Protokoll der Sitzung vom 23.06.2011

Sehr geehrte Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wir im Hamburger Süden denken auch ab und zu einmal anders. Der Titel dieses Themas gefällt mir, man hätte das Kürzel SPD streichen können und dann wäre es zeitlos gewesen, denn darüber hat man schon seit 30 Jahren geredet. Ich möchte keine Vergangenheitsbewältigung betreiben, sondern wir sollten in die Zukunft schauen.

Was mir in der Hamburger Stadtentwicklung immer schon Sorgen gemacht hat, ist die Sichtweise nach Süden. Wir haben zwei Elbarme, die scheinbar den Hamburger Norden von, was weiß ich, trennen, und wir versuchen immer, von Norden her zu springen. Das ist natürlich sehr schön. Das erinnert mich an einen Schulkameraden, der etwas korpulent und gewichtig und beim Weitspringen auch nicht sehr erfolgreich war. Er hat natürlich einen großen Anlauf genommen und das hat gedauert – denken Sie sich, dass das Hamburg ist –, der ist

(Olaf Duge)

auch abgesprungen, aber das Ergebnis war nicht so gut. Wenn man sich dann die Sprunggrube anschaute, dann sah man das Ergebnis, das auch nicht sehr schön war. Das heißt, man sollte erst einmal schauen, wohin man springen will und wie die Potenziale in dem Gebiet sind, wohin man springt. Diese Potenziale sind sehr groß und sie wurden seit Jahrzehnten in Hamburg nicht genutzt. Wir haben eine Metropolregion im Süden Hamburgs von mindestens einer halben Million Menschen innerhalb und außerhalb der Landesgrenzen. Das wurde nicht richtig beachtet, man hat diesen südlichen Raum eher als marginalen Raum angesehen, wohin man unangenehme Dinge verschieben kann oder auch Gelder, weil man das als Sozialfall ansah. Der Hamburger Süden hat Zukunft und er hat nicht nur deshalb Zukunft, weil seit 30 Jahren davon gesprochen wird. Mich stört immer dieser Spruch, denn der Hamburger Süden muss in der Gegenwart ankommen und nicht in der Zukunft. Das ist ein wichtiger Punkt und dabei müssen wir die Menschen im Süden mitnehmen.

(Beifall bei der FDP – Dietrich Wersich CDU: Aber die sind doch nicht rückständig!)

Sie sind nicht rückständig, sie sind sogar teilweise sehr fortschrittlich.

Manchmal freue ich mich darüber, dass der Hamburger Senat den Süden einfach ignoriert, dann kann er auch nichts falsch machen. Das ist zum Beispiel bei der Technischen Universität Harburg so gewesen, das ist bei der Entwicklung des Harburger Binnenhafens so gewesen. Das waren alles private Initiativen, das sind auch jetzt private Initiativen, Initiativen von Hochschuldirektoren, von Instituten, die selbst etwas machen können. Und ab und zu bekommen sie Brosamen vom Hamburger Senat, wenn bei der Hamburger Universität wieder einmal etwas abgefallen ist.

Wir haben ein Problem im Hamburger Süden, wir haben Niedersachsen, wenn Sie sich die Entwicklungen in Buxtehude, in Stade oder in Lüneburg anschauen.

(Heiterkeit bei der GAL und der LINKEN – Norbert Hackbusch DIE LINKE: Neuenfel- de!)

Zum Beispiel.

Die Bewohner von Hausbruch, Fischbek und Neugraben gehen in Neu Wulmstorf einkaufen, weil man die Entwicklung des Neugrabener Ortskerns vernachlässigt hat. Neuenfelde, Cranz und Francop gehören zum Alten Land und Hamburg ist nicht in der Lage und willens, sich an dem gemeinsamen Projekt Weltkulturerbe Altes Land zu beteiligen. Der Bezirk Harburg ist ein wichtiger Universitätsstandort. Dort wird eine wirklich weltweit führende Forschung betrieben. Es gibt viele Forschungseinrichtungen, die man unterstützen kann und auf denen man aufbauen kann. Das ist wichtig

für eine Entwicklung ganz Hamburgs und das würde auch ganz Hamburg helfen. Wir dürfen nicht einzelne Bezirke als Sozialfälle ansehen, die man immer unterstützen muss. Man muss fördern und fordern, man muss sehen, dass das, was im Süden Hamburgs passiert, unsere Zukunft ist. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Herr Dr. Bischoff hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Am Ende der letzten Legislaturperiode, am 15. Februar 2011, hat die damalige Stadtentwicklungssenatorin Gundelach den dritten Bericht zum "Sprung über die Elbe" noch vorgestellt. Damals war die zentrale These, es sei inhaltlich, zeitlich und finanziell alles auf dem richtigen Weg. Diese Bewertung, Frau Stöver, haben Sie jetzt übernommen und ich kann nur vermuten, dass Sie sich das damals und heute kein Stück angesehen haben. Denn sonst könnten Sie nicht einfach sagen, dass die Regierung, man mag sie beurteilen, wie man will, diese zarte Pflanze zerstören würde.

(Birgit Stöver CDU: Das ist doch Unsinn!)

Das kann man wirklich nicht sagen, denn schon im Februar und auch heute kommt man um die Feststellung nicht herum, dass das, was Schwarz-Grün angerichtet hat, wirklich ein ganz schlechtes Stück ist.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Herr Duge, eines will ich Ihnen ausdrücklich noch einmal attestieren: Ich komme zwar aus Hamburg-Mitte, zu dem der Wahlkreis Wilhelmsburg nicht gehört,

(Uwe Lohmann SPD: Das macht doch nichts!)

aber in der Tat können ich und wohl auch große Teile der Fraktion sich nicht mit dem identifizieren, was Sie als Leitprojekt auf den Weg gebracht haben. Ich will das an drei Punkten deutlich machen, Herr Grote hat das schon angesprochen. Was Sie durchgepeitscht haben mit der Wilhelmsburger Reichsstraße, ist wirklich an Dilettantismus einzigartig.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Sie stellen sich hin und gehen elegant darüber hinweg, wie Sie in diesem Punkt die Bürgerbeteiligung missachtet haben. Frau Stöver hat wenigstens angedeutet, man müsse sich noch um die Investoren und die Bevölkerung kümmern. Das ist offensichtlich in Ihrem Kopf gar nicht angekommen.

(Dr. Kurt Duwe)

(Klaus-Peter Hesse CDU: Das haben wir doch mehrfach diskutiert!)

Das heißt, wir haben bei der Wilhelmsburger Reichsstraße 150 Einwendungen gegen die Planfeststellung. Herr Grote weist zu recht darauf hin, dass auch die Rahmenbedingungen nicht beachtet worden sind. Jetzt kommen Sie mit diesem Märchen, Sie hätten einen Plan B. Ich möchte einmal sehen, wie das umgesetzt werden soll. In der Stadt ist das schon jetzt eine gute Lachnummer. Wenn Sie das jetzt durchsetzen, dann bekommt die internationale Gemeinde, die sich die Gartenschau anschauen will, eine große Baustelle vorgeführt; das ist die Realität.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Ich könnte Ihnen jetzt – zeitlich will ich das nicht – noch einiges zu den IBA-Projekten sagen.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Das wird ja nicht besser!)

Nein, Herr Hesse.

Das Letzte, was Sie angerichtet haben, will ich wenigstens streifen, nämlich die igs. Bei der igs, so steht es visionär in Ihrem Leitprojekt, sei das wichtigste Ziel die Schaffung dauerhafter Werte. Der neue Park in der Wilhelmsburger Mitte werde seine volle Bedeutung als Volkspark erhalten und so weiter. Sie haben dafür ein paar Tausend Bäume gefällt und nehmen jetzt 21 Euro Eintritt für den Volkspark und die Wilhelmsburger Bevölkerung hat drei Tage freien Eintritt.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Was hat denn das eine mit dem anderen zu tun?)

Diesen Widerspruch müssen Sie erst noch einmal in Hamburgs Süden vermitteln. Ich kann nur hoffen, Herr Hesse, dass die SPD die Kraft hat, diesen Mist abzuräumen.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Das Wort hat nun Frau Senatorin Blankau.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass es Befürworter für Harburg und den südlichen Raum gibt.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Als gebürtige Harburgerin, auf der Elbinsel Altenwerder aufgewachsen

(Heiko Hecht CDU: Und in Finkenwerder zur Schule gegangen!)

und in Finkenwerder zur Schule gegangen, sehr richtig –, kenne ich den Hamburger Süden. Ich

könnte auch, wenn es gewünscht ist, eine plattdeutsche Rede halten. Das tue ich nicht.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf von Olaf Ohlsen CDU)

Goot, künnt wi loosgohn? Dat mook wi.

Ich könnte genauso über die negative Haltung der Hamburger zu Harburg diskutieren. Das kenne ich aus meiner Kindheit, meiner Jugend und aus meinem Jungerwachsensein. Allerdings glaube ich auch, dass der Süden Hamburgs tatsächlich auch für sich selbst werben sollte. Harburg hat schöne Stadtteile.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Hamburg ist schön!)

Ich kenne den Unterschied zwischen Harburg und Süderelbe und wir haben dort ein wunderschönes Naturschutzgebiet. Ich würde vorschlagen, dass Frau Stöver, Herr Duwe und ich einmal gemeinsam anbieten, eine Begehung des Hamburger Südens zu machen.

(Beifall bei der SPD und bei Martina Kaes- bach FDP)

Das würde auch vielen, die viel über Wilhelmsburg reden, zeigen, dass man einfach einmal hingehen und mit den Leuten reden sollte. Dann stellt man fest, dass es tatsächlich Dissonanzen gibt zwischen dem Süden Hamburgs und dem Norden Hamburgs und das sollten wir aufgreifen.

Zweiter Punkt: Herr Bischoff hat vollkommen recht mit den Leitprojekten. Wenn ich jetzt mit den Wilhelmsburgern rede, fragen die mich nach der Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße, nach der Hafenquerspange?

(Jörg Hamann CDU: Nach der BSU!)

Nein, die fragen nicht nach der BSU, die fragen, ob der Bau weitergeführt wird. Ich habe ihnen zwei Wochen, nachdem ich als Senatorin angetreten bin, mitgeteilt, dass der Bau fortgesetzt wird.