Protokoll der Sitzung vom 31.03.2010

(Beifall bei der SPD – Antje Möller GAL: Ja!)

Frau Möller, ergreifen Sie doch gleich das Wort, dann lauschen wir Ihnen gern.

Zu diskutieren sind aber auch andere Ansätze, wie sie zum Beispiel in anderen Bundesländern, beispielsweise auch in Hannover, verfolgt werden. Dort werden Konfliktmanager bei der Polizei ausgebildet, Coolness-Trainings für die Polizei durchgeführt, Maßnahmen bezüglich der An- und Abreise mit den Fanprojekten und Vereinen entwickelt und umgesetzt – und dieses auch mit einem Vertrauensvorschuss bezüglich der Fans.

Verwunderlich ist, dass solche Konzepte in Hamburg noch nicht aufgegriffen wurden. Beim Handlungskonzept des Senats, Handeln gegen Jugendgewalt, ist ebenfalls zu prüfen, inwieweit Jugendgewalt im Fußball nicht auch dort berücksichtigt werden kann. Um ein Kind Ihrer Koalition aufzugreifen: Welche Rolle die Antikonfliktteams bei den Fußballspielen übernehmen können, ist eine weitere Überlegung.

In der Großen Anfrage ist auch kritisch angemerkt worden, dass die Polizeigestellung problematisch wird, wenn an den Wochenenden weitere Großveranstaltungen stattfinden. Spielansätze von Risikospielen sind unter Berücksichtigung des Aspektes von Sicherheit zu wählen. Bei beiden Punkten sind der DFB und insbesondere auch die DFL bei der Festlegung der Spielansätze gefordert.

Einen Punkt habe ich eben vergessen, möchte ihn aber gern aufgreifen, die Antikonfliktteams beziehungsweise Konfliktmanager

(Antje Möller GAL: Dass Sie sich den nicht mal merken können, ist ja schade!)

der genaue Name ist anscheinend auch Ihnen noch nicht ganz klar –, denen Herr Meyer positiv gegenübersteht. Da war ich ganz froh, dieses heute der Presse zu entnehmen.

Es gibt eine Vielzahl von weiteren Maßnahmen wie Stadionverbot, Reduzierung von Kartenkontingenten, Auflagen bei Risikospielen und weitere, die bereits Anwendung finden und bei differenzierter und transparenter Anwendung von allen Beteiligten auch getragen werden. Es gibt also eine Vielzahl von Maßnahmen, über die zu diskutieren und auf ihre Umsetzung zu prüfen sich lohnt. Letztendlich geht es allen Beteiligten um den Fußball. Mein Wunsch wäre es, im nächsten Jahr ein spannendes, gewaltfreies Derby St. Pauli gegen den HSV zu erleben und gemeinsam friedlich in die dritte Halbzeit zu gehen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Herr Erkalp.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich denke, wir sind uns alle einig, dass Sport, insbesondere der Fußballsport, Woche für Woche Massen von Menschen in seinen Bann zieht. Ich möchte an die vielen Sportler und, für mich sehr wichtig, an die vielen Freiwilligen erinnern, die sich im Sinne des Gemeinwohls ehrenamtlich in ihren Vereinen engagieren. Das soll auch so bleiben. Natürlich sollen sich die Fans mit ihren Vereinen identifizieren. Davon lebt der Sport, und selbstverständlich auch von Emotionen. Emotionen sind aber nicht das Problem, sondern es ist die zunehmende Gewaltbereitschaft einer kleinen Gruppe, die in und vor Stadien beziehungsweise auf dem Spielfeld randaliert und dadurch einen immens hohen Schaden für den Sport und die Gesellschaft insgesamt verursacht.

Zunächst etwas Allgemeines: Am Spielbetrieb des Hamburger Fußballverbandes nehmen circa 270 Vereine aus Hamburg, Süd-Schleswig-Holstein und Nord-Niedersachsen teil, das sind jährlich etwa 60 000 Spiele. Eine allgemeine Definition von Gewalt beim Fußball gibt es nicht. Bei der Polizei werden zur Beurteilung von Fußballspielen im weitesten Sinne zum Beispiel Körperverletzung, Raub, Sachbeschädigung und sonstige Vergehen im Zusammenhang mit Gewalt beim Fußball gebracht.

Für den Hamburger Fußballverband bedeutet Gewalt im Fußball zum Beispiel tätliche Angriffe von Spielern untereinander beziehungsweise auf Schiedsrichter oder Zuschauer. In den ersten vier Ligen ist eine zunehmende Gewaltbereitschaft, insbesondere aber bei rivalisierenden Fangruppen, zu erkennen. Hier sind Spieler und Schiedsrichter jedoch nicht gefährdet. Im Amateur- und Jugendbereich ist es genau umgekehrt. Problemfälle mit Fans sind nicht festzustellen, dafür aber sonstige spielentscheidende Anlässe als Auslöser für Gewalt gegen Spieler, Schiedsrichter oder Zuschauer. Der Hamburger Fußballverband verfolgt diverse Entwicklungen mit der notwendigen Aufmerksamkeit und Sorgfalt.

Nach Auskunft des Hamburger Fußballverbandes gibt es bei 60 000 Spielen jedes Jahr circa 50 Spielabbrüche. Abbrüche wegen Gewalteinwirkung sind noch geringer, sie sind jedoch nicht extra unter "Gewalt" definiert.

Welche Maßnahmen gegen Gewalt hat der Hamburger Fußballverband seit 2001 auferlegt? Seit 2001 gibt es die Aktion "Kein Platz für Gewalt". Hier geht es um ein Logo, das einen Fußballplatz darstellt und diesen Titel trägt. Untersuchungen zeigen, dass solche ständig wiederkehrenden Bot

(Juliane Timmermann)

schaften eine positive Verhaltensänderung in Bezug auf Gewalt bewirkt haben. Seit 2002 werden Bewährungsauflagen eingeführt, das heißt, die Sportgerichtsbarkeit kann Bewährungsauflagen verhängen, wonach der Besuch von Schulungen und bestimmten Lehrgängen davon abhängig gemacht werden.

2003 wurde ein Sicherheitsbeauftragter einberufen. Dieser beobachtet die Gewalt beim Fußball und entwickelt Expertisen. Wiederum 2003 kam die Einführung des Coolness-Trainings im Jugendbereich. Hier lernen die jugendlichen Fußballer, ihre Aggressionen unter Kontrolle zu bringen und beim Spiel cool zu bleiben. Keiner der Teilnehmer wurde bisher rückfällig.

2005 wurde die Verankerung der Teilnahme an Schulungen als eine Bestrafungsform eingeführt, 2007 gab es die Einführung eines Integrationsbeauftragten. Ebenfalls seit 2007 gibt es eine umfassende Überarbeitung des Strafenkataloges

(Wilfried Buss SPD: Was hat er denn genützt?)

und die Einführung eines bundesweiten Meldesystems für sicherheitsrelevante Vorfälle im Fußball durch den Deutschen Fußballbund. 2008 wurde der Preis "Freundlich und fair" in Kooperation mit der Sparda-Bank eingeführt. Dieser Preis sanktioniert nicht, sondern belohnt Mannschaften für ihr faires Verhalten. Er ist sehr gut angesehen und stellt pro Jahr 40 000 Euro bereit.

(Beifall bei der CDU)

Was tut die Stadt gegen Gewalt im Fußball? Seit 2003 finanziert die Behörde für Soziales und Familie den Verein "Jugend und Sport e.V." für die Fußballarbeit aus Mitteln des Landesförderplans Familie und Jugend. Der Verein arbeitet bei drei Fanprojekten mit, beim HSV, St. Pauli und Altona 93. Er erhält jedes Jahr 245 000 Euro für die Arbeit mit den Fans. So wurde der Verein bei der WM 2006 in Hamburg zu Rate gezogen und unterstützte Fangruppen zwischen 17 und 27 Jahren aus dem In- und Ausland.

Die Stadt fördert den Hamburger Sportbund und sein Projekt "Konfliktlösungen auf dem Sportgelände". Nach erfolgreichem Abschluss des Seminars erhalten die Teilnehmer ein Zertifikat mit dem Titel "Kontaktteamer" und können im Anschluss im Verein präventiv und deeskalierend zum Einsatz kommen.

Es gibt Hallenfußballturniere unter dem Motto "Gemeinsam gegen Gewalt". Der Hamburger Sportbund macht gemeinsam mit der Hamburger Polizei im Rahmen des Programms "Integration durch Sport" eine Veranstaltung zum Kennenlernen, um Vorurteile abzubauen.

Außerdem gibt es den Fachkreis "Gewaltprävention". Eine Gruppe aus Behördenvertretern, Jugend

hilfeeinrichtungen und dem HSV-Fanprojekt hat eine Publikationsreihe zum Thema "Konflikte und Gewalt" veröffentlicht. Diese entstandenen Kosten wurden von der Stadt getragen.

Glücklicherweise hatte die Polizei beim Spiel St. Pauli gegen Rostock alles im Griff, sonst hätte auch Frau Timmermann eine andere Rede aus der Schublade geholt,

(Wilfried Buss SPD: Ihre ist ja noch nicht mal aus der Schublade!)

aber da hat ihr wahrscheinlich die Polizei einen Strich durch die Rechnung gemacht.

(Beifall bei der CDU)

Auf einer SPD-Podiumsdiskussion wurde mehrfach in Bezug auf die Polizeipräsenz bei Spielen von einer grünen Mauer gesprochen und über einen unguten Umgang der Polizei mit den Fans. So soll es zumindest Frau Timmermann gesagt haben. Herr Dressel will komischerweise mehr Polizei, Frau Timmermann will weniger Polizei, was will denn die SPD?

Als Fazit bleibt mir zu sagen, dass wir Programme gegen Gewalt haben; es könnten natürlich mehr werden. Der Amateursport in Hamburg findet in der Regel problemlos statt. Beim Profisport haben wir noch Baustellen, aber ich hoffe, dass das zügig angepackt wird. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei Michael Gwosdz GAL)

Herr Becker hat jetzt das Wort, bitte.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Große Anfrage hat uns gezeigt, dass wir den Fußballbereich systematisch in zwei Bereiche aufteilen müssen. Das ist einmal der Profibereich von der 1. bis zur 4. Liga

(Erste Vizepräsidentin Barbara Duden über- nimmt den Vorsitz.)

und dann der Bereich von der Oberliga, der 5. Liga bis herunter zu den Kleinsten in der G-Jugend. Im Amateur-, Jugend- und Frauenbereich finden Konflikte eher anlassbezogen statt, das haben wir gehört. Wir haben mitbekommen, dass bei ungefähr 60 000 Spielen etwa 44 Gewaltereignisse im Zeitraum von Juli 2007 bis Ende 2008 stattgefunden haben. Das ist keine messbare Steigerung zu anderen Jahren. Ich fühle mich da zurückversetzt in meine eigene aktive Zeit in den Siebzigerjahren, da haben ähnliche Dinge stattgefunden. Ein paar Sachen haben sich vielleicht geändert. Der Respekt vor den Schiedsrichtern ist – gefühlt zumindest – ein bisschen weniger geworden, die Schwelle scheint irgendwie niedriger zu sein. Trotzdem ist das, was der HSV mit seinen

(David Erkalp)

Schulungen und Maßnahmen macht, absolut ausreichend. Man merkt es daran, dass es sich Jahr für Jahr in einem stabilen Rahmen bewegt.

Es ist auch sehr gut, dass an dieser Stelle nicht kriminalisiert wird, sondern akzeptiert wird, dass durch die Sportgerichtsbarkeit Sanktionen stattfinden und möglichst nicht versucht wird, das auf Strafprozessebene zu heben. Konflikte gibt es im Profibereich oder bis zur 4. Liga herunter zwischen den Fangruppen rivalisierender Vereine und das gibt es in Hamburg natürlich auch bei den Profivereinen HSV und FC St. Pauli. Auch bei deren zweiten Mannschaften findet das statt. Wir haben zur Kenntnis genommen, dass von den Fanprojekten der beiden großen Hamburger Vereine der Wunsch nach Deeskalation und mehr Konsultation zwischen den Fangruppen und der Polizei geäußert wurde.

Es findet auch nicht nur das statt, was in der Zeitung steht, sondern auf der Arbeitsebene gibt es längst Gespräche zu diesem Thema. Das ist auch der Grund, warum wir im Moment nicht der Meinung sind, dass man einen Runden Tisch gründen sollte. Man sollte vielmehr erst einmal abwarten, ob man auf dieser Ebene zu einer Einigung kommt. Gegebenenfalls kann man dann immer noch weiterreden. Das Thema ist bei uns angekommen und unsere Fraktion hat bereits Gespräche geführt. Wir sind in Verbindung mit den Fanprojekten und der Wunsch ist verständlich, denn jeder Faustschlag ist einer zu viel. Wir wollen natürlich, dass die Spiele in Ruhe und Frieden ablaufen. Wir sollten abwarten, was auf der Arbeitsebene bei den Gesprächen herauskommt und uns dann gegebenenfalls mit den Ergebnissen hier noch einmal auseinandersetzen.

Was den Umgang mit der Großen Anfrage betrifft, hatten wir im Prinzip im Sportausschuss besprochen, dass wir einmal eine Selbstbefassung dazu machen werden.

(Sören Schumacher SPD: Überweisen!)

Nun hat die SPD-Fraktion einen anderen Weg gewählt und die Befassung findet hier statt. Sie haben selbst gesagt, dass es in beiden Bereichen, über die wir gerade geredet haben, keine gravierenden Änderungen, Steigerungen oder besorgniserregenden Dinge gibt. Ich habe eben ganz klar begründet, dass auf der Arbeitsebene bereits Gespräche zur Thematik Deeskalation stattfinden und wir das Thema gegebenenfalls wieder aufgreifen, aber wir werden die Große Anfrage heute nicht überweisen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das Wort bekommt Herr Dr. Bischoff.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich verstehe überhaupt nicht, warum die Regierungskoalition nicht bereit ist, diese Große Anfrage an den Ausschuss zu überweisen. Ich fand es jedenfalls bei meiner Lektüre beeindruckend, was da alles abgefragt wurde, und ich fand auch die Kooperation von Senat und Hamburger Fußball-Verband in der Antwort gut, was nicht heißt, dass ich jedes Argument teilen muss. Aber es lohnt sich allemal, das gründlicher im Ausschuss zu erörtern und auch darüber zu reden.

(Beifall bei der SPD)

Ich befasse mich auch schon etwas länger mit Sport, aber mir war die ganze Palette der Gegenmaßnahmen, die dort aufgelistet wurden, dann doch neu. Es wäre sehr sinnvoll, einmal im Einzelnen durchzugehen und abzuwägen, ob wir durch die Bürgerschaft oder den Ausschuss noch bestimmte Sachen verstärken oder Anstöße geben können. Insofern erschließt sich mir diese Parlamentstaktik, die Sie hier betreiben, überhaupt nicht. Herr van Vormizeele, Sie werden heute in der "Welt" in Bezug auf das Thema Gewalt – nicht Gewalt im Sport, sondern vor und nach dem Sport – mit der Bemerkung zitiert: