Wir von der LINKEN haben einen Vorschlag gemacht, wie man bestimmte Dinge finanzieren kann. Wir haben Ihnen schon mehrmals vorgehalten, dass Sie ganz bewusst die Einnahmenseite des Staates kurz halten. Wir haben den Vorschlag gemacht, dass man die Steuerprüfer, die Steuerfahnder, die Betriebsprüfer erhöhen könnte. Das sind Einnahmen von mehreren hundert Millionen pro Jahr, auf die die Stadt Hamburg verzichtet
Wir haben im Schulausschuss eine Petition zur Wiederherstellung der Lernmittelfreiheit vorliegen. Die ist zwischen dem Bezirksamt Nord und dem Bezirksamt Bergedorf hin und her geschoben worden. Mit Zeitverzögerung hat man dann festgestellt, dass von 11 550 eingereichten Unterschriften 2243 ungültig sind.
Der Ausschuss hat einstimmig beschlossen, dass wir in der nächsten Schulausschusssitzung einen Juristen und einen Vertreter des Bezirksamts Bergedorf in den Schulausschuss holen, denn wenn man in das Gesetz guckt, stellt man Folgendes fest: Bei einer Volksinitiative zählt nur jede Unterschrift von einem Hamburger Bürger, der auch das Wahlrecht zur Hamburgischen Bürgerschaft hat. Aber bei einer Volkspetition gilt die Unterschrift von jedem Hamburger. Unsere Partei vermutet ganz klar, dass hier viel zu viele Unterschriften herausgestrichen wurden. Es wäre nicht das erste Mal, das hatten wir mit Moorburg auch schon einmal. Deshalb wird das Thema "Wiederherstellung der Lernmittelfreiheit" in der nächsten Schulausschusssitzung auf der Tagesordnung stehen. Ich denke, es wäre vernünftig, wenn wir den Antrag der SPD heute an den Schulausschuss überweisen würden.
Dann könnte man das gemeinsam beraten. Das würde zumindest ein bisschen den guten Willen von Ihrer Seite zeigen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Frau Goetsch, meine Kollegin Andrea Rugbarth hat Sie schon zitiert aus Ihrem Schulbrief, aber ich tue es noch einmal, weil es so wichtig ist.
"Der Schulerfolg der Kinder ist nach wie vor an die soziale Herkunft gebunden. Das ist nicht gerecht und ein großer Verlust für Hamburg."
So schreiben Sie. Recht haben Sie, liebe Frau Goetsch, aber dann handeln Sie auch dementsprechend und tun Sie hinsichtlich des Büchergeldes etwas gegen die soziale Ungerechtigkeit, die sich immer wieder auf diesem Gebiet zeigt.
Das Problem, meine Damen und Herren, ist doch, dass Sie es nicht tun. Sie reden und schreiben schön, zum Beispiel an diese Schulen, aber Sie
Wer die soziale Diskriminierung in den Schulen beklagt, aber diese Schulgebühren nicht abschafft, der ist und bleibt unglaubwürdig.
Sie wissen natürlich auch, dass das Büchergeld de facto ein Schulgeld ist. Es ist der Einstieg zur Wiedereinführung von Schulgeld, das erste Scheibchen der Wurst, dem viele weitere folgen werden. Am liebsten hätten Sie auch für den Schwimmunterricht Geld kassiert. Wenn Sie, Frau Goetsch, das jetzt nicht stoppen – und Sie wissen ganz genau, dass es so kommen kann –, ist das der Anfang vom Ende des demokratischen Grundprinzips freier Schulbildung. Es ist die Preisgabe eines der wesentlichsten Grundwerte des sozialen Konsenses unserer Nachkriegsordnung.
Es ist darüber hinaus ein klarer Verstoß gegen die Menschenrechtscharta der Vereinten Nationen, die auch Deutschland unterzeichnet hat.
Doch, es ist so. Dort steht, Herr Warnholz, unmissverständlich in Artikel 26 Absatz 1 die unentgeltliche Schulbildung als Menschenrecht festgeschrieben.
Ich weiß, dass Sie sich damit rechtfertigen, dass Sie jetzt Ihre Schulreform im Schulwesen veranstalten, um die soziale Ausgrenzung abzubauen. Das haben Sie auch in Ihrem Brief geschrieben.
Aber abgesehen davon, ob Ihr Primarschulmodell dazu überhaupt geeignet ist, diese Ungerechtigkeiten abzubauen, befürchten nicht nur die Sozialdemokraten, sondern immer mehr Menschen in der Stadt Hamburg, dass das vielleicht sogar das Gegenteil bewirkt. Es reicht eben nicht, nur Strukturen zu ändern. Ja, wir brauchen tatsächlich Veränderungen der Schulstruktur, um die soziale Ausgrenzung abzustellen. Da sind wir mit Ihnen einig, aber das ist nur die eine Seite. Die andere Seite ist, dass die Bildungsgebühren, zum Beispiel dieses Büchergeld, abgeschafft werden müssen und dass Sie, wenn Sie es nicht tun, Chancengleichheit zerstören. Daran kommen Sie nun einmal nicht vorbei.
Es ist insgesamt bezeichnend, dass die GAL der CDU – darauf sind Sie ja auch so stolz – im Koalitionsvertrag zwar manches abgerungen hat,
Man wird den Verdacht nicht los, dass Sie es auch gar nicht erst versucht haben. Schließlich sind das nicht die Probleme Ihrer gut situierten Wählerklientel und ein Senatsressort war da auch nicht in Sicht.
Für uns ist es auch nicht anders zu erklären, warum Sie gerade bei diesen Bildungsgebühren so handzahm geworden sind und so schnell bereit waren nachzugeben. Wir haben das gestern auch bei den Studiengebühren gesehen. Aber solange Sie diese Gebühren im Bildungsbereich, auch dieses Büchergeld, mittragen, Frau Goetsch, können Sie sich Ihre Krokodilstränen über die soziale Ausgrenzung in den Schulen wirklich sparen.
Natürlich werden Sie – das wissen wir inzwischen auch – bei diesem Büchergeld noch weitere Entlastungen für die Ärmsten der Armen schaffen. Aber tatsächlich belasten diese Gebühren – das haben wir gerade auch von Frau Rugbarth und Frau Heyenn gehört – auch viele Familien oberhalb der Sozialhilfe, also aus der sogenannten unteren Mittelschicht ganz erheblich. Im Ergebnis führt das dazu, dass auch für Mittelschichtsfamilien, also für sehr große Teile der Gesellschaft, die Belastungen immer größer werden. Es ist kein Zufall, dass trotz des Wirtschaftsaufschwungs der private Massenkonsum nicht vom Fleck kommt. Da sind dann auch anscheinend lächerliche Beträge, wie 50 oder 100 Euro für ein Schuljahr, eine zusätzliche Belastung neben all den anderen Dingen, die im Verlaufe eines Schuljahres für Eltern von Kindern hinzukommen und die diese Menschen unmittelbar spüren und ihnen weh tun. Das ist dann im Zweifelsfall der Vereinsbeitrag zum Sportverein, den man spart oder der Musikunterricht, der dann wegfallen muss. Von wegen Investitionen in Bildung. Auch bildungsengagierte Eltern, eigentlich auch Ihre Klientel, die gern in Bildung und Kultur für Ihre Kinder investieren, stoßen ganz schnell an die Decke, Herr Schira.
Nach dem, was Herr Lemke sagt, ist anscheinend Ihr Prinzip, dass nur das auch etwas taugt, was etwas kostet. Das ist das Prinzip, das Sie wollen. Das hat er selber gesagt.
Dann will ich noch einmal auf das andere Argument eingehen. Es ist inzwischen ein solches bürokratisches Monster geworden, dass die Schulsekretariate bei der Erwähnung des Begriffes Büchergeld nur noch mit den Augen rollen und ihre Mehrarbeit beklagen. Wir haben es gerade wieder gehört.
Es ist deshalb auch kein Wunder, Frau Goetsch, dass Ihre Behörde seit einiger Zeit immer wieder dabei ist, das ganze Verfahren einschließlich aller Sozialdaten an private Großhändler abgeben zu wollen. Eltern zahlen dann über das Büchergeld auch diese Dienstleistung, die private Buchhändler für die Schulen erbringen, gleich mit und unterstützen damit also die Privatisierung von Bildung.
Und zur Finanzierung, Herr Lemke. Das Geld ist doch da. Wir haben es doch vorhin beschlossen. Die 100 Lehrerstellen haben Sie nicht aus dem Etat der Bildungsbehörde bezahlt, sondern aus dem Titel 97 ff, also aus der allgemeinen Finanzverwaltung durch Umschichtung. Das heißt, auch für das Büchergeld ist das Geld im Prinzip da, man muss es nur finanzieren wollen, das ist der Punkt.
Ich fasse zusammen: Das Büchergeld trägt zur sozialen Ausgrenzung von Kindern in den Schulen bei. Es belastet viele Familien, auch aus der Mittelschicht. Es be- und verhindert Chancengleichheit und es ist nicht zuletzt ein furchtbares, bürokratisches Monster.