Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Da wir heute über Bildung sprechen, sei es mir erlaubt, mit einem Goethe-Zitat zu beginnen.
In Faust I sagt Mephistopheles, er sei der Geist, der stets verneint und Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft.
Bei der Hortreform will niemand etwas Böses, im Gegenteil. Aber angesichts mancher öffentlicher Äußerungen gewinnt man doch den Eindruck, als handele es sich hier um Teufelszeug.
Da wird von künftig katastrophalen Betreuungsstandards gesprochen, vom Rumprobieren der Modellschulen auf Kosten der Kinder, der Zulauf in die neue Betreuungsform sei nur ein Zeichen der
Not. Und eine Tageszeitung titelt: "Erster Hort macht dicht". Ist das Angebot der offenen und verlässlichen Ganztagsschule bis Klasse 6 also ein Irrweg? Ist es falsch, all diesen Kindern künftig unabhängig davon, ob ihre Eltern berufstätig sind oder nicht, die Möglichkeit zu bieten, von 8 bis 16 Uhr kostenlos an der Schule durch Fachkräfte betreut zu werden? Ist es nicht sinnvoll, damit gerade auch sozial benachteiligte Kinder nachmittags weg von der PlayStation hin auf den Schulsportplatz zu holen? Ist es nicht vernünftig, die Hortbetreuung vor und nach dem Unterricht an die Schulen zu verlagern und dabei eng mit allen Trägern der Jugendhilfe zusammenzuarbeiten? Doch, erklärten etwa die Kita-Anbieter vor einem Jahr. Sie begrüßten grundsätzlich eine noch engere Kooperation zwischen Schule und Trägern als den einzig realistischen Weg und zeigten sich geleitet von der Vision, aus dem Zusammenbinden von Schule und Hort etwas Neues, für die Kinder Wertvolleres zu machen, als die reine Addition beider Angebote. Ursprünglich sollte die Hortreform bereits flächendeckend ab August dieses Jahres umgesetzt werden. Doch das Argument, die Schulen wären überfordert, wenn sie gleichzeitig den Umbau zur Primarschule und die neue Hortbetreuung regeln sollten, überzeugte und so wurde die Hortreform auf 2013 verschoben.
Nur an fünf Schulen sollte das neue Modell bereits zuvor getestet werden. Glaubt man den beteiligten Schulen und Hortleitungen, dann klappt das im Großen und Ganzen auch gut. In einer zweiten Pilotphase sollten 14 weitere Schulen die Hortbetreuung übernehmen, doch womit niemand gerechnet hatte: Statt 14 erklärten 80 Schulen, dass sie gerne schon ab nächstem August in das neue System einsteigen würden. Das Interesse der Eltern und Schulen ist also sehr viel größer, als die Kritiker glauben machen möchten. Offenbar ist es für viele Eltern ein großes Plus, ihr Kind bis in den Nachmittag an der Schule kostenlos gut aufgehoben zu wissen, mit einer Erzieherin, die den Schulalltag des Kindes genau kennt und mit der Klassenlehrerin engen Kontakt halten kann. Offenbar sehen es auch viele als Vorteil, dass der Erstklässler frühmorgens nicht erst einmal in die Kita und erst dann zur Schule muss, sondern gleich in den Schulhort gehen kann. Offenbar überzeugt nicht zuletzt viele die Idee, dass Schulen, Kitas, Jugendmusikschulen und Sportvereine all ihren Sachverstand an einer Stelle, nämlich an demselben Schulkind, zusammenbringen und neue Konzepte bei der gemeinsamen Arbeit entwickeln können.
Schuljahr den Einstieg in das neue System beantragen. Die Hürden dafür sind allerdings hoch, Herr Gwosdz hat sie bereits aufgezählt, darauf brauche ich jetzt nicht mehr einzugehen. Aber auf diese Weise kann es gelingen, die Reform in die Wege zu leiten, ohne die Beteiligten zu überfordern. Dass auf diesem Wege in einer Rahmenvereinbarung noch Dinge zu klären sind, versteht sich von selbst und wurde vom Senat auch nie anders behauptet. Und dass die Reform, die künftig mindestens 10 000 Kindern mehr den Hortbesuch ermöglicht, für die Stadt auch noch finanzierbar bleiben muss, sollte für uns als für den Haushalt zuständige Parlamentarier eine Selbstverständlichkeit sein.
Wer allerdings die geplante Reform als Ganztagsschule light bezeichnet und immer neue Forderungen obendrauf sattelt, ohne wirkliche Alternativen zu nennen, der muss sich den Vorwurf gefallen lassen, hier regiere der Geist, der immer verneint und gar nichts mehr schafft. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wo steht dieser Senat in Sachen Bildung und Betreuung und Kita?
Herr Bürgermeister, nahezu alle Ankündigungen dieser Regierung sind hinfällig oder verschoben auf die nächste Legislaturperiode, wenn diese Koalition keine Verantwortung mehr tragen wird.
Und jetzt Ihre Hortreform. Schauen wir genau hin, was Sie aus einer eigentlich guten Idee machen: mit großem Brimborium im Sommer 2009 verkündet, wir haben es eben schon gehört, dann wegen massiver Proteste wieder zurückgenommen und jetzt durch die Hintertür eingeführt. Sie wollen um jeden Preis 10 000 Kinder mehr nachmittags aufbewahren, und zwar haushaltsneutral; 10 000 Kinder mehr, ohne eine einzige Erzieherin einzustellen, ohne die Räume zu haben und ohne einen Blick, was es für die bestehenden guten Angebote und für Eltern und Kinder bedeutet. Das haben sich die Eltern übrigens nicht gewünscht.
fahrung vorweisen können. Wir hören, dass es an allen Ecken hakt. An einem Standort ist Ihnen sogar die pädagogische Leiterin davongelaufen, weil sie die Bedingungen, unter denen die Kinder verwahrt werden sollen, nicht mehr verantworten mochte. Aus dem Landeselternausschuss und dem Hamburger Hortbündnis der Elternkammer sind nichts als Klagen und Beschwerden zu hören und trotzdem machen Sie unbeirrt weiter. Sie sagen, der überstürzte Ausbau sei der großen Nachfrage geschuldet und der Druck der Eltern sei so groß. Manche meinen aber, der Druck laste eher auf Senator Wersich und Senatorin Goetsch, die gegen Ende ihrer Schaffenszeit wenigstens noch etwas Vorzeigbares vorweisen möchten, Herr Bürgermeister.
Die Wahrheit ist, dass CDU und GAL diesen Druck erst erzeugt haben. Sie haben über Jahre den bedarfsgerechten Ausbau der Hortbetreuung verschleppt und dabei übrigens stets behauptet, es gebe gar keine Wartelisten. Und nun haben Sie allein durch Ihre Ankündigung schon dafür gesorgt, dass die Träger ihre Hortkapazitäten eindampfen. Erste Horte haben angekündigt, zum kommenden Schuljahr keine neuen Kinder mehr aufnehmen zu wollen. Das ist das reinste Chaos.
40 Prozent mehr Kinder wollen Sie in Ihrer neuen Nachmittagsaufbewahrung sehen, 10 000 mehr als jetzt – übrigens eben längst nicht alle Hamburger Kinder – und das Ganze kostenneutral wohlgemerkt. Das bedeutet also: viel zu große Gruppen, kaum Personal, Aufbewahrung. Es kann doch wohl nicht sein, dass Sie ohne Erfahrung, ohne ein Raumkonzept, ohne Abstimmung der Rahmenbedingungen, ohne ein erprobtes didaktisches Konzept und ohne jegliche Evaluation jetzt auf einen Streich, wir haben es eben gehört, die Kinder aus 80 Schulen zu Versuchskaninchen machen wollen. Ist es denn nicht so, dass bei den Bedingungen, die Sie für Ihre Nachmittagsbetreuung planen, eigentlich die Heimaufsicht kommen und den Laden dichtmachen müsste, weil sie nämlich weit unter den derzeit geltenden Qualitätskriterien für Hamburger Horte liegen? Frau Senatorin, so ist es doch.
Die GABI, die ganztägige Bildung und Betreuung – manche übersetzen es auch mit ganz billig –, wird angeblich auch gemacht, wie wir eben noch einmal gehört haben, um benachteiligte Kinder zu fördern. Ich glaube nicht, dass das unter diesen Bedingungen gelingen kann. Sie verschlechtern die Förderbedingungen und auch deswegen ist es eine Mogelpackung.
Ganztag, mit Verzahnung von Vor- und Nachmittag und einer ordentlichen Portion Jugendhilfe dort, wo sie nötig ist. Das, was Sie machen, ist vormittags Stundentafel und nachmittags Aufbewahrung.
Zu Ihren Träumereien von Jugendmusikschulen, Sportvereinen und Theater am Nachmittag liegt überhaupt nichts Belastbares vor. Sie machen eine im Grunde gute Idee zunichte, weil Sie sie überhastet und dilettantisch umsetzen und weil Sie auch damit wieder gnadenlos überfordert sind.
Sie haben nach Ihrem Gebührendesaster, das Sie hier gemeinsam veranstaltet haben, in diesem Sommer angekündigt, Sie würden auf die Eltern zugehen und zuhören wollen. CDU und GAL zeigen hier einmal mehr, dass sie nichts dazugelernt haben. Sie können nicht zuhören, Sie können auf niemanden zugehen und deswegen wird die Zeit, die Sie hier verantwortlich Politik gestalten dürfen, auch bald zu Ende sein.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die ganztägige Bildung und Betreuung in den Schulen hat viele Schattenseiten. Die Erfahrungen der Pilotschulen, in denen ganztägige Bildung und Betreuung stattfinden, werden nicht ausgewertet. Diese überstürzte Einführung der Betreuung an den Schulstandorten ist nicht im Interesse der Kinder, der Eltern und der Beschäftigten. Der Senat hätte vor einer flächendeckenden Einführung die Fachleute, Eltern und Beschäftigten beteiligen
und eine seriöse Auswertung der Pilotphasen vorlegen müssen. Es ist zu befürchten, dass die Qualität der Hortbetreuung auf Aufbewahrungsniveau sinken wird. Die Gebührengerechtigkeit wird stark beeinträchtigt und Gebührenfreiheit ist Fehlanzeige, weil es vormittags vor 8 Uhr und nachmittags nach 16 Uhr kostenpflichtig ist. Eine Einführung der Hortreform wurde mit dem Rechtsanspruch für alle zweijährigen Kinder auf 2013 verschoben. Das hätte Kitas mehr Zeit gelassen, sie hätten dafür mehr Krippenkinder aufnehmen können. Dem Senat fehlt es an einem klaren Konzept. Die Entscheidungsträger dieser Reform sind nicht vorbereitet. Das alles hat dazu geführt, dass eine Hortleiterin, wie Carola Veit bereits erwähnt hat, ihre Stelle gekündigt hat, weil sie die Umstände für unzumutbar hielt und mit ihrem Gewissen nicht vereinbaren konnte. Ich habe letztens ein persönli
Vieles spricht gegen eine überstürzte Einführung. Wir haben nichts gegen eine ganztägige Bildung und Betreuung, aber wir sehen doch Kritikpunkte.
Drittens – Carola Veit hat es schon angesprochen –: Mit gleichem Personal sollen zusätzlich zu den 18 000 Kindern noch weitere 10 000 Kinder betreut werden, was einen Qualitätsverlust der Betreuung und eine Überanspannung von Erzieherinnen und Erziehern zur Folge haben wird. Statt bisher 17 Kinder werden in Zukunft bis zu 23 Kinder von einer Erzieherin betreut werden. Man muss auch erwähnen, dass wir im Jahr 1996 einen Erzieher-Kind-Schlüssel von 1:10 hatten, jetzt wäre es bis zu 1:23. Das nenne ich einen Skandal.