Irgendwann muss es eine Exit-Strategie geben, das eint alle politischen Kräfte im Bundestag. Dass weder die Bundeswehr noch andere Kräfte dort ewig bleiben sollten, ist völlig klar und unsere Partei diskutiert das auch intensiv. Gerade deshalb muss doch aber alles dafür getan werden, selbsttragende Sicherheit vor Ort zu organisieren. Da sind die Polizeikräfte ein entscheidender Baustein, um eine Basis für die regionale Sicherheit in den Städten und Ortschaften zu schaffen. Deswegen ist es so wichtig, dass diese Ausbildung auf einem vernünftigen Niveau weiterläuft und deswegen sollten die deutschen Länder auch daran festhalten, und zwar gemeinsam. Diese Sache sollte sinnvollerweise nicht nur auf einigen Schultern lasten,
sondern auf allen. Der Einsatz der Polizeikräfte ist ein freiwilliger – Herr Warnholz sagte es –, keiner darf dazu verpflichtet werden; das ist auch ein entscheidender Punkt. Wir sollten weiter auf diese Maßgaben setzen. Unser Vorschlag in Richtung der Regierungsfraktionen wäre aber ein Mindestmaß parlamentarischer Beteiligung bei solchen Auslandseinsätzen, auch wenn sie freiwillig sind. Dem Ausschuss sollte Bericht erstattet, die Bedingungen klargestellt und erklärt werden, was für die Sicherheit der Kollegen vor Ort getan wird. Es geht um Kollegen aus Hamburg, die dort ihren Dienst tun, und deswegen ist das auch ein Thema für die Hamburgische Bürgerschaft. Es ist meine Bitte an die Regierungsfraktionen, dass wir das im Innenausschuss besprechen. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Frage, ob und wenn ja mit welchen Maßnahmen wir – das Bundesland Hamburg und die Bundesrepublik Deutschland – uns an dem Einsatz in Afghanistan beteiligen sollten oder moralisch dazu verpflichtet sind, ist glücklicherweise nicht unser Hauptthema. Innerhalb aller Parteien gehen die Meinungen darüber weit auseinander. Bei diesem Thema sind Mehrheiten schwer zu erreichen, das gilt sowohl für weitere Einsätze als auch für einen Abzug der Militärs.
Aus meiner Sicht ist das Wort "Krieg" eine treffende Formulierung für die Situation in Afghanistan; auch in unserer Partei gibt es dazu eine Vielzahl von Meinungen. Aus meiner Sicht wäre eine Debatte über einen schnellen Abzug des internationalen Militärs notwendig. Gleichzeitig, und damit kommen wir zu dem von der LINKEN angemeldeten Thema, können wir uns nicht der Notwendigkeit verschließen, den Aufbau der Zivilgesellschaft zu unterstützen. Die NGOs, die vor Ort beim technischen Aufbau helfen, die Wasser- und Elektrizitätsversorgung herstellen, den Ausbau der medizinischen Versorgung unterstützen und das soziale Netz knüpfen, sind weniger geschützt und mindestens genauso gefährdet wie die Polizistinnen und Polizisten, die in Afghanistan im Einsatz sind.
Ich teile die Bedenken von Frau Schneider, dass es zu viele private Sicherheitsfirmen in Afghanistan und zu viele, zumindest für uns undurchsichtige Verknüpfungen zwischen militärischen, zivilen und rechtsstaatlichen Zielsetzungen gibt und man diese, selbst wenn man sich mit den Menschen vor Ort unterhält, nur schwer auseinanderhalten kann. Das betrifft auch die polizeiliche Ausbildung und das muss man sich kritisch ansehen. Allerdings meine ich, dass wir aus unserem Plenarsaal heraus nur einen kleinen Teil der Verknüpfungen, Ver
Es steht außer Frage, dass man es den Menschen hoch anrechnen muss, die in diesen Einsatz gehen. Ähnlich den NGOs, die sich ungeschützt engagieren, um zum Aufbau der Zivilgesellschaft beizutragen, wollen auch die sich freiwillig meldenden Polizistinnen und Polizisten und andere Vertreterinnen und Vertreter der Verwaltung mit ihrem fachlichen Know-how einen Beitrag und Unterstützung leisten. Die Frage ist aber, mit welchem Ergebnis. Wie schnell geht es voran und geht es überhaupt voran, dieses Implementieren eines staatlichen Gewaltmonopols – jetzt nehme ich einmal unseren Begriff dafür –, der eben nicht militärisch, sondern zivil geprägt ist und rechtsstaatliche Strukturen hat?
Diese Fragen stelle ich mir auch und ich glaube, es ist eine Gratwanderung, und zwar für die Menschen, die in Afghanistan an dieser großen Aufgabe arbeiten, und für uns, die wir das begleiten und unterstützen sollen oder, so wie Sie, die Beendigung dieses Projektes fordern. Es wird vor Ort immer beides geben, eine militärische Arbeit und den Aufbau der Zivilgesellschaft. Das gilt für alle, die dort arbeiten. Das gilt auch für den Aufbau der Polizei.
Ich finde es richtig und würde es begrüßen, wenn wir uns im Innenausschuss mit diesem Thema befassen und von der Innenbehörde ein wenig mehr darüber erfahren könnten, was die Ergebnisse der Arbeit der hamburgischen Polizisten vor Ort ist. Es wäre schön, wenn wir die Gelegenheit hätten, ihre genaue Aufgabe und deren Umsetzung und die Gefährdung, der sie ausgesetzt sind, zu diskutieren. Gleiches gilt für den langjährigen Einsatz im Kosovo. Auch dort arbeitet, soweit ich weiß, ein hamburgischer Polizist in der Ausbildung.
Das wäre ein erster Schritt. Sie geben mit Ihrem Antrag den Impuls dazu. Wir werden Ihren Antrag ablehnen, aber ich möchte die deutliche Bitte formulieren, dieses Thema im Innenausschuss zu besprechen, so wie es sich aus Sicht der Innenbehörde und vielleicht auch aus Sicht der Polizeiführung darstellt. Die interessanteste Frage dabei wird sein, was das Ergebnis dieses Einsatzes ist und wie es mit der Polizeiausbildung vorangeht. Von meinen Vorrednern und meiner Vorrednerin ist schon angesprochen worden, dass tatsächlich ein Großteil der Menschen, die in Afghanistan eine Ausbildung zum Polizisten oder zur Polizistin beginnen, nur rudimentäre schulische Erfahrungen hinter sich hat, dass sie deutlich weniger verdienen als andere Verwaltungsbeamte und dass sich nach der Ausbildung natürlich weit lukrativere Plätze, vor allem im militärischen Bereich, finden lassen. Ob wir da mit den drei hamburgischen Polizisten, die zurzeit in Afghanistan sind, gegensteuern können,
Es ist vom zivilen Aufbau rechtstaatlicher Strukturen gesprochen worden. Das ist natürlich eine Aufgabe, der man sich nicht entgegenstellen kann, und das halte auch ich selbstverständlich für eine Aufgabe. Ich will Ihnen nur sagen, wie die Realität aussieht.
Erste Vizepräsidentin Barbara Duden (unterbre- chend): Ich kann die Vorfreude darauf gut verstehen und deshalb wäre es vielleicht ganz gut, wenn Sie Frau Schneider zuhören würden.
Menschenrechtskonforme Polizeiarbeit kann nur aufgebaut werden, wenn auch ein funktionierender Justizund Strafvollzugsapparat aufgebaut wird. Das ist zwar ein Bestreben der Bundesrepublik Deutschland, tatsächlich aber hat sich in der von mir mehrfach zitierten Antwort auf die Große Anfrage herausgestellt, dass es dafür kein einheitliches Konzept gibt. Das ist ein großes Problem und ich möchte Ihnen auch sagen, inwiefern. Nach den letzten Zahlen von 2006 besaßen 63 Prozent der Richter einen Hochschulabschluss, davon 43 Prozent von Scharia-Fakultäten und 12 Prozent von Jura-Fakultäten. Selbst die jüngeren Hochschulabsolventen kennen entweder das islamische oder das staatliche Recht. Es gibt nur 400 Mitglieder in der Anwaltskammer für 30 Millionen Einwohner. Wie Sie sehen, hapert es in Afghanistan tatsächlich sehr stark am Aufbau eines Justiz- und Strafvollzugsapparats, der diesen Namen verdient. Insofern muss die Polizeikonzeption eingebettet sein in eine Strategie für den Aufbau eines Justiz- und Strafvollzugsapparats. Das findet aber nicht statt. Ich hatte kurz angesprochen, dass auch die Situation hinsichtlich der Menschenrechte und ihrer Beachtung durch die Polizei prekär ist, was auch die Bundesregierung in der Antwort auf die Große Anfrage zugibt. Frauen- und Minderheitenrechte zählen in Afghanistan nicht viel und werden auch von der Polizei oft nicht beachtet. Das ist ein erhebliches Problem.
Man könnte zum Beispiel den Vorschlag eines früheren SPD-Innenminister-Sprechers aufnehmen und die Polizeibeamten in der Bundesrepublik
Deutschland ausbilden. In Afghanistan dauert die Basisausbildung sechs Wochen, wovon ungefähr sechs bis acht Unterrichtseinheiten für Menschenrechtsbildung vorgesehen sind. Wenn wir aber das Geld, das jetzt für die Ausbildung der Polizei in Afghanistan ausgegeben wird, investieren würden, um afghanische Polizeibeamte, zum Beispiel afghanische Polizeiführer oder Ausbilder, hier auszubilden, dann wäre das Geld wirklich gut angelegt. Ich bin, um es deutlich zu sagen, wirklich nicht dagegen, Afghanistan auch beim Aufbau von staatlichen, zivilpolizeilichen Strukturen zu unterstützen, aber wenn, dann sollten wir es auf eine Art und Weise tun, dass wir das Ergebnis vertreten können.
Wer einer Überweisung der Drucksache 19/7283 an den Innenausschuss zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist das Überweisungsbegehren abgelehnt.
Ich lasse in der Sache abstimmen. Wer sich dem Antrag der Fraktion DIE LINKE aus Drucksache 19/7283 anschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Der Antrag ist mit großer Mehrheit abgelehnt.
Wir kommen zu Punkt 8 der Tagesordnung, den Drucksachen 19/7245 bis 19/7248, den Berichten des Eingabenausschusses.
Wer der Empfehlung, die der Eingabenausschuss zu der Eingabe 697/10 abgegeben hat, folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mit großer Mehrheit angenommen.
Wer diesen folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist auch hier einstimmig angenommen.
Wer diesen seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Auch einstimmig angenommen.
Wer diesen folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Auch einstimmig angenommen.
Diese haben Sie heute in einer Neufassung erhalten und ich stelle fest, dass die Bürgerschaft die unter A aufgeführten Drucksachen zur Kenntnis genommen hat.
Wer dem Überweisungsbegehren unter B zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist einstimmig angenommen.
Wer sich den Ausschussempfehlungen unter C anschließt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Auch das ist einstimmig angenommen.