Ich habe die Lobbyisten der Landwirtschaft im Ausschuss erlebt. Ich selbst stamme aus einer Bauernfamilie und weiß, wie es läuft, nämlich nach dem Motto: Toeerst kümmt de Hoff, dann kümmt nochmaal de Hoff, dann kümmt een ganzet Stück gor nix un dann kümmt wedder de Hoff. Das kennen wir alles schon. Meiner Meinung nach sind Sie der Landwirtschaft viel zu weit entgegengekommen. Das trifft auch auf die SPD zu, die diese 7,5 Meter sehr schnell aufgegriffen hat. Dies lehnen wir ab, denn wir meinen, es müsse bei 10 Metern bleiben.
Wenn Sie, Herr Hecht – herzlichen Glückwunsch übrigens – davon reden, dass man Naturschutz immer unter dem Aspekt der wirtschaftlichen Lage betrachten müsse, dann handelt es sich dabei um ein weltweites Problem, das wir seit 50 Jahren haben, nämlich dass wir Naturschutz immer unter der Bedingung wirtschaftlicher Prosperität oder nicht sehen. Das beste Beispiel hierfür ist die Ölkatastrophe vor Louisiana. Da wird allen Ernstes argumentiert, wir müssten immer weitere Bohrinseln ins
Meer bauen, da es ansonsten wirtschaftlich bergab ginge. Dass es aber mit dem Naturschutz bergab geht, wird überhaupt nicht realisiert. Das ist ein völlig falscher Weg und wir belasten die nachkommenden Generationen damit in einer Art und Weise, die ich verantwortungslosen Naturschutz nenne.
Wir stehen aber in der Verantwortung für die Generationen nach uns. Der Naturschutz hat durchaus seine Berechtigung und muss manchmal auch auf Kosten der Wirtschaft möglich sein. In unseren Augen hat die SPD gemeinsam mit der CDU schlicht und einfach dafür gesorgt, dass die GAL sich auf ein niedriges Niveau in Sachen Naturschutz eingependelt hat. Wir lehnen das Gesetz ab.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das am 1. März dieses Jahres in Kraft getretene neue Bundesnaturschutzgesetz hat das bisherige Recht des Naturschutzes grundlegend verändert. Es hatte seinen Ausgangspunkt bereits in der Föderalismusreform I im Jahr 2006 und hat die bisherige Rahmenrechtskompetenz abgeschafft.
Ich möchte kurz auf einige Punkte eingehen, weil ich glaube, Frau Heyenn, dass Sie uns mit Ihrer Interpretation unseres Naturschutzgesetzes ein bisschen unrecht tun und wir teilweise sogar viel näher an den Anliegen dran sind, als Sie annehmen. Mit dem neuen Bundesnaturschutzgesetz unterliegt der Naturschutz der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes und wir sollten uns ruhig noch einmal in Erinnerung rufen, dass der Bund mit diesem neuen Gesetz von seiner neuen Kompetenz zum Vollrecht erstmals Gebrauch gemacht hat. Er hat damit einen Großteil bisheriger landesrechtlicher Regelungen des Naturschutzes, also auch die des bisherigen Hamburgischen Naturschutzgesetzes, der weiteren Anwendung entzogen. Diesen Ausgangspunkt finden wir vor.
Das neue Bundesnaturschutzgesetz hat jedoch das bisherige hamburgische Landesrecht nicht ausschließlich verdrängt, sondern erteilt vielmehr
dem Landesgesetzgeber bestimmte Aufträge, das Gesetz auszufüllen beziehungsweise überlässt ihm Bereiche zur eigenen Ausgestaltung. Der vorliegende Gesetzesantrag umfasst also die Ausfüllung eingeräumter Spielräume, die Erledigung von an den Landesgesetzgeber gerichteten Regelungsaufträgen, die landesrechtliche Fortschreibung seit Langem bestehender bewährter hamburgischer Landesregelungen sowie, soweit erforderlich, vom neuen Bundesnaturschutzgesetz abweichendes hamburgisches Landesrecht. Darüber hinaus sind darin auch noch Themen eingebunden, die wir in der Koalition als Fortentwicklung umweltpolitischer Naturschutzziele vereinbart haben. Wenn ich das alles jetzt noch einmal aufzähle, wird Ihnen hoffentlich klar, dass wir heute über ein sehr umfangreiches Vorhaben zu beraten haben, was auch in den Ausschussberatungen deutlich wurde, wo uns vorgeworfen wurde, wir hätten diesen Gesetzesentwurf zu spät vorgelegt. Ganz im Gegenteil, wir sind unter den Ersten, die eine entsprechende Anpassung des Naturschutzgesetzes an das Landesrecht vorlegen; das sollte sich die Hamburgische Bürgerschaft einmal in Erinnerung rufen.
Herr Egloff, ich komme auch gerade deswegen darauf zu sprechen, weil Sie für Ihre Fraktion die Reden mit dem Hinweis auf Ihren Antrag unter dem Gesichtspunkt Fortentwicklung des Hafenprivilegs eröffnet haben. Mit dem neuen Bundesnaturschutzgesetz waren die bestehenden hamburgischen Regelungen zur Freistellung bestimmter Hafenbauausnahmen nicht weiterhin anwendbar, was in Ihrem Antrag im Übrigen nicht hinreichend berücksichtigt wurde. Auch dies ist noch einmal sehr deutlich geworden und deswegen sollten wir schon zur Kenntnis nehmen, dass es mit dem jetzigen Paragraf 6 des Entwurfs einerseits gelingt, die für den Hafen erforderlichen Investitionssicherheiten zu schaffen und andererseits aber auch den Naturschutz im Hafen zu stärken. Mit dieser Konkretisierung der Bundesrechtsregelungen wird das rechtlich Mögliche reflektiert und versucht, der Bedeutung Rechnung zu tragen, die der Hafen für die Freie und Hansestadt Hamburg hat. Vor dem Hintergrund, dass auch Sie, Herr Egloff, erkannt haben, wie unzureichend Ihr Antragsentwurf im Ausschuss war, hätte ich mir als Einstieg in Ihre Rede einen gewissen Zuspruch gewünscht, zum Beispiel, dass es die Mühe wert war, sich mit diesem Thema sehr genau auseinanderzusetzen.
Auch die an der Ausschusssitzung beteiligten Experten haben unabhängig vom Aspekt des umweltpolitischen oder wirtschaftlichen Interesses deutlich gemacht, dass man gut beraten ist, die alte Regelung nicht fortzusetzen. Von daher weise ich den Vorwurf, den Sie in Richtung meiner Behörde geäußert haben, dass wir angeblich kein Interesse daran hätten, eine belastbare Regelung zu finden, schlicht und ergreifend zurück. Ich selbst weiß,
dass wir unseren Entwurf aufgrund der Anhörung sogar noch verbessert haben, was wir an dieser Stelle gemeinsam reflektieren sollten. Wenn wir heute, am 5. Mai, ein sehr umfangreiches Gesetz beschließen können nach einer sehr komplexen Regelung, die erst im vergangenen Herbst durch den damaligen Bundesumweltminister Gabriel ausgelöst wurde und zum 1. März 2010 in Kraft getreten ist, brauchen wir uns wirklich nicht den Vorwurf gefallen lassen, wir hätten zu lange gebraucht.
Jenseits des Hafenprivilegs möchte ich noch auf einige andere Punkte eingehen, die gerade dem Naturschutz sehr dienlich sind und für ihn Fortschritte bringen. Ein Aspekt ist die Erhaltung des alten Dauergrünlands im Rahmen der landwirtschaftlichen Bodennutzung. Mit einem Umbruchverbot in Paragraf 3 wird dieses für Hamburg besonders wichtige Grünland geschützt werden, und zwar vor dem Hintergrund, dass artenreiche Standorte alten Grünlands in der heutigen Kulturlandschaft selten geworden sind.
Mit Paragraf 9, Schaffung eines Biotopverbundes auf 15 Prozent der Fläche Hamburgs, streben wir in Hamburg statt der vom Bund geforderten 10 Prozent der Fläche eines Landes in der Tat 15 Prozent an und ich bin sehr erstaunt über den Vorschlag der SPD-Fraktion, die in ihrem Antrag den kompletten Paragraf 9 zur Streichung vorschlägt, womit wir wieder bei den 10 Prozent nach Bundesregelung landen würden. Vor allem wundere ich mich auch über die umweltpolitische Zielsetzung der SPD-Fraktion. Wir haben in Paragraf 9, Absatz 2, zweiter Satz eine Regelung zur Schaffung eines Gewässerrandstreifens getroffen. Auch dieser würde bei Ihnen ersatzlos entfallen. Meiner Meinung nach legen Sie ein umweltpolitisches Armutszeugnis als Antrag vor. Das kann ich nicht mehr als eine sinnvolle Abwägung zwischen Landwirtschaft und Naturschutz verstehen, sondern vielmehr als eine Nichtberücksichtigung des Naturund Umweltschutzes.
Ich will aber auch noch einmal auf die Kritik eingehen, die Frau Heyenn für DIE LINKE vorgetragen hat. Wir haben uns in der Regierungsfraktion intensiv mit dem Zielkonflikt zwischen landwirtschaftlicher Nutzung und Naturschutz auseinandergesetzt, wobei wir einen Teil der Regelung für den Gewässerrandstreifen bewusst in den Paragrafen für die Biotopvernetzung aufgenommen haben. Das ist eine sehr wirkungsvolle Regelung zur Sicherstellung der Biotopvernetzung, da eine ackerund gartenbauliche Nutzung in diesem Gewässerrandstreifen dann nicht möglich sein wird. Dies war in der Tat eine vernünftige Abwägung, bei der wir auch die landwirtschaftlichen Interessen berücksichtigten. Im Übrigen sollen Grünlandnutzung und
Erste Vizepräsidentin Barbara Duden (unterbre- chend): Frau Senatorin, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Heyenn?
Frau Senatorin, ich kann Ihrer Argumentation sehr gut folgen, hätte aber trotzdem gerne gewusst, warum Sie dann plötzlich in Abweichung von Ihrem ersten Antrag nicht mehr 10 Meter, sondern 7,5 Meter haben wollen.
Das führt sehr ins Detail, aber einen Punkt will ich Ihnen gerne noch einmal erläutern. Wir haben in Paragraf 15, der Freihaltung von Gewässern und Uferzonen, weiterhin die 10 Meter als Abstand von der Uferlinie festgelegt, da darauf keine baulichen Anlagen errichtet werden sollen. Das wird auch im Bundesnaturschutzgesetz so vorgegeben und da bleiben wir bei den 10 Metern. Nun haben wir aber noch einen weiteren Gesichtspunkt der Gewässerrandstreifen geregelt, indem wir auch über die ackerbauliche Nutzung von Gewässerrandstreifen auf den entsprechenden anderen Gründlandflächen gesprochen haben. Diesen Punkt haben wir unter anderem auch um der Transparenz willen in Paragraf 9 geregelt. Wir haben uns tatsächlich dazu bereit erklärt, von diesen 10 Metern noch einmal ein Stück abzuziehen, weil wir dort sehr weitgehend in die landwirtschaftliche Nutzung eingreifen. Das gilt für die gesamte Fläche und wenn Sie von der Uferlinie aus 7,50 Meter nehmen, zählt jeder Meter, der der landwirtschaftlichen Nutzung komplett entzogen wird. Unserer Einschätzung nach werden 7,50 Meter dem Gesichtspunkt der Biotopvernetzung immer noch gerecht. Zu dieser Abwägung, die natürlich auch beim Ausgleich verschiedener Interessen stattgefunden hat, stehe ich nach wie vor.
Ich wollte nur noch einmal verdeutlichen, dass es dabei nicht um das Thema potenzielle bauliche Anlagen geht, sondern um die naturnahen Bereiche bei fließenden und stehenden Gewässern; das sind bei uns insbesondere die Bereiche im Gebiet der Dove Elbe und Gose Elbe. Dazu kann ich der SPD-Fraktion nur sagen, dass wir sehr wohl Stellung dazu genommen haben, in welcher Weise Flächen betroffen sind.
Wir haben auch kundgetan, dass wir uns verpflichtet fühlen, mit den betroffenen Betrieben aktiv in Gespräche einzutreten, um für sie jeweils verträgli
che Lösungen zu erarbeiten. Die Regierungsfraktionen von CDU und GAL haben sich unter Berücksichtigung sowohl der Interessen der betroffenen landwirtschaftlichen Betriebe als auch der Umweltaspekte sehr darum bemüht, eine klare zielgerichtete Regelung zu finden. Das vermisse ich sehr bei der Positionierung der SPD-Fraktion, die ich auch im umweltrechtlichen Sinne viel stärker eingeschätzt habe und von der ich wesentlich mehr erwartet hätte. Doch da bin ich leider enttäuscht worden.
Ich komme zum Schluss. Ein zentraler Punkt ist – im Übrigen auch unter Einbeziehung von Nichtregierungsorganisationen in den amtlichen Naturschutz –, dass wir mit unseren bewährten Ausgestaltungen in Form der Beteiligung der Verbände, der ehrenamtlichen Gebietsbetreuung und auch der Beratungsqualität durch den Naturschutzrat bei unserem Format bleiben. Es liegt ein sehr ausgewogener Gesetzesentwurf vor, der die besonderen Belange des Hafens in Hamburg, aber auch die landwirtschaftlichen Interessen berücksichtigt und vor allem ein großer Fortschritt für den Naturschutz in Hamburg ist. Insofern würde ich mich freuen, wenn der Entwurf eine breite Zustimmung finden würde. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht um ein Gesetz, über das wir erstmals Anfang März beraten haben und für das wir – zumindest nach meinem Empfinden – eine erstklassige Expertenanhörung mit kompetenten einzelnen Referenten hatten, die uns unter anderem auch die eine oder andere Anregung dafür gegeben haben, dass wir unser eigenes Gesetz nochmals überdenken konnten, was wir auch mit den entsprechenden Vorlagen getan haben. Am 29. April hatten wir dann die Senatsbefragung, in der wir uns zwei Themenschwerpunkten widmeten. Zum einen ging es um das Thema Hafenprivileg, das heute bereits hinreichend behandelt und von allen Fraktionen außer der LINKEN dahingehend beantwortet worden ist, dass wir mit dem jetzt vorliegenden Gesetz sehr gut leben können.
Vielleicht sind die im Bericht erläuterten Belange von Landwirtschaft und Gartenbau in der Senatsbefragung etwas zu kurz gekommen. Frau Heyenn, Ihre Darstellung, die Sie zu diesem Thema, das bereits Gegenstand in den einzelnen Befragungen war, abgegeben haben, halte ich für sehr befremdlich. Sie führen aus, dass Sie selbst von einem Bauernhof kommen und somit wüssten, wovon Sie reden, aber im selben Zuge machen Sie
Ich komme aus den Vier- und Marschlanden und habe heute Abend ein Buch mit dem Titel "Das sind die Vierlande" mitgebracht, aus dem ich kurz zitieren möchte:
"Für das äußere Erscheinungsbild der Vierlande ist neben der Flusslandschaft, den Bracks und Gräben die typische Haus- und Hoflandschaft mit den zum Teil 400 bis 500 Jahre alten Hufnerhäusern, Turmspeichern, Scheunen und Katen prägend. Der Gartenbau ist seit dem 17. Jahrhundert der wichtigste Erwerbszweig in den Vierlanden. Besonders interessant ist in diesem Zusammenhang die kulturhistorische Entwicklung alter Obst- und Gemüsesorten."
Ich zitiere diese Stelle, weil ich der felsenfesten Überzeugung bin, dass wir in den Vier- und Marschlanden einen vernünftigen Ansatz zwischen den Belangen des Gartenbaus und der sich daraus entwickelnden Kulturlandschaft und den naturschutzrechtlichen Anforderungen gefunden haben. Der Naturschutz funktioniert bei uns draußen mit den Mitarbeitern des NABU in den ausgewiesenen Naturschutzgebieten wie Die Reit, die Kirchwerder Wiesen und die Boberger Niederung. Wenn überhaupt, dann hatten wir in den vergangenen Jahren eigentlich keine großen Probleme dieser Art.
Von daher ist es verständlich, dass ein neues Gesetz, das eine Uferrandzone vorsieht, zumindest von den dort wirtschaftenden Betrieben nicht ohne Weiteres akzeptiert wird. Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass diese Uferrandzonenregelung ein Novum ist. Insofern widerspreche ich Ihnen, Frau Heyenn, denn die im neuen Naturschutzgesetz vorgesehene Uferrandzone blieb bisher gesetzlich unberücksichtigt. Diese Gesetzesänderung führte bei den betroffenen Betrieben – laut Landwirtschaftskammer sind es circa 60 – zu großer Unruhe und teilweise sogar zu Existenzängsten. Darauf muss eingegangen werden, was im Laufe der Beratung dieses Gesetzes sicherlich auch geschehen ist. Eine der Maßnahmen, die sich daraus ableiten lassen, ist, dass dieses Gesetz, zumindest in diesem Punkt, erst zum 1. Januar kommenden Jahres greifen soll. Das hätte den Vorteil, dass bereits eingebrachtes Saatgut nicht wertlos ist und ganz normal gewirtschaftet werden kann.
Ich komme zum nächsten Punkt, nämlich dem Uferrandstreifen von ehemals 10 Metern und jetzt 7,50 Meter. Auch 7,50 Meter bedeuten für einige Betriebe eine maßgebliche wirtschaftliche Beeinträchtigung. In der Senatsbefragung war nicht im Einzelnen feststellbar, wie groß diese Beeinträchti
gungen für den jeweiligen Betrieb sein werden, aber wir haben für die Expertenanhörung und auch für die Senatsbefragung ein Wortprotokoll verabschiedet.