

Ein kleiner Hinweis sei mir noch erlaubt. Natürlich ist es wichtig, dass wir in Hamburg unsere eigenen Hausaufgaben machen, aber Sie wissen auch, dass die kommunale Finanzlage in vielen anderen Städten und Gemeinden im Moment die Stimmen laut werden lässt, dass der Bund helfen möge. Wir in Hamburg versuchen natürlich, uns mit unseren eigenen Mitteln selbst zu helfen und hier auch die entsprechenden Entscheidungen auf den Weg zu bringen. Ich habe Sie in Ihrer Tendenz so verstanden, dass das einvernehmlich in diesem Hause auch Unterstützung finden wird.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Ich habe die grundsätzliche Kritik an der aus Ihrer Sicht unzureichenden Erhaltung des hamburgischen Straßennetzes sehr wohl gehört. Ich habe auch zur Kenntnis genommen, dass sich der Rechnungshof dazu sehr kritisch geäußert hat. Ich möchte aber noch einmal ganz klar feststellen, dass wir das gegenüber dem Tiefpunkt der Mittelbereitstellung vor fünf Jahren – damals standen 7,1 Millionen Euro für Unterhaltung und Instandsetzung zur Verfügung – mittlerweile kontinuierlich auf 9,6 Millionen Euro erhöht haben.

(Ingo Egloff SPD: Wer hat da noch regiert?)

Jetzt wird wieder die bekannte Frage nach der Regierung gestellt, Herr Egloff. Vor fünf Jahren hat die Union regiert. Aber die Union hat in der Tat 2001 eine Mittelbereitstellung von Rot-Grün vorgefunden, die auf einem richtigen Tiefpunkt angelangt war, wenn man einmal die Ausstattung für Unterhaltung und Instandsetzung zusammenfasst. Danach hat die unionsgeführte Regierung – das sage ich auch als Grüne – diese Mittel insgesamt massiv erhöht. Danach hat es nur bei der Unterhaltung einmal einen Tiefpunkt gegeben.

(Senatorin Anja Hajduk)

Zur Relativierung dieser Debatte gehört die Feststellung, dass die kommunalen Haushalte insgesamt unter Spannung stehen. Auch ein Stadtstaatenhaushalt steht unter Spannung und wir diskutieren schon sehr lange Konsolidierungsprogramme, wir diskutieren auch schon sehr lange Investitionsbedarfe in anderen Zukunftsbereichen, die nicht den Investitionsbereich Straße betreffen, und wir diskutieren häufig über Bildung und Soziales. Deswegen möchte ich auch der Opposition zurufen: 2001 hatten wir in der Summe 22 Millionen Euro zur Verfügung, im Jahr 2010 haben wir 39 Millionen Euro ohne das Zusatzprogramm. Mit dem Zusatzprogramm haben wir also dann 49 Millionen Euro. So viel Geld für die Straßenunterhaltung und -instandsetzung wie in diesem Jahr wurde noch nicht in die Hamburger Straßen gesteckt.

(Ingo Egloff SPD: Das hat wahrscheinlich auch einen Grund!)

Das ist auch ein Beginn, an dieser Stelle ernst zu machen mit dem Bedarf, den wir da haben. Aber ich möchte Sie bitten, weil Sie sich so kritisch zu den Gemeinschaftsstraßen geäußert haben, doch nicht jede innovative Idee, die wir darüber hinaus haben, unter Generalverdacht zu stellen. Die Gestaltung eines Straßenraumes für die Verkehrsteilnehmer in einer gleichberechtigten Weise ist eine wichtige verkehrspolitische Innovation, wo auch Stadtgestaltung eine große Rolle spielt. Man sollte nicht jede Innovation, die man plant, in eine Spannung setzen zu notwendigen Instandhaltungen, die wir durchführen. Man kann im Haushalt Änderungsanträge stellen, es aber politisch ins Verhältnis zu einer Katastrophe zu setzen, wenn man eine innovative Idee umsetzt, damit ist dieses Parlament nicht gut beraten. Ich habe Ihnen hier dargelegt, wie viel Geld wir mittlerweile in die Straßen stecken und zusätzlich und kurzfristig stecken wollen, und die Unionsfraktion und die grüne Fraktion freuen sich dann über Ihre Unterstützung. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das Wort hat die Abgeordnete Koeppen.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Hajduk, im Rechnungshofsbericht steht genau das, worüber Sie eben gesprochen haben: Der Winter war hart, aber der Zustand der Straßen habe sich weiter verschlechtert, sodass eine erhebliche Ausweitung der Schadensbilder nach jedem Winter festgestellt werden müsse. Das sind die Tatsachen. Zuerst fiel der Schnee, dann fielen die Bürgerinnen und Bürger auf vereisten Bürgersteigen und nun fallen die Autos den Schlaglöchern zum Opfer.

(Beifall bei der SPD)

Ein trauriges Wintermärchen und ein Senat im Winterschlaf. In hektischer Betriebsamkeit wurde der Winterschlaf kurz unterbrochen und innerhalb von kurzer Zeit das zweite Sofortprogramm ins Leben gerufen. Akuter Befall von Asphaltkaries, Straßen wie Schweizer Käse, Schlaglochalarm und eine Tageszeitung, die bereits einen Schlaglochinspektor in ihr Team aufgenommen hat. Die Tageszeitungen haben Telefonhotlines eingerichtet mit der Möglichkeit, ihren Lesern über Internet Schlaglöcher zu melden, und die Drähte glühen.

Und in den Hamburger Behörden? Fehlanzeige. Weder gibt es für Bürgerinnen und Bürger eine Telefonhotline noch eine Meldemöglichkeit über das Internet. Aber Hand aufs Herz: Die bereitgestellten 10 Millionen Euro sind ein erster Schritt in die richtige Richtung, aber jeder weiß, dass diese Mittel nicht ausreichen werden. Sofortprogramme werden vom Senat wie Beruhigungspillen eingesetzt, aber sie können nicht über die Hauptursachen hinwegtäuschen.

(Beifall bei der SPD)

Das Hauptproblem in Hamburg liegt in der maroden Grundsubstanz der Straßen, aber über das genaue Ausmaß gibt es nur Schätzungen. Fakt ist, dass die meisten Straßen in Hamburg für wesentlich weniger Verkehr und geringere Belastungen dimensioniert wurden. Die mittlerweise technisch überholten Bauweisen halten dem heutigen Verkehr nicht mehr stand. Es wäre an der Zeit, eine jährliche Zustandserfassung der Straßen zu erstellen. Was fehlt, ist ein modernes Straßenmanagement.

Doch anstatt sich um dieses Hauptproblem zu kümmern, werden Prestigeobjekte wie Shared Space vorangetrieben. Insgesamt sollen sechs Gemeinschaftsstraßen in Hamburg entstehen. An dieser Stelle wäre es sinnvoll, ein Pilotprojekt zu starten, dieses qualifiziert auszuwerten und dann über weitere Gemeinschaftsstraßen nachzudenken.

(Beifall bei der SPD)

Wir sind gespannt, wie der Senat angesichts der vielfältigen Leuchtturmprojekte, der gleichzeitig geplanten Haushaltssanierung und der damit verbundenen Kürzungen diese Probleme in den Griff bekommen will. Jetzt muss das Prinzip gelten: Luxus können wir uns erst dann leisten, wenn das Fundament steht. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Frau Gregersen.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Gemeinschaftsstraßen und Straßenunterhalt sollte man

(Senatorin Anja Hajduk)

wirklich nicht gegeneinander ausspielen, denn das wird der Sache nicht gerecht.

(Beifall bei der GAL und der CDU – Hans- Detlef Roock CDU: Richtig!)

Keiner plant Gemeinschaftsstraßen an den Bürgerinnen und Bürgern vorbei, sie werden maßgeblich in die Planungsprozesse und die Ausgestaltung mit einbezogen.

(Zurufe von der SPD)

Straßenraum neu zu gestalten, Flächen neu zu verteilen und dabei die Bürger einzubeziehen, ist eine innovative Idee und der sollten Sie sich nicht verschließen und sagen, erst müssten die Straßen in einen Topzustand kommen und dann erst könne man über innovative Ideen nachdenken.

(Michael Neumann SPD: Achsenbruch ver- hindern reicht!)

Sie haben auch in Ihrer zweiten Rede eben nicht erzählt, wie hoch denn Ihre Summe ist, die Sie jetzt in den Straßenausbau investieren möchten und woher Sie sie bekommen. Sie sagen nur, dass es sein müsse, aber Sie sagen nichts Konkretes.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Wir haben einen konkreten Vorschlag!)

Die Summe von 49 Millionen Euro ist die höchste Summe, die seit Jahren in die Sanierung und die Grundinstandsetzung von Straßen investiert wird.

(Ingo Egloff SPD: Das hat doch auch einen Grund!)

Ich finde auch sehr interessant, wie viel Geld DIE LINKE in die Straßen investieren möchte, aber wahrscheinlich auch die SPD, obwohl sie keine Summen nennt. Bei einem Haushalt, der konsolidiert wird,

(Michael Neumann SPD: Wo wird denn der Haushalt konsolidiert?)

muss man auch sehr genau schauen, ob man Geld in Menschen investiert, in Kinder und Jugendliche oder in Beton. – Vielen Dank.