Protokoll der Sitzung vom 16.12.2010

(Beifall bei der CDU)

Über diesen temporären Effekt hinaus werden jedoch auch dauerhafte und nachhaltige Perspektiven geschaffen, die über die kommenden Jahre hinausgehen werden. – Ich danke Ihnen fürs Zuhören.

(Beifall bei der CDU)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, dann stelle ich fest, dass die Bürgerschaft von der Großen Anfrage aus Drucksache 19/7667 Kenntnis genommen hat.

Tagesordnungspunkt 67, Drucksache 19/8040, Antrag der SPD-Fraktion: Änderung des Hamburgischen Wohnund Betreuungsqualitätsgesetzes – die Hamburger Bürgerschaft mit allen Fragen des Paragrafen 40 (Rechtsverordnung) befassen.

[Antrag der Fraktion der SPD: Änderung des Hamburgischen Wohn- und Betreuungsqualitätsgesetz – die Hamburger Bürgerschaft mit allen Fragen des § 40 (Rechtsver- ordnung) befassen – Drs 19/8040 –]

Diese Drucksache möchte die GAL-Fraktion an den Sozialausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? – Herr Kienscherf, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Heute befasst sich die Hamburgische Bürgerschaft – Frau Blömeke hat sonst immer aufgestöhnt, wenn es zum Thema Pflege kam – einmal wieder mit dem Thema Pflege.

(Christiane Blömeke GAL: Ich habe mich ge- freut!)

Sie haben sich gefreut.

Aber wir befassen uns natürlich nicht deswegen damit, weil wir keine anderen Themen haben, sondern weil es ein Themenfeld ist, das wirklich einer starken Beachtung bedarf und bei dem vieles im Argen ist. Herr Sozialsenator Wersich hat in vielen Bereichen der Pflege – das muss man heute leider feststellen – bitter versagt.

Da geht es zum einen um das Thema des Fachkräftemangels, der zu spät erkannt worden ist. Da

geht es um die Überführung, den damaligen Verkauf der städtischen Pflegeheime und die dadurch entstandenen erheblichen Kostenbelastungen für die Bewohner. Da geht es aber auch darum, dass der Landesplan der pflegerischen Gesamtversorgung mehr oder minder zusammengestutzt wurde und dass es insgesamt bis heute kein klares Konzept für die Hamburger Pflege gibt. Wir Sozialdemokraten sagen ganz deutlich, dass verantwortungsvolle Politik für die Menschen in dieser Stadt anders aussieht.

(Beifall bei der SPD)

Dass man verantwortungsvolle Politik in dieser Stadt machen kann, aber dass dies nicht von Senatsseite, sondern von anderer Seite passiert, konnte man auch im Bereich von Pflege feststellen. Im Zusammenhang mit der Überführung des Heimrechtes in die Zuständigkeit der Länder, die 2006 im Rahmen der Föderalismusreform stattgefunden hat, muss man heute feststellen, dass wir in Hamburg vier Jahre, nachdem dies geschehen ist, noch immer kein Gesetz haben, das letztendlich mit Leben gefüllt ist. Auch hierfür trägt der Senator die volle politische Verantwortung, auch hier hätten wir uns durchaus eine andere Politik vorgestellt.

Was aber geklappt hat, und das wollen wir als Sozialdemokraten auch positiv erwähnen, ist, dass wir beim Wohn- und Betreuungsqualitätsgesetz seitens der Bürgerschaft gut zusammengearbeitet haben. Wir haben Anhörungen durchgeführt, uns in den Fraktionen ausgetauscht und das Gesetz, das letztendlich von der Behörde vorgelegt worden ist, an der einen oder anderen Stelle korrigiert. Das war ein deutliches Signal auch an die Menschen in dieser Stadt, dass, wenn wir als Bürgerschaft etwas gemeinsam wollen, man auch im Bereich der Pflege etwas bewirken kann. Wir haben das jedenfalls als guten Ansatz gesehen und wollen uns noch einmal recht herzlich dafür bedanken, meine Damen und Herren.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Was in dieser Anhörung deutlich wurde, war, dass man insbesondere hinsichtlich des Personaleinsatzes und der Qualifikation stark darauf achten muss, wie sich bestimmte Dinge in Hamburg weiterentwickeln und wie diese geregelt worden sind. Ich möchte da einen zentralen Punkt nennen. In den Beratungen ging es insbesondere auch darum, wie sich die sogenannte Fachkraftquote zukünftig in Hamburg entwickeln wird. In der Anhörung gab es bei den Experten durchaus unterschiedliche Ansichten, wie starr eine solche Fachkraftquote sein muss und wie man sie ausgestalten kann, aber sie waren sich alle einig, dass diese Fachkraftquote immens wichtig ist. Wir Sozialdemokraten – das kann man wunderbar in der Drucksache nachlesen – haben dann nach der Anhörung noch einmal beim Senat nachgefragt, wie es

(Senator Ian Karan)

eigentlich hinsichtlich dieser Fachkraftquote aussehe, die in Hamburg bei 50 Prozent liegt. Dazu hatte der Senat leider in den bisherigen Beratungen nichts gesagt und wir haben uns eine deutliche Aussage dahingehend gewünscht. Der Senat, das kann man nachlesen, hat auch entsprechend geantwortet und gesagt, dass er an dieser Fachkraftquote von 50 Prozent festhalten wolle. Das haben alle so wahrgenommen und wir alle haben uns dann darauf eingelassen, ein Gesetz zu beschließen und gleichzeitig den Senat hinsichtlich Personalausstattung, baulicher Änderungen und hinsichtlich der Verwaltungsanforderungen zu ermächtigen, Näheres in den sogenannten Rechtsverordnungen zu regeln. Unser aller Wunsch war damals, und das haben wir alle mitgenommen, dass der Senat sehr verantwortungsvoll mit dieser Ermächtigung umgeht und sich daran erinnern wird, dass er dem Parlament zugesagt hat, an der Fachkraftquote von 50 Prozent festzuhalten. Und was haben wir gelernt? Mehrere Monate später und nachdem sich die Diskussion um die fehlenden Fachkräfte in dieser Stadt verstärkt hatte, hat Herr Senator Wersich in einer Nacht-und-NebelAktion auf einmal versucht, sich des Fachkräfteproblems dank eines Taschenspielertricks zu entledigen. Er hat die Fachkraftquote zwar beibehalten, aber er hat das Thema Fachkräfte einfach neu definiert. Das ist Trickserei, das lehnen wir ab und so geht man nicht mit der Qualität von Pflege in Hamburg um.

(Beifall bei der SPD)

Das war schon hanebüchen, was wir da erleben mussten.

Man hat es selbst nicht geglaubt, als man es zum ersten Mal gelesen hat. Bisher war die klare Regelung in dieser Stadt, dass die ausgebildeten Altenoder Krankenpfleger auf diese Fachkraftquote von 50 Prozent angerechnet werden, und auf einmal sollten auch die Assistenz- und Helferkräfte dazu zählen. Auf einmal hätten wir in Hamburg kein Problem mehr mit den 50 Prozent Fachkräften und mit offenen Stellen gehabt, wir hätten auf einmal sogar eine Fachkraftquote von 80 Prozent gehabt. Auf dem Papier wäre das alles wunderbar gewesen. In der Realität hätte sich aber nichts geändert und das ist das Fatale. Nach außen hin ist das ein absoluter PR-Gag, aber es hat nichts damit zu tun, dass sich irgendetwas an der Qualität von Pflege verändert hätte und dass es irgendein Konzept gegeben hätte, das dazu geführt hätte, dass Pflege in dieser Stadt zukunftssicher geworden wäre. Nein, es hätte sogar letztendlich dazu geführt, dass die Qualität deutlich abgesenkt worden wäre. So kann man mit den Menschen und den Problemen in dieser Stadt nicht umgehen.

(Beifall bei der SPD und bei Kersten Artus DIE LINKE)

Es war schon interessant, wie der Senator auf unsere Kritik reagiert hat. Er hat davon gesprochen, dass die Opposition wieder alles missverstanden habe, das sei eigentlich nur im Sinne der Beschäftigten gewesen und man solle das alles nicht so ernst nehmen. Wochen später haben alle Verbände, Herr von Frankenberg hat das auch mitbekommen, ihre Stellungnahme abgegeben. Die Pflegekassen haben ganz deutlich gesagt, dass dies letztendlich der Ausstieg aus der Qualität von Pflege sei und zukünftig dazu führen könne, dass in einigen Einheiten nur noch eine qualifizierte Kraft arbeite. 50 Prozent der zukünftig eingesetzten Kräfte müssten nicht einmal mehr aus dem Pflegebereich kommen. Die Wohlfahrtsverbände haben es abgelehnt und die Arbeitnehmer haben sich kritisch dazu geäußert. All diese Leute haben letztendlich bestätigt, was wir Sozialdemokraten gesagt haben, dass dies der falsche Weg ist und Sie diese Verordnung stoppen müssen. Das haben Sie viel zu spät getan und wir wünschen uns, dass so etwas nicht wieder vorkommt. Das war kein Ruhmesblatt, sondern eher die Bankrotterklärung eines Sozialsenators.

Und wir haben noch viele andere Bereiche. Diese Verordnungen, so wie sie vorgelegt worden sind, haben gestrotzt vor inhaltlichen und sachlichen Fehlern, und gleichzeitig haben sie bestimmte Dinge vorgeschrieben, wodurch Wasserköpfe neu aufgebaut worden wären, aber auch hinsichtlich der Einrichtungsgrößen. Das hätte man alles nicht auf diesem Wege regeln können, sondern dafür hätte man eigentlich eine transparentere Beratung gebraucht. Das ist auch das Ziel unseres Antrags. Wir haben bei der Erarbeitung des Gesetzes wunderbar zusammengearbeitet und auf Bürgerschaftsebene ein gutes Gesetz hinbekommen. Wir haben den Senat damals ermächtigt, die Rechtsverordnungen, die letztendlich dieses Gesetz erst zum Leben erwecken, selbst zu erarbeiten, und wir alle und die Menschen in dieser Stadt sind bitter enttäuscht worden. Deswegen wollen wir Sozialdemokraten völlig unabhängig davon, wer den Senat stellt, dass zukünftig nicht die Verwaltung über die Qualität von Pflege und Einrichtungsstrukturen entscheidet, sondern dieses Parlament. Das Parlament soll nicht nur den Gesetzesrahmen stecken, sondern diese wichtigen Dinge, wie viele Fachkräfte konkret wo eingesetzt werden, wie Einrichtungen in dieser Stadt zukünftig aussehen sollen und welche Verantwortungs- und Verwaltungsstrukturen es gibt, sollen alle im Gesetz geregelt werden. Das bedeutet Transparenz, Verantwortung und vor allen Dingen gute Gesetze zum Wohle der Menschen in dieser Stadt und das sind wir den Menschen auch schuldig.

(Beifall bei der SPD)

Wir machen jetzt wahrscheinlich aufgrund Ihres Wunsches noch einmal eine Schleife in den Ausschuss und werden uns dort noch einmal mit dem

Thema befassen. Manche von Ihnen mögen Einwände geltend machen nach dem Motto, man müsse nicht alles im Gesetz regeln, sondern sollte das eine oder andere in Verordnungen festlegen, weil es auch immer Änderungsbedarf gebe. Die Gespräche hierzu haben ergeben, dass es diesen Veränderungsbedarf in dem Bereich sehr selten gibt und wenn es ihn nach einigen Jahren geben sollte, dann ist das Parlament gut beraten, sich darüber zu verständigen und das dann entsprechend auch zu beschließen. Das ist der vernünftige Ansatz und nachdem nicht erreicht werden konnte, dass der Senat – wie es vorher versucht worden ist – eine gute Regelung schafft, sollte das Parlament seiner Verantwortung nachkommen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei Kersten Artus DIE LINKE)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Das Wort hat Herr von Frankenberg.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir können die Emotionen ruhig ein bisschen herunterfahren. Ich finde es der Sache nicht dienlich, wenn wir uns jetzt hier vorwerfen, versagt zu haben oder dass einiges nicht hingehauen habe. Ich möchte kurz in Erinnerung rufen, wie wir uns vor einem Jahr, als wir das Wohn- und Betreuungsqualitätsgesetz beschlossen hatten, verabredet hatten. Wir hatten gemeinsam vereinbart, dass in diesem Jahr die Verordnungen erarbeitet werden, und das ist geschehen.

Das Thema als solches hätten wir allerdings heute gar nicht mehr großartig diskutieren müssen, weil die drei Entwürfe erst einmal zurückgestellt sind. Das wird in der nächsten Legislaturperiode behandelt und dann wird man auch aller Kritik gerecht werden, dass da nicht irgendetwas im Geheimen gemacht wird. Ich finde es im Grunde genommen auch verfrüht, das jetzt in Bausch und Bogen niederzumachen, weil das Verfahren bei solchen Sachen immer das gleiche ist. Es ist eine externe Anhörung mit den verschiedenen Beteiligten vorgesehen, die es gegeben hat mit einem Entwurf, der jetzt abgeschlossen ist. Dazu gab es Kritik und dazu ist auch Positives gesagt worden und jetzt wäre die Phase der Auswertung gewesen.

Ich selbst habe die Entwürfe auch gelesen, habe dazu auch Fragen und Anregungen gehabt und mir bei einigen Punkten Fragezeichen und kritische Anmerkungen notiert. Aber bei einem Entwurf in diesem relativ frühen Stadium ist es ganz normal, dass man darüber redet und diskutiert, und wir hatten gemeinsam vereinbart – deswegen verstehe ich auch das Misstrauen nicht –, dass wir das zu gegebener Zeit im Ausschuss noch einmal ausführlich behandeln. Durch die Neuwahlen kommt es in dieser Legislaturperiode nicht mehr dazu,

aber das war das Verfahren, worauf wir uns geeinigt hatten, und von meiner Seite her wüsste ich nicht, warum das nicht weiterhin gelten sollte. Ich kann Ihnen nur weiterhin zusichern, dass es unser Bestreben weiterhin sein wird, diese Verordnungen in einem Konsens zu regeln. Wir haben bei dem Gesetz einen gemeinsamen Nenner gefunden und ich bin mir relativ sicher, dass uns das auch bei den Verordnungen gelungen wäre. Sie haben uns in der Tat einen gewissen Vertrauensvorschuss gewährt und ich glaube, dass wir das auch vernünftig hinbekommen hätten. Ich denke, wir bekommen es auch in der nächsten Legislaturperiode gemeinsam vernünftig hin, denn die Problematik ist klar und die Lösungen liegen zum Teil auch auf der Hand.

Ihren Antrag selbst finde ich allerdings problematisch, weil es ungünstig wäre, das Thema der Verordnungen jetzt zuzumachen. Wir sind uns doch alle einig, dass wir gerne die Verordnungen machen wollen, und das sollten wir dann auch tun. Die Heimmitwirkungsverordnung von 1976 ist mit Sicherheit nicht mehr zeitgemäß, die Heimmindestbauverordnung hat in meinen Augen auch Handlungsbedarf und auch über die Heimpersonalverordnung müssen wir uns verständigen. Insofern besteht eigentlich doch ein Konsens, dass wir da neue Verordnungen brauchen.

Einige kritische Punkte möchte ich noch einmal ansprechen. Sie hatten das Thema Fachkraftquote genannt, das sicherlich auch der heikelste Punkt ist. Wir sind uns alle einig, dass wir da keinesfalls etwas aushöhlen oder Standards absenken wollen. Das wollen wir nicht, das will die SPD nicht und die Grünen wollen das auch nicht, das weiß ich. Bei den Assistenzen, die eine zweijährige Ausbildung haben, muss man sich allerdings Gedanken darüber machen, ob man sie wirklich mit null bewerten will oder sie in einem bestimmten Rahmen mit einrechnet. Wir sollten uns in der nächsten Legislaturperiode Gedanken darüber machen, wie man da weiter vorangeht, und ich könnte mir durchaus vorstellen, dass es auch einen vernünftigen Weg gibt. Uns ist es wichtig, dass es keine Standardabsenkung gibt.

Ich will noch einige Sachen nennen, denn da steht auch viel Gutes drin, beispielsweise die personelle Kontinuität, die auch wichtig ist. Ich fand es zum Beispiel sehr gut, dass Zeitarbeit nur im Notfall vorgesehen ist, weil gerade die älteren Menschen die persönliche und vertraute Ansprache und Betreuung besonders brauchen.

Die Verordnungen insgesamt sind im Grunde genommen ganz gut gewesen und wir machen da einfach in der nächsten Legislaturperiode weiter. Es ist gesetzt, dass wir das gemeinsam im Ausschuss behandeln, und da kommen wir auch bestimmt zu einer vernünftigen Lösung.

(Beifall bei der CDU)

(Dirk Kienscherf)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Das Wort hat Frau Blömeke.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kienscherf, vom Verfahren her finde ich Ihre Enttäuschung nicht gerechtfertigt, weil wir in der Tat gerade in der externen Abstimmung waren. Die Verordnungen sind an Träger und Verbände geschickt worden und die Abstimmung sollte am 15. Dezember beendet sein. Dann kommt der Zeitpunkt, wo man alles gemeinsam auswertet, das heißt, man schaut sich an, was die Träger und Verbände antworten, und dann geben wir unseren Kommentar. Natürlich kann man das schon vorher tun, das haben Sie getan und wir auch. Und ich stimme Herrn von Frankenberg zu, dass vereinbart war, die Verordnung im Ausschuss zu diskutieren, aber logischerweise erst, wenn die externe Abstimmung beendet ist, weil es auch mehr Sinn macht, die ganzen Einwände der Träger zu sammeln. Ich kann hier also keinen Vertrauensbruch erkennen und sehe keinen Grund für die riesige Enttäuschung über das Verfahren.

Wohl kann ich aber Ihre Enttäuschung bei einigen inhaltlichen Punkten der Verordnung teilen. Wir haben auf der einen Seite, das haben Sie auch erwähnt, gemeinsam mit der CDU ein sehr modernes Wohn- und Betreuungsgesetz erarbeitet und verabschiedet und wir haben, auch wenn es lange gedauert hat, die Vorgabe der Föderalismusreform wirklich sehr gut umgesetzt mit einem Gesetz, das vor allen Dingen die Nutzer und Nutzerinnen und die Qualität der Betreuung von Pflegebedürftigen in den Mittelpunkt stellt. Aber auf der anderen Seite mussten wir auch schon in der Koalition mit der CDU feststellen, dass die Verordnungen zum Gesetz eigentlich einen viel weitreichenderen Einschnitt in die Pflegelandschaft mit sich gebracht haben als das Gesetz selbst.

Ich möchte dazu ein paar Beispiele nennen. Herr Kienscherf hat über die Aufweichung der Fachkraftquote gesprochen. Das haben wir Grünen auch kritisiert, weil es nicht sein kann, dass Hauswirtschaftsoder Hilfskräfte irgendwelcher Art plötzlich als Fachkraft gezählt werden. Es ist aber auch richtig, dass es Möglichkeiten geben muss – dazu hat auch die Hamburger Pflegegesellschaft einen Vorschlag gemacht –, verdiente Leute, die über viele Jahre als Pflegeassistenz gearbeitet haben, in eine Fachkraftdefinition mit einzubeziehen, aber nicht Berufsgruppen wie Hauswirtschaftskräfte oder Ähnliches.

Ein Punkt, der bei uns sehr viel Widerstand ausgelöst hat, war die Begrenzung der Platzzahl. Es gab eine Verordnung, die besagte, dass es ab jetzt nur noch Heime mit 80 Plätzen oder Wohngruppen mit 12 Plätzen geben solle. Das würde bedeuten, dass wir zukünftig Einrichtungen wie das Augustinum oder das Hospital zum Heiligen Geist in Poppen

büttel, die wunderbare und gut funktionierende Institutionen sind, nicht mehr hätten. Das ist ein erheblicher Eingriff in die Vielfalt der Pflegelandschaft, die wir eigentlich haben wollen, und aus dem Grund hat dieser Punkt bei uns auch zur Ablehnung geführt. Im Übrigen, das sagen auch die Träger, würden die Kosten explodieren, wenn man die Bewohnerzahl in Wohngruppen auf 12 Personen oder in Heimen auf 80 beschränken würde. Dann würden sich nämlich für Nutzer und Nutzerinnen 25 Prozent Mehrkosten ergeben und das kann wirklich nicht in unserem Interesse sein.

Etwas absurd ist auch ein Punkt der Verordnung zur Kurzzeitpflege, der, so wie es dort ausgedrückt war, dazu führen würde, dass die Menschen, die eine Kurzzeitpflege aufsuchen, ihre eigenen Möbel mitbringen sollen; das war einfach handwerklich nicht gut gemacht. Wir haben noch erheblichen Diskussionsbedarf in diesen Punkten und auch zur Fortbildung. Wir sind für qualifizierte Fachkräfte, aber wenn nachgeordnete Leitungskräfte, die Wohnbereichsleiter, ein so hohes Maß an Zusatzqualifikation haben müssen, das in keinem Verhältnis zu ihrem Verantwortungsbereich steht, wenn sie 400 Stunden an Zusatzqualifikation und diverse andere Ausbildungen machen müssen, dann muss man sich wirklich fragen, ob das gerechtfertigt ist, wenn sie nahezu einem Einrichtungsleiter gleichgestellt sind.

Diskussionsbedarf gibt es genug und die Diskussion darüber, ob nun das vorgeschlagene Verfahren der SPD Sinn macht, ist am besten im Ausschuss aufgehoben, denn die Intention Ihres Antrags war auch mehr, dass das Parlament sich mit den Verordnungen beschäftigen soll und alle Fraktionen zusammen diskutieren, und das wird im Ausschuss geschehen. Ob wir das nun abschließend in unserer einzigen Sitzung noch machen können, werden wir sehen, sonst werden wir es in die nächste Legislaturperiode ziehen müssen. Dass die Verordnungen, ob wir sie nun im Gesetz integrieren oder extra verabschieden, wichtig sind, ist uns allen klar, und dass da weitreichende Entscheidungen gefällt werden, ist uns auch allen klar. Das geht am besten, darin sind wir uns als pflegepolitische Sprecher und Sprecherinnen zumindest einig, im Konsens und ich hoffe, dass wir den auch in der nächsten Legislaturperiode erreichen werden.

(Beifall bei der GAL)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Das Wort hat Frau Artus.