Protokoll der Sitzung vom 02.07.2010

und das wissen Sie genauso gut wie ich. Das ist nicht Bodenhaftung, das ist Unsinn.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Wir haben an dieser Stelle schon häufiger über die Erhöhung der Elternbeiträge geredet und viele kontroverse Debatten geführt. Es ist nicht so, dass wir nicht mit den Eltern geredet hätten, sondern wir hatten eine Anhörung, haben Dialoge geführt und uns den Diskussionen gestellt. Es ist auch nicht so, dass wir das leichten Herzens getan hätten, das haben wir mehrfach betont. Diese Gebührenerhöhung schmerzt die Eltern und das wissen wir. Wo aber werden denn die Gebühren erhöht? Die Gebührenerhöhung betrifft die Eltern, die auch vorher den Höchstbetrag bezahlt haben. Diese Eltern werden künftig etwa 100 Euro mehr bezahlen. Es geht also nicht darum, für Eltern, die es sich nicht leisten können, die Gebühren zu erhöhen, denn die sind davon – ich rede jetzt über die Elternbeiträge – gar nicht betroffen. Das alles immer in einen Topf zu werfen, Frau Veit, und zu behaupten, hier werde der Zugang zu Bildung für alle Kinder abgeschnitten, ist polemisch und nicht sachlich.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Die Ausführungen von Frau Föcking waren ausgesprochen gut und sehr sachlich, sodass ich fast nichts zu ergänzen habe.

(Beifall bei der CDU und bei Andreas Wal- dowsky GAL)

Eines möchte ich aber noch einmal bekräftigen, weil Herr Yildiz wieder gesagt hat, es werde an der frühkindlichen Bildung gespart und auch die SPD dieses Argument aufgreift und sagt, Familien seien die Sparschweine des schwarz-grünen Senats: In der Kindertagesbetreuung wird nicht gespart. Wir reden über 570 Millionen Euro, weitere 70 Millionen Euro werden folgen. Erst vor Kurzem gab es 35 Millionen Euro zusätzlich im Kita-Bereich für eine bessere Bezahlung der Erzieherinnen und Erzieher und eine Anhebung der Sachkosten; Frau Föcking hat es erwähnt. Das ist keine Sparpolitik, sondern hier wird investiert. Eine Sparpolitik oder ein Kürzen sähe anders aus.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

In der Tat beteiligen wir die Eltern durch die Erhöhung der Elternbeiträge stärker am Ausbau der Kita. Und darum geht es hier. Wir haben eine derartige Nachfrage – die wir alle als positiv sehen –, dass die Zahlen in der Kindertagesbetreuung weiter ansteigen und dies kaum noch geschafft werden kann, denn der Anstieg der gesetzlichen Leistungen ist immens. Wir reden auch im Jugendausschuss über die Hilfen zur Erziehung, wir haben es in der Bürgerschaft ebenfalls getan. Aus diesem Grund müssen wir auf diesem Gebiet die Ausgaben begrenzen und haben deshalb eine Gebührenerhöhung vorgenommen. Diese Gebühren

erhöhung betrifft die Bemessungsgrenze, die vorher die Höchstzahler betraf. Das ist eine angemessene Beteiligung der Eltern am Kita-Ausbau. Wenn nun aber DIE LINKE sagt, dass dies nicht nur zurückgenommen werden müsse, sondern sie wollte dies auch noch beitragsfrei machen, dann schließe ich mich in diesem Punkt den Ausführungen von Frau Veit an, denn ich denke, dass hier sowieso ein Ungleichgewicht erstellt würde, wenn man es nur für diese bestimmte Gruppe beitragsfrei machen würde. Aber Beitragsfreiheit ist im Moment das absolut falsche Signal, das wir für den Kita-Bereich geben könnten.

(Michael Neumann SPD: Stimmt, bei Stu- diengebühren macht ihr den ja auch nicht!)

Wir haben einen quantitativen Ausbau zu schaffen. Wenn man jemals wieder Geld zur Verfügung hätte, nachdem der quantitative Ausbau geleistet worden ist, dann sollte man schauen, wo die Qualität verbessert werden könnte.

(Michael Neumann SPD: Da können wir ja froh sein, dass ihr kein Schulgeld einführt!)

Die ist schon gut, aber wir wissen alle, dass sie noch verbesserungsfähig ist im Erzieher-Kind-Schlüssel. Das wäre dann ein richtiges Signal. Das Interessante ist, Herr Yildiz, dass Ihre Fraktion richtige Punkte für die Zukunft benennt; da sind wir uns alle einig. Die kann man durchaus dann realisieren, wenn irgendwann das Geld wieder so zur Verfügung steht, dass wir massiv in Qualität und den quantitativen Ausbau investieren können.

Der Rechtsanspruch für Kinder ab zwei Jahren, Frau Föcking hat es gesagt, ist natürlich ein richtiger Schritt und zudem auch wünschenswert. Ich bin davon überzeugt, dass wir langfristig gesehen irgendwann eine beitragsfreie Kita haben. Nur zum jetzigen Zeitpunkt würde eine Beitragsfreiheit zulasten der Qualität gehen. Ich möchte an alle diejenigen appellieren, die vielleicht vorhaben, sich mit den Eltern solidarisch zu erklären, aus der Volkspetition eventuell eine Volksinitiative zu machen und gleichzeitig noch drei beitragsfreie Jahre zu fordern wie in Berlin: Wissen Sie, was das bedeuten würde? Es sind etwa 80 Millionen Euro, die dann in die Beitragsfreiheit investiert werden müssten, die aber der Qualität in der Kita verlorengingen. Das ist ein absolut falscher Schritt. Darum, Herr Yildiz, geht auch der Antrag in die falsche Richtung.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Es wird immer wieder darüber gesprochen, dass der Rechtsanspruch beschnitten wurde und man die Eltern getäuscht habe. Hier wurde keiner getäuscht, sondern von Anfang an, schon bei den ersten Aussagen zu den Sparmaßnahmen, wurde mit offenen Karten gespielt.

(Michael Neumann SPD: Das stand im Wahlprogramm der Grünen!)

Es ist richtig, dass der Rechtsanspruch bis zum Ende der Primarschule, also bis zum Ende der sechsten Klasse beziehungsweise bis die Kinder zwölf Jahre alt sind, herabgesenkt wurde. Ich halte dies für durchaus vertretbar, Frau Veit, und es geht mir nicht nur um die Anzahl der Kinder, sondern es ist vertretbar, dass ein Kind mit zwölf Jahren nicht unbedingt mit Kleinkindern zusammen in einen Hort geht. Natürlich wäre dies einerseits wünschenswert; es wäre auch wünschenswert, bis zum Alter von 16 Jahren eine Betreuung für Kinder vorzusehen, aber wir alle wissen doch, dass Kinder mit zwölf Jahren durchaus andere Möglichkeiten haben. Wir haben zudem einen pädagogischen Mittagstisch, wir haben auch Angebote der Jugendhilfe, wohin diese Kinder gehen können. Abgesehen davon ist das Ende der Primarschule ein Zeitpunkt, den ich für vertretbar halte, dass man hier den Rechtsanspruch herabsenkt. Es ist klar, dass niemand dies gern getan hat, aber in der Abwägung, Rechtsansprüche anderer Art zu verändern, halte ich diese Absenkung für durchaus vertretbar.

Deswegen wurde der Antrag der LINKEN zur falschen Zeit gestellt. Die Punkte – bis auf einen, die Gebührenfreiheit nur für ALG-II-Empfänger zu fordern – sind als Zukunftsvision sehr erstrebenswert und auch richtig. Sie treffen jedoch einen falschen Zeitpunkt und sind deswegen zum jetzigen Zeitpunkt abzulehnen. Es ist richtig, dass wir heute die zweite Lesung der Mehrbeteiligung der Eltern für die Gebührenerhöhung beschließen. Ich weise noch auf etwas hin, das vor Kurzem durch die Presse ging. Hamburg steht nach Berlin an zweiter Stelle bei den Ausgaben für die Kita-Kinder. Frau Veit, das wäre eine Erkenntnis, die Sie auch einmal akzeptieren sollten. Sie sagten eben, dass Hamburg sich irgendwo in den oberen Regionen bewege bei den Elternbeiträgen. Dann nehmen Sie bitte auch zur Kenntnis, dass Hamburg an zweiter Stelle bei den Investitionen für die Kita-Kinder steht und dass die Eltern hier auch einiges dafür geboten bekommen.

Herr Yildiz, Sie haben es angesprochen, die Solidargemeinschaft ist sehr wichtig. Wir haben nahezu 50 Prozent Mindestbeitragszahler. Das muss sich eine Stadt erst einmal leisten können. Es betrifft Kinder, die entweder aus Elternhäusern mit wenig Geld kommen oder es sind Geschwisterkinder. Ich stehe zu dieser Solidargemeinschaft und ich finde es wichtig, dass wir diese Kinder mit hineinnehmen. Kein Kind soll vor der Kitatür stehenbleiben. Das kostet Geld, das sind Kraftanstrengungen und da können alle anderen Forderungen im Moment einfach nur ins Leere laufen, weil hier Prioritäten gesetzt werden müssen.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das Wichtigste ist ausgetauscht und wir werden weiter diskutieren.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Herr Böwer hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Blömeke sprach an, dass wir auch über Prioritätensetzung zu reden haben. Schauen wir sie uns doch an. Senator Wersich hat ausgerechnet, dass allein das In-die-Taschen-Greifen bei den Eltern

(Mehmet Yildiz DIE LINKE: Er hört nicht mal zu!)

für dieses Jahr dem Finanzsenator und dem Sozialsenator etwa 8,5 Millionen Euro einbringe.

(Vizepräsident Wolfgang Joithe-von Krosigk übernimmt den Vorsitz.)

Der Bürgermeister hat von dieser Stelle aus etwas von dem Wünschenswerten und dem Notwendigen gesagt. Bisher sind die Beitragserhöhungen auch begründet worden mit der Finanz- und der Weltwirtschaftskrise. Aber die Frage im 21. Jahrhundert, ob man Eltern bei den Bildungsaufgaben entlastet oder die Technologie des 19. Jahrhunderts nutzt, um eine sehr begrüßenswerte Idee einer Umwelthauptstadt auf den Nebengleisen von Europa zu propagieren, ist für mich leicht beantwortet. Es sind genau jene 8,5 Millionen Euro, bei denen man zwischen Wünschenswertem und Notwendigem unterscheiden könnte. Das tun Sie nicht, Sie greifen den Eltern in die Taschen und würgen sie entsprechend ab und das ist falsch.

(Beifall bei der SPD – Jens Kerstan GAL: Der Zug fährt einmal, nicht jedes Jahr!)

Genau, wir reden von einem Mal. Und wir werden dann die Aufgabe haben, Jens Kerstan, von Jahr zu Jahr immer wieder genau zu überprüfen, was wünschenswert und was notwendig ist.

Im Zeitalter des Internets mit einer Technologie des 19. Jahrhunderts durch die Gegend zu fahren, ist an dieser Stelle wenig vorteilhaft und innovativ.

(Wolfgang Beuß CDU: Das ist ein blöder Vergleich!)

Dann erzählt ein Finanzsenator via Interviews – das kann man mit sportlicher Sichtweise mit einem gewissen Schmunzeln betrachten –, wir und die Eltern würden insgesamt über unsere Verhältnisse leben und das werde hier berücksichtigt. Es sei auch notwendig und gerechtfertigt, dass man an dieser Stelle den Eltern höhere Beiträge von 100 Euro und mehr pro Monat abnimmt.

Was ist das für eine Situation. Ein Finanzsenator kann nicht erklären, wofür er 384 000 Euro erhält,

(Christiane Blömeke)

will aber den Eltern an dieser Stelle genau erklären, weswegen sie möglicherweise bei einer zweistündigen Hortbetreuung nicht mehr 57 Euro, sondern 157 Euro zu bezahlen haben.

(Jens Kerstan GAL: Das ist ein absurder Vergleich!)

Das passt insoweit nicht zusammen, als es auch etwas mit der Frage der Glaubwürdigkeit von Politik zu tun hat.

(Jens Kerstan GAL: Das ist ja absurd!)

Absurd ist es in der Tat, es sind Tatsachen.

Wenn an dieser Stelle Frau Blömeke sagt, Beitragsfreiheit sei im Zusammenhang mit der Kitabetreuung momentan das falsche Signal, dann bestätigt sich genau das, was im Augenblick auf allen Fluren zu hören ist, dass Sie nämlich auch die Beitragsfreiheit des dritten Kindergartenjahres noch im Laufe dieser Legislaturperiode einkassieren wollen, ähnlich wie in Schleswig-Holstein. Das haben Sie zu dementieren, Frau Kollegin.

Ein letzter Punkt zu diesem Bereich. Wir hatten gestern eine Diskussion über die Frage der Konzeption gegen Jugendgewalt. Herr Ahlhaus hat gesprochen, recht seminaristisch auch Herr Steffen, aber es wurde nicht die Tatsache angesprochen, dass der Jugend- und Sozialsenator 600 Hortkinder mit dem heutigen Beschluss einfach zum 1. August auf die Straße schickt, ohne zu wissen, was mit ihnen eigentlich passiert.

(Kai Voet van Vormizeele CDU: Ach Quatsch!)

Wir haben im Ausschuss mehrmals nachgefragt, ob die Behörde eigentlich weiß, wo diese 600 Hortkinder sind. Die Antwort des Senats lautete: nein.

(Dr. Friederike Föcking CDU: In der Ganz- tagsschule!)

Wir haben den Senat gefragt, ob es ein Alternativprogramm gäbe, seine Antwort war à la Radio Eriwan: im Prinzip ja. Auf die Frage hin, was genau passiere, hieß es, man wisse es nicht. Das ist angesichts der Diskussion, die wir auch gestern geführt haben, schwierig und gefährlich. Von daher können wir Ihre Politik nur ablehnen. – Danke.

(Beifall bei der SPD)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Das Wort hat Herr Yildiz.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Einige Punkte muss ich klarstellen, das gilt für die SPD genauso wie für die Regierungsparteien.