"[…] die kritische Aufarbeitung des kolonialen Erbes vor Ort und die Förderung einer umfassenden postkolonialen Erinnerungs
kultur als dringende öffentliche Aufgabe unserer Migrationsgesellschaft zu begreifen und tatkräftig zu unterstützen."
Hierzu gehört auch die Umbenennung von Straßennamen, die Kolonialakteure ehren. Dieser Aufruf wurde unter anderem vom "Eine Welt Netzwerk Hamburg" und der Hamburger bildenden Künstlerin Jokinen mit initiiert und ist inzwischen auch von etlichen SPD-Mitgliedern, Grünen beziehungsweise Mitgliedern der GAL
Hamburg hat hier einen großen Handlungsbedarf. Frau Jokinen hat auf ihrer Seite www.afrika-hamburg.de 115 Straßennamen und Orte in Hamburg aufgelistet, die in Verbindung mit der kolonialen Stadtgeschichte stehen. Sie erinnern an die Welteroberer, Sklavenhändler, Profiteure des Sklavenhandels und des Kolonialismus, Kolonialoffiziere und Befehlshaber, koloniale Handelsniederlassungen, Kolonialwaren und in die koloniale Ausbeutung verstrickte Reeder und Kaufleute.
Wenn man diese 115 Straßen umbenennt, wird sicher auch der eine oder andere Platz- oder Straßenname frei.
Es gibt seit Kurzem eine weitere Initiative für eine Umbenennung, die ich auch erwähnen will, weil sie zu dem ganzen Paket gehört. Das hat auch mit dem Thema Deutsche Einheit zu tun.
Fast auf den Tag genau vor 25 Jahren, am 21. Dezember 1985, wurde Ramazan Avci am Bahnhof Landwehr von Neonazis angegriffen und brutal ermordet. Es war nicht der erste rassistische Mord in Deutschland, aber ich will an dieser Stelle daran erinnern, dass die rassistische Gewalt in den Neunzigerjahren ein bis dahin unbekanntes Ausmaß erreichte.
Seit 1990, also seit dem Beginn der deutschen Einheit, sind mehr als 137 dokumentierte Opfer rassistischer Gewalt in Deutschland zu beklagen.
Eine Gruppe von Menschen hat nun die Initiative ergriffen, den Vorplatz des Bahnhofs Landwehr in Ramazan-Avci-Platz umzubenennen.
dass die Bestimmungen geändert werden müssen und dass es dafür einen großen Bedarf gibt. Wenn die Bestimmungen nicht geändert werden, kann der Senat gar nicht anders, als das Anliegen abzulehnen.
Ich bin nicht dafür, dass er es ablehnt, sondern ich bin dafür, dass er es annimmt, aber dann muss man über die Bedingungen reden, unter denen er das kann. Deswegen gehört dies alles zum Thema.
Der Hiroshima-Platz gehört genauso zum Thema wie der Ramazan-Avci-Platz; das ganze Paket muss aufgeschnürt werden.
Die letzte Initiative, die ich anführe, wurde von der Türkischen Gemeinde Hamburg aufgegriffen, die gestern in einer Pressemitteilung schrieb, dass heute, 25 Jahre später, die damals aufgestellten Forderungen nichts an Aktualität verloren hätten.
"Immer noch werden Migranten und ihre Nachkommen ausgegrenzt; von echter Teilhabe kann keine Rede sein. Gleichberechtigung steht allzu oft nur auf dem Papier der Gesetzbücher. Es gibt politisch noch viel zu tun. […] Doch Ramazan Avci soll nicht umsonst gestorben sein. Indem wir uns seiner erinnern, wollen wir ein Zeichen setzen, ein Zeichen gegen Rassismus und Ausländerhass. Der Ort seines Todes sollte seinen Namen tragen […]."
Die letztgenannte Initiative erfüllt von allen Umbenennungsinitiativen die jetzigen formalen Benennungsbestimmungen am eindeutigsten. Der Senat
hat deshalb keine formale Handhabe, dieses Anliegen zurückzuweisen. Aber dennoch sind wir dafür – das sage ich ausdrücklich –, dass sich der Senat mit dem ganzen Paket von Umbenennungsinitiativen befasst und transparent und einheitlich entscheidet. Einer Sonderbehandlung für dieses spezielle, hier zur Rede stehende Anliegen wollen wir nicht zustimmen; wir werden uns deshalb enthalten.
Wer möchte dem Antrag der CDU-Fraktion aus der Drucksache 19/7821 zustimmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das einstimmig so beschlossen.
Ich rufe jetzt Punkt 65 der Tagesordnung auf, Drucksache 19/8015, Antrag der SPD-Fraktion: Neue Wege in der Wohnungslosenhilfe gehen: zielgruppenorientierte Perspektiven entwickeln.
[Antrag der Fraktion der SPD: Neue Wege in der Wohnungslosenhilfe gehen: Zielgruppenorientierte Perspektiven entwickeln – Drs 19/8015 (Neufassung) –]
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Im Bereich Wohnungs- und Obdachlosigkeit brennt es an vielen Ecken und Enden. Das Winternotprogramm ist völlig unzureichend, die öffentlich-rechtlichen Wohnunterkünfte sind stark überlastet und trotz gutem Wissensstand bekommt dieser Senat die Bekämpfung von Wohnungslosigkeit nicht in den Griff.
Das ist eine skandalöse, mehrjährige Vernachlässigung durch den Hamburger Senat. Wir als SPD-Fraktion stellen heute einen umfassenden Antrag vor, der die Bekämpfung von Wohnungslosigkeit ganzheitlich angeht.
Zuerst möchte ich noch einmal auf das Winternotprogramm zu sprechen kommen, weil es in meinen Augen unverantwortlich ist, was der Senat hier anbietet. Wie in den vergangenen Jahren hat die Sozialbehörde 200 Notbetten im sogenannten Winternotprogramm aufstellen lassen, um zu verhindern, dass Hamburgerinnen und Hamburger erfrieren. Aber dieses Jahr ist es nicht wie in den letzten Jahren, sondern wir haben viel mehr Obdachlose auf der Straße. Erst auf massiven öffentlichen Druck war die Sozialbehörde bereit, zusätzliche Notschlafplätze einzurichten. Der Bunker am Hachmannplatz wurde für Obdachlose geöffnet
und von Bürgermeister Ahlhaus pressewirksam eröffnet. Zuerst war ich erleichtert, jetzt bin ich eher bestürzt, denn nach und nach wird deutlich, dass der Bunker, seine sanitären Anlagen und die Ausstattung insgesamt derart schlecht sind, dass es viele Obdachlose geben wird, die die Straße diesem Bunker vorziehen werden. Ich hätte Herrn Ahlhaus jetzt gern gefragt, ob er sich die sanitären Einrichtungen, die Toiletten und die Waschbecken überhaupt einmal angeschaut hat, denn auch Obdachlose haben eine menschenwürdige Unterkunft verdient.
Ich appelliere an Sie und den gesamten verbliebenen Rumpfsenat: Reagieren Sie schnell und schaffen Sie geeignete Notplätze. Das heißt, maximal Vierbettzimmer, saubere Toiletten, Waschbecken und Duschen müssen dazugehören, sonst dauert es nicht mehr lange, bis wir in Hamburg den ersten Kältetoten zu betrauern haben.
Sie haben das zu verantworten, denn Sie kennen diese Notsituation schon sehr lange. Ich erinnere mich an ein Interview in der "Welt" mit Herrn Wersich vom Juli. Das Problem ist Ihnen schon lange bekannt und auch Ihrem Hause.
Der Wissensstand über Obdachlosigkeit im Allgemeinen ist sehr gut, denn wir haben in Hamburg regelmäßige Obdachlosenuntersuchungen. Uns geht es aber vor allen Dingen darum, welche Konsequenzen aus diesem ganzen Wissen gezogen werden; die muss man bei Ihnen nämlich mit der Lupe suchen.