Protokoll der Sitzung vom 11.11.2010

Meine Damen und Herren! Damit haben wir das Ende der Aktuellen Stunde erreicht.

Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf, Drucksache 19/6467: Wahl eines vertretenden Mitglieds des Hamburgischen Verfassungsgerichts.

[Unterrichtung durch den Präsidenten der Bürgerschaft: Wahl eines vertretenden Mitglieds des Hamburgischen Verfassungsgerichts – Drs 19/6467 –]

Weil das Gesetz über das Hamburgische Verfassungsgericht in seinem Paragrafen 4 eine geheime Wahl vorschreibt, findet die Wahl in Wahlkabinen

(Christiane Blömeke)

statt. Wir verfahren so, dass Frau Thomas und Herr Hakverdi abwechselnd die Mitglieder der Bürgerschaft in alphabetischer Reihenfolge aufrufen werden.

Ich bitte Sie dann, zur Kanzleibank zu gehen und dort Ihren Stimmzettel entgegenzunehmen. Jeder Stimmzettel enthält Felder für Zustimmung, Ablehnung oder Enthaltung. Mit dem Stimmzettel gehen Sie bitte in eine der beiden Wahlkabinen und nehmen Ihre Wahlentscheidung vor. Ich bitte, den Stimmzettel jeweils mit nur einem Kreuz zu versehen. Stimmzettel, die den Willen des Mitglieds nicht zweifelsfrei erkennen lassen oder Zusätze enthalten, sind ungültig. Auch unausgefüllte Stimmzettel gelten als ungültig. Nach der Wahlhandlung begeben Sie sich bitte zu Herrn Hakverdi, bei dem die Wahlurne steht. Stecken Sie dann bitte Ihren Stimmzettel in die Wahlurne.

Ich darf nun Herrn Hakverdi bitten, mit dem Namensaufruf zu beginnen. Meine Damen und Herren! Ich darf bitten, den Geräuschpegel hier im Hause deutlich zu senken – das gilt für alle, die sich in diesem Saal aufhalten –, damit jede Kollegin und jeder Kollege seinen Namen auch wahrnehmen kann. Herr Hakverdi, bitte beginnen Sie.

(Der Namensaufruf und die Wahlhandlung werden vorgenommen.)

Meine Damen und Herren! Ist ein Mitglied dieses Hauses nicht aufgerufen worden? Das ist erkennbar nicht der Fall. Ich stelle fest, dass alle Abgeordneten aufgerufen worden sind und die Stimmabgabe abgeschlossen ist. Damit erkläre ich die Wahlhandlung für geschlossen.

Ich bitte nun, die Stimmenauszählung vorzunehmen. Für die Dauer der Stimmenauszählung ist die Sitzung unterbrochen.

Unterbrechung: 16.28 Uhr

Wiederbeginn: 16.39 Uhr

Meine Damen und Herren! Die Sitzung ist wieder eröffnet. Ich darf Sie bitten, Platz zu nehmen.

Ich gebe Ihnen das Ergebnis der Wahl bekannt.

Bei der Wahl eines vertretenden Mitglieds des Hamburgischen Verfassungsgerichts sind 107 Stimmzettel abgegeben worden. Alle Stimmzettel waren gültig. Herr Dr. von Rönn erhielt 84 Ja-Stimmen, 13 Nein-Stimmen und 10 Enthaltungen. Damit ist Herr Dr. von Rönn zum vertretenden Mitglied des Hamburgischen Verfassungsgerichts gewählt worden.

Ich bitte nun Herrn Dr. von Rönn, nach vorne in unsere Mitte zu kommen. Herr Dr. von Rönn, die Bürgerschaft hat Sie soeben zum vertretenden Mit

glied des Hamburgischen Verfassungsgerichts gewählt. Dazu darf ich Ihnen die Glückwünsche des Hauses aussprechen und Sie fragen, ob Sie die Wahl annehmen.

Herr Dr. von Rönn: Ich bedanke mich für das Vertrauen und nehme die Wahl an.

Da Sie bereits vertretendes Mitglied des Hamburgischen Verfassungsgerichts sind, haben Sie den Eid nach Paragraf 7 des Gesetzes über das Hamburgische Verfassungsgericht vor der Bürgerschaft schon geleistet. Eine erneute Vereidigung ist nicht erforderlich. Im Namen des ganzen Hauses wünsche ich Ihnen nun als vertretendem Mitglied des Hamburgischen Verfassungsgerichts weiterhin eine glückliche Hand in der Amtsführung, alles Gute, Glück und auch Befriedigung für Ihre Aufgabe. Herzlichen Glückwunsch.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Meine Damen und Herren! Wir fahren dann fort in der Tagesordnung. Ich rufe auf den Punkt 11, Drucksache 19/7655, Bericht des Sozialausschusses: Entwurf eines Gesetzes über die Öffentliche Rechtsauskunft- und Vergleichsstelle.

[Bericht des Sozialausschusses über die Drucksache 19/6085: Entwurf eines Gesetzes über die Öffentliche Rechtsauskunft- und Vergleichsstelle (ÖRA-Ge- setz) (Senatsantrag) – Drs 19/7655 –]

Wer wünscht das Wort? – Herr von Frankenberg, bitte schön.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bereits im Jahre 1922 wurde die Rechtsauskunftstelle des Hamburgischen Amtes für Wohlfahrt gegründet, wie das seinerzeit hieß. Seit 1946 haben wir in Hamburg die Öffentliche Rechtsauskunft- und Vergleichsstelle – abgekürzt ÖRA – als Teil der für Soziales zuständigen Behörde. Die Rechtsberatung ist für die einkommensschwächeren Teile der Bevölkerung gedacht. Aufgaben sind außergerichtliche Streitbeilegung, Güteverfahren; zugleich ist sie strafrechtliche Sühnestelle und seit den Neunzigerjahren auch außergerichtliche Mediationsstelle. Der Umfang, über den wir reden, sind 33 000 Rechtsberatungen, 2000 Verfahren zur außergerichtlichen Beilegung von Streitigkeiten und 50 Mediationsverfahren. Wir haben 180 ehrenamtliche Beraterinnen und Berater, denen ich ausdrücklich noch einmal Dank sagen muss, weil sie eine großartige Arbeit für Hamburg machen.

(Beifall bei allen Fraktionen)

(Vizepräsident Wolfhard Ploog)

Nach dieser kleinen Einleitung könnte man natürlich sagen, das läuft doch gut, warum Änderungen? Anlass ist aber, dass das Gesetz selbst etwas in die Jahre gekommen ist. Es ist von 1946, das ist für ein Gesetz vielleicht gar nicht so fürchterlich alt, aber man stellt sich dann immer die Frage: Machen wir es komplett neu oder ändern wir hier und da? Es hat durchaus Sinn gemacht, es einmal komplett neu zu machen; es wird dadurch insgesamt übersichtlicher. Ziel war eine Anpassung an die veränderte Rechtslage, aber auch eine zeitgemäße Antwort auf Erfordernisse der Praxis und das ist im vorliegenden Entwurf meines Erachtens gut gelungen.

Einige besonders wichtige Erneuerungen möchte ich nennen. Zum einen ist die Mediation als besondere Form der außergerichtlichen Streitbeilegung neu aufgenommen. Das war vorher nicht der Fall. Wir haben auch eine neue Definition der Aufgaben der Vorsitzenden, der Beraterinnen und Berater; das ist wesentlich im Gesetz geregelt. Und wir beraten heute auch eine Änderung, die wir im Sozialausschuss einstimmig beschlossen haben, nämlich die pauschale Altersgrenze zu streichen. Alle Fraktionen waren sich da einig, auch der Senat begrüßte das ausdrücklich. Die pauschale Altersgrenze für ehrenamtliche Beraterinnen und Berater wird, wenn wir so beschließen, heute aufgehoben. Zukünftig ist ausschließlich die persönliche und fachliche Eignung ausschlaggebend, nicht mehr das Alter. Das ist ein sinnvoller Beschluss, den wir heute fassen wollen.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Weitere Änderungen, die ich noch kurz nennen will: Bei Paragraf 4 – Anspruchsvoraussetzungen, Anpassung an Bundesgesetz, allgemeine Grundsätze – ist einiges, insbesondere das faire Verfahren, noch einmal ausdrücklich geregelt. Es wird sich auch die Besetzung der Leitung ändern. Ehrenamtliche Beraterinnen und die Vorsitzenden werden im Einvernehmen mit der Justizbehörde zukünftig auf Vorschlag der ÖRA-Leitung benannt. Das ist durchaus eine praxisgerechte Vereinfachung des Verfahrens. Und auch im Güteverfahren ist ein Schriftverfahren möglich. Es kommen also eine ganze Reihe von Anpassungen und Änderungen neu auf Hamburg zu, die ich durchaus einmal genannt haben möchte.

Außerdem möchte ich erwähnen, dass sich auch die Gebührenordnung als solche geändert hat. An der Stelle will ich ausdrücklich der Opposition meinen Dank aussprechen. Ich finde es gut, dass Sie die Aufhebung der kostenfreien Beratung mitgetragen haben. In Zukunft ist es so, dass man zumindest einen Grundbeitrag bezahlen muss. Sinn und Zweck der Sache ist es, eine Wertschätzung für die in Anspruch zu nehmende Leistung zu haben und Missbrauchstatbeständen entgegenzuwirken. In Zukunft gibt es einen Regelbeitrag von 10 Euro,

einen ermäßigten Beitrag von 3 Euro und darin enthalten sind die ganzen Folgeberatungen.

Das ist das Wesentliche des Gesetzes, über das wir heute beraten. Die Ausschussberatungen im Sozialausschuss verliefen ansonsten einstimmig. Wir haben das auch konstruktiv bewertet

(Christiane Schneider DIE LINKE: Interfrak- tionell!)

mit der Änderung der Altergrenze, die ich schon vorgestellt habe. Heute bitten wir die Bürgerschaft um Zustimmung. Zusammenfassend möchte ich noch einmal ausdrücklich sagen, dass wir das neue Gesetz begrüßen. Es wird der Praxis gerechter und ist eine vernünftige Anpassung an die Gegebenheiten.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das Wort hat Herr Kienscherf.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr von Frankenberg, Sie haben in der Tat relativ ausführlich die Historie, die einzelnen Änderungen und wie sich einzelne Beiträge verändern werden dargestellt. Das will ich nicht noch einmal alles wiederholen, das ist der Sache nicht dienlich. Gleichwohl will ich den Dank der Sozialdemokraten an die ÖRA und an die ehrenamtlich dort Tätigen wiederholen. Sie leisten wirklich eine wichtige Arbeit für einkommensschwache Haushalte und wir sind froh, dass diese wichtige Arbeit auch zukünftig fortgeführt werden kann.

(Beifall bei der SPD und der GAL und bei Egbert von Frankenberg CDU)

Weil wir – jedenfalls im Sozialausschuss – eine große Einigkeit haben, will ich das nicht unnötig in die Länge ziehen. Lassen Sie mich aber ein, zwei Anmerkungen machen.

Das Gesetzesverfahren an sich kann man im Nachhinein als ein wenig unglücklich betrachten, um es nett auszudrücken. Wir alle wissen, dass der Senat im Juni dieses Jahres einen Gesetzentwurf zum ÖRA-Gesetz vorgelegt hat. Das ist an die Ausschüsse überwiesen worden und dann hat sich erst einmal relativ wenig getan. Die SPD-Fraktion hat sich diesen Gesetzentwurf sehr intensiv angeguckt, hat geschaut, welche Neuerungen es gibt und wie sie zu bewerten sind, auch das Thema, dass zukünftig Kosten erhoben werden. Wir haben gesagt, dass wir das als Fraktion mitmachen werden, weil auch wir glauben, dass es richtig ist, bestimmte Kosten zu erheben, dass es natürlich aber sozial verträglich geschehen muss.

Wir haben allerdings auch entdeckt – und das fanden wir nicht richtig –, dass in dieses Gesetz erstmalig der Tatbestand der Altersdiskriminierung eingebaut worden ist und dass zum ersten Mal vom

(Egbert von Frankenberg)

Senat deutlich gemacht worden ist, dass Menschen mit 70 Jahren keine ehrenamtliche Tätigkeit mehr ausüben dürfen. Vor dem Hintergrund der ganzen Diskussionen, die wir in den letzten Jahren und Monaten im Sozialausschuss, mit dem Justizsenator und auch dem Sozialsenator geführt haben, halten wir das für völlig unangemessen. Damals war das Signal richtig: Wir wollen in dieser Stadt seitens der Politik keinerlei Diskriminierungstatbestände schaffen, die dazu führen, ältere Menschen von bestimmten Tätigkeiten auszuschließen.

(Beifall bei der SPD)

Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten. Mehrere Wochen lang lag dieser Gesetzentwurf herum, dann hat unsere Fraktion sich dazu geäußert und in diesem einen Punkt in der Tat gesagt: So geht es nicht. Sie, Herr von Frankenberg, haben wenige Stunden später – auch im Namen der GAL-Fraktion – darauf reagiert und gesagt, die Kritik der SPD hinsichtlich der Diskriminierung sei nicht haltbar und GAL und CDU hätten schon einen fertigen Antragsentwurf, der das Ganze letztendlich beheben würde. Also entweder ist es nicht haltbar oder man hat einen alternativen Antragsentwurf, beides kann nicht übereinstimmen, da müssen Sie sich beim nächsten Mal schon entscheiden.

Besonders verwundert hat uns dann die Beratung im Rechtsausschuss Anfang September, Wochen, nachdem Sie im Namen von GAL und CDU erklärt haben, Sie hätten einen Gesetzentwurf, der das Thema Altersdiskriminierung beseitigen würde. Wir waren doch sehr überrascht, als auf einmal im Rechtsausschuss gerade die Vertreter Ihrer Fraktion – Frau Spethmann an vorderster Front – erklärt haben, das sei alles richtig so und gerade sie finde es gut, dass es eine Altersbeschränkung gebe, gerade sie finde diesen Gesetzentwurf so gut, dass doch der gesamte Rechtsausschuss diesem Gesetzesverfahren erst einmal zustimmen solle. Gleichwohl hat man natürlich gesagt, dass es vielleicht noch eine Änderung im Sozialausschuss geben könne.

Was ist das eigentlich für eine Politik, zwei Wochen vorher zu sagen, man hätte einen Änderungsentwurf, der schon vorliege, der SPD vorzuwerfen, Kritik zu üben, die nicht angebracht ist, man wolle nachbessern und zwei Wochen später im Rechtsausschuss alle aufzufordern, diesem Gesetzentwurf, der die Diskriminierung vorsieht, zuzustimmen. Das ist doch keine ehrliche Politik, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD – Carola Veit SPD: Ge- nau!)

Es ist natürlich gut gewesen – und dafür bedanken wir uns auch –, dass wir gemeinsam im Sozialausschuss dieses Senatspapier eingefangen haben. Sie haben im Rechtsausschuss noch ein Petitum der SPD-Fraktion abgelehnt, diese Bestandteile