Protokoll der Sitzung vom 15.12.2014

Die bereits bestehende Unterfinanzierung wird durch die wachsende Kluft zwischen Kostenentwicklung und den zur Verfügung gestellten Haushaltsmitteln ständig vergrößert. Das bedeutet für die Hochschulen einen erhöhten Zwang zur Einwerbung von Drittmitteln. Das finden wir als LINKE ganz besonders dramatisch, weil wir in der verstärkten Einwerbung von Drittmitteln insbesondere durch die Wirtschaft eine große Gefahr für die Freiheit von Wissenschaft und Forschung sehen. Wir sehen auch die Gefahr, dass die Rüstungsforschung immer stärker Einzug hält in die Hamburger Hochschulen, und das verurteilen wir.

(Beifall bei der LINKEN)

Es ist richtig, dass Sie für den Hochschulbau Geld in die Hand nehmen wollen. Wir kritisieren aber zwei Dinge. Erstens sind wir der Auffassung, dass die SAGA GWG im Wohnungsbau Aufgaben ohne Ende hätte. Warum sie sich unbedingt im Hochschulbau betätigen soll, können wir nicht nachvollziehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Zweitens kritisieren wir ganz stark das Mieter-Vermieter-Modell. Herr Kühn, Sie haben darauf hingewiesen, dass die Mietlasten schon 2017/2018 relativ hoch sein werden, und sie werden immer weiter steigen. Wir haben im Wissenschaftsausschuss danach gefragt, und es wurde uns gesagt, dass es nach oben keine Deckelung gebe. Außerdem gibt es eine Befristung. Das heißt, die Räume, die den Hochschulen im Mieter-Vermieter-Modell zur Verfügung stehen, stehen ihnen zeitlich begrenzt zur Verfügung, und es kann jederzeit ein anderer Mieter eintreten, wenn die höheren Mieten nicht mehr gezahlt werden können. Wir sind der Auffassung, dass die Mietlasten höher sind als die Finanzierungskosten, und deshalb wären wir für eine direk

(Dr. Wieland Schinnenburg)

te Finanzierung und nicht eine über das MieterVermieter-Modell.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn Sie sagen, die 30 Millionen Euro BAföG-Mittel Euro pro Jahr flössen in die Wissenschaft, weil sie dem Hochschulbau zugutekämen, dann haben sowohl Herr Kleibauer als auch Frau Gümbel recht: Das wird erst 2017/2018 wirksam. Was machen Sie mit den 90 Millionen Euro? Das ist das Erste. Und das Zweite ist, dass Sie hoffentlich niemandem erzählen wollen, Sie hätten mit dem Hochschulbau nicht angefangen, wenn es die Übernahme der BAföG-Kosten durch den Bund nicht gegeben hätte. Insofern ist Ihre Argumentation doppelt unglaubwürdig.

(Beifall bei der LINKEN und bei Dr. Eva Gümbel GRÜNE)

Vom Prinzip her ist es sicherlich gut, wenn neben DESY auch Fraunhofer- und Max-Planck-Institute in Hamburg angesiedelt werden. Es gibt da aber etwas, das wir nicht akzeptieren. Sie haben einen sehr verräterischen Versprecher gemacht. Sie haben im Zusammenhang mit Fraunhofer und MaxPlanck von Wirtschaftsunternehmen gesprochen. So ähnlich sehen wir das auch, das muss ich einmal ganz deutlich sagen. Für das Fraunhofer-Institut und auch für die Max-Planck-Institute gibt es öffentliche Mittel. Diese Institute vergeben Forschungsaufträge. Wir haben die Senatorin im Wissenschaftsausschuss gefragt, was passiere, wenn zum Beispiel das Fraunhofer-Institut Grundlagenforschung in Sachen Arzneimittel Forschung betreibe – das ist vorgesehen – und ein wirksames Medikament dabei herauskommt. Die Antwort der Wissenschaftssenatorin war, dass die Verwertung ausschließlich beim Auftraggeber liege. Das heißt, wir sehen die Gefahr, dass die Pharmaindustrie ihre Forschung auf diese Institute verlagert, wo mit staatlicher Förderung billiger gearbeitet wird, über die Medikamente dann aber frei verfügen kann. Sie kennen alle die Preise für Medikamente, Sie kennen alle die Diskussion um AIDS-Medikamente in der Dritten Welt, um nur ein Beispiel zu nennen. Das finden wir hochproblematisch, und von daher haben wir uns dagegen ausgesprochen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Thema Planungssicherheit ist jetzt schon mehrfach bemüht worden. Ich gebe einmal ein Zitat weiter:

"Die Behauptungen des Senats, es gebe Planungssicherheit, ausreichend wachsende Budgets und eine Finanzierung, die international wettbewerbsfähig sei, seien allesamt falsch."

Das sagten Garabed Antranikian, Präsident der TUHH, Jacqueline Otten, Präsidentin der HAW, und Walter Pelka, Präsident der HCU.

Wir sind auch dafür, dass es eine Nachverhandlung geben muss. Die Budgets für die sechs Hochschulen müssen unbedingt so angehoben werden, dass angemessene Studienbedingungen ausreichend finanziert werden und die Universitäten und Hochschulen ihren Aufgaben nachkommen können.

Ich habe heute Nachmittag schon etwas zu den Symbolanträgen gesagt, die Sie zu den Studierendenwohnheimen und, und, und gestellt haben; wir werden uns enthalten oder dagegen stimmen. Besonders dreist ist aber, und da bin ich mit Herrn Schinnenburg einer Auffassung, Ihr Antrag zum Botanischen Garten. Ich habe da ein Déjà-vu. Es ist noch gar nicht so lange her, dass Frau Senatorin Stapelfeldt ein neues Teilgebäude der TUHH einweihte. Alle hatten den Eindruck, das habe alles die Wissenschaftsbehörde gemacht. Was stellte sich heraus? Bezahlt hatte das die TUHH selbst, nur eingeweiht hat es die Wissenschaftssenatorin. So kann man das nicht machen. In den Erhalt des Botanischen Gartens und zur Sicherung seiner Aufgaben sollen nun also jährlich 3,3 Millionen Euro fließen. Dagegen kann man nichts haben. Aber das soll die Universität selbst aus ihrem Globalbudget beisteuern. Dieses Budget ist ohnehin schon unterfinanziert, und das noch on top. Das machen wir nicht mit.

(Beifall bei der LINKEN und bei Dr. Eva Gümbel GRÜNE)

Das Wort hat nun Frau Senatorin Dr. Stapelfeldt.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Hamburg ist einer der führenden Wissenschaftsstandorte in Deutschland. Das ist so und das sollte auch nicht kleingeredet werden. Wir haben in Hamburg mit unseren Hochschulen einen Riesenschatz, wie man erst letzte Woche wieder sehen konnte, als Professor Chapman von der Universität zu den Leibniz-Preisträgern gehörte. Auf diesen Schatz können wir stolz sein.

(Beifall bei der SPD)

Wissenschaft ist einer der wichtigsten Faktoren für die soziale, die wirtschaftliche und die kulturelle Entwicklung großer Städte. Wir brauchen kompetente und kluge Köpfe. Wir brauchen attraktive und leistungsfähige Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Das wird unsere Zukunft bestimmen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Wir sind in einer Haushaltsdebatte unterschiedlicher Auffassung; das ist wenig überraschend. Aber schauen wir uns doch einmal an, was in dieser Legislaturperiode auf den Weg gebracht worden ist und worauf wir wirklich stolz sein können.

(Dora Heyenn)

Wir haben die Studiengebühren abgeschafft und die für die Hochschulen wegfallenden Einnahmen voll aus dem Haushalt kompensiert, Jahr für Jahr rund 40 Millionen Euro. Wir wollen Chancengleichheit, und wir wollen nicht, dass die soziale Herkunft über die Bildungschancen entscheidet. Das ist auch ein Thema der Gerechtigkeit für die Zukunft.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben die entscheidenden Rahmenbedingungen geschaffen, auch gesetzlich, um prekäre Beschäftigungen an den Hochschulen zu reduzieren. So haben wir mit den Hochschulen in einer Arbeitsgruppe unter Beteiligung der Gewerkschaften einen Code of Conduct vereinbart.

(Dr. Eva Gümbel GRÜNE: Aber wie setzt man den denn um?)

Das ist von erheblicher Bedeutung für die Arbeitsbedingungen des wissenschaftlichen Nachwuchses. Damit sind wir in Deutschland und übrigens auch europaweit, wie gerade eine Konferenz in London gezeigt hat, führend.

(Dr. Eva Gümbel GRÜNE: Genau, auf dem Papier!)

Mit dem neuen Hamburgischen Hochschulgesetz haben wir nach einem intensiven Beteiligungsverfahren unter anderem die demokratischen Partizipationsrechte von Hochschulmitgliedern und Hochschulgremien gestärkt. Wir haben die besondere Profilbildung in exzellenter Forschung in den Exzellenz-Clustern, die übrigens in der letzten Legislaturperiode nicht ausfinanziert waren, in der Strukturforschung – weltweit sichtbar –, der Klimaforschung, der Medizin, der Infektionsforschung und den Geisteswissenschaften gestärkt.

Die Bauvorbereitungen für das neue Max-PlanckInstitut für Struktur und Dynamik der Materie sind auf einem guten Weg. Wir investieren in die Bauten der Hochschulen und der Forschungseinrichtungen. In dieser Legislaturperiode werden wir 475 Millionen Euro in Bauten und technische Infrastruktur geben, und für die nächste Legislaturperiode sind schon heute rund 440 Millionen Euro geplant. Das ist eine knappe Milliarde in diesem Jahrzehnt.

(Beifall bei der SPD)

Wir geben den Hochschulen mit den Hochschulvereinbarungen eine langfristige Planungssicherheit: heute rund 640 Millionen Euro und 2020 rund 670 Millionen Euro, zu denen die Mieten für die neuen und sanierten Gebäude noch hinzukommen werden.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Schon an dieser kurzen Auflistung wird deutlich, dass Wissenschaft Priorität hat.

(Beifall bei der SPD)

Natürlich ist die finanzielle Situation der Hochschulen, sind die ihnen zur Verfügung gestellten Mittel von großer Bedeutung für die Entwicklungsperspektiven der Hochschulen. Die finanzielle Ausstattung ist zentral, aber gleichsam von Bedeutung ist auch, dass jeder an seiner Stelle Verantwortung übernimmt; wir tun das.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb haben wir den Hochschulen über einen Zeitraum von acht Jahren im Rahmen der Hochschulvereinbarungen eine verlässliche und solide Finanzierungsgrundlage gegeben. Eine solch langfristige Festlegung der Stadt ist keine Selbstverständlichkeit. Die Hochschulen erhalten 2015 642 Millionen Euro und 2016 647 Millionen Euro. Das macht nach der doppischen Betrachtungsweise 82 Prozent der liquiden Mittel dieses Einzelplans aus. Das ist eine wichtige Kraftanstrengung für die Stadt.

(Beifall bei der SPD)

Will man die finanzielle Situation der Hochschulen richtig einschätzen, muss man berücksichtigen, dass die Hochschulen darüber hinaus im kommenden Jahr mehr als 55 Millionen Euro und 2016 sogar knapp 79 Millionen Euro aus dem Hochschulpakt erhalten werden.

(Dr. Eva Gümbel GRÜNE: Ja, wieder Bun- desmittel!)

Mit dem Hochschulpakt fließen 2016 bis 2020 rund 400 Millionen Euro an die öffentlichen staatlichen Hochschulen. Das bringt der künftigen Generation Bildungschancen und den Hochschulen Geld und Planungssicherheit. Deshalb spricht der HRK-Präsident, Professor Hippler, von einer Entscheidung für die Hochschulen und für die künftigen Studierenden.

(Beifall bei der SPD)

Ich bin übrigens der Meinung, dass diese großartige Ausbildungsleistung der deutschen Hochschulen nach 2020 verstetigt werden muss.

Für ein vollständiges Bild der finanziellen Situation der Hochschulen lohnt darüber hinaus ein Blick auf die Wirtschaftspläne und Jahresabschlüsse der Hochschulen – man muss sie natürlich auch verstehen, Herr Schinnenburg. Dabei ist zweierlei zu berücksichtigen: Die finanziellen Reserven der Hochschulen haben sich nicht gleichförmig entwickelt, die finanzielle Situation ist also sehr differenziert zu betrachten. Natürlich ist die Liquidität zu einem bestimmten Stichtag eine Momentaufnahme, aber die Kassenbestände der Hochschulen und der Staats- und Universitätsbibliothek sind seit Ende 2010 von knapp 200 Millionen Euro auf jetzt 333 Millionen Euro gestiegen. Die finanziellen Reserven haben sich in diesem Zeitraum sogar fast verdoppelt, nämlich von 142 Millionen Euro auf 275 Millionen Euro. Diese Rücklagen sind weder,

(Zweite Bürgermeisterin Dr. Dorothee Stapelfeldt)

liebe Frau Gümbel, komplett verplant, noch sind sie, wie wir von der Universität genau wissen, jetzt schon ausgegeben.

Ich will an dieser Stelle vielleicht noch einmal einen Blick auf die Universität Hamburg richten. Bei einem Budget von 289 Millionen Euro hat sie eine Liquidität von 213 Millionen Euro und finanzielle Reserven von 170 Millionen Euro, die in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen sind und nach unseren aktuellen Hochrechnungen bis zum Ende des Jahres wahrscheinlich auf 190 Millionen Euro ansteigen werden. Wie Sie wissen, halte ich viel von einem breiten Engagement der Hochschulen und ihrer Mitglieder. Ich würde es mir aber dreimal überlegen, vor diesem Hintergrund menschenwürdige Zustände an der Universität infrage zu stellen.