Protokoll der Sitzung vom 10.11.2010

(Thies Goldberg)

burg 1,5 Milliarden Euro Eigenkapital in die HSH Nordbank eingezahlt und 5 Milliarden Euro Garantien bereitgestellt, um den Zusammenbruch der Bank zu verhindern. Es wurde befürchtet, dies würde nicht ausreichen und ein Scheitern der Bank würde weitere Milliardenzahlungen bis hin zu 40 Milliarden Euro auslösen. Das hätte diese Stadt und ihre Finanzen ins Chaos gestürzt. Die gute Botschaft ist, dass dieses Horrorszenario nicht eingetreten ist. Die Sanierung der Bank geht voran, und zwar besser, als im Sanierungsplan vorgesehen. Dennoch werden Sie, wenn Sie heute in der Stadt nach der HSH Nordbank fragen, nur eine Antwort bekommen: Das ist eine Bank, die von einem Skandal zum anderen taumelt und auf keinen grünen Zweig mehr kommen wird.

Meine Damen und Herren! Wenn von Skandalen geredet wird, von unerhörten Vorgängen, die in der bislang nicht gerade skandalarmen Geschichte der Landesbanken in diesem Lande beispiellos sind, dann sind das keine Vorgänge, die förderlich für die Sanierung der Bank sind. Diese Vorgänge gefährden die Sanierung der Bank.

(Beifall bei der GAL, der SPD, der LINKEN und vereinzelt bei der CDU)

Da deutlich wurde, dass der Vorstand unter der Führung von Professor Nonnenmacher nicht in der Lage war, diese Probleme zu lösen und die Bank aus den Skandalen herauszuholen, und er noch nicht einmal den Anschein erweckt hat, dass man ernsthaft an Aufklärung interessiert ist, blieb uns als Anteilseigner nur eines, die Verantwortung zu tragen, die Verantwortung für die Bank und ihre Mitarbeiter, aber auch für die finanzielle Situation der Anteilseiger und damit der Steuerzahler. Vor diesem Hintergrund war es nicht nur richtig, sondern notwendig, dass die Anteilseigner gehandelt und die Ablösung von Herrn Nonnenmacher in die Wege geleitet haben, um weiteren Schaden von der Stadt abzuwenden.

(Beifall bei der GAL, der CDU, der SPD und vereinzelt bei der LINKEN)

Inwieweit es dabei um persönliche Verfehlungen von Herrn Nonnenmacher gegangen ist, dazu wird der Aufsichtsrat die notwendigen juristischen Prüfungen und rechtlichen Schritte einleiten. Aber es geht in dieser Situation nicht alleine darum, ein persönliches Fehlverhalten nachzuweisen. Der Vorstandsvorsitzende einer Bank trägt die Verantwortung dafür, was seine Mitarbeiter und die von ihm Beauftragten treiben. Wenn im Auftrag der Bank Unrecht geschehen ist, und davon gehen die Staatsanwaltschaften nicht nur in Hamburg, sondern auch in Kiel und New York aus, dann trägt der Vorstandsvorsitzende eine Verantwortung, selbst wenn es keine persönlichen Verstrickungen, die durchaus bestritten werden, gegeben haben sollte. Ein Vorstandsvorsitzender muss die Bank

nach außen vertreten und dafür sorgen, dass diese Vorgänge aufgeklärt werden.

Welcher Kunde soll diese Bank denn noch guten Gewissens als Geschäftsadresse angeben? Welche Mitarbeiter der Bank wollen denn noch in ihrem Freundeskreis erzählen, dass sie hier arbeiten? Welche Mitarbeiter sollen sich für diese Bank einsetzen, wenn sie befürchten müssen, dass Sicherheitsfirmen dort Unheilvolles treiben?

Für all dies trägt Herr Nonnenmacher als Vorstandsvorsitzender die Verantwortung. Er mag ein brillanter Mathematiker und fachlich gut geeignet sein, aber die Fähigkeit, Mitarbeiter zu führen und diese Bank sinnvoll nach außen zu vertreten, hat er nicht; das hat sich doch gezeigt. Deshalb ist er an der Spitze dieser Bank nicht länger tragbar und deshalb war es richtig, ihn abzuberufen.

(Beifall bei der GAL, der CDU und der SPD und bei Kersten Artus und Dora Heyenn, beide DIE LINKE)

Jetzt muss die Sanierung und Gesundung der Bank im Fordergrund stehen. Vor diesem Hintergrund, liebe Kollegen von der SPD, mag es sein, dass Sie lieber über Senator Frigge reden und das mit der HSH Nordbank vermengen wollen, denn damit können Sie in der Stadt viel Aufregung produzieren. Verantwortung gegenüber der Bank und der Gesundung der Finanzen dieser Stadt drückt diese Vorgehensweise nicht gerade aus.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Hinsichtlich der Beteiligung des Finanzsenators an der C4 Consulting und ihrem Mandat für J.C. Flowers ist die Sachlage doch relativ eindeutig: Die Vorschriften sind eingehalten worden. Herr Frigge hat seinen Dienstherren informiert und der hat kein Problem darin gesehen. Herr Frigge hat erklärt, dass das Mandat in keinem Zusammenhang mit der HSH Nordbank gestanden hat.

(Ties Rabe SPD: So wie Herr Nonnenma- cher ein brillanter Mathematiker war!)

Ich kann nicht verstehen, dass Sie das in einer Situation, in der es darum geht, endlich Ruhe in diese Bank zu bringen, zusammenmengen. Das halte ich für kein verantwortbares Verhalten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Frau Heyenn hat das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kerstan, ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie mit Ihrer Rede auf den Ernst der Lage eingegangen und zu den Tatsachen zurückgekehrt sind; was wir davor gehört haben, war wirklich unerträglich.

(Jens Kerstan)

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Wenn Herr Nonnenmacher diese Bank verlässt, was wir für überfällig halten, dann sind damit keineswegs alle Probleme gelöst. Und wenn Sie, Herr Goldberg, sagen, es sei gut, dass er die Bank verlässt, aber er habe eigentlich alles richtig gemacht, dann tun Sie alles dafür, damit seine Abfindung möglichst hoch ausfällt. Das ist, bei dieser Faktenlage, absolut skandalös.

Zu den Sachfragen und Hintergründen, was bei der HSH Nordbank gelaufen ist: Sie wussten, wie die Bank vor Herrn Nonnenmacher aussah – wir alle wissen es nicht –, Sie wissen, wie die Bank jetzt aussieht, und das wissen wir auch nicht.

(Viviane Spethmann CDU: Informieren Sie sich mal!)

Das muss geklärt worden und dafür haben wir einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss.

Es gibt einen Punkt, Herr Kerstan, an dem ich nicht mit Ihnen übereinstimme. Sie haben der SPD vorgeworfen, Sie würde Herrn Frigge unberechtigterweise in Zusammenhang mit der HSH Nordbank bringen wollen. Da besteht sehr wohl ein Zusammenhang, den können Sie gar nicht leugnen, und zwar in mehrfacher Hinsicht nicht. Es geht dabei um seine Firma C4 und all die Dinge, die Herr Neumann aufgeführt hat. Es ist beispielsweise ein Problem, dass ein Geschäftsführer dieser Firma, Herr Große-Leege, die HSH Nordbank in Kommunikationsangelegenheiten beraten hat. Damit hängt die Entlassung des New Yorker Filialleiters zusammen. Mag sein, dass rein rechtlich alles in Ordnung ist, aber hier sind Ziel- und Rollenkonflikte, die weit über diese rechtliche Ebene hinausgehen.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

An anderer Stelle beklagen wir, dass die Glaubwürdigkeit der Politik als gering erachtet wird, dass so wenige Leute wählen gehen und Politiker einen schlechten Ruf haben. An dieser Stelle haben wir ein zusätzliches Glaubwürdigkeitsproblem und die Politik wird weiter beschädigt. Das hat nichts mit einer Tüte Dreck zu tun, man muss die Dinge einfach beim Namen nennen.

(Viviane Spethmann CDU: Dann aber rich- tig!)

Wir haben die empfindliche Position des Finanzsenators mit einer Person besetzt, gegen die ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Beihilfe zur Untreue läuft. Das alleine wäre schon ein Grund gewesen – da gebe ich Herrn Neumann völlig recht –, dass Sie, Herr Frigge, dieses Amt niemals hätten annehmen dürfen,

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

und es war ein großer Fehler, dass Herr Ahlhaus Sie bei seinem Bemühen, den Neuaufbruch von

Schwarz-Grün zu symbolisieren, wieder zum Finanzsenator gemacht hat.

Ohnehin hat man den Eindruck, dass sich, frei nach Tucholsky, alles immer wieder unter den gleichen 100 Menschen abspielt. Man kennt sich gut und man hilft sich. Wenn ich in Wikipedia schaue, was ich ab und zu tue, alleine schon, um zu prüfen, ob meine Schüler da etwas abgeschrieben haben, finde ich zu Carsten Frigge unter der Überschrift "Berufliche Karriere" – ich zitiere –:

"Frigges Geschäftsfreund, der damalige Deutsche-Bank-Aufsichtsratsvorsitzende Hilmar Kopper, sorgte für erste Aufträge [für seine Firma]."

Hilmar Kopper ist auch in der HSH Nordbank. Ist das die nötige Distanz, die wir von einem Finanzsenator bei einer solch schwierigen Frage erwarten? Ich halte das für problematisch.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Ich habe gelesen, Herr Frigge, dass Sie gerne Abraham Lincoln zitieren, und zwar am liebsten folgende Aussage – ich zitiere –:

"In Übereinstimmung mit der Öffentlichkeit kann nichts fehlgehen, ohne diese nichts erfolgreich sein."

Recht hat er. Die Hamburgerinnen und Hamburger stimmen nicht damit überein, dass Sie, Herr Frigge, Finanzminister sein sollten; wir auch nicht. Treten Sie zurück.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Das Wort hat Herr Senator Frigge.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Neumann, die Anmeldung dieses Themas zur Aktuellen Stunde, die am Montag erfolgt ist, als wir uns intensiv mit dem Schicksal der Bank beschäftigt haben, und die weder auf die Situation der Bank noch auf die Verpflichtung der Stadt eingeht und nur ein einziges Ziel hat, nämlich zu diffamieren, zeigt doch nur, dass die SPD von der Sache keine Ahnung hat.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Sie haben zitiert, ich hätte einer Verschuldung nicht aufgeschlossen gegenübergestanden. Offensichtlich haben Sie nicht bemerkt, dass wir das heute noch genauso halten. Wir machen eine sehr solide Finanzpolitik mit dem Ziel, von der Verschuldung dieser Stadt herunterzukommen und die Netto-Neuverschuldung zu reduzieren. Da hat sich nichts geändert, das muss Ihnen entgangen sein.

Ich glaube, dass Sie viel zu viel von dem glauben, was in der Zeitung steht.

(Dora Heyenn)

(Beifall bei der CDU – Heiterkeit bei der SPD – Dr. Andreas Dressel SPD: Ja, das ist im- mer gefährlich!)

Es gibt eine ganze Reihe anderer Informationsquellen, aber die ziehen Sie nicht zurate. Sie lesen, was in der Zeitung steht und nehmen das für bare Münze.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Was stimmt denn da jetzt nicht?)

Das muss nicht immer eine gute Idee sein.