Protokoll der Sitzung vom 30.09.2010

(Viviane Spethmann CDU: Das ist nur noch Profilierung!)

Frau Präsidentin! Herr Kerstan, Sie haben gerade davon gesprochen, dass die Grünen unter Herrn Trittin bis an die Grenze des Koalitionsbruchs gegangen seien, dass sie an die Sozialdemokraten, an Gerhard Schröder herangetreten seien, um diese richtige Position durchzusetzen. Genau das erwarten wir von Ihnen in Hamburg auch.

(Langanhaltender Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Wenn keine weiteren Wortmeldungen mehr vorliegen, kommen wir jetzt zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksachen 19/7287 und 19/7282 an den Umweltausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist das mit Mehrheit angenommen.

(Thomas Böwer SPD: Das war nicht die Mehrheit!)

Herr Böwer, zweifeln Sie dies offiziell an?

(Thomas Böwer SPD: Ja!)

Gut. Das muss die Fraktion machen. Dann haben Sie das angezweifelt.

Dann ist das Verfahren so, dass es wiederholt wird.

(Wolfgang Beuß CDU: Nein, das war eine Tatsachenentscheidung!)

Ich habe Zweifel, dass das eine Mehrheit war. Dann wiederholen wir jetzt die Abstimmung.

(Thomas Böwer SPD: Das ist eine Ungeheu- erlichkeit! – Unruhe bei allen Fraktionen – Glocke)

Meine Damen und Herren! Ich bitte um etwas Ruhe.

Das Präsidium ist der Auffassung, dass das zu Recht angezweifelt wurde. Deshalb wiederholen wir die Abstimmung.

(Glocke)

Wir haben zwei Geschäftsordnungsmeldungen. Bitte, Frau Schneider.

Ich stelle fest, dass das Präsidium entschieden hat, dass es zu Recht angezweifelt wurde. Das heißt, der Antrag hatte keine Mehrheit.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Herr Neumann, Sie wünschen die Einberufung des Ältestenrates?

Damit rufe ich jetzt den Ältestenrat ein.

Unterbrechung: 17.45 Uhr

Wiederbeginn: 18.00 Uhr

Meine Damen und Herren! Die Sitzung ist wieder eröffnet. Der Ältestenrat kam eben überein, dass wir die Abstimmung wiederholen.

(Zurufe von der SPD – Kai Voet van Vormi- zeele CDU: Dann muss die sozialdemokrati- sche Fraktion mal in die Geschäftsordnung schauen!)

Das wollen wir dann auch tun. Wir kommen zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksachen 19/7287 und 19/7282 an den Umweltausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das mit Mehrheit angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 36 auf, Drucksache 19/7084, Neufassung, Antrag der SPD-Fraktion: Erfolgsmodell "Hamburger Kinderbetreuungsgesetz" sichern: Rechtsanspruch auf Hortbetreuung bis 14 Jahre wiederherstellen und Gebührenerhöhungen zurücknehmen.

[Antrag der Fraktion der SPD: Erfolgsmodell "Hamburger Kinderbetreuungsgesetz (KibeG)" sichern: Rechtsanspruch auf Hortbetreuung bis 14 Jahre wiederherstellen und Gebührenerhöhungen zurücknehmen – Drs 19/7084 (Neufassung) –]

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 19/7408 ein Antrag der Fraktion DIE LINKE vor.

[Antrag der Fraktion DIE LINKE: Ausgrenzung beenden und Gebührenerhöhungen zurücknehmen – Drs 19/7408 –]

Beide Drucksachen möchte die Fraktion DIE LINKE an den Familien-, Kinder- und Jugendausschuss überweisen.

Wer wünscht das Wort? – Frau Veit, bitte.

Sind alle wieder wach? Das ist schön. Bleiben Sie im Raum, denn am Ende dieser Debatte wird abgestimmt.

(Beifall bei der SPD – Jörg Hamann CDU: Ihre Leute sind doch schon wieder weg! – Vizepräsident Wolfhard Ploog übernimmt den Vorsitz.)

Hauptsache, Sie bleiben uns erhalten, Herr Hamann. Hören Sie gut zu, es wird interessant.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Hamburgs Eltern sind sauer und das zu Recht. Eine der ganz wenigen Sparaktionen dieses schwarz-grünen Senats, die die Hamburgerinnen und Hamburger direkt zu spüren bekommen werden, aber nur eine ausgewählte Bevölkerungsgruppe, ist die Erhöhung der Elternbeiträge in den Kitas. Mindestens 22 Millionen Euro an zusätzlichen Einnahmen werden Sie damit pro Haushalsjahr erzielen, wobei Sie nicht auskunftsfähig sind, wie viel Sie tatsächlich abzocken; es wird wohl weit mehr sein. Dass nämlich nicht nur 3 bis 5 Prozent der Eltern die neuen Höchstsätze werden zahlen müssen,

(Michael Neumann)

wie Schwarz-Grün es im April behauptet hat, sondern mehr Eltern mehr zahlen müssen, ist längst klar.

Dabei haben Sie längst noch nicht alle Eltern über Ihre neuen Forderungen aufgeklärt. Nach wie vor warten fast ein Drittel der Kita-Eltern, nämlich rund 18 000, auf ihre Kita-Gutscheine, obwohl sie diese schon vor einem Monat hätten bekommen sollen und obwohl Sie dafür in den Bezirksämtern 15 zusätzliche Stellen geschaffen und Honorarkräfte eingesetzt haben. Im Bezirksamt Harburg beträgt zum Beispiel die maximale Wartezeit auf einen Kita-Gutschein derzeit fünf Monate. Und weil allein dort über 2000 unbeschiedene Anträge herumliegen, schließt die entsprechende Abteilung gleich einmal zwei Wochen, damit nicht noch mehr Eltern kommen. Wohlgemerkt: Auch die Beschäftigten in den Bezirksämtern müssen so Ihre Fehler ausbaden.

Es gab und gibt heftige Proteste gegen die Gebührenerhöhung und eine große öffentliche Solidarität mit den betroffenen Eltern,

(Jörn Frommann CDU: Hat das irgendwas mit dem Antrag zu tun?)

seit Sie im Frühjahr Ihre Schandtaten verkündet haben. Sie haben die Kita-Gebühren um bis zu 100 Euro pro Monat und Kind erhöht. Das sollte nur, wie Sie sagten, 19 000 Eltern treffen, aber es werden wohl weit mehr davon betroffen sein. Sie haben für alle 70 000 Hamburger Kita-Kinder das Essensgeld um bis zu 29 Euro pro Monat und Kind erhöht. Sie wollen künftig nur noch Kinder bis zwölf Jahre, nicht mehr bis 14 Jahre, in den Hort lassen – keiner weiß warum. Und Eltern von behinderten Kindern, die bisher aus gutem Grund nur Mindestbeiträge zahlen, bekommen jetzt Erhöhungen von bis zu 700 Prozent. Sie haben den versprochenen Rechtsanspruch für Zweijährige gestrichen, schließen fast 2000 sogenannte Kann-Kinder vom beitragsfreien letzten Kita-Jahr aus und in puncto Qualitätsentwicklung und bei all den anderen hübschen Versprechungen in Ihrem Koalitionsvertrag tut sich sowieso nichts und das alles ist schlecht.

(Beifall bei der SPD)

Die Proteste waren und sind heftig. In allerkürzester Zeit sind mehr als dreimal so viele Unterschriften gesammelt worden, als für eine Volkspetition nötig sind. Die Reaktion von Grün bis Schwarz war: Belehrung der Eltern. Diese sollten doch erst einmal nachdenken und immerhin würde man für neue Krippenkinder Plätze schaffen.

Die Position der SPD ist an dieser Stelle klar. Frühkindliche Bildung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, genauso wie es die Schule ist, die auch von der gesamten Gesellschaft finanziert wird. Kein Mensch erwartet, dass dafür nur die Eltern bezahlen.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen gehört auch die frühe Bildung mittelfristig kostenfrei gestellt. Auch wenn das nicht von heute auf morgen geht, muss doch zumindest die Perspektive klar sein. Man kann auf keinen Fall in die entgegengesetzte Richtung marschieren, wie Sie es tun, und die Gebühren auch noch erhöhen.

(Beifall bei der SPD)

Nach Auffassung der CDU leben Hamburgs Eltern ohnehin über ihre Verhältnisse. Herr Ahlhaus knüpft, was Kinder und Familien angeht, nahtlos an die in diesem Punkt völlig empathiefreie Politik von Herrn von Beust an und findet sich dabei in bester Gesellschaft mit den Herren Wersich und Frigge: ein echtes Dreamteam für Hamburgs Familien.

(Beifall bei der SPD)