Die Fraktion DIE LINKE hat hierzu gemäß Paragraf 36 Absatz 1 unserer Geschäftsordnung die namentliche Abstimmung beantragt.
Frau Thomas und Herr Hakverdi werden Sie daher gleich in alphabetischer Reihenfolge aufrufen. Wenn Sie den Antrag der Fraktion DIE LINKE aus der Drucksache 19/8074 annehmen und das darin aufgeführte Elfte Gesetz zur Änderung des Hamburgischen Hochschulgesetzes beschließen möchten, dann antworten Sie bitte deutlich mit Ja, wenn Sie es ablehnen möchten, mit Nein, und wenn Sie sich enthalten möchten, antworten Sie bitte mit Enthaltung.
Dabei gilt die Vereinbarung, im Plenarsaal keine Nebengespräche zu führen, damit Ihr Votum hier vorne auch deutlich vernommen werden kann.
Ist ein Mitglied der Bürgerschaft nicht aufgerufen worden? – Das ist offensichtlich nicht der Fall. Ich erkläre die Abstimmung für beendet.
Um das Abstimmungsergebnis zu ermitteln, das Ihnen in wenigen Minuten mitgeteilt wird, unterbreche ich die Sitzung.
Bei der Abstimmung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE aus der Drucksache 19/8074 gab es 8 Ja-Stimmen, 107 Nein-Stimmen und keine Enthaltung. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Ich rufe auf den Punkt 58 der Tagesordnung, Drucksache 19/7821, Antrag der CDU-Fraktion: Straßenbenennung zur Erinnerung an die Wiedererlangung der Deutschen Einheit.
[Antrag der Fraktion der CDU: Straßenbenennung zur Erinnerung an die Wiedererlangung der Deutschen Einheit – Drs 19/7821 –]
Meine Damen und Herren! Darf ich um ein wenig mehr Aufmerksamkeit bitten und darum, die Nebengespräche nach draußen zu verlagern? Das gilt für alle im Saal.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag befasst sich mit einem Thema, das abseits von Wahlkampfauseinandersetzungen eine breite Zustimmung in diesem Hause finden sollte.
Ich sage bewusst "sollte", denn in Anbetracht des vorzeitigen Wahlkampfes können wir uns da leider nicht sicher sein. Unser Anliegen hätte dies in der Tat verdient, weil es sich auf ein in der deutschen Geschichte zweifellos einmaliges und herausragendes Ereignis bezieht. Wir sollten losgelöst von der aktuellen tagespolitischen Lage in unserer Stadt die Einzigartigkeit dieses Ereignisses würdigen.
Am 3. Oktober dieses Jahres jährte sich zum zwanzigsten Mal die Wiedererlangung der Deutschen Einheit. In vielfältiger Weise wurde in den Medien und in der Öffentlichkeit an dieses epochale Ereignis erinnert, es war Anlass zu Freude und Dankbarkeit, zu Besinnung und Mahnung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ohne Zweifel können wir als Deutsche besonders dankbar sein, dass wir seit 20 Jahren wieder in einem vereinten Vaterland leben. Niemand hat es Ende der Achtzigerjahre für wahrscheinlich oder auch nur für möglich gehalten, den Fall der Mauer eines Tages selbst zu erleben, und dann dauerte es vom Mauerfall bis zur Vereinigung nur ein knappes Jahr. Plötzlich waren deutsche Familien nicht mehr durch den Eisernen Vorhang getrennt und Besuche problemlos möglich.
Das ist vielen Hamburgern zugute gekommen. Darüber hinaus profitiert unsere Stadt in außerordentlichem Maße wirtschaftlich, kulturell und sicherheitspolitisch von der Öffnung gen Osten. Das alles erscheint uns heute selbstverständlich zu sein, dabei sind seitdem gerade einmal 20 Jahre vergangen und weder die friedliche Transformation zur Demokratie noch die deutsche Vereinigung wurden 1989/1990 als Selbstgänger oder Automatismus betrachtet, im Gegenteil. Die unterschiedlichsten Dokumente und Quellen aus jenen Tagen zeugen von Zweifeln, Widerständen und Irritationen gerade in offiziellen Kreisen nach dem Mauerfall und vor der Volkskammerwahl der DDR im März 1990. Der alte Konsens der Ostpolitik über den Erhalt zweier deutscher Staaten, der vielen, wenn nicht als Grundbedingung, dann doch zumindest als wünschenswert galt, beherrschte internationale Auffassungen. Ein Festhalten am Status Quo war dann aber wegen des Tempos der Ereignisse, insbesondere des wirtschaftlichen Niedergangs der DDR und des unerschütterlichen Handelns der Demonstranten, unmöglich geworden. Dafür sorgten nicht nur die Ereignisse im Ostblock und der damaligen UdSSR, die Gorbatschow schließlich die Vereinigung zu westlichen Bedingungen akzeptieren ließ. Obwohl viele ausländische Regierungen keinen Zweifel daran ließen, dass sie kein vereintes Deutschland wünschten, machte es der demokratische Prozess schwer, die Deutsche Einheit abzulehnen, zumal sich die Akteure auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker und Staaten beriefen. Es war der Freiheitsaufstand des Herbstes 1989, der die Grundlage für die demokratische Entscheidung zugunsten der einen oder anderen Staatlichkeit schuf. Der Druck des Volkes auf den Straßen und der Druck des We
stens verlangten der damaligen SED Entscheidungen ab, die Voraussetzung für die Demokratisierung der DDR und grundlegend für den Transformationsprozess waren. Ohne die Schaffung freiheitlich-demokratischer Verhältnisse in der DDR hätte es keine Transformation in Richtung Bundesrepublik gegeben. Das basisdemokratische Erbe der Revolution und der Runden Tische sowie die Demokratisierungsleistung der Akteure sind sicher einmalig in der deutschen Geschichte.
Die Westdeutschen haben die Demokratie nach dem Zweiten Weltkrieg mit Unterstützung der westlichen Alliierten geschaffen, in der DDR dagegen war sie nach 40 Jahren Diktatur das Ergebnis eigener Anstrengungen. In der friedlichen Revolution haben couragierte Ostdeutsche, gemeinsam mit vielen Westdeutschen,
mutig und friedlich Freiheit und Demokratie erkämpft und Selbstbestimmung gegen alle Widerstände durchgesetzt. Aber je länger diese Ereignisse zurückliegen und wir in einem vereinten, demokratischen und freiheitlichen Europa leben, desto stärker geraten sie in Vergessenheit. Leider schwindet das Wissen über die DDR, die Wendezeit 1989/1990 und die Vereinigung nicht nur in der jüngeren Generation, sondern auch bei älteren Menschen, die die DDR noch live erlebt und/oder erlitten haben.
Meine Damen und Herren! Uns ist es sehr wichtig, diesem Trend entgegenzuwirken. Das kann auf sehr vielfältige Art und Weise getan werden. Eine Möglichkeit ist die Namensgebung von Straßen und Plätzen als symbolischer Akt, um an die Verdienste der friedlichen Revolutionäre und ihren großen Beitrag zur Vereinigung zu erinnern und sie zu würdigen. Das dient den Tausenden Namenlosen, die nicht einzeln geehrt wurden und deren Namen in den Geschichtsbüchern keine Erwähnung finden. Diese Namenlosen haben uns mit ihren friedlichen Demonstrationen sehr eindrücklich gezeigt, dass es nicht vergebens und niemals sinnlos ist, die Hoffnung auf Freiheit und Demokratie nicht aufzugeben, sondern mit Mut und Zivilcourage dafür zu kämpfen.
Wenn diese Ziele erreicht sind, dann ist es aus unserer Sicht die Verpflichtung derer, die selbstbestimmt in Rechtstaatlichkeit leben, mit diesem Gut sorgsam umzugehen. Die Errungenschaften und Lehren der friedlichen Revolution – nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen Teilen des damaligen Ostblocks – sind in diesem Sinne stets aktuell, dass man sich nicht nur für sich selbst oder das eigene Land, sondern auch universell einset
zen muss, denn nur in Freiheit und Demokratie ist die Würde des Menschen unantastbar. Das müssen alle demokratischen Parteien immer wieder vermitteln. Damit fördern wir das Demokratieverständnis der Heranwachsenden und lehren sie, das hohe Gut der Freiheit und Rechtstaatlichkeit zu schätzen und zu schützen.
Gerade der jungen Generation müssen wir deutlich machen, dass Freiheit weder selbstverständlich noch unbedeutend ist, sondern für jeden einzelnen lebensnotwendig, und dass man sich immer wieder für sie engagieren muss. Auch deshalb müssen wir dafür Sorge tragen, dass Begrifflichkeiten wie "friedliche Revolution" den Menschen auch in Zukunft noch etwas sagen, damit sie etwas ganz Konkretes damit verbinden und es ihnen eine Mahnung ist.
Bewusst fordern wir die Benennung einer Verkehrsfläche an prominenter Stelle, alles andere wäre halbherzig und würde unserem Anliegen nicht gerecht. Entsprechend den Ereignissen der Jahre 1989/1990, die eine herausragende, wenn nicht gar einzigartige Stellung einnehmen, sollte eine Straße oder ein Platz im Herzen der Stadt gewählt werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich appelliere an Sie: Unterstützen Sie unseren Antrag. Wenn wir diesen heute verabschieden, wäre das auch noch zeitgerecht mit Blick auf den 20. Jahrestag der Wiedererlangung der Deutschen Einheit in diesem Jahr. Unabhängig von der politischen Großwetterlage in unserer Stadt steht die Einzigartigkeit der friedlichen Revolution. Die Intention unseres Antrags liegt darin, die Erinnerung daran zu bewahren. Es sollte das Anliegen des gesamten Hauses und aller Hamburgerinnen und Hamburger sein.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Roock, ich kann Ihnen gleich eine frohe Botschaft übermitteln: Auch wir finden diesen Antrag gut. Wir werden ihm zustimmen, denn das ist wirklich ein wichtiges Anliegen, was Sie da vertreten.
Sie haben die wesentlichen Aspekte schon genannt und ich möchte nicht alles wiederholen. Vielleicht kann ich ein paar neue Aspekte hinzufügen, allzu lang möchte ich es aber nicht machen.
Der 9. November 2010 war bereits das 21. Jubiläum der friedlichen Revolution von 1989, ohne die es nicht zu einer staatlichen Einheit gekommen wäre. Die Bürgerinnen und Bürger der ehemaligen DDR überwanden ihre Furcht, wagten Zivilcourage und versammelten sich zu Friedensgebeten und Montagsdemonstrationen. Mit ihrem Mut haben die Menschen in der ehemaligen DDR eigentlich erst den Weg zur Deutschen Einheit geebnet.
Lassen Sie uns einmal zurückblicken. Jeder von uns kann von Erlebnissen aus dieser Zeit erzählen. Mit der Öffnung der Grenze zur DDR kam es in Hamburg zu unbeschreiblichen Szenen. Überall waren Trabis zu sehen und aufgeregte Menschen auf Schnäppchenjagd, um ihr Begrüßungsgeld auszugeben. Eine ehemalige Personenfähre, die die Sozialbehörde angemietet hatte – Postadresse Neumühlen 15 – wurde für viele Flüchtlinge aus Osteuropa und der DDR zur neuen Übergangsheimat. Bewegend war im Dezember 1989 auch die Fahrt zweier überfüllter Sonderzüge nach Dresden, durch die unzählige private Begegnungen möglich wurden.
Henning Voscherau hatte die Bedeutung der Umwälzungen in der ehemaligen DDR früh erkannt und klug gehandelt; darauf muss ich nun wirklich einmal hinweisen. Geschickt nutzte er beispielsweise die seit 1987 bestehende Städtepartnerschaft mit Dresden, reiste häufig mit Senatsmitgliedern in die Partnerstadt und informierte sich über die dortigen Verhältnisse. Dabei bezog er auch oppositionelle Gruppen mit in das offizielle Besuchsprogramm ein und holte sie damit gewissermaßen unter den Schutzschirm der Städtepartnerschaft.