Protokoll der Sitzung vom 10.11.2010

(Dr. Andreas Dressel SPD: Da muss jetzt aber einiges richtiggestellt werden!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Dressel, ich finde es gut, dass Sie das zurücknehmen, was Sie vorhin gesagt haben.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Sie sollten auch einiges zurücknehmen!)

Ich bedanke mich ausdrücklich bei Ihnen.

Einige Kleinigkeiten möchte ich noch anmerken. Herr Dr. Bischoff, wir haben keine "Bad Bank", sondern wir haben eine Abbaubank.

(Wolfgang Rose SPD: Sie Oberlehrer!)

Sie können Oberlehrer sagen, lieber Herr Rose. Als vielfältiges Aufsichtsratsmitglied auch bei öffentlichen Unternehmen wissen Sie doch, dass es ganz sinnvoll sein kann, sich mit der Realität auseinanderzusetzen und nicht nur so ein bisschen politischen Bohai zu machen und die Fakten nicht zu berücksichtigen. Warum machen Sie so etwas?

Die Tatsache, dass wir eine Abbaubank haben, liegt vor allen Dingen daran, dass wir durch das Beihilfeverfahren dazu gezwungen sind, die Bilanzsumme zu halbieren. Das hat nichts damit zu tun, dass da nur Schrott enthalten ist, sondern ganz im Gegenteil. Wenn Sie sich einmal ansehen, wie hoch die Wertberichtigungen bei anderen Kreditersatzgeschäft-Portfolien waren, dann wissen Sie, dass dies bei der HSH Nordbank – und dass das Risikomanagement nicht gut war, da bin ich Ihrer Meinung – nicht nur ein Zocker-Portfolio war; das stimmt nicht, lieber Herr Bischoff.

Dann haben Sie gesagt, Sie hätten sich einen schonenden Sanierungsprozess für den Steuerzahler gewünscht. Darauf kann ich nur antworten, das finde ich gut, das haben wir uns auch gewünscht und das haben wir auch erreicht, denn statt Steuergeld in die HSH Nordbank zu geben, hat die HSH trotz des Sanierungsprozesses bis heute, seitdem dieses Verfahren inganggesetzt wurde, 600 Millionen Euro beim Finanzfonds abgeliefert, ohne dass Steuermittel in die Bank geflossen sind. Also wenn Sie sagen, Sie hätten einen steuerschonenden Sanierungsprozess gewollt – den haben Sie bekommen. Darüber können Sie sich nicht beklagen, Sie sollten einmal anerkennen, dass das ein gutes Konzept war. Übrigens ist dieses Konzept nicht nur von der Politik, sondern auch von Mitarbeitern der Bank erarbeitet worden; einige davon kennen Sie auch.

Dann haben Sie sich darüber beklagt, dass Datenschutzverletzungen begangen wurden. Da haben Sie recht, das ist passiert, und zwar in sehr großen Mengen. Zu dem Zeitpunkt, als die Frage der Sanierung der Bank besonders virulent war, wurden tagtäglich durch die Veröffentlichung von bankinternen Unterlagen in gewaltigen Mengen Straftaten zulasten der Bank begangen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Da musste man schon mal die Prevent AG einschalten!)

Mit anonymen Drohungen gegen Mitarbeiter wurden weitere Straftaten begangen. Aber wenn Sie meinen, dass man ein Klima der Verdächtigungen

(Thomas Völsch)

zu kritisieren habe, dann frage ich Sie, was Sie denn hier schaffen. Sie schaffen ein Klima der Verdächtigungen. Sie verdächtigen einen Vorstandsvorsitzenden böser Dinge, Sie verdächtigen einen Finanzsenator, böse Dinge getan zu haben – das sind alles nur Verdächtigungen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Soll das jetzt die Rechtfertigung für Prevent sein?)

Lieber Herr Dr. Bischoff, wenn man aus diesen Verdächtigungen sofort Rücktrittskonsequenzen ziehen soll, dann sage ich, dass man Sie auch verdächtigt hat, Geheimnisverrat begangen zu haben. Warum sitzen Sie dann noch hier?

(Zurufe von der SPD)

Die Frage stellt sich, warum Sie noch hier sitzen, wenn man so einem Verdächtigungsszenario-Vergleich nachgehen müsste. Warum sind Sie noch hier?

Lieber Herr Völsch, Sie kritisieren die Nicht-Durchsetzungsfähigkeit von Personalwünschen der Politik in der Bank. Ich darf Sie daran erinnern, dass die beiden Bundesländer Hamburg und Schleswig-Holstein ganz gezielt aus zwei ehemaligen Landesbanken eine Aktiengesellschaft gemacht haben, um sie als Geschäftsbank zu verkaufen, und zwar deshalb, weil sie der Meinung waren, das Thema Landesbank sei obsolet geworden, womit sie recht hatten. Dieses Geschäftsmodell der fusionierten Bank wurde unter dem Aufsichtsratsvorsitz einer Frau Simonis aufgesetzt – ich weiß nicht, ob Sie sich an die Dame noch erinnern können –, die aus gutem Grund gesagt hat, man wolle eine solche Bank, damit man sie verkaufen könne, damit man eine Landesbank nicht einfach liquidieren müsse, sondern den Wert heben könne. Ob das am Ende des Tages eine gute Idee war, weiß ich nicht. Auf jeden Fall ist dies von den Bundesländern, nicht nur von CDU-Politikern, mitgetragen worden. Man wollte eine Aktiengesellschaft und jeder, der sich ein bisschen damit auskennt, dazu gehören auch Sie, Herr Völsch, weiß, dass Vorstandsbesetzungen ausschließlich vom Aufsichtsrat gemacht werden. Und Aufsichtsratsbesetzungen werden ausschließlich von der Hauptversammlung gemacht.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Wer ist denn im Aufsichtsrat der Hochbahn, wer ist denn im Aufsichtsrat der SAGA?)

Wenn Sie also der Meinung sind, dass die Politik unmittelbaren Durchgriff auf die Besetzung von Vorständen in Aktiengesellschaften haben solle, dann müssten Sie sie entweder politisch besetzen oder Sie müssten das Thema Aktiengesellschaft abschaffen. Das müssen Sie sich überlegen. Aber dieser Vorwurf geht leider ins Leere. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Das Wort bekommt Herr Tschentscher für die restlichen vier Minuten.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn wir noch ein paar Minuten haben, würde ich gern zu dem Vorwurf von Herrn Goldberg etwas richtigstellen, nämlich dass wir mit falschen Verdächtigungen arbeiten würden. Sie haben uns das im Haushaltsausschuss vor zehn Tagen vorgeworfen, als wir sagten, es sei überfällig, dass wir einen neuen Vorstandsvorsitzenden brauchten. Seit September 2009 ist klar, dass wir einen Vorstandsvorsitzenden haben, der in der Vergangenheit persönlich in die skandalösen Geschäfte der HSH Nordbank verstrickt war und deshalb nicht unbelastet die Bank in die Zukunft führen kann, sondern der befangen ist. Und die 2,9 Millionen Euro Sonderzahlung, die er selbst eingefordert hat und die ihm der CDU-Bürgermeister von Beust eingeräumt hat, ist kein Gerücht, sondern eine Tatsache. Die Beteiligung an den Omega-Geschäften ist eine Tatsache. Eine 45-Millionen-Dollar-Überweisung an Goldman Sachs ist eine Tatsache. Die Ausschüttung in dreistelliger Millionenhöhe an stille Einleger ist eine Tatsache, die EU-Kommission musste das aus der Welt nehmen.

(Viviane Spethmann CDU: Aber keine Pflichtverletzung!)

Überschreitungen der 500 000-Euro-Jahresgehaltsgrenze der Parlamente durch Altersversorgung und weiteres sind Tatsachen. Weitere Bonusansprüche, die wir als Parlamente ausgeschlossen haben,

(Dora Heyenn DIE LINKE: Ganz genau!)

diverse Ansprüche, die für die Zukunft erworben sind, das alles sind Tatsachen, genauso wie das Tauziehen um jede Akte, die die Parlamentarischen Untersuchungsausschüsse in Hamburg und Kiel benötigen. Das alles ist seit einem Jahr bekannt und Sie haben sich das mit angeschaut. Seitdem brodelt es weiter und es ist nicht die Opposition, die sich das ausgedacht hat, sondern die Staatsanwaltschaften in Hamburg, in Kiel, in London und in New York ermitteln, weil es falsche Vorwürfe gegeben hat gegen den Londoner Niederlassungsleiter, zudem eine fragwürdige Entlassung eines Mitarbeiters in New York und fingierte Vorwürfe gegen ein Vorstandsmitglied in Hamburg. Dann gab es die Millionenaufträge an ein Unternehmen, das in einer öffentlichen Landesbank nichts zu suchen hat. Das alles brodelt und das hat mit Oppositionspolitik nichts zu tun, sondern das hat etwas damit zu tun, dass sich Schwarz-Grün seit einem Jahr weigert, die Verantwortung zu übernehmen

(Thies Goldberg)

für eine überfällige Personalentscheidung an der Spitze der Bank. Und jetzt treffen Sie eine offensichtlich völlig unvorbereitete Entscheidung. Da wird noch nicht einmal der Bürgermeister vor den Pressevertretern erscheinen, um einmal sauber darzulegen, wie das jetzt laufen soll.

(Michael Neumann SPD: Hier ja auch nicht!)

Das ist für die wichtigste Kapitalbeteiligung, die Hamburg hat, eines der schlechtesten Stücke schwarz-grüner Rathauspolitik, die die Stadt erlebt hat. Das ist gegen die Interessen der Bank und gegen die Interessen der Hamburgerinnen und Hamburger.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Damit ist die Aktuelle Stunde für heute beendet. Wir werden sie morgen mit dem dritten Thema fortsetzen.

Wir kommen zu Punkt 22 unserer heutigen Tagesordnung, Drucksache 19/7673, gemeinsamer Antrag der CDU- und der GAL-Fraktion: Beibehaltung der Wertgrenzen für beschränkte Ausschreibungen.

[Antrag der Fraktionen der CDU und GAL: Beibehaltung der Wertgrenzen für beschränkte Ausschreibungen – Drs 19/7673 –]

Wird das Wort gewünscht? – Frau Ahrons, bitte.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Vielleicht bleiben wenigstens noch drei Leute drinnen. Dies ist nämlich ein sehr erfreuliches Thema, bei dem es sich lohnt, zuzuhören.

Wir alle haben die Situation Ende 2008/Anfang 2009 noch sehr gut in Erinnerung, als die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise auch vor den Toren Hamburgs nicht Halt gemacht hat. Die Bundespolitik hat damals darauf mit einem Bundeskonjunkturprogramm reagiert und der Hamburger Senat und die Regierungsfraktionen haben sich dann sehr schnell dazu entschlossen, parallel zu den Bundesprogrammen mit einem eigenen hamburgspezifischen Konjunkturprogramm gegen den Abschwung anzugehen. Oberstes Ziel war für uns, die Unternehmen und die Arbeitnehmer in Hamburg zu stärken, damit möglichst wenige Arbeitsplätze verlorengehen. Diese Strategie ist aufgegangen.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Die von uns auf den Weg gebrachten Maßnahmen greifen, negative Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise konnten für unsere Hamburger Bürger abgemildert werden. Hamburg hat sogar

als erstes Bundesland ein Gutachten zur Wirkung der Konjunkturpakete in Auftrag gegeben und diese Studie sieht Hamburg ebenfalls auf dem richtigen Weg.

Erste Anzeichen von Wachstum und Erholung sind aktuell zu erkennen, was sich auch bei den Arbeitsmarktzahlen zeigt. Die positive Konjunkturentwicklung wirkt auf den Hamburger Arbeitsmarkt. Mit circa 70 500 Arbeitslosen wird im Oktober der niedrigste Wert seit Dezember 2008 erreicht. Das sind zwar immer noch 70 500 Arbeitslose zu viel, aber immerhin sinkt die Zahl und macht deutlich, dass Hamburg zur richtigen Zeit die richtigen Schwerpunkte gesetzt hat. Ohne Konjunkturprogramme wären mit Sicherheit noch mehr Menschen arbeitslos geworden.

Ich betone das deswegen ganz besonders, weil es Vertreter anderer Parteien gibt, die andere Vorstellungen von Krisenbewältigung hatten und haben, die zum Beispiel der Meinung waren, in schlechten Zeiten wäre es das richtige Mittel, Steuern zu erhöhen und den Bürgern noch einmal so richtig in die Tasche zu greifen. Aber, liebe SPD und LINKE, das ist mit uns nicht zu machen. An dieser Schraube haben wir nicht gedreht und an dieser Schraube werden wir auch nicht drehen. Wir sorgen lieber dafür, dass die Investitionen in der Stadt angeschoben werden, dass die Wirtschaft floriert und Arbeitsplätze geschaffen werden, sodass wir lange und nachhaltig etwas davon haben.

Unser Ziel ist es, Menschen und Unternehmen in Hamburg zu stärken, nicht sie zu schröpfen. Deshalb möchte ich in unserem Antrag den Senat darum ersuchen, eine der erfolgreichen Maßnahmen dieser Konjunkturoffensive, nämlich die Erhöhung der Wertgrenzen für beschränkte Ausschreibungen im Baubereich, über die gesetzte Frist 31. Dezember 2010 hinaus um zwei Jahre bis Ende 2012 zu verlängern. Die Wertgrenze haben wir 2009 von 250 000 Euro auf 1 Million Euro heraufgesetzt. Die Erhöhung hat sich bewährt und zu einer sehr positiven Entwicklung im Hamburger Mittelstand und Handwerk und zu einer Stärkung der regionalen Wirtschaft in der Metropolregion geführt. Die Prognos-Studie belegt, dass die Stadt Hamburg die regionale Wirtschaft in der Krise mit solchen Maßnahmen gezielt und erfolgreich unterstützt hat und mindestens 63 Prozent der gesamten Investitionsausgaben direkt in Hamburger Unternehmen fließen.

(Beifall bei der CDU und bei Horst Becker GAL)

Zu diesem Ergebnis kommt übrigens auch die Handwerkskammer Hamburg. Eine Auswertung der im Internet veröffentlichten Bauaufträge mit einem Auftragsvolumen von jeweils über 150 000 Euro ergab, dass im Stadtgebiet rund 70 Prozent durch Hamburger Unternehmen abgewickelt werden. Mit dem Instrument der beschränk

(Dr. Peter Tschentscher)

ten Ausschreibung ist zudem eine deutliche Verfahrensbeschleunigung verbunden, die sowohl die Hamburger Verwaltung, insbesondere hinsichtlich der Auswertung der eingehenden Angebote, als auch die Auftragnehmerseite spürbar entlastet. Damit haben wir das Vergabeverfahren insgesamt vereinfachen können. Dies, gepaart mit einer kleinteiligen Vergabe, kommt in erster Linie den Hamburger Klein- und mittelständischen Unternehmen zugute.

Vor dem Hintergrund, dass die Krise noch nicht endgültig ausgestanden ist, dass die Maßnahmen der Konjunkturoffensive noch laufen beziehungsweise noch abgewickelt werden und dass bisher sehr positive Erfahrungen gemacht worden sind, sollten die erhöhten Wertgrenzen bei beschränkten Ausschreibungen von Bauleistungen über den 31. Dezember hinaus fortgesetzt werden. Auch andere Länder haben sich dazu schon entschlossen, zum Beispiel Hessen, Rheinland-Pfalz, Brandenburg und auch der Bund.

Zugleich halte ich es aber für sehr wichtig, dass wir diese Maßnahmen und deren Auswirkungen untersuchen und uns der Senat noch vor Ablauf der neuen Frist einen Evaluationsbericht dazu vorlegt. Ich bin mir sehr sicher, dass wir so vor allem unseren mittelständischen Unternehmen, dem Rückgrat unserer Wirtschaft, weiterhin helfen und sie darin unterstützen, Arbeitsplätze zu erhalten und neue zu schaffen. In diesem Sinne hoffe ich auf Ihre Unterstützung.