Protokoll der Sitzung vom 25.02.2010

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Wenn Sie sich ernsthaft mit diesem Thema auseinandersetzen und mit dem Genossenschaftsverband reden, dann werden Sie feststellen, dass es sehr wohl schwierig ist, kleine Genossenschaften zu gründen und die Startphase zu finanzieren. Genau darum geht es uns: zu schauen, wie man Menschen, die so etwas machen wollen, befähigt, unternehmerisch tätig zu werden und erfolgreich zu sein.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

In Deutschland hat es 2008, noch vor der Krise, 180 Neugründungen gegeben. Und Herr Dr. Bischoff hat recht, gerade in der Krise haben Genossenschaften – seien es Banken, seien es Wohnungsgenossenschaften – gezeigt, dass sie erfolgreich wirtschaften. Das hat natürlich damit zu tun, dass sie in der Regel eine anständige Eigenkapitaldecke haben, weil die Genossen eingezahlt und dafür gesorgt haben, dass vernünftig gewirtschaftet werden kann.

(Beifall bei Wilfried Buss, Karin Timmermann und Dr. Peter Tschentscher, alle SPD)

Wenn in einem Land wie Italien jährlich 2000 Genossenschaften neu gegründet werden, dann frage ich mich, warum das in der Bundesrepublik Deutschland nicht passiert. Da ist es mir zu dünn, nur zu hören, das sei Bundesangelegenheit, da müsse das entsprechende Gesetz geändert werden. Nein, auch wir vor Ort können durch Beratungsleistungen und dadurch, dass wir Ressourcen zur Verfügung stellen, dafür sorgen, dass man konkret tätig werden kann. Wenn Sie weiter darüber diskutieren wollen, dann beantrage ich für die SPD-Fraktion, den Antrag an den Wirtschaftsausschuss zu überweisen.

(Viviane Spethmann CDU: Dadurch wird der Antrag auch nicht besser!)

Sie haben damit keine Ausrede mehr, dem heute nicht zuzustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Das Wort hat Herr Kerstan.

Meine Damen und Herren! Ich habe überhaupt nicht abgestritten, dass es Punkte gibt, über die man reden kann. Sie haben

aber die ganze Zeit über nur ausgeführt, wie wichtig das Thema sei und dass man Genossenschaften unterstützen und fördern müsse. Herr Bischoff hat wenigstens ein paar konkrete Punkte benannt. Bei Ihnen waren das ausschließlich Volksreden nach dem Motto: Das ist wichtig und wir müssen uns kümmern.

Ich hatte im Gespräch mit meinem Koalitionspartner einfach das Problem, nicht sagen zu können, worüber geredet werden soll. Da steht nichts in Ihrem Antrag drin. Wenn Sie sagen, es gäbe so viele konkrete Punke, die man ändern könne, dann schreiben Sie das doch einfach auf und dann überweisen wir das an den Ausschuss. Einen Antrag zu schreiben, der nur beinhaltet, dass das wichtig sei und der Senat sich überlegen solle, wie das gefördert und unterstützt werden könne, weil Sie selber keine Idee dazu haben, erscheint mir bei einem Thema, das Ihnen so wichtig ist, ein bisschen wenig zu sein. Kommen Sie mit einem neuen Antrag, den können wir gern überweisen, aber in diesem steht wirklich nichts, worüber man ernsthaft reden könnte. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr. Dann kommen wir zur Abstimmung.

Die antragstellende Fraktion hat beantragt, den Antrag an den Wirtschaftsausschuss zur Beratung zu überweisen. Wer dem folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Das ist mehrheitlich abgelehnt.

Dann kommen wir zur Abstimmung in der Sache.

Wer dem Antrag der SPD-Fraktion aus der Drucksache 19/5343 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Auch das ist mit Mehrheit abgelehnt.

Ich rufe auf den Punkt 17 der Tagesordnung, Drucksache 19/5244, Senatsmitteilung: Ein Europapolitisches Jugendkonzept für Hamburg.

[Senatsmitteilung: Ein Europapolitisches Jugendkonzept für Hamburg – Drs 19/5244 –]

Diese Drucksache möchte die SPD-Fraktion an den Europaausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? – Herr Waldowsky, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Anfang dieses Monats hat der Senat ein Europapolitisches Jugendkonzept vorgelegt und damit einen Arbeitsauftrag aufgegriffen, den CDU und GAL im Koaliti

(Ingo Egloff)

onsvertrag vereinbart haben. Warum war es uns wichtig, ein solches Konzept ausarbeiten zu lassen und in dieser Legislaturperiode umsetzen zu können?

Wir haben dafür zwei Gründe. Zum einen fasziniert uns die Idee der Jugendpartizipation, die wir voranbringen wollen und die in diesem Konzept aufgegriffen worden ist. Politische Partizipation Jugendlicher ist uns wichtig. Im zweiten Quartal 2010 wird die Landeszentrale für politische Bildung ein Konzept zur Einrichtung von Jugendräten und Jugendparlamenten vorlegen. Wir haben einen Haushaltsantrag eingebracht; der Senat wird dafür Gelder zu Verfügung stellen.

Dass es uns auch in europapolitischer Hinsicht wichtig ist, zeigt die Abstimmung des Bundesrates vor zwei Wochen zu den europäischen Bürgerinitiativen. Mit den Stimmen Hamburgs wurde beschlossen, dass bei diesen seit dem Lissabon-Vertrag möglichen Initiativen Jugendliche ab 16 Jahren ein Stimmrecht haben werden. Das zeigt, dass wir die politische Partizipation von Jugendlichen sehr ernst nehmen.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Der zweite Grund, warum wir dieses Konzept gefordert haben, ist die Motivation für Europa. Wir stehen vor dem Phänomen, dass Hamburg regelrecht in Europa aufgegangen ist, dass wir eine weltoffene Stadt sind und ein Großteil unserer Handelsbeziehungen in Europa abgewickelt werden. Rund drei Viertel des Exports gehen in europäische Länder und über die Hälfte des Imports kommt aus ihnen. Die Hamburgerinnen und Hamburger leben Europa ganz selbstverständlich.

Andererseits stellt sich Hamburg, wenn es darum geht, Europa politisch zu gestalten, bei jeder Europawahl ein Armutszeugnis aus. Hamburg hatte bei den letzten beiden Europawahlen jeweils die zweitschlechteste Wahlbeteiligung; wir hatten diesbezüglich eine Anhörung im Europaausschuss. Uns erscheint es folgerichtig zu sagen, dass wir bei der Jugend ansetzen müssen. Wir wollen Europa für Jugendliche erlebbar machen, sie motivieren und den europäischen Gedanken in zukünftigen Generationen verankern.

Nun hat der Senat sein Jugendkonzept vorgelegt und dieses Konzept ist durchaus ehrgeizig. Es bilanziert, was bereits geleistet wird, ist aber auch ein Ausgangspunkt für neue Ideen und Initiativen. Daher ist es folgerichtig, es an den Europaausschuss zu überweisen, um Ideen aufzugreifen und vielleicht darüber hinaus noch Neues anzustoßen zu können.

Der Senat erkennt zu Recht sechs Handlungsfelder der Jugendarbeit: Bildung, Beschäftigung, gesellschaftliche Integration und Jugend in der Welt, Sport und Gesundheit, Kultur und Kreativität und politische Partizipation.

Im Bereich Bildung zeigt das Konzept, wie selbstverständlich Europa in der Bildungslandschaft und in unseren Schulen bereits angekommen ist, nicht nur in den Bildungsplänen und Unterrichtsmaterialien, der Lehrkräftefortbildung, sondern auch im Bereich der internationalen Kompetenzmessung, Stichwort PISA. Wir haben Sprachpässe und Sprachzertifikate. Die Bildungsgänge in Hamburg lassen sich mit anderen europäischen Bildungsgängen vergleichen und sind auf europäischem Niveau. Es gibt jede Menge individuelle Initiativen von Schulen mit europäischen Partnerschulen – Schüleraustausch ist etwas ganz Selbstverständliches geworden ist – und zusätzlich vielfältige institutionelle Schüleraustausche europäischer Programme. Wir haben in Hamburg Europa-Schulen und EU-Verantwortliche an den Schulen. Europa ist in den Schulen angekommen. Insofern ist das ein Bereich, in dem wir relativ gut aufgestellt sind.

Beim zweiten Bereich, inwieweit Europa für junge Menschen innerhalb ihrer Berufsausbildung greifbar ist, gibt es noch Handlungsbedarf. Wir haben zwar die europäischen Förderprogramme, ESF und das Grundtvig-Programm, wir haben auch ein von Europa finanziertes Rahmenprogramm für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation. Letztendlich zeigt sich aber, dass wir für Jugendliche und junge Erwachsene, die nicht an allgemeinbildenden Schulen, sondern in der Beraufsausbildung oder bereits im Beruf tätig sind, in dieser Hinsicht noch etwas machen müssen. Ich freue mich darauf, darüber im Ausschuss zu diskutieren und gemeinsam zu schauen, was wir dort erreichen können.

Zum dritten Bereich, gesellschaftliche Integration und Jugend in der Welt, sind die Antworten des Senats nicht immer ganz befriedigend. Es gibt eine ganze Reihe an Angeboten für Jugendliche, die in Europa aktiv werden wollen. Wir haben den jugendserver-hamburg.de und das Europa JUGEND Büro. Viele freie Träger der Jugendhilfe leisten eine beeindruckende Arbeit, die es Jugendlichen ermöglicht – meist nach ihrem Schulabschluss –, gen Europa oder in die Welt hinauszuziehen und dort ein halbes oder ein ganzes Jahr zu verbringen. Was aber ist mit den Jugendlichen, die sich nicht auf die Suche nach solchen Angeboten begeben und die diese Angebote auch nicht wahrnehmen? Wir sollten gemeinsam mit den Trägern der Jugendhilfe überlegen, wie wir an diese Jugendlichen herankommen können, um ihnen zu zeigen, dass Europa nicht nur Abiturienten etwas bringt, sondern ein breites Angebot für alle bietet und dass jeder, wo immer er in Beruf oder Ausbildung auch stehen mag, davon profitiert.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Im vierten Bereich Sport und Gesundheit zeigt das Konzept, dass wir auf ein breites Netz intensiver Kontakte zwischen Jugendlichen aus Deutschland und den europäischen Nachbarländern zurückgrei

fen können. Es gibt im Bereich Sport Wettkämpfe, Trainingslager und Jugendbegegnungen aller Art, die für viele Jugendliche der erste Kontakt mit Ausländern, mit Fremden sind. Bei solchen Sportveranstaltungen kann erlebt werden, wie anregend, belebend, aber vielleicht auch irritierend es ist, wenn viele Nationen zusammenkommen. Möglich wird dies durch das Engagement der Sportvereine und Trainer, der Jugendgruppenleiter und der Eltern, die solche Sportveranstaltungen oft erst dadurch ermöglichen, dass sie ihre Kinder begleiten oder Gäste aus dem Ausland aufnehmen, und natürlich durch viele engagierte Sportlehrer.

Ich glaube, in dem Bereich des Sports und der Jugend haben wir eine so breite Bürgerinitiative, die sehr viele Kontakte nach Europa trägt, dass wir uns dort als Staat, als Stadt auch erst einmal zurückziehen können und nicht verstärkt eingreifen müssen.

Anders sieht das im fünften Bereich aus, Kultur und Kreativität. Auch dort haben wir im Ausschuss noch eine ganze Menge Arbeit zu leisten, um ein bisschen Fleisch ranzubringen. Kulturaustausch wird wohl in begrenztem Maße von der Behörde für Kultur, Sport und Medien gefördert werden. Es wird auf ein Schülerprojekt zur Städtepartnerschaft Hamburg/Prag hingewiesen und es ist auch ein Projekt der Hamburger öffentlichen Bücherhallen auf den Weg gebracht worden, Internetforen anzuregen. Aber gerade in der kulturellen Jugendarbeit können wir noch ein ganzes Stück vorankommen.

Zur politischen Partizipation, dem sechsten Punkt, habe ich schon einiges gesagt. Ich möchte vielleicht noch darauf hinweisen, dass es auch dort eine Reihe von engagierten Jugendlichen gibt, zum Beispiel in der JEF, bei den Jungen Europäischen Föderalisten. Es wird der Europamarkt durchgeführt, wo sich gerade diese europapolitischen Jugendorganisationen einmal im Jahr auf dem Gänsemarkt präsentieren. Wir haben letztes Jahr ein Jugendparlament hier gehabt im Rahmen der BSSSC, deren Vorsitz Hamburg gerade hat. Zurzeit führt auch das Parlamentsforum Südliche Ostsee so ein Jugendparlament ein und ich hoffe, dass alle Hamburger Parteien sich daran beteiligen können und werden. Das nächste Treffen dieser Jugendlichen am Rande des Parlamentsforums Südliche Ostsee wird im März in Allenstein stattfinden und es ist vorgesehen, dass auf dieser traditionellen Parlamentarierkonferenz auch engagierte Jugendliche aus dem Kaliningrader Gebiet, aus dem nördlichen Polen und aus den drei nördlichen deutschen Bundesländern zusammenkommen.

Wir werden das Konzept also an den Ausschuss überweisen. Neben dem eben Genannten würden wir dort gerne auch noch über weitere wichtige Fragen sprechen, bei denen die Antworten noch nicht ganz so überzeugend sind. Die Integration von Jugendlichen mit Migrationshintergrund in die

se europapolitische Bildungsarbeit haben wir noch nicht richtig berücksichtigt. Jemand mit familiären Wurzeln in Vietnam sieht den europäischen Gedanken und die EU sicherlich ganz anders als jemand mit familiären Wurzeln in der Türkei oder der Schweiz. Wir müssen uns also überlegen, wie wir auch Jugendlichen, die in anderen Kulturen verwurzelt sind, die Bedeutung des Europagedankens nahebringen.

Wir wollen, dass noch mehr Austauschprogramme, Freiwilligenprogramme durchgeführt und entsprechend beworben werden. Welche Konzepte können dafür entwickelt werden, damit es für Schulabgänger viel natürlicher wird, für ein Jahr ins Ausland zu gehen und dort wichtige Erfahrungen zu machen für sich selber, aber natürlich auch im Kontakt mit dem Ausland, mit den Fremden. Das halte ich für eine ganz wichtige Sache. Wir haben beobachten müssen, dass durch die Verkürzung der Gymnasialschulzeit der Austausch innerhalb des elften Schuljahres ganz stark zurückgegangen ist. Vielleicht sollten die Schüler, die jetzt nach G12 das Abitur machen, dieses eine gewonnene Jahr nutzen, um dann gleich einmal ins Ausland zu gehen.

Der Senat beziehungsweise das Landesinstitut wird in wenigen Tagen das Konzept "Europa in der Schule" vorlegen, ein Konzept, an dem schon sehr lange gearbeitet worden ist und auf das wir ganz gespannt warten. Dann werden wir noch einmal die Fragen aufgreifen müssen, ob Europa in der Schule hinreichend verankert ist und ob nicht vielleicht doch noch einiges zu optimieren ist.

Ein Letztes, was mir persönlich ganz wichtig ist, möchte ich noch ansprechen. Vielleicht können wir konzeptionell auch unsere europäischen Partnerstädte Prag, Marseille, St. Petersburg, vielleicht auch Dresden in dieses Jugendkonzept mit einbinden und gerade auch darauf einen inhaltlichen Schwerpunkt setzen, sodass die Kontakte zu den Städten, mit denen die Zusammenarbeit nicht so gut läuft – Marseille und Prag – im Rahmen dieses Jugendkonzepts noch einmal neu belebt werden.

Ich freue mich also auf eine hoffentlich anregende, vielleicht manchmal auch strittige Diskussion im Ausschuss. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das Wort bekommt Frau Machaczek.

Herr Präsident, meine verbliebenen Damen und Herren! Dieses uns vorgelegte Konzept ist der erste Aufschlag überhaupt eines Bundeslandes, eine europapolitische Strategie in einem Stadtstaat oder einem Staat zu verankern. Ziel dieses Konzepts ist es natürlich, die europäische Idee bei den Jugendlichen weiter zu

(Andreas Waldowsky)

verankern und sie für die europäische Idee zu motivieren. Darin kann ich meinem Vorredner natürlich nur zustimmen. Wir wollen Wissen und Kompetenz stärken und die Partizipation weiterentwickeln.