(Hans-Detlef Roock CDU: Kann ich meine Fraktion hier ein bisschen führen oder nicht? Reden Sie ruhig weiter!)
Wir haben eine Debatte über die Notwendigkeit eines restriktiven Rüstungsexportgesetzes geführt. Ich erinnere mich gut, sie war zumindest von den drei Fraktionen auf der linken Seite des Hauses engagiert geführt worden, und ich erinnere mich auch gut an Ihre engagierte Rede, Herr Rose. Von diesem Engagement ist in der Folgezeit leider nichts übrig geblieben. Die Anträge der GRÜNEN und der LINKEN wurden an den Wirtschaftsausschuss überwiesen und schlummerten dort viele Monate. Als sie dann im November endlich debattiert wurden, war es mit dem Engagement nicht mehr weit her. Die GRÜNEN waren zur Begründung und Verteidigung ihres eigenen Antrags nicht einmal anwesend. Die SPD ersetzte alle Forderungen unserer Anträge – also die Anträge der GRÜNEN und der LINKEN – durch die Aufforderung, der Senat solle sich für eine strenge Rüstungsexportkontrolle, für den Ausschluss von Rüstungsexporten zum Beispiel in Länder, in denen schwere Menschenrechtsverletzungen begangen werden, oder für das Verbot des Exports von kleinen und leichten Waffen einsetzen. Unsere Forderungen wurden also durch zahnlose, unverbindliche Formulierungen oder sogar de facto gegenteilige Forderungen ersetzt. So solle der Senat die Bundesregierung – heißt es dann im Petitum der SPD – bei ihrer Reduzierung von Rüstungsexporten in ge
Von einer Politik der Bundesregierung, Rüstungsexporte zu reduzieren, kann kaum die Rede sein, auch wenn der Umfang der Einzelausfuhrgenehmigungen für Rüstungsexporte im ersten Halbjahr 2014 gegenüber dem Vorjahr etwas zurückgegangen ist. Alarmierend ist aber, dass der Anteil der Drittländer bei den Einzelausfuhrgenehmigungen seit Jahren steigt, und zwar absolut und relativ, und auch 2014 weiter angestiegen ist. Dieser Anteil lag im 1. Quartal des vergangenen Jahres bei 63,5 Prozent gegenüber 50 Prozent im Vorjahreszeitraum.
Zu den Drittländern gehören nicht nur Mexiko, dazu gehören auch und vor allem Länder wie SaudiArabien oder Katar, Länder mit extrem autoritären Regimen. Aber nicht nur das. Es sind auch Länder, aus denen dem IS viele Millionen zugeflossen sind – über einen langen Zeitraum. Auch diese Terrororganisation, der IS, verfügt verschiedenen Berichten, Bildern und Videos zufolge über deutsche Waffen, zum Beispiel ältere Fabrikate deutscher Handgranaten, von denen unklar ist, aus welchen Beständen sie stammen und wie genau sie den Weg zum IS gefunden haben. Aber das ist doch das Problem, sind die Waffen erst einmal in der Welt, ist nichts mehr zu kontrollieren.
Nichts aus den Anträgen der GRÜNEN und von uns, die im Ausschuss abgelehnt worden sind, hat sich erledigt, wirklich nichts. Deshalb haben wir diese Debatte heute erneut angemeldet und dazu auch einen neuen Antrag eingebracht. Unsere regelmäßige Abfrage nach dem Umschlag tödlicher Fracht, die über den Hamburger Hafen in die Welt gelangt, ergibt bei leichten Schwankungen im Vierteljahresrhythmus eine steigende Tendenz, und zwar über einen größeren Zeitraum, seit wir das nämlich abfragen.
Bei unserer letzten Anfrage Mitte Januar lag die Zahl der Munitionscontainer um 35 Prozent höher als im Vorjahreszeitraum. Der Senat und auch die SPD berufen sich darauf – man kann es im Ausschussbericht nachlesen –, dass Hamburg für die Waffenexporte über den Hamburger Hafen nicht zuständig sei. So leicht kann man sich das nicht machen.
Schon gar nicht, wenn die Stadt sich per Verfassung auf die durch Geschichte und Lage zugewiesene besondere Aufgabe verpflichtet, im Geiste des Friedens eine Mittlerin zwischen allen Erdteilen und Völkern der Welt zu sein. Die allererste Frage ist doch: Was will eigentlich die Hamburgische Bürgerschaft? Bekennt sie sich und setzt sie
sich gegenüber der Bundesregierung für die ausschließlich friedliche und zivile Nutzung des Hamburger Hafens ein? Oder will sie sich in ihrer Mehrheit nicht dazu bekennen? So oder so, die Bürgerschaft muss Farbe bekennen, deshalb wollen wir diesen Punkt unseres Antrags auch getrennt abstimmen lassen.
Wie viele der deutschen Rüstungsartikel, die Kriege und Konflikte befeuern, gelangen über den Hamburger Hafen in die Welt? Für die öffentliche Meinungs- und Willensbildung ist größtmögliche Transparenz wichtig. Oder glauben Sie etwa, das interessiert die Öffentlichkeit nicht? Man könnte annehmen, dass Sie darauf setzen, denn der Einladung zu einer übrigens wirklich gut besuchten und sehr interessanten Veranstaltung des Ökumenischen Forums HafenCity zu Rüstungsexporten sind nur die GRÜNEN und die LINKEN gefolgt. Die anderen waren einfach nicht da. Das Thema Waffenexporte ist in der öffentlichen Debatte, es wird darin bleiben, und es wird an Bedeutung eher zuals abnehmen. Da lässt DIE LINKE nicht locker.
Es geht also um Transparenz. Den Umschlag von Munition fragen wir regelmäßig ab. Diese Informationen will der Senat zukünftig über das Informationsregister öffentlich machen. Das ist gut, aber in der Sache natürlich kein wesentlicher Fortschritt. Wichtiger ist, was der Senat bisher unternommen hat, um Daten über Waffenexporte über den Hafen vom Bundesfinanzministerium, dem Statistischen Bundesamt und den Zollbehörden zu erhalten. Welches Ergebnis hatte das? Was soll veröffentlicht werden? Hier geht es nämlich nicht nur – in Anführungszeichen – um Munition, sondern tatsächlich um die Waffen, um Panzer et cetera.
Selbst unterhalb der Ebene einer möglichen Teilentwidmung des Hafens für Rüstungsexporte – wir fordern das – gibt es viel zu tun. Und das gilt nicht nur für den Bereich der Rüstungsexporte über den Hamburger Hafen, sondern ebenso für den weiten Bereich der Rüstungsproduktion, auch in Hamburg. Mein Bundestagskollege Jan van Aken hat durch eigene Recherche
93 Unternehmen in Hamburg und im Umland ausfindig gemacht, die in das Geschäft mit dem Tod verstrickt sind. Und er hat es in einem Rüstungsindex zusammengefasst, den kann jeder im Internet finden.
Wir kennen das Argument Arbeitsplätze. Deshalb fordern wir auch eine aktive Politik des Senats, Wirtschaftsförderung und Wirtschaftspolitik sind ausschließlich auf die Ansiedlung ziviler Industrieproduktionen auszurichten.
Unterstützen Sie Hamburger Unternehmen und Beschäftigte, die nach Alternativen zur Rüstungsproduktion suchen. Schaffen Sie mit einem Konversionsprogramm Anreize zur Konversion.
Es gibt so viel zu tun, gerade in Zeiten, in denen sich kriegerische Konflikte ausweiten, auch deshalb, weil es allen Konfliktparteien und auch Terrororganisationen wie dem IS so leichtfällt, sich zu bewaffnen. Setzen Sie heute ein Zeichen, nehmen Sie die Verfassung ernst. Hamburg soll im Geiste des Friedens Mittlerin sein und sich weltweiter Aufrüstung und Ausweitung von Kriegen mit allen seinen Mitteln verweigern.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die erste Debatte zu diesem Thema haben wir an dieser Stelle vor fast einem Jahr geführt, das ist schon gesagt worden. Ich möchte heute für die SPD erneut bekräftigen, dass es auf dieser Welt immer noch ein unerträglich hohes Maß an Kriegen, Bürgerkriegen, Menschenrechtsverletzungen und Gewaltakten gibt. Es hat sogar den Anschein, als würden gewalttätige Konflikte wieder zunehmen. Unsere Medien sind voll von grauenvollen Nachrichten und Bildern aus der Ukraine, aus Syrien und dem Irak, aus Nigeria, Kamerun und auch Saudi-Arabien, wo barbarische Strafen gegen Menschen vollstreckt werden, die auf ihre Meinungsfreiheit pochen. Und es ist immer noch so, dass bei viel zu vielen dieser gewalttätigen Konflikte, Morde und Menschenrechtsverletzungen auch Waffen aus deutscher Produktion eingesetzt werden. Noch immer sind wir, jedenfalls nach dem Stand von 2013, der drittgrößte Waffenexporteur der Welt.
Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten gilt deshalb nach wie vor: Wir wollen, dass diese schrecklichen Kriege, Bürgerkriege, Überfälle und Menschenrechtsverletzungen irgendwann, möglichst bald, ein Ende haben. Wir wollen, dass nicht mehr so viele unschuldige Menschen, Kinder, Familien und Alte als Opfer derartig viel Leid und Angst ertragen müssen. Und wir wollen, dass die deutsche Waffenindustrie nicht mehr länger zu diesem Leid beiträgt. Wir wollen, dass die Rüstungsausfuhren deutlich reduziert werden und in Krisenund Konfliktgebieten möglichst ganz unterbleiben.
auf Wunsch der GRÜNEN als Antragsteller Ihren Antrag an den Wirtschaftsausschuss überwiesen. Auch wir waren verwundert darüber, dass die GRÜNEN Fraktion dann im Wirtschaftsausschuss bei der Debatte ihres eigenen Antrags gar nicht anwesend war. Ich hoffe, dass die heutige Anmeldung zur Debatte durch die Links-Fraktion nicht nur den Zweck verfolgt, dieses Thema noch einmal für sich zu besetzen und die bereits zu diesem Thema aufgestellten Plakate in den Mittelpunkt zu rücken. Dafür ist dieses Thema viel zu ernst und viel zu wichtig.
In dem knappen Jahr seit unserer Debatte hat sich bereits eine Menge getan, und zwar in unserem gemeinsamen Sinne. Die Bundesregierung, damals noch sehr kurz im Amt, hat inzwischen auf Drängen und Betreiben der SPD ihre Rüstungsexportpolitik deutlich verändert. Die seit dem Jahr 2000 unverändert geltenden politischen Grundsätze – damals war es eine rot-grüne Koalition –, in denen die Kriterien für die Ausfuhrgenehmigungen vor allem in die Drittländer außerhalb von EU und NATO konkret formuliert sind, werden wieder strikt zur Geltung gebracht und überprüft. Die laxe, die Grundsätze oft missachtende Genehmigungspraxis der vorherigen Jahre wird beendet. Der im Genehmigungsverfahren federführende Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat diese neue Praxis deutlich sichtbar in Angriff genommen und, anders als seine Vorgänger, die Entscheidung über sämtliche Ausfuhranträge persönlich an sich gezogen.
Er hat auch gegenüber den Gewerkschaften und Betriebsräten der betroffenen Rüstungsunternehmen deutlich gemacht, dass der Erhalt von Arbeitsplätzen in diesen Betrieben nicht die politischen und moralischen Grundsätze unserer Außen- und Friedenspolitik überwiegen kann und das alles gegen den wirklich harten Widerstand der Rüstungslobby. Ich finde, das ist eine starke Leistung des Bundeswirtschaftsministers.
Außerdem hat der Bundestag auf Antrag der Koalitionsparteien beschlossen, eine wesentlich größere Transparenz über die Genehmigungen herzustellen als bisher. So wird der jährlich umfangreiche Rüstungsexportbericht der Bundesregierung nunmehr bereits zum Sommer des Folgejahres veröffentlicht, nicht erst zu seinem Ende. Dazwischen erfolgen noch zeitnähere, halbjährliche Zwischenberichte. Davon unbenommen wird der Bundestag über jede einzelne abschließende Ausfuhrgenehmigung unverzüglich unterrichtet.
Es stimmt, noch sind die Ausfuhren nicht in dem Maße zurückgegangen, wie wir das wollen, und noch immer gibt es einzelne Ausfuhren, die wir eigentlich für falsch halten. Allerdings gehen diese
zumeist auf Genehmigungen zurück, die unter der alten Bundesregierung stattgefunden haben. Aber die Richtung der Politik der Bundesregierung ist klar und sie stimmt: Wir wollen und wir werden weniger Waffen in solche Länder exportieren, in die sie nicht hingehören.
In dieser Debatte soll es aber auch darum gehen, was wir in Hamburg tun können, um diese neue, restriktive Politik der Bundesregierung zu unterstützen. Von manchen gibt es den Vorschlag, den Hamburger Hafen symbolisch oder möglichst auch faktisch für Rüstungsausfuhren zu sperren. Ich habe bereits vor einem Jahr deutlich gemacht, dass ich symbolische Politik dann gut und richtig finde, wenn sie geeignet ist, auch tatsächliche Veränderungen zu befördern und nicht nur der Beruhigung des eigenen Gewissens dient.
Wir und der Senat haben uns zwischenzeitlich ausführlich mit der Frage befasst, ob eine solche Sperrung des Hafens rechtlich überhaupt möglich wäre. Sie ist es nicht. Aber selbst, wenn sie es wäre, müssen wir die Frage stellen, was damit gewonnen wäre. Wir Hamburger könnten uns vielleicht besser fühlen, aber würde dadurch auch nur ein einziges Gewehr oder eine einzige Patrone aus deutscher Produktion weniger in die Kriegsgebiete dieser Welt gelangen? Nein, das wäre nicht der Fall, selbst dann nicht, wenn alle deutschen Seehäfen es ebenso machen würden. Dennoch, und das will ich ausdrücklich sagen, halte ich das Engagement der Bürgerinnen und Bürger und auch der Hamburger Initiative natürlich weiterhin für sehr gut und sehr wichtig, denn es lenkt die öffentliche Aufmerksamkeit auf das Thema, und das ist die beste Unterstützung, die sich Sigmar Gabriel und die SPD in der Bundesregierung wünschen können.
Deshalb wollen wir mit unserem Antrag auch genau das erreichen, nämlich mehr Öffentlichkeit herstellen. Wir wollen den bundesrechtlichen Rahmen voll ausschöpfen, um so viel Transparenz wie möglich über Rüstungsgüter im Hamburger Hafen herzustellen. Dieses Mehr an Transparenz, genau wie es der Bundestag auch beschlossen hat, wird zu einem Mehr an öffentlicher Aufmerksamkeit und damit zu einem Mehr an Unterstützung für eine restriktive Ausfuhrpolitik führen, und das ist die Zielsetzung, die wir damit verbinden.
Ich möchte daher an Sie alle appellieren, liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns gemeinsam dafür eintreten, dass von Hamburg das klare Signal ausgeht: Hamburg unterstützt die Bundesregierung darin, die Rüstungsexporte zu begrenzen. Und Hamburg fordert die Bundesregierung auf, dies zu entscheiden und so konsequent zu betreiben wie möglich. Damit und mit dem Mehr an Transparenz in Hamburg tragen wir gemeinsam
dazu bei, dass es tatsächlich weniger Waffen und weniger Leid und Opfer in der Welt gibt. Darauf kommt es an und nicht auf kleinliche Geländegewinne im Wahlkampf. Lassen Sie uns gemeinsam dafür arbeiten. – Danke schön.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor fast einem Jahr haben wir die beiden Anträge der GRÜNEN und der Links-Fraktion bereits im Plenum debattiert, Kollege Rose erwähnte es eben.