Protokoll der Sitzung vom 04.02.2015

Aber das, was nun als Erfolg gefeiert wird, ist eigentlich ein Beleg dafür – wir haben das seinerzeit in der Debatte gesagt – dass dieses Geld auch als Schmiermittel benutzt wurde.

(Andreas C. Wankum CDU: Schmiergeld!)

Schmiermittel, würde ich sagen.

All die Forderungen, die HOCHTIEF seinerzeit hatte und mit einer wirklich schlimmen Erpressungstaktik geltend gemacht hat, wurden bezahlt. In dem Augenblick, in dem das Geld bezahlt worden ist, spielten plötzlich alle technischen Sicherheitsfragen – es hieß, das Dach stürze ein, Sie erinnern sich – keine Rolle mehr.

(Sylvia Wowretzko SPD: Aber die Strukturen wurden geändert!)

Die Strukturen sind so geändert worden, dass zunächst einmal 200 Millionen Euro auf den Tisch gelegt worden sind. Wir wollen jetzt die Debatte von vor zwei Jahren nicht noch einmal aufrollen.

Ich glaube, wenn der Bürgermeister von Anfang an gesagt hätte, dass er einfach mit dem Scheckbuch hingehen muss und die Forderungen von HOCHTIEF erfüllen, dann hätten wir diesen langen Baustillstand, der natürlich den Preis nach oben getrieben hat, nicht gehabt,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Nee, da steht nichts von drin! Dann hast du den Vertrag nicht gelesen!)

und wir hätten nicht die Situation erleben müssen, wie die Stadt über ein Jahr erpresst wird und zum Schluss einknickt. Das waren bedauerliche Entwicklungen. Ich hoffe nur, dass wir am Ende nicht auch noch die Überraschung erleben müssen, dass die Qualität, die wir uns mit dem Geld erkauft haben, nicht die ist, die wir wollten. Im Augenblick bin ich aber noch hoffnungsfroh, dass diese Qualität dann stimmen wird. Aber das werden wir erst beim Eröffnungskonzert hören. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Bläsing von der FDP-Fraktion bekommt nun das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Elbphilharmonie hat inzwischen eine lange Vorgeschichte.

(Gerhard Lein SPD: Überraschend!)

Das ist eine neue Erkenntnis, das stimmt.

Sie reicht von der Euphorie am Anfang über gravierende Konflikte und einem eineinhalb Jahre andauernden Streit um die Absenkung des Saaldaches bis hin zur Neuordnung des Projekts. Es gab eine Kostenexplosion von anfangs veranschlagten 77 Millionen Euro zu nunmehr 789 Millionen Euro. Zu verantworten haben dieses Dilemma maßgeblich CDU-Senate und schwarz-grüne Senate, die die Fähigkeiten der ReGe bei der Steuerung des Projekts deutlich überschätzt haben.

(Vereinzelter Beifall bei der FDP und der SPD)

Aber kein Grund zur Freude bei der SPD, denn die hat ebenfalls in dieser Legislaturperiode ganz sicher nicht alles richtig gemacht, auch wenn Sie und insbesondere der Erste Bürgermeister das gern als Erfolgsstory darstellen. Zuerst setzte der Erste Bürgermeister auf Eskalation und leere Drohungen, um am Ende eine 180-Grad-Wende hinzulegen und sich für weitere fast 200 Millionen Euro Steuergelder eine gute Zusammenarbeit zu erkaufen. Ob das eine gute Investition war oder ist, oder ob die Stadt mit der Kündigung der Verträge – das wäre die Variante B gewesen – besser gefahren wäre, werden wir wohl nie erfahren.

Wir werden wohl auch nie erfahren, wie sich diese zusätzlichen 195 Millionen Euro an HOCHTIEF eigentlich zusammensetzen, und wie viel davon aus der langwierigen Bauzeitverzögerung resultieren. Das muss man in die Betrachtung einbeziehen. Eine solche Intransparenz ist jedenfalls für ein Parlament nicht hinnehmbar.

(Beifall bei der FDP)

Umso bemerkenswerter ist es, dass die SPD sich in der Aktuellen Stunde vor dem Hintergrund dieser Scheckbuchdiplomatie noch für ihre vermeintliche Haushaltskonsolidierung hat feiern lassen. Ohne die gute Konjunktur wäre Ihnen auch das Thema Elbphilharmonie mehr um die Ohren geflogen.

Apropos Scheckbuch. Ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, dass Sie ein zentrales Wahlversprechen gebrochen haben. Heilige Eide hat der Erste Bürgermeister seinerzeit geschworen, es werde keinesfalls einen neuen Nachtrag geben. Genau dies hat er am Ende jedoch gemacht und ist wortbrüchig geworden. Ein wenig mehr Demut würde Ihnen angesichts dessen wirklich besser zu Gesicht stehen. Liebe Frau Vértes-Schütter, das geht auch an Ihre Adresse.

(Beifall bei der FDP und bei Christiane Schneider DIE LINKE)

Danke, Frau Schneider.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Zum Ab- schied, Herr Bläsing!)

Danke natürlich auch an die FDP-Fraktion.

Dass diese Intransparenz nun auch bei den vereinbarten Sachstandsberichten fortgeführt wird, halten wir für inakzeptabel. Der Umfang und somit auch der Detaillierungsgrad der Drucksache 20/ 13124 sind ungenügend und viele Informationen nur oberflächlich thematisiert. So wird beispielsweise in der Drucksache erwähnt, dass es bislang 71 Berichte zur Planung, 82 Berichte zur Ausführung und 120 ergänzende Berichte zur Fachbauleitung in Sachen Brandschutz gibt. Was jedoch in diesen Berichten genau steht, wo Mängel festgestellt werden, welche potenziellen Kostenrisiken existieren, all das wissen die Bürgerschaft und die Öffentlichkeit nach dem Lesen der Drucksache nicht. Da haben wir eine Black Box vorliegen. Auch das, werte SPD, ist alles andere als ein Grund, sich selbst zu beweihräuchern.

(Beifall bei der FDP)

Nun wird von Ihnen auf Gutsherrenart über ferne und teuer erkaufte Erfolge berichtet, ein weiteres Kapitel in der Mär vom guten Regieren "So regierte die SPD".

Zudem empfehle ich der SPD, die Drucksache einmal sehr genau durchzulesen. Dort steht zum Beispiel auch, dass die Sachverständigenberichte durch die ReGe gesichtet würden. Unter "gesich

(Dr. Eva Gümbel)

tet" verstehe ich allerdings eher eine kursorische, um nicht zu sagen oberflächliche Beschäftigung mit den Sachverhalten. Dies ist für eine Bauherrenvertretung inakzeptabel. Hier besteht die Gefahr, dass die Sachverständigen vielleicht Probleme erkennen, die ReGe sie aber bei ihrer Sichtung überblättert. Nach der intensiven Durchleuchtung insbesondere der ReGe im Rahmen des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses seinerzeit bin ich hier jedenfalls inzwischen wirklich sehr bösgläubig geworden bezüglich der Arbeit der ReGe. Das kann uns später noch einmal auf die Füße fallen. Wir wollen das allerdings nicht hoffen und nicht den Teufel an die Wand malen, aber hier muss zukünftig mit größter Sorgfalt gearbeitet werden. Die Vergangenheit hat uns jedenfalls gezeigt, dass man bei dem Projekt seine Vertragspartner immer kritisch prüfen muss, um sicherzustellen, dass man am Ende nicht draufzahlt. Zumindest diese Lektion sollten wir alle mittlerweile verstanden und mitgenommen haben, wenn es um solche Projekte geht.

Aber anstatt sich intensiv und sachlich mit dem Projekt zu beschäftigen, verkündet der Bürgermeister lieber schon den neuen Eröffnungstermin, den 11. Januar 2017. Allerdings halte ich das für reichlich unredlich gegenüber dem Parlament, insbesondere, wenn der Senat auf Nachfrage der Opposition im Haushaltsausschuss – das ist in der Berichtsdrucksache dargestellt – konkrete Terminüberlegungen dementiert. Und nur einen Tag später, tatsächlich nur einen Tag nach dem Haushaltsausschuss, wo es dementiert worden ist, kommt auf meine Schriftliche Kleine Anfrage hin, Drucksache 20/14274, heraus, dass der Erste Bürgermeister und die Frau Kultursenatorin den Eröffnungstermin unter vier Augen ausgekungelt haben. Ich dachte, es gibt sachliche Beweggründe dafür, wie ein solcher Termin zustande kommt, aber wir haben erfahren, dass sich zwei Leute zusammensetzen und das ausknobeln, damit es mit großem Bohei auf einer Pressekonferenz abgefeiert werden kann. Das ist eine mangelnde Informationspolitik des Senats, die mittlerweile geradezu zur Methode geworden ist. Wir haben die Masche auch vorhin schon in der Aktuellen Stunde an anderer Stelle thematisiert. Das finde ich sehr unredlich.

(Beifall bei der FDP)

Insofern verwundert es auch nicht, wenn Sie ständig gutes Regieren, wie Sie es nennen, mit der Arroganz der Macht verwechseln. Man könnte angesichts Ihres Auskunftsverhaltens auch sagen, dass das eine Missachtung des Parlaments ist.

Mindestens so spannend wie die Vergangenheitsbewältigung ist jedoch auch der Ausblick in die Zukunft.

(Finn-Ole Ritter FDP: Richtig!)

Die Verkehrsanbindung wird allgemein nach wie vor als ziemlich unzureichend erachtet. Und das Betriebskonzept – Kollege Wankum von der CDU hat es bereits ausgeführt – soll erst Mitte 2015 vorliegen, angekündigt war es jedoch schon für den Sommer 2014. Bis dahin ist also völlig unklar, was der Betrieb der Elbphilharmonie die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler kosten wird. Es ist zu befürchten, dass hier noch das böse Erwachen droht, wenn die Betriebskosten am Ende völlig aus dem Ruder laufen. Ein Schelm, wer in Zeiten des Wahlkampfs Böses bei einem solchen Vorgehen denkt. Das ist ein weiteres Beispiel dafür, wie wenig Sie es mit dem ordentlichen Regieren halten können.

(Beifall bei Martina Kaesbach und Finn-Ole Ritter, beide FDP)

Kurzum, das Projekt ist noch längst nicht über den Berg, und ich fürchte, das wird uns mindestens noch in der nächsten Legislaturperiode intensiv beschäftigen.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort bekommt nun Frau Schneider von der Fraktion DIE LINKE.

Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin! Ich vertrete den Kollegen Hackbusch.

(Finn-Ole Ritter FDP: Macht nichts! – André Trepoll CDU: Kann nur besser werden!)

Ich werde es kurz halten angesichts der gelichteten Reihen.

Frau Vértes-Schütter, Sie möchte ich ausdrücklich erwähnen. Es tut mir nämlich echt leid, aber die Selbstbeweihräucherung der SPD bezüglich der Elbphilharmonie ist nicht nur schwer erträglich, sondern sie ist auch ganz und gar nicht berechtigt.

(Beifall bei der LINKEN und bei Robert Blä- sing FDP)

Die gegenwärtige Fertigstellung ist teuer erkauft. 195 Millionen Euro hat HOCHTIEF dafür zusätzlich von der Stadt bekommen, ohne einen einzigen Stein mehr zu bauen, als HOCHTIEF am Anfang des Projekts zugesagt hat. Damit haben sich die Kosten seit der Machbarkeitsstudie im Jahr 2005 für die Stadt verzehnfacht. Seit dem Vertrag im Jahr 2008 haben sich die Kosten von 143 Millionen Euro auf mindestens 660 Millionen Euro für die Stadt erhöht. Spätestens seit diesem Vertrag hat die Kulturbehörde nichts, aber auch gar nichts dazu gestellt, sprich, HOCHTIEF bekommt für die zugesagte Elbphilharmonie den dreifachen Preis. Daran ist sicherlich vor allem die damalige CDURegierung schuld, die diese Verträge gemacht hat. Deswegen sage ich auch zu Ihrer Rede nichts, Herr Wankum,

(Robert Bläsing)

(Andreas C. Wankum CDU: Schade!)

aber die SPD hat damals mit ihrer Zustimmung gezeigt, dass sie Opposition nicht kann.

(Beifall bei der LINKEN)