Der Wissensstand über Obdachlosigkeit im Allgemeinen ist sehr gut, denn wir haben in Hamburg regelmäßige Obdachlosenuntersuchungen. Uns geht es aber vor allen Dingen darum, welche Konsequenzen aus diesem ganzen Wissen gezogen werden; die muss man bei Ihnen nämlich mit der Lupe suchen.
Es gibt hin und wieder innovative Projekte, die aber meist auf Initiative der Wohnungslosenhilfe hin entstehen. Seit Jahren fehlt aber ein ganzheitliches Konzept des Senats und das legen wir jetzt vor. Ein ernsthafter Versuch, die Zahl der Wohnungslosen deutlich zu senken, fehlt. Im Gegenteil, die nicht-existente Wohnungsbaupolitik der letzten Jahre hat dazu geführt, dass Personen mit wenig Geld und vielerlei Problemen keine Chance mehr auf eine Wohnung auf dem freien Markt haben. Sozialwohnungen sind zudem auch so gut wie nicht mehr zu bekommen. Deshalb wohnen Menschen in schimmeligen Absteigen oder in Kellerwohnungen bei Kälte und ohne Tageslicht. Das haben Sie, sehr verehrte Damen und Herren aus dem Senat, zu verantworten.
Wir haben jetzt einen umfassenden Antrag vorgelegt, der Bewegung in die ganze Bekämpfung der Wohnungslosigkeit bringen soll, und zusammen
Wir gehen davon aus, dass vor allem eine stärkere Zielgruppenorientierung Erfolge bringt. Die Erfahrungen aus München sind da sehr ermutigend. Wir müssen dazu kommen, dass die öffentlich-rechtliche Unterbringung abgebaut werden kann. Wir müssen dazu kommen, dass jeder Hamburger und jede Hamburgerin menschenwürdig wohnen kann.
Der Senat ist aber sehenden Auges in die derzeitige Notsituation geraten. Für die Aufnahme von Frauen gibt es überhaupt keine Kapazitäten mehr. Die aktuelle Zahl in der Unterkunft in der Hinrichsenstraße liegt bei 150 Prozent. Auch steigende Flüchtlingszahlen verschärfen die Problematik, denn Flüchtlinge und Wohnungslose werden in denselben Wohnunterkünften untergebracht. Jetzt müssen sehr schnell mindestens 1000 Unterkunftsplätze geschaffen werden.
Aber wo? Am Alsterberg werden circa 260 Plätze geschaffen, es wird eine sehr große Unterkunft werden. Wenn sich der Bezirk Hamburg-Nord nicht gewehrt hätte, wäre sie vielleicht noch größer geworden. In Billstedt sollen in einer bestehenden Einrichtung mehr Personen untergebracht werden. Bisher wohnen dort bereits 400, aber es sollen noch 200 mehr werden. Ich verstehe die Bezirke Hamburg-Mitte und Hamburg-Nord, dass sie sich dagegen wehren, denn diese Großunterkünfte sind weder gut für die Bewohner noch für die Anwohner oder die Mitarbeiter in den Unterkünften. Sie ermögliche keine Integration in den Stadtteil und lassen Konflikte auch schnell eskalieren. Das Ziel müssen dezentrale, kleine Wohnunterkünfte für Wohnungslose und Flüchtlinge sein, über die ganze Stadt verteilt. Im Idealfall sollte dann auch die Anzahl der Unterkunftsplätze sinken können.
Wir sind überzeugt davon, dass der Schlüssel zu einer besseren Vermittlung in Wohnraum eine stärkere Orientierung nach Zielgruppen ist. Für die einzelnen Gruppen wie zum Beispiel Frauen, Jugendliche und ältere Obdachlose möchten wir Clearinghäuser einrichten. In abgeschlossenen Wohneinheiten erarbeiten dort Fachkräfte und Wohnungslose gemeinsam innerhalb eines halben Jahres eine Wohnperspektive. In München können so zwei Drittel der Bewohner nach dem Aufenthalt in einem Clearinghaus in ein privatrechtliches Mietverhältnis vermittelt werden. Das ist auch für Hamburg nicht unrealistisch, denn es gibt seit dem Frühjahr 2009 ein Wohnprojekt für Jungerwachsene, das einem Clearinghaus ziemlich nahe kommt. 50 Prozent der Jugendlichen können aus diesem Wohnprojekt in Privatwohnraum vermittelt werden. Das ist ein großer Erfolg, an den wir anknüpfen können.
sen. Über ein Viertel aller auf der Straße lebenden Menschen kommt aus dem Ausland, häufig aus Polen oder anderen osteuropäischen Ländern. Mit dem Ende der eingeschränkten Freizügigkeit für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der EU zum 1. Mai 2011 ist mit einem weiteren Ansteigen nicht-deutscher Wohnungssuchender zu rechnen. Der Senat hat sich aber mit dieser Problematik noch überhaupt nicht befasst. Schauen Sie doch einmal auf die Antwort auf eine Anfrage von Frau Badde, falls Ihnen dies wieder entfallen sein sollte.
Die sozialrechtliche Lage ausländischer Obdachloser ist häufig kompliziert. Wir möchten deshalb eine zentrale Anlaufstelle für ausländische Obdachlose einrichten, bei der sie eine Rechtsberatung und Unterstützung bei der Klärung ihres Aufenthaltsstatus erhalten, die eine Verbindung zu den entsprechenden Konsulaten herstellt und die Vermittlung ärztlicher Akutversorgung anbietet.
Dies waren nur einige Punkte unseres Antrags. Ich kann nicht noch alle anderen nennen. Unser Antrag soll eine Einladung zur Diskussion an das Parlament sein, aber vor allem auch an die Wohnungslosenhilfeeinrichtungen und die Wohlfahrtsverbände. Wir möchten neue Wege gehen, um die Wohnungslosigkeit erfolgreich zu bekämpfen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich finde es gut, dass Sie sich engagieren, aber zum Teil fand ich Ihre Argumentation ein wenig unseriös.
Es ist schlichtweg so, dass wir eine schwierige Problemlage haben, und wie es meistens bei schwierigen Problemen ist, gibt es keine einfachen Antworten.
Vorweg möchte ich sagen, dass sich die Situation in den letzten Jahren, auch wenn es anders behauptet worden ist, durchaus verbessert hat. Es gibt 20 Prozent weniger Obdachlose als noch im Jahr 2002. Wir stellen einen verstärkten Zustrom von Obdachlosen aus Ost- und Südosteuropa fest. Das heißt, einerseits können wir bei den Einheimischen wahrscheinlich einen noch stärkeren Rückgang verzeichnen, auf der anderen Seite muss
man klar und deutlich sehen, dass wir eine Problematik haben, der wir uns hier stellen müssen und die neu dazugekommen ist in den letzten Jahren.
In diesem Jahr ist der Winter sehr früh angebrochen und auch kalt und es ist klar, dass die Menschen Hilfe brauchen. Wir helfen auch, deswegen ist zusätzlich zu dem Winternotprogramm als Sofortmaßnahme der Zivilschutzbunker am Hauptbahnhof geöffnet worden. Das ist eine sinnvolle Maßnahme gewesen, um konkret in dieser Situation zu helfen.
Auf die von Ihnen aufgestellten Forderungen – Sie haben auch viel dazu geschrieben – möchte ich im Einzelnen eingehen. Ich finde insgesamt wenig Neues oder Innovatives und kann es nicht als ganzheitliches Konzept sehen.
Ich komme zu Punkt 1 des Antrags. Dem würden wir auch gern zustimmen, denn sowohl die BSU als auch die BSG sind mit zahlreichen Maßnahmen dabei. Sie haben schon Einzelgespräche mit den Wohnungsunternehmen geführt und andere Maßnahmen ergriffen. Es ist in den letzten Jahren durchaus gelungen, diesen Bereich stetig zu verbessern. Wir hatten 2007 627 Wohnungen, die auf diesem Weg zur Verfügung stehen, mittlerweile sind es 754. Das ist immer noch zu wenig, aber es ist auch eine schwierige Gesamtsituation. Insofern sehe ich es durchaus als Erfolg an, dass es gelungen ist, dies weiter zu steigern, zudem noch vor dem Hintergrund einer großen Nachfrage insbesondere nach kleinen und preiswerten Wohnungen. Dieses sehen wir als weitere Aufgabe an und würden daher dem Punkt auch ausdrücklich zustimmen.
Zu Punkt 2 möchte ich sagen, dass es eine Begleitung in der Art schon gibt. Hier ist die Begleitung durch die Träger vorgesehen, dies wird über die Fachstellen organisiert und es gibt zwölf Monate Unterstützung. Zurzeit sind es ungefähr 150 Haushalte; dafür stehen auch 1,1 Millionen Euro zur Verfügung. Ich sehe einen Punkt etwas anders, denn man sollte nicht nur kleine Wohnungsunternehmen in den Fokus nehmen, sondern auch SAGA und GWG. Die kleinen und großen Genossenschaften sind darüber hinaus wichtige Partner.
Die trägergestützte Betreuung ist auch hier eine vernünftige Sache und ich finde, dass das bestehende Modell sich ausdrücklich bewährt hat. Vor diesem Hintergrund werden wir Punkt 2 ablehnen.
Bei Punkt 3 des Antrags haben Sie die zielgruppenspezifischen Clearinghäuser aufgeführt. Es ist im Grunde genommen aber auch nur eine Form der öffentlichen Unterbringung, und insofern würde ich hier eine nachgehende Betreuung geeigneter finden.
Punkt 4 behandelt das Thema einer zentralen Anlaufstelle für nichtdeutsche Wohnungslose. Hier sehe ich keinen besonderen Bedarf, sondern da sind die Konsulate die Ansprechpartner. Hierzu ist am 20. Oktober eine Vereinbarung getroffen worden. Es ist der richtige Weg, die Konsulate als Ansprechpartner zu sehen, das ist wesentlich sachgerechter. Daher würde ich Punkt 4 ausdrücklich nicht zustimmen wollen.
Dann fordern Sie, die öffentlich-rechtliche Unterbringung kurzfristig auszubauen. Das haben wir gemacht. Am Alsterberg sind neue Plätze entstanden. Vor diesem Hintergrund muss man allerdings schauen, ob der momentane Trend auch so bleibt. Es ist schwierig zu prognostizieren für die Jahre 2011 und 2012. Die BSG ist bisher von 7000 Plätzen ausgegangen. Insofern ist in diesem Bereich die Planung sachgerecht.
Ansonsten haben natürlich Obdachlose, Wohnungslose, bleibeberechtigte Flüchtlinge und Asylbewerber Anspruch auf eine öffentliche Unterbringung. Wenn sie Plätze brauchen, werden diese natürlich auch bedarfsgerecht angepasst.
Was die Punkte des Antrags bezüglich der Fachstellen betrifft, so wird dies bereits umgesetzt. Es hat für die beratenden Stellen bereits eine Informationskampagne gegeben. Deswegen würde ich das so nicht mittragen wollen. Es ist, glaube ich, in der Neufassung ihres Antrages aber nicht mehr vorgesehen.
Aus all diesen Gründen ist der Antrag in meinen Augen kein großer Wurf, denn es geschieht schon vieles von dem, was gefordert wird. Wo hier noch andere Perspektiven sind, bleibt unklar. Im Übrigen finde ich Ihr Auftreten insgesamt ein bisschen unglaubwürdig. Sie haben natürlich das Thema mit den Bezirken Hamburg-Mitte und Hamburg-Nord angesprochen. Aber immer, wenn es dann konkret wird, passt es nicht. Wenn beispielsweise der Bezirk Hamburg-Mitte sich weigert, am Billstieg 250 Plätze zu schaffen – auch Hamburg-Nord war nicht gerade hilfreich –, dann ist das auch nicht ganz so, wie Sie argumentieren. Sie sagen einerseits, es solle mehr Plätze geben, aber auf der anderen Seite, wenn es konkret wird und Plätze geschaffen werden sollen, dann wird nein gesagt. Das ist in meinen Augen schon ein bisschen unseriös.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Zahl an Unterkunftsplätzen für wohnungslose Menschen ist wirklich sehr angespannt und die Lage auf dem Wohnungsmarkt für Menschen ohne Wohnung ist
es genauso. Damit sich dies bessert, haben wir 3000 Belegungen eingekauft. Das war zwar noch nicht für einen längeren Zeitraum, aber es ist ein Lösungsschritt gewesen, damit eine Besserung erfolgen kann. Wir haben zudem Förderinstrumente geschaffen für Menschen, die besonders schwierige Problemlagen haben. Wir haben Anreize für Vermieter geschaffen, die nach einem halben oder einem Jahr finanzielle Förderinstrumente dafür bekommen, dass sie diese schwierigeren Mieter bei sich wohnen lassen und sie auch halten.
Wir haben auch zu Beginn der Koalition die Fachstellen für Wohnungssicherung aufgestockt. Jeder der sieben Bezirke bekam eine zusätzliche Stelle für aufsuchende Arbeit. Auch uns ist es ein großes Anliegen, dass versucht wird, die Menschen in ihren Wohnungen zu halten, sodass neue Wohnungslosigkeit gar nicht erst entsteht.
2009 hat eine Fachtagung stattgefunden zur Wohnungslosenproblematik. Ich zähle dies nur auf, weil es immer sehr einfach ist, sich bei diesem Thema zu profilieren und einfach zu sagen, alles sei ganz schlecht. Die Situation ist im Moment zwar nicht sehr gut, aber der Senat war nicht untätig und hat mit vielen Instrumenten eine Besserung versucht. Das Wohnungslosenthema sollte keines sein, bei dem wir uns profilieren, sondern es sollten alle an einem Strang ziehen, um die Situation zu verbessern.
Wenn man zum Beispiel in andere Städte schaut, dann sieht man natürlich, besonders in München, wie erfolgreich Hilfen für Wohnungslose sein können, beispielsweise mit Standards von einem Zimmer pro Person. So etwas wird man natürlich sehr viel lieber annehmen, wenn man es schafft, von der Straße wieder in die eigenen vier Wände zu ziehen, als wenn man in ein Vierbettzimmer muss oder in eine Einrichtung mit über 100 Betten. Trotzdem sehe ich bei dieser angespannten Lage den Weg noch nicht so ganz, dass wir es schaffen, den Einzelzimmer-Standard sehr schnell zu erreichen. Wir können es im Moment nur wirklich kranken Menschen oder schwer psychisch Kranken ermöglichen, ein Einzelzimmer zu nutzen; aber es ist natürlich ein Wunsch.
Sie haben die Clearinghäuser angesprochen. In München hat sich gezeigt, dass es ein Erfolg sein kann. Es ist sicher ein guter Weg, wenn man auch in Hamburg versucht, von erfolgreichen Modellen in anderen Städten zu lernen, genauso, wie es begleitetes Wohnen natürlich schon gibt, wie Herr von Frankenberg ausführte, man es aber noch ausbauen kann. Es nützt auch nichts, wenn jemand in seiner Wohnung angekommen ist, dort vielleicht ein paar Monate wohnt, aber allein nicht zurechtkommt und dann wieder in die Wohnungslosigkeit zurückkehrt. Von daher ist die nachfolgende Betreuung im Wohnraum etwas sehr Sinnvolles
Es gibt eine zunehmende Anzahl von Flüchtlingen und das ist wirklich ein Problem. Frau Kollegin, Sie haben eben richtig ausgeführt, dass wir Bezirke haben, die sagen, es sollten eigentlich Einrichtungen abgebaut werden. Sie sprachen den Billstieg an und kritisierten, dass dort 400 Menschen untergebracht werden sollen. Früher waren dort 900 untergebracht, jetzt sind es schon weniger.