Protokoll der Sitzung vom 11.11.2010

Beschluss 4138,

Antrag der Fraktion der SPD:

Medienkompetenzförderung in Hamburg in der digitalen Ära – Drs 19/7457 – 4138,

Uwe Grund SPD 4138,

Andreas C. Wankum CDU 4139,

Farid Müller GAL 4140, 4142,

Kersten Artus DIE LINKE 4141,

Beschluss 4142,

Bericht des Eingabenausschusses:

Eingaben – Drs 19/7634 – 4142,

Bericht des Eingabenausschusses:

Eingaben – Drs 19/7635 – 4142,

Bericht des Eingabenausschusses:

Eingaben – Drs 19/7636 – 4143,

Beschlüsse 4143,

Sammelübersicht 4143,

Beschlüsse 4143,

Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Drucksache 19/7113:

Schaffung der rechtlichen Grundlagen für eine institutionenübergreifende Identitätsverwaltung ("Identity Manage- ment") für IT-Verfahren staatlicher Hochschulen und der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg Carl von Ossietzky – Zehntes Gesetz zur Änderung des Hamburgischen Hochschulgesetzes – (Senats- antrag) – Drs 19/7661 – 4143,

Beschlüsse 4143,

Antrag der Fraktion DIE LINKE:

Frauenhäuser müssen als Zufluchtsorte für Opfer häuslicher Gewalt in Hamburg und über die Landesgrenze hinweg erhalten bleiben – Drs 19/7354 – 4143,

Beschlüsse 4143,

Antrag der Fraktion der SPD:

Erhalt des Therapie-Zentrums für Suizidgefährdete in seinen bisherigen Strukturen – Drs 19/7565 – 4143,

Beschlüsse 4144,

Beginn: 15.02 Uhr

Meine Damen und Herren! Die Sitzung ist eröffnet.

Wir setzen sogleich die

Aktuelle Stunde

von gestern fort.

Ich rufe dazu das dritte Thema auf, das in der gestrigen Sitzung wegen Zeitablaufs nicht mehr behandelt werden konnte. Angemeldet wurde es von der GAL-Fraktion. Es lautet:

Verlässliche Ganztagsbetreuung und -bildung – Nachmittagsangebote für alle Schülerinnen und Schüler.

Wird dazu das Wort gewünscht? – Das ist der Fall. Herr Gwosdz hat das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! In den letzten Tagen und Wochen ist das Thema der ganztägigen Betreuung und Bildung an Hamburgs Schulen intensiver diskutiert worden. Ein Aspekt ist in dieser Diskussion völlig untergegangen oder zumindest sehr stark unterbelichtet gewesen. Das Thema hat nämlich auch deswegen erneut Auftrieb und eine neue Dynamik bekommen, weil wir eine sehr starke Nachfrage aufseiten der Eltern haben, und diese starke Nachfrage nach der Einführung von ganztägiger Betreuung und Bildung zeigt uns, dass hier offensichtlich eine Notwendigkeit besteht, ein derartiges Angebot auch in der Praxis umzusetzen. Das ist erst einmal eine sehr positive Entwicklung, dass die Idee der ganztägigen Betreuung und Bildung bei vielen Eltern auf positive Resonanz stößt.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Wenn es jetzt eine Umsetzung geben wird, die möglicherweise mehr Schulen die Möglichkeit gibt, ganztägige Betreuung und Bildung einzuführen als in der Pilotphase vorgesehen, dann kommt das nicht aus einer Entscheidung nach Lust und Laune des Senats oder der beteiligten Behörden heraus, sondern es handelt sich dabei tatsächlich um die Umsetzung des verstärkten Elternwunsches, dies einzuführen. Verlässliche ganztägige Bildung und Betreuung wird im nächsten Schuljahr nur an den Schulen eingeführt, an denen es alle Beteiligten wünschen. Es wird nur an den Schulen eingeführt, an denen die organisatorischen Voraussetzungen auch erfüllt sind. Das Angebot wird es dort geben, wo der Elternrat, die Lehrerkonferenz und die Schulkonferenz dem Vorhaben zustimmen. Es wird dort eingeführt, wo sich ein Hortträger findet, der auch bereit ist, mit der Schule zu kooperieren. Es wird nur dann eingeführt, wenn ein gemeinsames

pädagogisches Konzept und eine gemeinsame pädagogische Idee von Schule und Hortträger bestehen. Es wird nur dann eingeführt, wenn die organisatorischen Voraussetzungen stimmen, und auch nur dann, wenn das Angebot im Sozialraum abgestimmt, kommuniziert und diskutiert wurde. Wenn all diese Voraussetzungen, die ich gerade genannt habe, gegeben sind, dann kann man wirklich guten Gewissens mit dem Modell der ganztägigen Bildung und Betreuung an der jeweiligen Schule starten.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

In der Diskussion der letzten Wochen kommt noch etwas anderes völlig zu kurz. Es gibt eigentlich in jeder bildungspolitischen Debatte einen sehr großen übergreifenden Konsens bei der Frage, ob wir mehr Ganztagsschulen brauchen oder nicht. Mehr Ganztagsbetreuung an den Schulen ist auch richtig, sowohl bildungspolitisch als auch integrationspolitisch, bildungspolitisch deshalb, weil ein Ganztagsangebot an der Schule mehr Zeit dafür gibt, die Persönlichkeit der Kinder zu entwickeln. Es geht um die ganzheitliche Bildung des Kindes, nicht nur um Stoffvermittlung am Vormittag. Integrationspolitisch ist das Ziel richtig, denn es ermöglicht, dass Kinder aller Schichten aus einem Stadtteil unabhängig von ihrer Herkunft und ihrem sozialen Status den ganzen Tag zusammen lernen, spielen und sich austauschen. In Deutschland und auch in Hamburg ist die Ganztagsschule bislang kein Regelangebot. Die Ursache dafür liegt in einigen großen Lebenslügen in Deutschland. Es gibt eine, die oft diskutiert wird, dass Deutschland kein Einwanderungsland sei. Eine andere Lebenslüge in Deutschland wie auch in anderen Ländern ist über lange Zeit natürlich die gewesen, dass die Aufgabe der Frau sich durch Kinder, Küche und Kirche definiert. Wegen dieses Verständnisses von Gleichstellung gab es eine jahrzehntelange Ignoranz gegenüber der Notwendigkeit von Ganztagsschulen. Deswegen haben wir in Deutschland keine Ganztagsschulen.

(Beifall bei Karen Koop CDU)

Man kann diese Aussage durchaus durch Beifall bestätigen.

Vor dem Hintergrund dieser jahrzehntelangen Ignoranz gegenüber der Notwendigkeit von Ganztagsschulen hat sich parallel aus gleichstellungsund familienpolitischer Not heraus ein Hortangebot entwickelt. Heute haben wir die Diskussion, dass es viele ehrenwerte und gute Pläne und Ideen gibt, Ganztagsbetreuung eigentlich an jeder Schule einzuführen. Ernst Dieter Rossmann, der bildungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion,

(Wilfried Buss SPD: Richtig!)

hat gerade im "Zweiwochendienst" ein sehr schönes ausformuliertes Konzept vorgelegt, wie man bis 2020 jede Schule in Deutschland zu einer

Ganztagsschule machen kann. Ich finde das sehr bemerkenswert und würde mir wünschen, dass wir das auch gemeinsam auf allen Ebenen diskutieren. Das Konzept hat aber einen blinden Fleck; es beantwortet nicht die Frage, was aus den Horten und vor allem aus den Hortträgern wird, wenn wir flächendeckend jede Schule zu einer Ganztagsschule machen. Die ganztägige Bildung und Betreuung, wie wir sie in Hamburg einführen wollen, gibt hierauf eine Antwort. Sie bringt Schule und Hortträger zusammen und bündelt die Erfahrungen und Ressourcen von Schule und von Hort. Das ist in meinen Augen eine weitsichtige, umsichtige und auch verantwortungsvolle Politik.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Wir wollen in Hamburg ausdrücklich nicht Ganztagsschulen aus der bildungspolitischen Perspektive heraus stur ausbauen und das Ganze auf dem Rücken der Träger ausüben. Jede neue Ganztagsschule wäre nämlich – ohne Absprache eingeführt – eine existenzielle Bedrohung für einen Hort am Standort, denn er kann nicht nur von den Randzeiten vor 8 Uhr und nach 16 Uhr leben. Insofern ist es ein wichtiger Schritt, die ganztägige Bildung und Betreuung in Hamburg einzuführen. Sie bündelt Erfahrungen, sie bringt den Ausbau von Ganztagsschule voran und sie ist ein wichtiger Schritt zu mehr Gerechtigkeit in Hamburg. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das Wort hat Frau Dr. Föcking.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Da wir heute über Bildung sprechen, sei es mir erlaubt, mit einem Goethe-Zitat zu beginnen.