Protokoll der Sitzung vom 23.06.2011

(Beifall bei der SPD)

Darüber hinaus beabsichtigen wir, noch in dieser Legislaturperiode das grundständige Betreuungsangebot, das heißt eine tägliche fünfstündige umfassende Betreuung für alle Kinder, beitragsfrei auszugestalten. Das ist ein wirklicher Fortschritt, weil wir uns davon auch sozialpolitische Auswirkungen erhoffen. Der Senat verkennt nicht, dass die genannten Maßnahmen – das haben einige Redner der Oppositionsparteien in den Mittelpunkt ihrer Rede gestellt, das finde ich ein bisschen schwierig – tatsächlich eine erhebliche finanzielle Anstrengung des gesamten Senats erfordern. Meiner Auffassung nach ist es aber gut investiertes Geld, und zwar aus zwei Gründen.

(Beifall bei der SPD)

Zum einen steigern wir die Attraktivität der Stadt Hamburg für junge Familien – wir werden heute noch über Arbeitsmarktpolitik und alles Mögliche reden – und Hamburg wird interessant für Zuzüge von Familien mit Kindern, und das brauchen wir.

(Beifall bei der SPD)

Aber wir streben eben auch an, für Kinder aus sozial belasteten Familien, deren Eltern nicht arbeiten, ein Angebot im Laufe dieser Legislaturperiode vom vollendeten ersten Lebensjahr über die Krippenerziehung, die Elementarerziehung und die Horte bis hin zu einer ganztägigen Bildung und Betreuung bereitzustellen. Das wird helfen, vieles von dem, was eben angesprochen wurde, was galoppierende Sozialausgaben betrifft, in angrenzende Hilfesysteme zurückzudrängen, ohne einen Qualitätsverlust hinzunehmen.

Es hilft der Stadt, weil es sie im deutschlandweiten Wettbewerb attraktiver macht, und es hilft einkommensschwachen und sozial benachteiligten Familien, weil die Betreuungs- und Bildungsarbeit mit ihren Kindern besser wird. Dafür lohnt sich der Einsatz. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen dann zur Abstimmung, zunächst zum Antrag der SPD-Fraktion aus Drucksache 20/846.

Wer möchte diesen annehmen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Somit ist er mit großer Mehrheit angenommen.

Nun zum Bericht des Haushaltsausschusses aus der Drucksache 20/748.

Wer möchte der Ausschussempfehlung folgen und das Vierte Gesetz zur Änderung des Hamburger

(Senator Detlef Scheele)

Kinderbetreuungsgesetzes aus Drucksache 20/ 518 mit der soeben beschlossenen Änderung beschließen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Somit ist dies angenommen.

Es bedarf einer zweiten Lesung. Stimmt der Senat einer sofortigen zweiten Lesung zu?

(Der Senat gibt seine Zustimmung zu erken- nen.)

Dies ist der Fall. Gibt es Widerspruch aus dem Hause? – Das ist nicht der Fall.

Wer möchte das soeben in erster Lesung beschlossene Gesetz in zweiter Lesung beschließen? - Die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das Gesetz ist auch in zweiter Lesung und somit endgültig beschlossen worden.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 42, Drucksache 20/743, Antrag der SPD-Fraktion: Die Interessen der Maritimen Wirtschaft stärken und das Maritime Cluster Norddeutschland voranbringen.

[Antrag der SPD-Fraktion: Die Interessen der Maritimen Wirtschaft stärken und das Maritime Cluster Norddeutschland voranbringen – Drs 20/743 –]

Die CDU-Fraktion möchte diese Drucksache an den Ausschuss für Wirtschaft, Innovation und Medien überweisen. Wer wünscht das Wort? – Herr Balcke hat das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit der angekündigten drastischen Kürzung und dem mittelfristigen vollständigen Auslaufen der Beihilfen für die deutschen Reeder ab 2011 in Höhe von 30 Millionen Euro setzt die schwarz-gelbe Bundesregierung die Branche dem drohenden Schiffbruch aus. Sie geht bewusst das Risiko ein, dass von nun an vermehrt ausgeflaggt wird mit den Konsequenzen prekärer Beschäftigungsverhältnisse, dem drohenden Verlust von circa 30 000 sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen in Deutschland und vor allem – das ist der eigentliche Knackpunkt – begeht Schwarz-Gelb Wortbruch gegenüber der Branche, denn die Reeder haben sich an ihren Teil der Zusagen gehalten und lassen mittlerweile 570 Schiffe unter deutscher Flagge laufen, was im Rahmen des Nationalen Maritimen Bündnisses vereinbart wurde. Werden nun die Lohnnebenkosten deutscher Schiffsbesatzungen gekürzt, wird das Bündnis grundsätzlich und einseitig infrage gestellt.

(Beifall bei der SPD)

Die herausgehobene Bedeutung der maritimen Wirtschaft für die Metropolregion Hamburgs sowie

für Deutschland ist unstrittig. Allein 25 Prozent des deutschen Außenhandels werden über den Seeweg bewegt, davon 11,5 Prozent über den Hamburger Hafen. Gerade in 2011 konnten wir überdurchschnittliche Wachstumszahlen des Hamburger Hafens feststellen: 18,2 Prozent sind eine stattliche Summe. 154 000 Beschäftigungsverhältnisse sind allein in Hamburg direkt oder indirekt mit dem Hamburger Hafen verbunden, weitere 80 000 in Deutschland. Insgesamt umfasst die maritime Wirtschaft circa 400 000 Arbeitsplätze, 12 Prozent Bruttoinlandsprodukt und wir haben insgesamt circa 2000 Unternehmen, die noch 2008 einen Umsatz von knapp 25 Milliarden erwirtschafteten.

Meine Damen und Herren! Die Zahlen machen deutlich, dass die maritime Wirtschaft eine elementare Säule unserer Wirtschaftsleistung darstellt, die wir halten und ausbauen müssen. Vor diesem Hintergrund ist es bemerkenswert, dass der Vorgängersenat das Thema aus Unkenntnis verschlafen oder bewusst nicht angepackt hat. Seit März 2009 lag eine Studie zur Entwicklung der maritimen Wirtschaft vor; eine substanzielle Befassung mit dem Thema hat leider nicht stattgefunden. Eine politische Prioritätensetzung sowie Visionen, Ziele, Projekte, Aktionen blieben vollständig aus oder im Vagen.

Verwunderlich ist das allerdings nicht, hatte doch das Thema Hafen und maritime Wirtschaft unter der Vorgängerregierung keine Priorität. Das ist daran erkennbar, dass im Nachhinein insbesondere die GAL – wie auch gestern in ihrer Pressemitteilung "Hamburg braucht mehr als nur Hafen" – deutlich macht, dass sie den Hafen als alte, tradierte Wirtschaft kennzeichnet im Gegensatz zu angeblich neuen Wirtschaftsfeldern. Dies ist unserer Meinung nach falsch. Ein gesamtheitlicher Ansatz gehört in den Mittelpunkt gestellt und die maritime Wirtschaft darf nicht außen vor bleiben.

(Beifall bei der SPD)

Was blieb, ist ein Scherbenhaufen: ein Hafenentwicklungsplan, der nicht mit der Hafenwirtschaft im Dialog entwickelt wurde und erst durch den neuen Senat die notwendige Priorität erfährt, die Hafenfinanzierung, die auf wackeligen Beinen steht und nicht der Bedeutung des Hafens als Motor für unsere Stadt gerecht wird, und eine halbherzige Unterstützung so wichtiger Themen wie der Elbvertiefung oder wichtiger Infrastrukturprojekte wie der Hafenquerspange oder der Y-Trasse.

Daher ist es gut, dass nun ein SPD-geführter Senat die alleinige Verantwortung für dieses so wichtige Thema hat.

(Beifall bei der SPD)

Nun hat der neue Senat im Hinblick auf die Stärkung des Schifffahrtsstandorts Deutschland jene Politik fortzuführen und weiterzuentwickeln, die einst unter Kanzler Schröder initiiert wurde. Stich

(Erster Vizepräsident Frank Schira)

worte sind Tonnagesteuer, Lohnsteuereinbehalt, Fördermittel zur Senkung der Lohnnebenkosten, Ausbildungsplatzförderung und Schiffsbesatzungsverordnung. Deutschland ist als Exportweltmeister auf eine eigene starke Handelsflotte angewiesen. Das betrifft dabei auch und gerade die hochwertige deutsche Ausbildung in maritimen Berufen. Die SPD-Bundestagsfraktion hat kürzlich in einem Antrag im Deutschen Bundestag in Berlin bereits wichtige Eckpunkte für eine Stärkung der maritimen Wirtschaft aufgezeigt, der wir uns ausdrücklich anschließen.

Dabei geht es darum, die massive Streichung der Fördermittel zurückzunehmen. Es braucht eine nachhaltige Infrastrukturpolitik, um gerade die Hinterlandanbindungen zu stärken. Dies ist wirtschaftlich nötig und letztendlich ökologisch sinnvoll, denn der Seegüterverkehr ist nach wie vor die umweltfreundlichste Möglichkeit, die internationalen Warenströme effektiv und nachhaltig zu bewegen.

Was ist zu tun? Es geht zunächst darum, in Hamburg wieder Vertrauen herzustellen. Senator Horch hat den Dialog mit der Hafenwirtschaft wieder aufgenommen und im Rahmen der Nationalen Maritimen Konferenz in Wilhelmshaven deutlich gemacht, dass die Nordländer zusammenstehen, um den Bund auf den richtigen Weg zu bringen. Darüber hinaus gilt es auch – insbesondere nach Meinung der SPD-Bürgerschaftsfraktion –, die Bundesländer Bremen und Mecklenburg-Vorpommern in das Cluster zu integrieren. Mit unserem Antrag fordern wir den Senat auf, sich stärker als bisher unter CDU-Regierung für den Standort Hamburg und die Interessen der Küstenländer einzusetzen. Das gilt vor allem auch im Hinblick auf die Verteilung von Infrastrukturmitteln.

Unsere Forderungen lauten im Einzelnen: Die Bundeszuschüsse für die maritime Wirtschaft sollen auf dem Niveau von 2010 erhalten bleiben. Die Bürgerschaft muss stärker als bisher in die Fortentwicklung der maritimen Wirtschaft einbezogen werden. Dazu bedarf es eines Berichtswesens und einer ständigen Befassung im Wirtschaftsausschuss. Die Clusterentwicklung ist – eingangs habe ich die Zahlen genannt – der entscheidende Baustein für eine erfolgreiche Entwicklung der maritimen Wirtschaft in der Metropolregion und schafft Wachstum sowie Beschäftigung für Hunderttausende von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.

Eine Bitte noch an die CDU-Fraktion: Wirken Sie über Berlin auf ihren bayrischen Infrastrukturminister ein, dass er sich verstärkt auch um die norddeutschen Belange kümmern möge. Ich bitte um Zustimmung. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Herr Ohlsen hat das Wort.

Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren, liebe Kollegen! Herr Balcke, es macht wirklich keinen Sinn, mit Halbwahrheiten zu arbeiten, weil das Thema zu wichtig für Hamburg ist, um schlagwortartig Dinge in den Raum zu stellen, die nicht stimmig sind.

Wir begrüßen es und haben jahrelang daran mitgearbeitet, dass das Maritime Bündnis Bestand hat. In unseren Reihen sitzt Genosse Rickmers, der Teil dieses Bündnisses ist.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Sind Sie jetzt Mitglied bei uns?)

Er ist ja Genosse und das ist auch in Ordnung.

Dass Herr Rickmers, wenn es um das Maritime Bündnis geht und darum, diesen Bestand zu sichern, mit auf dem Antrag steht als derjenige, der davon profitiert, hat ein Geschmäckle, das Sie aber mit sich selbst ausmachen müssen. Im Grunde genommen möchte ich Sie aber trotzdem für Ihre Initiative loben, ein oder zwei Ihrer großen Schiffe wieder unter deutsche Flagge zu bringen. Das unterstütze ich und finde ich in Ordnung.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU und der SPD)

Wir müssen uns darüber klar werden, worüber wir eigentlich sprechen. Das Maritime Bündnis hat seit einigen Jahren Bestand und es wurde gesagt, dass es von einem Bundeskanzler der SPD zusammen mit der maritimen Wirtschaft ins Leben gerufen wurde. Die Tonnagesteuer war der richtige Weg, ist weiterhin der richtige Weg und wird nicht infrage gestellt. Weiterhin werden die gewährten Ausbildungsbeihilfen nicht infrage gestellt, was nicht ganz unerheblich ist, weil natürlich auch die Bundesregierung mit ihren Ämtern von der Qualifizierung der Arbeitsplätze profitiert, weil viele qualifizierte Seeleute wieder in die Bundesbehörden zurückwandern.

Der Punkt, um den es eigentlich geht, Herr Balcke, ist ein Punkt, der in der Diskussion steht. Die Bundeskanzlerin beziehungsweise der Minister für Verkehr und Bau haben ganz klar gesagt, dass sie Kompensation wollen, weil man natürlich gemerkt hat, dass der Verband Deutscher Reeder und auch andere Interessenverbände deutlich gesagt haben, dass sie weiterhin von dem Lohneinbehalt partizipieren wollen. Das ist auch in Ordnung. Um jetzt mit Kanonen auf Spatzen zu schießen, ist es ein bisschen zu früh, weil die Gespräche laufen und es mit Sicherheit eine vernünftige und für alle verträgliche Lösung geben wird.

(Beifall bei der CDU)

(Jan Balcke)