Lieber Herr Neumann, bei Ihrem Beitrag haben mir verschiedene Dinge gefehlt. Bis kurz vor Schluss hat mir gefehlt, dass Sie, wie üblich, die vermeintliche Zerrissenheit der Koalition aufs Tapet bringen; das haben Sie auch noch geschafft. Viel wesentlichere Fragen haben Sie nicht beantwortet. Sie sprachen von massiven Hinweisen, die vorlägen. Sie haben Vorwürfe gemacht, Sie haben Menschen angegriffen. Nur haben Sie leider überhaupt nichts konkretisiert und sind sogar noch hinter der Berichterstattung der Tageszeitungen zurückgeblieben.
Was ist denn das für ein Verantwortungsgefühl? Das, was Sie hier an Wissen offenbaren, wie Gesellschaften privatrechtlich und aktienrechtlich geführt werden,
Wenn der Haupteigner eines Konzerns oder einer Bank einen Brief an den Aufsichtsratsvorsitzenden schreibt und sagt, man hätte noch nicht alles, dann tut er das schriftlich, weil er etwas in der Hand haben will und nicht von Ihnen den Vorwurf kassieren will, er hätte das lieber schriftlich machen sollen.
Sie haben keinerlei Verständnis dafür, wie solche Gremien funktionieren und was man tun muss, um im Sinne der Stadt verantwortlich zu handeln. Man könnte nun sagen, das muss man als Opposition auch nicht, weil man einfach kritisieren kann, ein bisschen "Dropping" machen kann und dann schaut, was passiert. Sie haben es hier aber mit Menschen zu tun, deren Reputation Sie angreifen, und das findet teilweise unter der Gürtellinie statt, und zwar ohne jeglichen Beleg.
Nonnenmacher auftreten. Herr Goldberg hat sicherlich politisches Gewicht, das ist unbestritten. Aber eines scheint die Opposition zu vergessen: Entscheidungen treffen in diesem Fall immer noch die Staatsanwaltschaften in Bezug auf die Ermittlungen und die Gerichte in Bezug auf das Ergebnis,
(Dr. Andreas Dressel SPD: Die haben im- merhin schon einen Anfangsverdacht gese- hen, sonst würden sie nicht ermitteln!)
jedoch nicht die Opposition in der Fragestellung, ob denn nun jemand schuld hat oder nicht. Das sollten Sie den Staatsanwaltschaften und Gerichten überlassen.
Damit sind wir aus meiner Sicht bei einem Kern der Diskussion, der Unschuldsvermutung. Ich glaube, wir sind sehr gut beraten – hierbei schaue ich die Kollegen Bischoff, Böwer und Schäfer an –, wenn wir nicht immer gleich losmarschieren und pauschal behaupten, es würde etwas illegal weitergegeben, Menschen hätten ihre Aufsichtspflicht und Verschwiegenheit verletzt, andere Menschen erpresst und so weiter. Sie können hier nicht etwas für sich einfordern, was bei anderen nicht mehr gelten soll. Das halte ich für keinen guten Stil.
Aber Sie spielen auch mit dem Feuer, weil Sie Grenzen verschieben zwischen politischer Auseinandersetzung, formaljuristischer Bewertung und persönlicher Verantwortung von Politikern. Sie verquicken völlig unzulässig die Personen Nonnenmacher und Frigge und versuchen, aus dem Fehlverhalten des einen den Generalvorwurf an den anderen zu stützen, und das ist nicht solide, das ist schlecht und schwach.
Insbesondere im Kontext Nonnenmacher wird es pikant und das macht mich nachdenklich. Herrn Nonnenmacher wird vorgeworfen, Mitarbeiter absichtlich denunziert zu haben, ihnen Kinderpornografie untergeschoben und sie aus der Bank gemobbt zu haben. Wenn das so war, kritisieren wir das zu Recht, dann muss er gehen und er wird jetzt auch gehen, völlig unabhängig davon, ob die Vorwürfe schon belegt sind.
Aber wir können uns hier nicht hinstellen und mit ähnlichen Methoden auf den Finanzsenator losgehen. Dieser Fall Nonnenmacher und die Vorgänge um die HSH Nordbank, die wir dort gerade erleben, sind nicht schön. Auch ich bin der Meinung und habe das auch schon früh geäußert, dass Herr Nonnenmacher jetzt gehen muss, völlig unabhän
gig davon, ob wir wesentliche Vorwürfe schon wasserdicht belegt haben. Aber wir sollten einen Moment innehalten und einmal darüber nachdenken, wie wir mit Menschen umgehen und ob am Ende die Verrohung der politischen Kultur
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Frigge hat vorhin einen Punkt zu Recht herausgestellt. Diese Bank ist nicht vom Zeitpunkt ihrer Entstehung an durch die Fusion, sondern durch zwei größere Kapitalaufstockungen eines der wichtigsten Engagements für die Freie und Hansestadt Hamburg. Nach dem Beschluss, die Bank zu sanieren – Herr Kerstan hat darauf hingewiesen –, haben die beiden Bundesländer noch einmal 3 Milliarden Euro investiert und garantieren einen beträchtlichen Teil umstrittener Wertpapiere mit 10 Milliarden Euro. Das sind jetzt Größenordnungen von 130 Milliarden Euro, die durch die Garantien abgedeckt werden. Und in einer hausinternen Bank reden wir – Stichwort "Bad Bank" – immer noch über 70 Milliarden Euro. Wir wissen alle, das würde ich auch dem Senat glauben, dass das ein Engagement ist, das über Jahre andauert, bis man beurteilen kann, wie man dort wieder herauskommt. Insofern ist das Grundproblem in der Tat, dass Hamburg und Schleswig-Holstein durch das Schicksal dieser Landesbank existenziell bedroht sind.
Ich kann es noch einmal für die Fraktion erklären. Wir hatten, als die Situation offenbar wurde – und es waren nicht DIE LINKE oder die Opposition, die für die Zustände verantwortlich waren –, darüber gestritten, wie ein Sanierungsprozess schonend für die Stadt und für die Steuerzahler ablaufen könne. Wir sind damit nicht durchgekommen. Sie haben mit Mehrheit diese Entscheidung getroffen. Es ist mir sehr wichtig, dass von dem Zeitpunkt an auch für uns galt, diesen Prozess kritisch zu begleiten, obwohl wir es anders haben wollten. Aber wir wollten, dass es zu einem guten Ende kommt. Herr Kerstan hat jetzt zu Recht darauf verwiesen, dass Anfang 2009 unakzeptable Verletzungen des Datenschutzes und der Arbeitsbeziehungen hinzugekommen sind, unabhängig von unserer Einschätzung der Finanzsituation.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, Herr Kerstan hat zu Recht darauf hingewiesen, dass diese Affären und Verletzungen nichts mit der Grundkonstellation zu tun hätten. Wenn man heute
fragt, wie so etwas entstehen konnte in einem Institut, dann kann man nur sagen, dass diese Affären etwas mit dem Klima der Angst, des Misstrauens und der Verdächtigungen zu tun haben, die sich in dieser Situation gebildet haben. Herr Frigge – da werden Sie mir auch folgen –, in dieser Situation hat ein Vorstandsvorsitzender nur begrenzte Zeit zu sagen, er würde zum Hindernis, wenn dies nicht aufgelöst würde, unabhängig von der Frage, ob er verwickelt ist oder nicht. Vorrang muss die Sanierung der Bank und die schadlose Entwicklung für die Städte, die Länder und die Steuerzahler haben.
Sie haben dem Vorstand dann auch Zeit gelassen; es sind viele Prüfungen erfolgt. Viele Kanzleien sind mit der Prüfung der Vorwürfe beauftragt worden, die Staatsanwaltschaft war im Haus. Wir können heute nur sagen, es ist nichts dabei herausgekommen. Insofern ist es richtig, dass diese Zeit irgendwann abgelaufen ist. Es wird schwierig, das ist jetzt offensichtlich auch Konsens. Es gibt natürlich noch die Debatte, ob man das nicht hätte früher machen müssen. Die Opposition sagt, das hätten Sie früher machen müssen. Das ist die verbleibende Differenz und auch die, Herr Frigge, dass es nicht hanseatisch ist, was Sie gemacht haben. Sie hätten von sich aus sagen sollen, dass Sie keinen Interessenkonflikt wollten, und hätten diese Stelle nicht annehmen sollen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Senator Frigge, nur der Vollständigkeit halber: Ich glaube, der Herr Dr. Klemmt-Nissen ist nicht mehr Senatsdirektor bei Ihnen im Haus, sondern er ist zwischenzeitlich Geschäftsführer bei der HGV geworden.
Ich möchte gerade bei dieser Frage auf den Kern der Geschichte zurückkommen. Die Europäische Kommission prüft gegenwärtig, ob der Ausgabepreis der Aktien im Zusammenhang mit der Kapitalerhöhung überhöht war. Ich habe jedenfalls für heute die Antwort auf eine Schriftliche Kleine Anfrage bekommen und da teilt der Senat mir und dem Kollegen Böwer mit, das Unternehmen C4 Consulting GmbH habe im konkreten Fall mitgeteilt, dass ein Mandatsverhältnis mit der J.C. Flowers im erfragten Zeitraum bestanden habe, dieses aber in keinerlei Beziehung zur HSH Nordbank gestanden habe. J.C.F. ist im Übrigen kein Anteils
Das Entscheidende ist aber, dass Herr Flowers insgesamt neun Trusts berät, die die Anteilseigner der HSH Nordbank sind. Und er berät sie nicht nur, er vertritt sie sogar im Aufsichtsrat.
Herr Goldberg, eigentlich müssten Sie noch einmal etwas sagen, weil ich das Gefühl habe, nach Ihrem Wortbeitrag kommt man zu dem Ergebnis, dass die Pressekonferenz des Senats gestern ein Ausrutscher war, denn mit Herrn Nonnenmacher ist alles hervorragend gelaufen. So geht das nicht und der Widerspruch zur GAL ist offensichtlich geworden. Sie sind an dem Punkt ziemlich am Ende.
Ich habe noch eine Bemerkung zu der Frage, wie es weitergehen soll. Wir können uns eine weitere Hängepartie bei der HSH Nordbank nicht erlauben.
In den nächsten Monaten wird die Europäische Kommission darüber entscheiden, welche Opfer die HSH Nordbank in den nächsten Jahren dafür erbringen muss, dass sie in der Krise durch Hamburg und Schleswig-Holstein mit 3 Milliarden Euro Eigenkapital und 10 Milliarden Euro Garantien gerettet wurde. Davon hängt ab, wie sich die Zukunft der HSH Nordbank weiter gestalten wird. Das heißt, diese ganzen Verhandlungen muss jemand fortführen. Das kann nicht irgendwann passieren, sondern es muss schnell passieren. Es steht viel auf dem Spiel für die HSH Nordbank, es steht viel auf dem Spiel für die Stadt und die Steuerzahler. Deshalb ist es natürlich nicht nur eine Angelegenheit des Aufsichtsratsvorsitzenden, sondern es ist in erster Linie eine Angelegenheit des Bürgermeisters dieser Stadt, sich darum zu kümmern, dass bei der HSH Nordbank Ordnung herrscht. Man kann nicht das Ganze auf den Aufsichtsratsvorsitzenden schieben, Herr Bürgermeister, wie Sie das heute im "Hamburger Abendblatt" getan haben. Handeln Sie endlich und ducken Sie sich nicht weg. – Vielen Dank.