Genau das macht dieser CDU-Minderheitensenat. Jetzt, so heißt es, wird der grüne Ballast über Bord geworfen und es gibt CDU pur. Dafür haben Sie keinen Wählerauftrag, meine Damen und Herren von der CDU. CDU pur will niemand in dieser Stadt.
Das Problem, Herr Neumann, ist nicht durch Zeitablauf zu regeln. Das Problem ist, dass dieser Senat sich Entscheidungen anmaßt, für die er keinen Auftrag hat. Das ist gefährlich, weil sich die Übergangszeit eben nicht auf ein Geplänkel von Verzweifelten reduziert, die nicht wissen, ob sie wieder in die nächste Regierung kommen – und das ist für die CDU offenkundig das größte Drama, dass sie in die Opposition muss.
Dass Sie als Bürgermeister – Herr Kerstan hat schon darauf hingewiesen – innerhalb von einer Woche zunächst die Planungen für die Stadtbahn verteidigen und sie dann wieder einsammeln, dafür haben Sie keinen Auftrag.
Nach dem Volksentscheid wurde in vielen Sitzungen – ich glaube, es waren sechs – von allen Fraktionen, der Initiative und den Kammern eine Schulgesetznovelle erarbeitet, die im Parlament eingebracht und beschlossen wurde. Was gilt, ist der Buchstabe des Gesetzes, und der ist nicht CDU pur. Sie haben kein Recht, es so zu interpretieren. Nach Paragraf 14 des Schulgesetzes sind Schulversuche möglich. Jetzt haben sieben Schulen Anträge gestellt, die sorgfältig geprüft werden müssen.
Sie dürfen nicht abgelehnt werden, weil es so schön in den christdemokratischen Wahlkampf passt. Die Schulen haben große Unterstützung in der Stadt, auch von uns, und eine Tabula rasa à la Scheuerl wird nicht hingenommen werden.
Wir haben nach dem Volksentscheid darum gerungen, dass die Schullaufbahnempfehlung einen möglichen Schulabschluss prognostiziert, dass aber auf keinen Fall, weder in schriftlicher noch in mündlicher Form, von den Lehrern gesagt werden soll, auf welche Schulform die Schüler nach der vierten Klasse gehen sollen. Es ist ausdrücklich beschlossen worden, dass die Begriffe Gymnasium oder Stadtteilschule dort nicht auftauchen sollen. Darüber will dieser Endzeitsenat sich jetzt einfach hinwegsetzen und das Gegenteil von dem praktizieren, was im Parlament beschlossen wurde. Auch dazu haben Sie kein Recht.
Auch in der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt sollen Fakten geschaffen werden und die erinnern fatal an den Vorbescheid eines Ole von Beust im November 2007, nämlich an Vattenfall. Damals legte der CDU-Bürgermeister die Grundlage dafür, dass der folgende schwarz-grüne Senat keinen Weg sah, das Kohlekraftwerk Moorburg abzulehnen. Jetzt steht die Rekommunalisierung der Netze für Strom, Gas und Fernwärme an. Die Entscheidung fällt in der nächsten Legislaturperiode. Eine Volksinitiative dazu war erfolgreich. Und was macht dieser Senat auf den letzten Metern seiner Amtszeit? Er will vor Gericht gehen und die Initiative "Unser Hamburg – unser Netz" für verfassungswidrig erklären lassen. Das geht auf keinen Fall.
Vattenfall weigert sich, die erforderlichen Informationen über den Zustand und das Ausmaß der Netze herauszugeben, damit eine Rekommunalisierung zumindest geprüft werden kann. Dazu ist der Konzern laut Endschaftsklauseln der Konzessionsverträge verpflichtet und jetzt bekommt Vattenfall
Schützenhilfe von der Senatorin Gundelach. Die Behörde will diese Klauseln jetzt so ändern, dass die Auskunftspflicht verweigert werden kann.
Das kennen wir schon von der vorzeitigen Vergabe der Gaskonzession an E.ON im Jahr 2007; es wiederholt sich alles. Diese Politik der verbrannten Erde, liebe CDU-Mitglieder, ist zutiefst antidemokratisch
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Nach der letzten Bürgerschaftswahl im Februar 2008 haben alle in der Bürgerschaft vertretenen Fraktionen den Auftrag bekommen, das Wahlergebnis für ganze vier Jahre umzusetzen. Mit der heutigen Debatte müssen wir bilanzieren, dass dies nicht gelungen ist. Das liegt nicht am Parlament oder der Opposition, sondern daran, dass die nach der Bürgerschaftswahl gebildete Koalition einseitig aufgekündigt worden ist. Es ist in der Tat müßig, darüber zu diskutieren, warum das so ist, wer wie viel Schuld daran hat oder welche äußeren Einflüsse dazu geführt haben. Unser parlamentarisches System garantiert, dass politische Entscheidungen demokratisch legitimiert zustande kommen. Wenn es keine parlamentarische Mehrheit mehr gibt, muss der Wähler das Wort haben. Das ist folgerichtig und alternativlos.
Richtig ist aber auch, dass zur Stabilität und zum Erfolg demokratischer Ordnung immer auch gehören muss, dass Politik lernfähig bleibt, also Kritik offen und produktiv verarbeitet und dabei in Verantwortung für das Gemeinwesen handelt. Insofern ist der Umgang mit Kritik immer auch eine Gradwanderung. Entsteht der Eindruck, die gewählten Volksvertreter stehlen sich aus der Verantwortung, dann verspielen sie das Vertrauen, das die Menschen bei der letzten Wahl in sie gesetzt hatten. Vielleicht mehr als anderswo erwartet man bei uns in Deutschland, dass Regierungen in Bund und Ländern eine komplette Legislaturperiode durchhalten, auch wenn es schwierig wird
und auch wenn es Diskussionen gibt, die nicht jedem gefallen können. Meistens haben sie das auch getan. Unter anderem dieser Beständigkeit
haben wir es zu verdanken, dass sich in Deutschland seit 1949 auf allen föderalen Ebenen eine stabile freiheitlich-demokratische Gesellschaft entwickeln konnte. Ich glaube schon, dass ungeachtet berechtigter Kritik, die man am Regierungshandeln immer haben kann, niemand fehlerfrei ist und jeder Koalitionsbruch in unserem Land zu etwas mehr Politikverdrossenheit führt. Das gilt natürlich auch für Hamburg und jeder, der selbstkritisch bilanziert, welchen Anteil er daran hat, muss das schade und bedauerlich finden.
Durch jedes vorzeitige Ende einer Legislaturperiode geht ein Stück Stabilität des Regierens verloren, eine Stabilität, die für eine Demokratie unverzichtbar und die Voraussetzung dafür ist, dass ihre Institutionen dauerhaft Bestand haben.
Herr Kerstan, Sie haben in Ihrer Rede bilanziert, dass die schwarz-grüne Koalition in Hamburg über zweieinhalb Jahre – ich zitiere – "gut und verlässlich" regiert hat. Es gibt viele gemeinsame Erfolge, ich stimme dem unumwunden zu und habe das mitnichten in den vergangenen zweieinhalb Wochen infrage gestellt. Diese Koalition war etwas ganz Besonderes. Beide Seiten haben es sich – und ich weiß auch aus meiner Zeit als Innensenator, wovon ich spreche – nicht leicht gemacht, haben in vielen Gesprächen und Diskussionen um einen gemeinsamen Weg gerungen, um unterschiedliche, auch gesellschaftspolitisch unterschiedliche Positionen zueinander zu bringen. Und das ist gerade dann eine besondere politische Leistung, wenn die Positionen vor der Wahl teilweise sehr unterschiedlich waren und auch die gesellschaftlichen Gruppen, die hinter so einer Koalition stehen, zu vielen entscheidenden Fragen sehr unterschiedliche Auffassungen haben. Dass dies über zweieinhalb Jahre gut gelungen ist und nicht zu einem für die Stadt schädlichen Stillstand geführt hat, sondern dass wir durchaus konstruktiv viele Dinge gemeinsam auf den Weg gebracht haben und sehr unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen stabil vertreten konnten und zu Kompromissen gebracht haben, das müssen wir bei aller Kritik, die natürlich nach dem Auseinanderbrechen der Koalition zu Recht von der Opposition kommt, sehr positiv bilanzieren dürfen. Frau Möller sieht mich gerade an – wir wissen doch, was wir gerade auch im innenpolitischen Bereich erreicht haben.
Da habe ich auch persönlich viel gelernt und das ist etwas, was der Politik und ich glaube auch der Stadt gut getan hat.
Deswegen sage ich ganz klar bei allen Unterschieden und auch bei allen unterschiedlichen Bewertungen über das Ende dieser Zusammenarbeit: Der Geist in dieser Koalition,
der von hoher Verlässlichkeit geprägt war und davon, dass schwierigen Themen nicht ausgewichen wurde, war gut für uns alle; er war gut für die beteiligten politisch Handelnden und er war gut für diese Stadt.
Mir wird nun in verschiedenen Reden und auch manchmal in der Öffentlichkeit vorgeworfen, es sei der Gipfel der Unglaubwürdigkeit, wenn man in der einen Woche das sagt – Stadtbahn – und in der nächsten Woche schon wieder etwas anderes. Es ist in der Tat schwierig vermittelbar, wenn man unter unterschiedlichen politischen Rahmenbedingungen auch unterschiedliche Auffassungen äußert. Aber eines ist auch klar: Eine Koalition ist immer das Finden von Kompromissen.
Gerade die Schulpolitik hat wie kaum ein anderes Thema deutlich gezeigt: Die CDU ist mit anderen Vorstellungen von Schulpolitik in den letzten Wahlkampf gegangen. Sie hat vor der Wahl 2008 eine deutlich andere Schulpolitik, eine durchaus erfolgreiche Schulpolitik gemacht
und hat dann im Rahmen von Koalitionsverhandlungen gesagt, wir müssen Kompromisse eingehen und an dieser Stelle machen wir auch einen Kompromiss, der nicht dem entspricht, was vor der Wahl gesagt worden ist. Heute sage ich, das war ein Fehler. Und ich finde schon, dass es auch Politikern gut ansteht, Fehler zuzugeben und sich nicht in irgendwelchen rhetorischen Phrasen zu ereifern.
Wenn man feststellt, dass etwas falsch war, dann muss man es den Menschen auch sagen und dann muss man Fehler auch einräumen. Genau darum geht es.
Bei der Stadtbahn geht es um etwas ganz anderes und das wissen Sie auch, Herr Neumann. Hier geht es nicht um das Verkehrsmittel Stadtbahn. Das stand übrigens auch vor der Wahl im CDUProgramm und das Verkehrsmittel Stadtbahn habe ich immer verteidigt. Was ich nicht verteidigt habe, sondern was Teil eines Koalitionskompromisses war, war die Trassenführung. Ich habe mich hinter diesen Kompromiss gestellt, weil ich immer die Meinung vertreten habe, pacta sunt servanda, man kann nicht bei einzelnen Teilen einer Zusammen
Das gilt auch für die konkrete Trassenführung. Man muss schon unterscheiden. Wenn man das Ganze differenziert betrachtet, ist klar, dass die CDU – und auch ich persönlich – nach wie vor zum Verkehrsmittel Stadtbahn steht, aber nicht auf einer Trasse gegen die Bürger und solange die Finanzierung nicht gesichert ist, sondern auf einer Trasse mit den Bürgern, die man mit den Bürgern gemeinsam erarbeiten muss.