Meine Redezeit ist zu Ende. Ich hätte noch vieles zu sagen. Vielleicht nur noch soviel: Auch wir sind an der Aufdeckung von Missständen interessiert.
Wir wollen gemeinsam nach Verbesserungen suchen, aber populistische Forderungen außerhalb unseres Zuständigkeitsbereiches sind hier einfach fehl am Platze. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Heitmann, Sie haben sich ähnlich verhalten wie bei der Atomdebatte, wir kaufen zwar Atomstrom bei den Kraftwerken der Nachbarschaft ein, die Kraftwerke selber interessieren uns aber nicht, denn das sind nicht unsere Vertragspartner.
Ich würde gern wissen, wie der Vertrag aussieht, den Sie mit Mecklenburg-Vorpommern über die Flüchtlingsunterkunft abgeschlossen haben. Ich fordere Sie auf, diesen Vertrag der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, damit jeder weiß, worum es geht.
Ich finde es traurig und verlogen – Sie werden mich mahnen, Frau Präsidentin –, wie hier vorgegangen wird. In Nostorf wurde uns eine Route vorgegeben, an die wir uns halten sollten, aber die Flüchtlinge haben mich danach mit auf ihre Zimmer genommen und da sah es ganz anders aus. Ich möchte Ihnen ein Foto zeigen, wo das Bett einer Frau regelrecht zusammengebrochen ist. Die arme Frau hat eine Pappe darunter gelegt. Sie ist hochschwanger im achten Monat und muss in einem solchen Bett schlafen. Das ist nicht hinnehmbar.
Ich bin dreimal in Nostorf gewesen und habe mit fast 100 Flüchtlingen gesprochen, ich habe extra Dolmetscher dafür besorgt.
Ich wurde nicht hereingelassen. Das ist doch aber kein Gefängnis, sondern eine öffentliche Unterkunft, verdammt noch mal.
Erste Vizepräsidentin Barbara Duden (unterbre- chend): Herr Yildiz, wir haben uns auf ein parlamentarisch angemessenes Verhalten geeinigt und das gehört nicht dazu.
(Michael Neumann SPD: Haben Sie gehört, was Ohlsen gesagt hat? Schämen sollten Sie sich! Das war fast rassistisch! Sarrazin lässt grüßen!)
Zweites Beispiel, eine Familie aus Hamburg. Die Frau lag hochschwanger eine Woche lang in einem Hamburger Krankenhaus. Dann wurde sie entlassen und sofort nach Nostorf/Horst verlegt. Sie hat ihr Kind dort zur Welt gebracht und ist nun seit fast sieben Monaten in dieser Unterkunft. Die Vereinbarung ist: Erstaufnahme, Verweildauer nicht über drei Monate. Es muss aufhören, dass sich die Grünen vom Innensenator über den Tisch ziehen lassen.
Drittes Beispiel: Ich habe mit Familien aus Hamburg gesprochen, die schulpflichtige Kinder haben. Ich weiß, dass Frau Goetsch in diesem Punkt sehr sensibel ist, was mich freut. Sie wurden vom Flüchtlingsrat angeschrieben. Ich habe alle Daten und wenn Ihnen Daten fehlen sollten, stelle ich sie Ihnen gern zur Verfügung, ich werde nächste Woche auch noch einmal nach Nostorf fahren. Ich bitte Sie, sich dafür einzusetzen, dass diese Kinder mit ihren Familien schnell nach Hamburg kommen können, damit sie die Möglichkeit haben, eine Schule zu besuchen.
Dieser Ort liegt so fernab, dass sich sogar das Navigationssystem verläuft. Die Menschen haben keine Möglichkeit, von dort wegzukommen. Sie haben nicht einmal 40 Euro Taschengeld und können keine Fahrgelegenheit nutzen. Ihre einzige Unterstützung ist der Flüchtlingsrat. Eigentlich sollte Staatssekretär Lenz sich beim Flüchtlingsrat bedanken, stattdessen wird ihm und uns vorgeworfen, es würden Probleme nach Nostorf hineingetragen. Frau Heitmann, Sie haben selber gesehen, dass unsere Vertreter nicht einmal mit den Flüchtlingen sprechen wollten, obwohl die Flüchtlinge auf uns zukamen und von ihren Problemen erzählten.
Wir waren, Frau Heitmann, die einzigen Hamburger, die sich mit diesen Menschen unterhalten haben. Dabei ist herausgekommen, dass viele Flüchtlinge seit Monaten weder Kleidung noch Taschengeld bekommen haben. Das geht nicht. Diese Menschen sind hilfebedürftig und traumatisiert zu uns gekommen. Diese Zustände müssen endlich ein Ende haben. Diese Menschen gehören zu uns nach Hamburg, wo auch über ihr Schicksal entschieden wird, und nicht nach Horst, wo, wie ich heute telefonisch erfahren habe, ein Flüchtling von
Ich bitte Sie darum, diesen Vertrag schnellstmöglich zu beenden und diese Familien zurück nach Hamburg zu holen. In Hamburg sind Möglichkeiten, man muss nur wollen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das schaffe ich nicht, weil das Thema noch lange nicht beendet ist.
Was ich versuchen werde, in zwei Minuten zu sagen, ist, dass wir den Mut der Flüchtlinge, sich öffentlich zu äußern und sich dagegen zu wehren, wie sie untergebracht und behandelt werden, nur begrüßen können und uns dafür bedanken müssen, dass sie sich der Öffentlichkeit stellen.
Wir sehen doch an dieser Debatte, dass sich niemand von den Flüchtlingen, die ihre Situation geschildert haben, dagegen zur Wehr setzen kann, wie mit dem, was sie gesagt haben, öffentlich umgegangen wird.
Ich kann Sie nur eines fragen, Kollege Hakverdi von der SPD: Zu welcher Partei gehört der Ministerpräsident in Mecklenburg-Vorpommern noch einmal?
Für diese Unterkunft ist das Land MecklenburgVorpommern verantwortlich. Wir haben uns, seit es die ersten Bestrebungen gab, diese Unterkünfte für öffentliche Unterbringungen zu nutzen und auch von Hamburg aus ein Kontingent zu belegen, vehement dagegen zur Wehr gesetzt. Die schon zitierte Passage steht nicht aus Spaß im Koalitionsvertrag, sondern weil es ein wichtiges politisches Thema für uns und die Stadt ist.
Was ich wirklich unerträglich finde, ist diese Mischung aus dem Anspruch, für diese Menschen einzutreten, und der Taktik, dabei in alle Richtungen, die einem gerade passend erscheinen, ein paar Breitseiten zu verteilen. In Wirklichkeit kämpfen kleine NGOs und all diejenigen, die sich auf den Rechtsweg einlassen, für die Rechte dieser Flüchtlinge und auch wir mit unserer parlamentari
schen Kontrolle gegenüber dem Behördenhandeln. Da gehört diese Arbeit hin und da wünsche ich mir Unterstützung.
Es gibt an einzelnen Handlungen der Ausländerbehörde viel zu kritisieren, vor allem daran, dass es diese Dschungellager – jetzt nehme ich einmal dieses böse Wort – immer noch gibt,
die nicht die Integration, sondern die Isolation fördern. Da müssen sich alle Bundesländer an ihre eigene Nase fassen,
(Michael Neumann SPD: Sie mieten das doch an! Das ist doch lächerlich! Unver- schämt! Wer regiert denn in Hamburg?)
Sehr geehrte Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte Frau Heitmann korrigieren, die gesagt hat, es seien keine Flüchtlinge aus Hamburg länger als drei Monate in Nostorf untergebracht. Wir haben auf eine Schriftliche Kleine Anfrage die Antwort bekommen, dass mehrere dieser Flüchtlinge dort seit März untergebracht sind, und wenn Sie rechnen können, sind das mehr als drei Monate.
Zudem sind die Unterkünfte in der Sportallee seit Sommer 2009 massiv überbelegt. Wir haben eine Überbelegung von bis zu 150 Prozent. Nach letztem Stand sind dort 103 Personen untergebracht, ausgelegt ist diese Unterkunft eigentlich für 70 Personen.