Protokoll der Sitzung vom 17.12.2014

Das Wort bekommt Frau Stöver von der CDUFraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zum Abschluss der Haushaltsberatungen diskutieren wir nun über die gesundheitsund verbraucherschutzpolitischen Schwerpunkte unserer Stadt.

(Glocke)

Verzeihung, Frau Stöver. – Wir diskutieren den Einzelplan 5, aber im Moment hat alleine Frau Stöver das Wort. Wer noch mitreden möchte, tut es vielleicht lieber draußen. – Bitte fahren Sie fort.

(Präsidentin Carola Veit)

Birgit Stöver CDU (fortfahrend) : Herzlichen Dank. – Der Senatorin ist offensichtlich der Einstieg in die Hamburger Politik nicht leicht gefallen, hat sie sich doch für Höheres berufen gefühlt.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Sie ist Vorsitzen- de der Gesundheitsministerkonferenz! Pein- lich, peinlich!)

So erklärt sich auch, dass die Aktivitäten der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz stark von bundespolitischen Themen und Konzepterstellungen, also vom großen Rahmen, geprägt waren. Frau Senatorin, für die Erstellung des Haushaltsplan-Entwurfs mussten Sie sich aber doch mit den Hamburger Gegebenheiten beschäftigen.

Der Etat der Gesundheitsbehörde sinkt gegenüber 2014 für 2015 um rund 22 Millionen Euro. Das ist für einen Etat, der von einem hohen Anteil gesetzlich vorgeschriebener Leistungen geprägt ist, recht unüblich. Bei genauerem Hinsehen ist dieses vor allem auf eine Senkung der Krankenhausinvestitionen zurückzuführen.

Meine Damen und Herren! Hamburg war lange Jahre bundesweit spitze bei den Krankenhausinvestitionen. Während unserer Regierungszeit sind über 1 Milliarde Euro in die Hamburger Kliniken geflossen. Dass viele Patienten sogar von weither anreisen, um in Hamburg behandelt zu werden, zeugt von der hohen Qualität und von dem sehr guten Ruf, den unsere Krankenhäuser über die Stadtgrenze hinaus genießen.

(Beifall bei der CDU)

Diese Erfolgsgeschichte setzt die SPD leichtfertig aufs Spiel.

(Dr. Monika Schaal SPD: So ein Quatsch!)

Gegenüber unserem letzten Regierungsjahr 2010 reduziert der Senat die Gelder für die Krankenhäuser um satte 25 Prozent auf dann 91 Millionen Euro.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Ihr habt es im- mer noch nicht verstanden, es ist ein Haus- haltsvorgriff!)

Der Abstieg hat bereits begonnen. Gemessen an der Einwohnerzahl hat uns Brandenburg bei den Krankenhausinvestitionen sogar schon überholt. Andere Länder holen mit großen Schritten auf. Das darf so nicht weitergehen.

(Beifall bei der CDU)

Ein weiteres Thema möchte ich ansprechen, die gesundheitliche Versorgung in Hamburg. Der immer wieder heraufbeschworene Ärztemangel in Hamburg ist ein Hirngespinst. Das haben die Autoren des sogenannten Morbiditätsatlasses klipp und klar nachgewiesen und damit die SPD und vor allem die Senatorin bis auf die Knochen blamiert. Denn noch bevor der Morbiditätsatlas offiziell er

schienen war, stand für die Senatorin und ihre Fraktion bereits fest, dass es einen Mangel an Haus- und Kinderärzten in sozial benachteiligten Stadtteilen gebe. Frei nach Pippi Langstrumpf: Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt.

(Zurufe von der SPD)

Das ist das Motto der SPD gewesen. Kurze Zeit später kam dann die besagte Klarstellung der Studienautoren. Selten ging ein Schuss so nach hinten los.

(Beifall bei der CDU)

Von daher können wir uns glücklich schätzen, dass Sie, Frau Senatorin, 2013 nicht Bundesgesundheitsministerin geworden sind.

(Karin Timmermann SPD: Das kann doch nicht wahr sein! – Wolfgang Rose SPD: Geht's noch?)

Wir haben in Hamburg in allen Ärztegruppen eine Überversorgung und leben im Vergleich zu unseren Nachbarn auf einer Insel der Glückseligen. Wer Ärztemangel live erleben möchte, sollte in die dünn besiedelten Gebiete nach Mecklenburg-Vorpommern reisen. Statt eines Ärztemangels gibt es in Hamburg aber durchaus eine unterschiedliche Verteilung der Ärzte über die Stadtteile hinweg. Daher sollte die Politik in engem Schulterschluss mit Krankenkassen und Ärzteschaft Anreize schaffen, um dieser Ungleichverteilung zu begegnen. Panikmache und Populismus sind hier fehl am Platze.

(Beifall bei der CDU)

Ich komme zu unseren Anträgen, zunächst zu einem weiteren Schwerpunkt der CDU-Politik, der Drogen- und Suchtpolitik. Als CDU standen wir in unserer Regierungszeit von 2001 bis 2011 für eine ideologiefreie Drogen- und Suchtpolitik. Prägend dafür waren die unhaltbaren Zustände der offenen Drogenszene am Hamburger Hauptbahnhof und in St. Georg um die Jahrtausendwende. Über 100 Drogentote waren damals pro Jahr zu beklagen. Die damit einhergehende Kriminalität uferte aus, der damalige Innensenator Olaf Scholz verlor komplett die Kontrolle über das Geschehen und im Jahr 2001 auch noch seinen Job.

(Beifall bei der CDU – Dr. Martin Schäfer SPD: Wer wurde es dann?)

Normalerweise gehe ich davon aus, dass man aus seinen Fehlern lernt, Herr Dr. Dressel. Es ist aber sehr bedauerlich, dass das gerade für den Bürgermeister nicht gilt. Anders als Scholz und der damalige SPD-Senat wollten wir dem Problem frühzeitig und nachhaltig begegnen. Und was liegt dabei näher, als bei den Kindern und Jugendlichen anzusetzen? Deswegen haben wir 2005 mit dem Maßnahmenplan für eine drogenfreie Kindheit und Jugend einen Plan zur besseren Prävention und

Frühintervention des Suchtmittelkonsums bei Kindern und Jugendlichen vorgelegt, der zu Recht als Meilenstein betitelt werden kann.

Bis heute wurden dadurch beeindruckende Erfolge erzielt. Die Zahl der Drogentoten ist bis 2012 auf ein Allzeittief von 49 Fällen gesunken. Die sogenannte Schulbus-Studie im vergangenen Jahr hat gezeigt, dass künftige Kinder und Jugendliche immer später in Kontakt mit legalen und illegalen Drogen kommen. Dies ist ein Riesenerfolg, denn die Forschung zeigt eindeutig, dass das Suchtrisiko umso stärker sinkt, je länger der erste Kontakt mit einer Droge hinausgezögert werden kann.

Apropos Forschung: Hier haben wir mit dem Deutschen Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters ein national wie international renommiertes und erfolgreiches Vorzeigeinstitut in Hamburg. Und statt diese Einrichtung zu fördern, streichen Sie diese Zuschüsse immer weiter zusammen. Im nächsten Jahr soll es nur noch ein Drittel der üblichen Fördersumme geben, das ist eine Schande.

(Beifall bei der CDU)

Wie Sie sehen, ist die Erfolgsgeschichte ernsthaft gefährdet. 2013 gab es 61 Drogentote, ein Anstieg von 25 Prozent innerhalb nur eines Jahres. Die Schulbus-Studie dokumentierte einen Anstieg des Cannabiskonsums, und das zeigt sehr deutlich, dass hier etwas ganz gehörig falsch läuft. Und das wollen wir ändern.

Mit dem vorliegenden Haushaltsantrag fordern wir einen Aktionsplan Drogen und Sucht. Zentrale Neuerung ist dabei, dass wir dem Kampf gegen Drogen und Sucht in Hamburg ein Gesicht geben wollen. Es braucht jemanden, der dieser Thematik in der Öffentlichkeit, den Medien und der Politik den Stellenwert zurückgibt, den sie verdient. Bei der Gesundheitsbehörde lief dieses Thema unter "ferner liefen". Deswegen fordern wir die Einsetzung eines Landesdrogenbeauftragten.

(Jan Quast SPD: Sie haben ihn doch 2002 abgeschafft! – Dr. Andreas Dressel SPD: Sie waren doch gegen die Gesundheitsbe- hörde, jetzt wollen Sie noch einen Gesund- heitsbeauftragten!)

Zudem wollen wir die von der SPD mit dem letzten Haushalt aufgezwungenen Kürzungen beim DZSKJ und der Suchtselbsthilfe sowie die eingefrorenen Zuwendungen bei den Suchtberatungsstellen zurücknehmen.

Hier kommt leider wieder der Scholz-Faktor zum Tragen. Die SPD selbst hat aus ihren Fehlern nicht gelernt, das galt 2001 und das gilt 2014. Anders kann man sich den aktuellen SPD-Haushaltsantrag zur Einrichtung eines Strukturfonds für Träger der Suchtprävention und Suchthilfe nicht erklären. Mit diesem Antrag stellt die SPD den Trägern ein troja

nisches Pferd in den Hof. Es ist klar wie Kloßbrühe, dass das Geld niemals für alle Einrichtungen und Träger ausreichen wird. Stattdessen wird hier ein brutaler Verdrängungswettbewerb inszeniert, dessen Ergebnis doch schon heute ganz klar ist: Die Großen werden überleben, die Kleinen werden erst bluten und dann sterben. Und wieder einmal geht dies zulasten der gerade in diesem Bereich so wichtigen Angebotsvielfalt. Diesen Fehler haben Sie im letzten Haushalt schon gemacht, das geht gar nicht, und das lehnen wir ab.

(Beifall bei der CDU)

Zum Bereich Pflege und Senioren. Neun von zehn Hamburgerinnen und Hamburgern wollen ihren Lebensabend in den eigenen vier Wänden verbringen. Deswegen hatten wir im Mai 2013 eine Veranstaltung im Rathaus zum sogenannten Modell der Seniorengenossenschaften. Dort helfen Senioren und auch Jüngere unterstützungsbedürftigen Mitgliedern bei kleineren Aufgaben und bekommen dafür Zeitpunkte gutgeschrieben oder eine Aufwandsentschädigung. Wenn sie dann selbst Hilfe benötigen, kümmern sich wiederum andere Mitglieder um sie. Die Resonanz auf unsere Veranstaltung war wirklich immens. Allerdings wurde unser Antrag, der sehr an der Sache orientiert war, von der Regierungsfraktion vordergründig abgelehnt und durch einen eigenen, halbseidenen Antrag ersetzt.

Was wurde danach vom Senat getan? Nichts. Eine Informationsbroschüre wurde angekündigt, liegt aber bis heute nicht vor. Stattdessen hat sich mit der Nachbarschaft Wandsbek-Hinschenfelde bereits die erste Seniorengenossenschaft in Hamburg gegründet. Damit diesem guten Beispiel weitere folgen, wollen wir mit unserem Haushaltsantrag einen Fördertopf mit 40 000 Euro pro Jahr ausstatten, um die Gründung von Seniorengenossenschaften durch eine Anschubfinanzierung systematisch zu fördern.

Während wir bei den Seniorengenossenschaften ein zusätzliches Modell für das Wohnen im Alter gezielt fördern wollen, mangelt es zugleich an einschlägigen Informationen über die bereits bestehenden Modelle und Angebote. Zurzeit gibt es schlicht und ergreifend keine zentrale Stelle, die Interessierte auf der einen Seite sowie Vermieter und Bauherren auf der anderen Seite zusammenbringt. Wir wollen Abhilfe schaffen und fordern mit unserem Antrag die Einsetzung eines Koordinators für das Wohnen im Alter.

(Karin Timmermann SPD: In jedem Bezirk gibt es Beratungsstellen!)

Dieser soll Interessierte über Möglichkeiten und Angebote sowie einschlägige Projekte des Wohnens im Alter informieren und beraten. Beteiligte Akteure vernetzen den Kontakt und den Austausch zwischen den hier relevanten Behörden für Ge

(Birgit Stöver)

sundheit, für Soziales und für Stadtentwicklung und pflegen und intensivieren ihn. Sie sollen neue Wohnprojekte anregen und Öffentlichkeitsarbeit betreiben. Damit können wir die bestehende Informationslücke endlich schließen.

Meine Damen und Herren! Zu den Anträgen zum Verbraucherschutz wird Herr Thering noch etwas sagen. Ich fordere Sie nun auf, unseren Anträgen, die zukunftsweisend sind, zuzustimmen, und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Herr Dr. Schäfer von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Stöver, wo waren Sie eigentlich dieses Jahr?