Protokoll der Sitzung vom 09.02.2011

(Dirk Kienscherf SPD: So sind sie!)

Wie sie weiter schreibt, wäre es schön, wenn man ihr eine Antwort zum 1. März 2011 zukommen las

(Martina Gregersen)

sen würde. Wie schön, dass Frau Blumenthal jetzt auch daran denkt, dass Hamburg einen Landesaktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention braucht.

Es ist schon ein Trauerspiel, wie Hamburg es geschafft hat, eine so wichtige Angelegenheit zumindest zu verschleppen. Wie schon Kollege Grund erwähnte, hat Rheinland-Pfalz seit fast einem Jahr einen Landesaktionsplan. Hamburg hat eine Senatskoordinatorin, die erst jetzt alle gesellschaftlichen Akteure in Hamburg mit einbeziehen will. Der Landesbeirat bei der Senatskoordination ist ersichtlich ein zahnloser Papiertiger. Das gemeinsame Petitum von SPD und der LINKEN sah deshalb ein direkt bei der Senatskanzlei angesiedeltes Gremium vor. Sie, meine Damen und Herren, werden heute Gelegenheit haben, sich doch noch dieser überzeugenderen Variante anzuschließen.

Dort, wo der Senat bereits ohne Aktionsplan gehandelt hat, wird die UN-Behindertenrechtskonvention bislang nicht ansatzweise ordnungsgemäß umgesetzt. Was nützt es den Eltern, wenn jetzt das erste Mal auch Kinder und Jugendliche mit Behinderungen das Recht haben, eine allgemeinbildende Schule zu besuchen, wenn die erforderlichen Mittel für die notwendige sonderpädagogische Förderung nicht bereitgestellt werden?

Was nützt es den Eltern, wenn man ihnen nicht ehrlich sagt, dass die Entwicklung wirklich inklusiver Schulen in Hamburg bei den bisher dürftigen Mitteln mehr als ein Jahrzehnt dauern wird? Es gibt schon jetzt genug junge Menschen mit Behinderung, die in der Regelschule gescheitert sind, weil die Schullandschaft einfach noch nicht hinreichend auf sie ausgerichtet ist. Eine wirklich inklusive Schule braucht individuelle Lernziele, sie braucht kleinere Klassen und eigentlich auch zwei Lehrer pro Klasse.

Was nützt es den mehrfach behinderten Menschen, wenn ihnen vollmundig versprochen wird, dass laut UN-Behindertenrechtskonvention jeder, unabhängig von seiner Behinderung, das Recht hat, seinen Wohnort zu bestimmen, wenn der sogenannte Mehrkostenvorbehalt mit aller justizförmiger Brutalität gegenüber einer Handvoll betroffener Menschen durchgesetzt wird? Gerade in der reichen Stadt Hamburg sind behinderte Menschen eben nicht frei. Der Mehrkostenvorbehalt führt in Einzelfällen immer noch dazu, dass insbesondere mehrfach behinderte Menschen, die in einer ambulant betreuten Wohnung oder Wohngruppe leben möchten, auf Wohn- oder Pflegeheime verwiesen werden, weil dies als zumutbar gilt, und vor allen Dingen, weil es preiswerter ist. Was nützt es den behinderten Menschen, wenn das persönliche Budget leerläuft, weil aufgrund der ablehnenden Haltung der Sozialämter in Hamburg persönliche Budgets zuletzt nur 61-mal beantragt und sogar nur 26-mal bewilligt werden konnten?

Da hilft auch ein Landesaktionsplan nur, wenn er endlich ganz konkrete Maßnahmen zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention enthält. Der Landesaktionsplan muss verbindliche kurz-, mittelund langfristige Ziele für die Umsetzung enthalten und neben konkreten Maßnahmen auch konkrete Zuständigkeiten. Es müssen konkrete Zeitvorgaben für die Umsetzung der aufgestellten Ziele und Maßnahmen festgelegt und hinreichende Kontrollen der Umsetzung geregelt werden.

(Glocke)

Meine Damen und Herren! Ich bitte um etwas mehr Ruhe.

– Ich komme zum Ende.

Alles das wird nun erst in der neuen Wahlperiode möglich sein. Meine Fraktion wird dem Antrag der SPD-Fraktion zustimmen. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Es liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor. Dann kommen wir zur Abstimmung.

Wer möchte sich der Empfehlung des Sozialausschusses anschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mit Mehrheit beschlossen.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 26,

(Olaf Ohlsen CDU: Da warte ich schon den ganzen Abend drauf!)

Drucksache 19/8560: Subsidiaritätsfrühwarnsystem – Vereinbarung zwischen der Bürgerschaft und dem Senat über die Konsultation der Bürgerschaft.

[Unterrichtung durch den Präsidenten der Bürgerschaft: Subsidiaritätsfrühwarnsystem – Vereinbarung zwischen der Bürgerschaft und dem Senat über die Konsultation der Bürgerschaft – Drs 19/8560 –]

Wer wünscht dazu das Wort? – Herr Frank, bitte.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wer sich fünf Minuten vor einer so wichtigen Wahl und dazu vor einem netten Umtrunk auf Einladung des Präsidenten mit dem Subsidiaritätsfrühwarnsystem befassen will, einem Wort, das man kaum aussprechen kann – ich gehe davon aus, dass das einige nach dem Untrunk ohnehin nicht mehr schaffen wer

(Wolfgang Joithe-von Krosigk)

den –, der wird Ihr Verständnis dafür haben, dass er es kurz macht.

Die Vereinbarung zwischen Bürgerschaft und Senat ist notwendig, um auch die Bürgerschaft als Landesparlament ein wenig an der Kontrolle der europäischen Gesetzgebung teilhaben zu lassen. Auch wenn eine Subsidiaritätsrüge vermutlich nur sehr selten vorkommen wird, ist sie ein demokratisches Element. Die kommende Bürgerschaft wird ihre Erfahrungen mit diesem Mitwirkungsverfahren machen und die Verfahrensabläufe – so steht es auch in der Drucksache – nach einer gewissen Zeit überprüfen müssen.

Europa – und da kann sich jeder einmal selber prüfen – hat es als Politikfeld nicht so leicht, woran auch immer das liegen mag. Wir dürfen aber nie vergessen, dass das gemeinsame Europa die menschliche, zivilisierte und demokratische Antwort auf das dunkle Kapitel unserer und der europäischen Geschichte ist und bleibt. Deswegen ist Europa auch so wichtig.

(Beifall bei der SPD, der CDU und vereinzelt bei der GAL und der LINKEN)

Mehr will ich zur Sache auch gar nicht sagen. Sie können das noch einmal studieren; der Sachverhalt ist ein ziemlich einfacher, wenn auch nicht von der Begrifflichkeit her.

Dies ist wie für den einen oder anderen auch für mich die letzte Rede in der Bürgerschaft. Ich bin dankbar dafür, dass ich an der Gestaltung dieser Stadt mitwirken konnte. Ich habe das gerne getan, in verschiedenen Bereichen, mit Verantwortung und Respekt für die Menschen in dieser Stadt.

Ich möchte mich bei einigen bedanken. Ich möchte mich bei meinen Mitstreitern im Europaausschuss für die gute Zusammenarbeit bedanken und ich schließe Herrn Harlinghausen ausdrücklich mit ein.

(Beifall bei der SPD, der GAL und der LIN- KEN – Heiterkeit bei allen Fraktionen)

Ich bedanke mich recht herzlich bei Frau Pfaue in der Bürgerschaftskanzlei, die uns hervorragend zugearbeitet hat; das war wirklich gut.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Mein besonderer Dank gilt aber einer Mitarbeiterin, die gar nicht wegzudenken ist: Frau Bai, die den Ausschuss fest im Griff hat und es jedem Vorsitzenden mit ihrer Kompetenz sehr leicht gemacht hat. Frau Bai, die Zusammenarbeit mit Ihnen war wirklich wunderbar. Herzlichen Dank dafür.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Meine Damen und Herren! Die Abgeordneten der Hamburgischen Bürgerschaft entscheiden mit über die Geschicke dieser Stadt. Ich wünsche der nächsten Bürgerschaft und Ihnen viel Glück und alles Gute. – Schönen Dank.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Das Wort hat Frau Machaczek.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Frank, Sie haben das meiste schon vorgetragen. Ich werde das S-Wort nicht in den Mund nehmen – wer weiß, ob ich das heute Abend noch schaffen werde –, möchte aber einiges wenige erinnern.

Wir haben eine Vereinbarung zwischen Parlament und Senat vorliegen, die uns als Bürgerschaft die Möglichkeit gibt, in einem für ein Teilzeitparlament vertretbaren Rahmen auf Entscheidungen der europäischen Ebene einzuwirken. Nach dem Vertrag von Lissabon soll der Dialog mit den nationalen Parlamenten gestärkt werden. Die Beteiligung der Landtage ist ein Baustein dafür. Wir erhalten die Chance, rechtzeitig anzumahnen, wenn auf europäischer Ebene Ideen entwickelt werden sollten, die sich zu sehr in unsere regionale Ebene einmischen würden. Um dabei effektiv sein zu können, wurde beschlossen – ich weiß nicht, ob das allen bewusst ist –, dass der Europaausschuss im Namen der gesamten Bürgerschaft eine Stellungnahme abgeben kann, wenn die Zeit im Zweifel sonst nicht ausreichen würde. Dieses System wird die nächste Bürgerschaft testen und sehen, ob die Regeln, die wir beschlossen haben, wirklich gut sind.

Ich möchte an dieser Stelle auch einen Dank aussprechen, nicht nur an Frau Bai – der war zu Recht –, sondern an alle Mitarbeiter der Senatskanzlei und der Bürgerschaftskanzlei, die uns gut beraten und in dem ganzen Prozess im letzten Jahr unterstützt haben. Wir werden diese Hilfe auch künftig brauchen, weil es hier teilweise um sehr komplizierte Materien geht. Der Direktor der Bürgerschaftskanzlei wird das sicherlich allen weitergeben. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Wir haben in dieser Bürgerschaft – ich bedaure das – den Wissenschaftlichen Dienst abgeschafft, und so müssen wir uns manchmal mit sehr viel Bordmitteln und Goodwill seitens der Bürgerschaftskanzlei, die ja auch noch andere Aufgaben hat, durchmogeln. Wir haben das, glaube ich, gut geschafft.

Meine Damen und Herren! Der Vertrag von Lissabon hat uns neue Rechte gegeben, die zum Teil sehr bürokratisch durchzuführen sind. Ich wünsche mir für die Zukunft, dass wir diese Rechte wahrnehmen, uns dabei aber nicht im bürokratischen Klein-Klein verhaspeln und dann nur noch hier sitzen und Verordnungen lesen, sondern das ist eine Aufgabe unter vielen. Wir müssen uns – und mög

(Günter Frank)

lichst alle Fraktionen dieses Hauses, wie Herr Frank betonte – bewusst sein, dass Hamburg von der europäischen Einigung besonders profitiert. Selbst wenn dies in Einzelfällen einmal nicht der Fall sein sollte, so gilt es für die großen Linien, die wir immer im Blick haben sollten. Natürlich dürfen wir im Europaausschuss auch Themen wie Städtepartnerschaften und andere Auslandsbeziehungen nicht vergessen. Also bitte nicht ins Bremserhaus, nicht Klein-Klein, sondern die Arbeit erledigen, ohne dabei die anderen Dinge aus den Augen zu verlieren.

Ich schließe mit einem Blick auf die jüngste Geschichte dieser Bürgerschaft. Die erste Aktuelle Stunde dieser Legislaturperiode war dem Vertrag von Lissabon gewidmet und ebenso die letzte Debatte, also Anfang und Ende, in der Kirche würde man sagen Alpha und Omega. Ich finde das gar nicht schlecht. Wir diskutieren viel über die Wilhelmsburger Reichsstraße und andere Themen vor unserer Tür, die genauso wichtig sind. Wir sollten aber Europa nicht aus dem Blick verlieren, was wir mit diesem Anfang und Ende – vielleicht durch Zufall – gezeigt haben. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL und bei Rolf-Dieter Klooß SPD)

Herr Waldowsky hat das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das, was wir heute abschließend zu behandeln haben, nämlich den Briefwechsel zwischen dem Präsidenten des Senats und dem Präsidenten der Bürgerschaft, zeigt noch einmal die Stärken und die Schwächen Europas.

Zu den Stärken. Wir haben es mit einem Ergebnis des Vertrags von Lissabon zu tun, den wir Grüne so nachhaltig unterstützt haben. Die in ihm festgeschriebenen Mitwirkungsrechte kommen jetzt auf der untersten Ebene an, bei uns, den Parlamentariern. Bisher hatten wir als Land Hamburg in europäischen Angelegenheiten lediglich über den Bundesrat Mitwirkungsmöglichkeiten, die der Senat wahrgenommen hat. Jetzt sind wir gefragt. Es ist sehr zu begrüßen, dass dieser zwischen Senat und Bürgerschaft geschlossene Vertrag einstimmig beschlossen wurde und es uns gelungen ist, die europafeindliche LINKE mit einzubinden. Dieser Vertrag ermöglicht uns eine Reihe neuer Rechte, wirkliche Kontrollrechte und Kontrollmöglichkeiten. Wir als Abgeordnete bekommen die entsprechenden Gesetzesinitiativen der Europäischen Kommission zugeleitet – das kann natürlich noch verbessert werden – und dank dieses Vertrags ist eine schnelle Reaktion möglich. Frau Machaczek hat bereits darauf hingewiesen, dass der Europaausschuss stellvertretend für die Bürgerschaft Ent